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  • 5 Sterne

    11 von 13 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    claudi-1963, 10.07.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    "Wie leicht wird der Gedanke, zu sterben, wenn alle vorangehen, die man liebt." (Arthur Stahl)
    Dad Lewis Tage sind gezählt, der Krebs ist inzwischen so weit fortgeschritten, sodass er nur noch wenige Tage hat. Seine Frau Mary betreut ihn so gut es geht, bis sie selbst erschöpft zusammenbricht. Dad hat die Kleinstadt Holt nie verlassen, fast sein ganzes Leben hat er seine Eisenwarenhandlung geführt. Während Tochter Lorraine die letzten Tage sich um ihre Eltern kümmert, haben alle seit Jahren nichts mehr von ihrem Bruder Frank gehört. Doch es gibt durchaus auch neue Gesichter in Holt. Nach dem Tod ihrer Mutter lebt die kleine Alice nun bei ihrer Grossmutter und Dads Nachbarin. Reverend Lyle und seine Familie sind ebenfalls neu in der Kirchengemeinde. Jedoch sie werden nicht von allen Anwohnern herzlich aufgenommen. Zum Glück bringt der Sommer ausser Leid und Tod auch noch ein wenig Wärme, Spass, Freude und Hoffnung nach Holt. Doch für Dad wird es ein innehalten, um ein letztes Mal seine Leben Revue zu passieren.

    Meine Meinung:
    Ich war mir erst gar nicht so sicher, ob ich bei dieser Leserunde mitmachen soll, doch im Nachhinein bin ich sehr froh darüber. Der Schreibstil ist äusserst warmherzig, emotional und bildhaft in Episoden geschrieben. "Kostbare Tage" spielt irgendwann nach 9/11, da dieses Attentat erwähnt wird. Und da der Autor selbst 2014 nach schwerer Krankheit verstarb, hat er sicher einen Teil seiner eigenen Erfahrungen in diesem Buch niedergeschrieben. In verschiedenen Episoden erlebe ich einige Anwohner der Kleinstadt Holt, ihre Nöte, Kummer und Sorgen, jedoch durchaus auch schöne Tage. Doch in der Hauptsache geht es um den Sterbeprozess von Dad Lewis. Der Autor zeigt in diesem Buch ein bisschen die eigene Verletzlichkeit und Situationen auf, die im Laufe eines Lebens passieren können. Er zeigt mir die verletzte Seele von Lorraine, die ihre Tochter bei einem Autounfall verlor. Alice, die nicht nur mit dem Tod ihrer Mutter klarkommen muss, sondern die sich jetzt in einer ganz neuen Umgebung zurechtfinden muss. Alene nach einer Liebesaffäre mit einem verheirateten Mann und den Folgen, lebt sie nun zurückgezogen bei ihrer alten Mutter Willa. Ausser den täglichen Ritualen haben die beiden kaum Abwechslung. Da tut es ganz gut, dass sie sich ein wenig um Alice und Mary kümmern können. Sehr berührt hat mich jedoch Dads Rückblenden in sein Leben, besonders emotional wird das Sterben von Dad geschildert, sodass dies sicherlich für die Leser nicht immer einfach ist. Traurig ist die kühle Haltung gegenüber seinem Sohn Frank, der deshalb seiner Familie den Rücken zukehrt. Wie gerne würde er jetzt alles ungeschehen machen, um ihn noch einmal sehen zu dürfen. Ein letztes Mal, versucht er alles zu regeln, was noch zu regeln geht. Was habe ich oft Tränen in den Augen, wenn ich die respektvollen, einfühlsamen Worte von Kent Haruf hier lese! Ich muss sagen, das ist schon ganz grosses Kino, was der Autor uns hier zu Papier bringt. Ich fühle mich als, sässe ich mitten im Zimmer um Dad beim Sterben zusehen. Dabei beschönigt er nichts in diesem Prozess, im Gegenteil für mich fühlt es sich an, als wenn die Seele so langsam aus dem Menschen entweicht. Zwischendrin darf ich allerdings noch ein paar schöne Szenen erleben, die ich mir sehr gut bildlich vorstellen konnte. Doch Themen wie Glaube, Homosexualität, Vergebung, Schuld und Hoffnung spielen ebenfalls eine grosse Rolle in diesem Buch. Am Ende bleibe ich zwar ein wenig traurig zurück, jedoch blicke durchaus versöhnt und hoffnungsvoll in die Zukunft dieser Menschen. Denn selbst wenn man sich vor dem Tod vielleicht nicht mit allen persönlich versöhnen kann, so bietet uns der Autor hier eine ganz besondere Lösung. Für mich ist dieses mein besonderes Jahreshighlight, dem ich gerne mehr als 5 von 5 Sterne geben würde.

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  • 5 Sterne

    37 von 42 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    claudi-1963, 10.07.2020

    Als Buch bewertet

    "Wie leicht wird der Gedanke, zu sterben, wenn alle vorangehen, die man liebt." (Arthur Stahl)
    Dad Lewis Tage sind gezählt, der Krebs ist inzwischen so weit fortgeschritten, sodass er nur noch wenige Tage hat. Seine Frau Mary betreut ihn so gut es geht, bis sie selbst erschöpft zusammenbricht. Dad hat die Kleinstadt Holt nie verlassen, fast sein ganzes Leben hat er seine Eisenwarenhandlung geführt. Während Tochter Lorraine die letzten Tage sich um ihre Eltern kümmert, haben alle seit Jahren nichts mehr von ihrem Bruder Frank gehört. Doch es gibt durchaus auch neue Gesichter in Holt. Nach dem Tod ihrer Mutter lebt die kleine Alice nun bei ihrer Grossmutter und Dads Nachbarin. Reverend Lyle und seine Familie sind ebenfalls neu in der Kirchengemeinde. Jedoch sie werden nicht von allen Anwohnern herzlich aufgenommen. Zum Glück bringt der Sommer ausser Leid und Tod auch noch ein wenig Wärme, Spass, Freude und Hoffnung nach Holt. Doch für Dad wird es ein innehalten, um ein letztes Mal seine Leben Revue zu passieren.

    Meine Meinung:
    Ich war mir erst gar nicht so sicher, ob ich bei dieser Leserunde mitmachen soll, doch im Nachhinein bin ich sehr froh darüber. Der Schreibstil ist äusserst warmherzig, emotional und bildhaft in Episoden geschrieben. "Kostbare Tage" spielt irgendwann nach 9/11, da dieses Attentat erwähnt wird. Und da der Autor selbst 2014 nach schwerer Krankheit verstarb, hat er sicher einen Teil seiner eigenen Erfahrungen in diesem Buch niedergeschrieben. In verschiedenen Episoden erlebe ich einige Anwohner der Kleinstadt Holt, ihre Nöte, Kummer und Sorgen, jedoch durchaus auch schöne Tage. Doch in der Hauptsache geht es um den Sterbeprozess von Dad Lewis. Der Autor zeigt in diesem Buch ein bisschen die eigene Verletzlichkeit und Situationen auf, die im Laufe eines Lebens passieren können. Er zeigt mir die verletzte Seele von Lorraine, die ihre Tochter bei einem Autounfall verlor. Alice, die nicht nur mit dem Tod ihrer Mutter klarkommen muss, sondern die sich jetzt in einer ganz neuen Umgebung zurechtfinden muss. Alene nach einer Liebesaffäre mit einem verheirateten Mann und den Folgen, lebt sie nun zurückgezogen bei ihrer alten Mutter Willa. Ausser den täglichen Ritualen haben die beiden kaum Abwechslung. Da tut es ganz gut, dass sie sich ein wenig um Alice und Mary kümmern können. Sehr berührt hat mich jedoch Dads Rückblenden in sein Leben, besonders emotional wird das Sterben von Dad geschildert, sodass dies sicherlich für die Leser nicht immer einfach ist. Traurig ist die kühle Haltung gegenüber seinem Sohn Frank, der deshalb seiner Familie den Rücken zukehrt. Wie gerne würde er jetzt alles ungeschehen machen, um ihn noch einmal sehen zu dürfen. Ein letztes Mal, versucht er alles zu regeln, was noch zu regeln geht. Was habe ich oft Tränen in den Augen, wenn ich die respektvollen, einfühlsamen Worte von Kent Haruf hier lese! Ich muss sagen, das ist schon ganz grosses Kino, was der Autor uns hier zu Papier bringt. Ich fühle mich als, sässe ich mitten im Zimmer um Dad beim Sterben zusehen. Dabei beschönigt er nichts in diesem Prozess, im Gegenteil für mich fühlt es sich an, als wenn die Seele so langsam aus dem Menschen entweicht. Zwischendrin darf ich allerdings noch ein paar schöne Szenen erleben, die ich mir sehr gut bildlich vorstellen konnte. Doch Themen wie Glaube, Homosexualität, Vergebung, Schuld und Hoffnung spielen ebenfalls eine grosse Rolle in diesem Buch. Am Ende bleibe ich zwar ein wenig traurig zurück, jedoch blicke durchaus versöhnt und hoffnungsvoll in die Zukunft dieser Menschen. Denn selbst wenn man sich vor dem Tod vielleicht nicht mit allen persönlich versöhnen kann, so bietet uns der Autor hier eine ganz besondere Lösung. Für mich ist dieses mein besonderes Jahreshighlight, dem ich gerne mehr als 5 von 5 Sterne geben würde.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sagota, 06.07.2020

    Als Buch bewertet

    Dieser Roman des begnadeten Autors Kent Haruf stellt meinen 2. "Ausflug" in die fiktive amerikanische Kleinstadt "Holt" dar; jedoch nicht meinen letzten! Hat mich bereits "Seelen bei Nacht" sehr begeistert, so steht "Kostbare Tage" diesem in nichts nach:

    Es geht um einen schwersterkrankten Mann, Dad Lewis, den wir im letzten Sommer seines Lebens begleiten. Mary, seine Ehefrau, kümmert sich liebevoll um Dad und weiss um den Umstand, dass nicht mehr viel Zeit bleiben wird. Um die Mutter zu unterstützen, reist Tochter Lorraine an, die ihrem Vater zeitlebens verbunden war und ihn ebenfalls bis zum letzten Tage pflegt. Nur der Sohn, Frank, hat sich vor Jahren von seiner Familie verabschiedet - niemand weiss, wo er zu finden ist und besonders die Mutter leidet darunter, dass der Vater sich nicht von seinem Sohn verabschieden kann.

    Da in Holt nichts, was in der Stadt passiert, den anderen Bewohnern verborgen bleibt, versuchen auch die Nachbarn und Freunde, die Familie Lewis zu unterstützen: Da ist Berta May, die Mary schon lange kennt und Willa, die mit ihrer Tochter Alene etwas weiter entfernt, aber in der Stadt wohnt und mit Dad, der früher einen Eisenwarenhandel leitete und seiner Frau lange befreundet ist. Im Roman kommt sehr positiv zum Tragen, wie schön es ist, wenn in einer solchen Situation Freunde und Nachbarn helfen; ja sogar ein kleines Mädchen, Alice, eine Rolle spielt, die den alten kranken Mann sehr anrührt - etwa wenn sie ihm eine Blume schenkt...

    Die Figuren werden alle nach und nach näher beschrieben sowie auch ihre Beziehung untereinander; besonders die Solidarität der Frauen (Mary, Berta, Lorraine, Willa und Alene) hat mich sehr beeindruckt und begeistert; besonders die Liebe und Zuneigung, die sie Alice, dem erst vierjährigen Mädchen, zuteil werden lassen, die ihre Mutter durch eine Krebserkrankung verloren hat. Eine weitere starke Figur ist Reverend Lyle, der besonders zum Ende hin der Familie in religiöser Hinsicht sehr beisteht: Nach einer Predigt hat sich nicht nur die Gemeinde, sondern auch seine eigene Familie von ihm abgewandt....

    In Rückblenden lernt man die loyalen Mitarbeiter Dad's kennen - Rudy und Bob - die Dad letztmalig wiedersehen will und (im Leben nie viel gesprochen) den beiden seinen Dank ausspricht, dies sind Momente, die sehr zu Herzen gehen. Auch war Dad für ein grosszügiges "soziales Gewissen" bekannt und versuchte zu helfen, wo er glaubte, einen Fehler gemacht zu haben.

    Die Themen sind vielschichtig: So geht es um den nahenden Tod, Krankheit, Einsamkeit, Trauer, aber auch um Ehrlichkeit, Verbundenheit, Liebe, (nachbarschaftlicher) Unterstützung, Freundschaft, gesellschaftliche Akzeptanz und um menschliche Wege und Schicksale, ja um (Mit-)menschlichkeit! In Frank, Dad's Sohn, spricht eine warmherzige Stimme des Autors sich für gesellschaftliche Toleranz und Akzeptanz eines 'anders seins' aus, sicher hätte es dann auch einen (nicht nur fiktiven) Abschied vom Sohn gegeben.

    Der Roman "lebt" von seinen Dialogen, die prozentual einen hohen Stellenwert ausmachen und alles sehr lebendig veranschaulichen. Positiv fand ich den Umstand, dass auf die "Gänsefüsschen" der wörtlichen Rede rigoros verzichtet wurde: Der Leser ist auch ohne diese durch den einfachen und flüssig zu lesenden Stil des Autors im Lesefluss.

    Fazit:

    Eine berührende, zu Herzen gehende Geschichte aus Holt vom letzten Sommer des schwerkranken Dad Lewis: Sehr einfühlsam und warmherzig erzählt, die Ehrlichkeit und Offenheit der ProtagonistInnen betonend, teils rührend, teils zum Schmunzeln, teils tragisch - jedoch nie bitter oder klagend. Man schliesst sowohl Dad mit all seinen Ecken und Kanten als auch alle Menschen, die ihn lieb(t)en, sehr ins Herz. Kent Haruf schafft es, mit einfachen Worten in die Tiefe der Figuren (und der Menschen) hinabzusteigen. Grossartig!
    Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen und spreche eine absolute Leseempfehlung für diesen Roman aus!

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gina1627, 09.07.2020

    Als Buch bewertet

    Was für ein wunderschöner und einfühlsamer Roman!
    Kent Haruf ist ein Erzählkünstler! Unglaublich, wie er es mit seiner ruhigen und unaufdringlichen Art zu schreiben schafft, dass seine Geschichte einen mitten ins Herz trifft. „Kostbare Tage“ ist ein wundervoller Roman über die Liebe, das Abschiednehmen, Hilfsbereitschaft und Anteilnahme. Ein Lesegenuss, der mich ausserordentlich berührt hat!

    Für Dad Lewis und seine Frau Mary ist es ein schwerer Schicksalsschlag, als sie erfahren, dass er sterbenskrank ist und ihm nur noch wenige Monate bleiben. In Holt, einer kleinen Stadt in Colorado, haben sie sich eine gemeinsame Zukunft mit einem Eisenwarenladen aufgebaut und Kinder bekommen, die es in die weite Welt gezogen hat. Ihre Tochter Lorraine kehrt zurück und möchte ihnen zur Seite stehen, doch ihr Sohn Frank bleibt spurlos verschwunden. Nachbarn und Freunde sind tief betroffen und machen sich Sorgen und Gedanken, wie es jetzt wohl weitergeht. Ablenkung bekommen sie durch die neu Hinzugezogenen. Reverend Lyle und seine Familie haben keinen leichten Stand im Ort und ihr Sohn John Wesley würde am liebsten wieder zurück nach Denver ziehen. Mit offenen Armen hingegen wird jedoch die kleine Alice aufgenommen. Sie muss sich erst an das neue Leben bei ihrer Grossmutter Berta May gewöhnen und erlebt eine herzliche Fürsorge von lieben Menschen.

    Es war unheimlich schön, wieder Gast in Holt sein zu dürfen. Kent Haruf hat mich schon mit seinen beiden Vorgängerbänden „Lied der Weite“ und „Abendrot“ durch seine wundervolle und sensible Erzählweise begeistert. Er hat eine unglaubliche Beobachtungsgabe und stellt Orte und Handlungsplätze so bildlich und seine Charaktere mit ihren Stimmungen und Eigenheiten so lebendig und authentisch dar. Beim Lesen hat man das Gefühl, selber ein Mitglied der Gemeinschaft und unter Freunden zu sein. Sein Hauptaugenmerk in dieser Geschichte legt er auf die grosse Liebe zwischen Dad Lewis und Mary und ihre Art, die Krankheit von ihm gemeinsam durchzustehen, die verbleibende Zeit mit allen Sinnen zu nutzen und bis zum Schluss füreinander da zu sein. Die beiden lesend dabei zu beobachten wärmt einem das Herz und ihr Abschied hat mich zu Tränen gerührt. Wenn ein Autor dies schafft, hat er alles richtig gemacht. Unheimlich schön wurde auch Lorraines liebevolle Fürsorge für ihre Eltern dargestellt. Alle denken in dieser schlimmen Situation auch an Frank und als Leser fragt man sich natürlich, was vor einiger Zeit passiert ist, dass er nicht zu ihnen eilt. Doch auch die Geschichte von anderen Bewohner aus Holt haben mich gefesselt. John Wesleys Zerrissenheit war bedrückend und er hat mich mit seiner nicht vorhersehbaren Handlung entsetzt. Mein Herz im Sturm erobert hat die kleine Alice. Es ist schön mitzuerleben, wie aus einem ernsten und nachdenklichen Kind durch Nächstenliebe ein kleiner Wirbelwind voller Lebensfreude wird. Auch Willa und ihre Tochter Alene haben ihr Päckchen zu tragen und manchmal regelt das Leben die Probleme von ganz alleine.

    Mein Fazit:

    „Kostbare Tage“ war ein unheimlich schönes und bewegendes Leseerlebnis für mich. Wer eindringliche und ruhige Geschichten mit vielen Gefühlen liebt, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Von mir bekommt dieser wunderschöne Roman eine unbedingte Leseempfehlung und hochverdiente 5 Sterne.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    LadyIceTea, 15.08.2020

    Als Buch bewertet

    Einfach normal und doch besonders

    Es ist der letzte Sommer für Dad Lewis am Rand der Kleinstadt Holt – die er nie verliess, im Gegensatz zu seinem Sohn Frank, zu dem es keinerlei Kontakt mehr gibt, oder Tochter Lorraine, die nun zur Unterstützung zurückkehrt. Aber es kommen auch neue Gesichter und mit ihnen Geschichten: Die kleine Alice zieht im Nachbarhaus bei ihrer Grossmutter ein, und der neue Reverend Lyle hat nicht nur mit den eigenwilligen Anwohnern, sondern auch mit der eigenen Familie zu kämpfen.

    Wer Bücher von Kent Haruf kennt, der weiss um sein Talent, ganz normale Dinge ganz besonders erscheinen zu lassen. „Kostbare Tage“ ist das vierte und letzte Buch des Autors und somit auch die letzte Begegnung mit der Kleinstadt Hold.
    Wie schon in den anderen drei Büchern, passiert auch in diesem nichts Gewaltiges, es geht einfach um einige der Bewohner und um das, was das Leben ausmacht.
    Kent Haruf erzählt in seiner entschleunigten, bodenständigen Art von den letzten Tagen die Dad Lewis noch bleiben. Er war kein berühmter Mann, kein Wohltäter oder Dergleichen. Er war ein Familienvater mit Fehlern, wie viele andere Menschen auch. Während seiner letzten Tage versucht er, mit den Menschen die ihm etwas bedeuten, ins Reine zu kommen.
    Wer hier ein perfektes Ende erwartet, der kennt das Leben nicht und Haruf richtet sich genau danach. Werder die Ereignisse, noch die Gespräche sind beschönigt oder besonders schön gestaltet. Sie sind oft rau, praktisch und einfach normal. Typisches Stilmittel ist dabei das vollkommene Fehlen von Anführungszeichen. Gespräche gehen einfach in Handlungen über. Ganz so, wie im echten Leben.
    Und all dies macht das Besondere an Kent Harufs Büchern aus. Sie sind herrlich normal. Sie spiegeln das normale Leben wieder. Ohne Filter oder Fantasie. Sie erzählen Geschichten, die das Leben schreibt und zwingen den Leser förmlich, den stoischen Takt mitzuverfolgen. Und ich wage zu behaupten, dass der Leser dazu mehr als bereit ist. Denn trotz fehlender Filter und Fantasie liegt dem Ganzen ein völlig eigener Zauber inne, der neugierig macht und durch den die Figuren schnell ans Herz wachsen. Jeder von uns könnte in irgendeiner Form ein Bewohner Holts sein und das ist ebenso besonders.
    Meine Rezension ist sehr allgemein auf all seine Bücher gehalten. Aber egal ob „Kostbare Tage“ oder eins seiner anderen Bücher, es trifft auf alle zu. Lest dieses Buch! Lebt euch in Holt ein. Trefft das normale Leben und normale Menschen und dann lest auch noch die anderen Bücher. Es lohnt sich!

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    skandinavischbook, 07.06.2020

    Als Buch bewertet

    Inhalt:
    Dad Lewis erfährt, dass dieser Sommer sein letzter sein wird. Obwohl er eigentlich ein schönes Leben führte, gibt es doch einiges in seinem Leben was ihn beschäftigt und ihm Kummer bereitet. Und so wird dieser letzte Sommer, ein Sommer des Rückblicks, des Verarbeitens und der Eingeständnisse. Und während Dad Lewis sein Leben Revue passieren lässt, geschehen die unterschiedlichsten Dinge in der kleinen Stadt in den USA. Immer mehr Menschen begegnen der Familie Lewis und es wird klar, dass jeder einzelne von ihnen eine besondere Geschichte mit sich trägt, Geschichten voller Trauer, aber auch der schönen Momente und in Holt verbinden sich schon bald die Lebenswege vieler unterschiedlicher Menschen, während des letzten Sommers von Dad.

    Meine Meinung:
    Kent Haruf ist mit Abstand einer meiner liebsten Autoren, die ich je gelesen habe. Dies liegt vor allem an seiner so speziellen und feinfühligen Art Geschichten zu erzählen und so ist es ihm auch dieses Mal wieder gelungen.

    Während ich seine Bücher lese, verweile ich komplett und mit aller Konzentration und meinem Leserherzen in seinem Buch. Dieser Umstand macht sich so bemerkbar: Ich sitze an meinem liebsten Leseort, klappe sein Buch auf und bin ab diesem Moment nicht mehr ansprechbar. Stimmen um mich herum werden leiser, die Probleme der Zeit rücken in den Hintergrund und ich fühle mich, als sein ich ein stiller Beobachter oder Mitglied der Stadt Holt und währenddessen, wachsen mir alle Charaktere mit all ihren Eigenheiten ans Herz, als würde ich sie schon lange kennen und Freunde nennen.

    Das nennt man wahren Lesegenuss, wenn man Zeit und Raum vergisst und das schafft Kent Haruf in Perfektion. Ohne dass er dabei lauthals herausschreit, sondern mit feinfühligsten und genauesten Beobachtungen. Geschichten, die ohne Kitsch authentisch sind und ans Herz gehen und einem Schreibstil der bezaubert!!!
    Er kreiert dabei eine Atmosphäre, die so wohlig ist, dass sie einer Kleinstadtatmosphäre gleicht. Doch Haruf belässt den Leser nie in dieser Idylle, sondern konfrontiert ihn mit den eigenen Fehlern und Ängsten und verliert dabei nie die Präsenz eines literarisch wichtigen Buches!
    Dabei sind seine Charaktere ebenso glaubhaft, wie fehlerhaft und genau das macht sie perfekt. Denn auch wir sind nicht perfekt und gerade deshalb fühlen wir mit ihnen, erkennen uns in ihnen und lernen sie lieben.
    So, wie ich dieses Buch lieben lernte und es zu einem meiner Lieblingsbücher wurde!

    Meine Fazit:
    Lesen, denn eine schöner und literarisch wertvollere Lektüre gab es selten !

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 30.05.2020

    Als Buch bewertet

    Psychologisch fein gemachtes Bild einer Kleinstadt

    Mit Kostbare Tage lässt der US-Amerikanische Schriftsteller Kent Haruf den Leser ein weiteres mal Einblick in die Kleinstadt Holt und deren Bewohner nehmen.
    Im Mittelpunkt steht der an Krebs erkrankte 77jährige Dad Lewis.
    Seine Tochter Lorraine kommt zurück in die Stadt um ihn zu pflegen und ihre Mutter zu unterstützen. Der Kontakt zum Sohn Frank hingegen ist seit Jahrzehnten abgebrochen.
    Auch weitere Figuren in der Umgebung spielen eine Rolle.

    Dad Lewis ist ein gutes Beispiel für den typischen langjährigen Bewohner in Holt, Colorado. Ein kleiner Geschäftsmann, eher konservativ und überwiegend in sich ruhend. Aber so sind nicht alle und wer abweicht, hat es hier nicht leicht.
    Das gilt zum Beispiel für den neuen Reverend Lyle, dessen Predigen der Toleranz nicht jedem gefallen und der zudem auch noch familiäre Probleme hat.
    Kent Haruf hat eine ganze reihe ausgezeichnet Figuren geschaffen.

    Diese Zusammenspiel aus dem Einsatz mehrere Figuren und Wechsel der Gegenwart und Passagen der Vergangenheit, an die Dad Lewis sich erinnert, ist psychologisch stimmig und funktioniert ganz ausgezeichnet.
    Es sind bewegende Schilderungen der letzten Tage eines sterbenden Mannes.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    herrzett, 03.08.2020

    Als Buch bewertet

    Es geht zurück nach Colorado oder besser gesagt in die Kleinstadt Holt. Nach Kent Harufs sehr bewegenden Romanen "Lied der Weite" und "Abendrot" findet die Plainsong-Reihe nun mit "Die kostbaren Tage" ein gebührendes Ende.

    Manchmal kann es schnell gehen. Als Dad Lewis von seinem Arzt die Diagnose Krebs erhält, ist sein Ende bereits zum Greifen nah. Ein guter Monat soll ihm noch bleiben und so vegetiert er nun im Sessel vor dem Fenster, schaut der sich stetig verändernden Umgebung, seinen Nachbarn und dem kleinen Mädchen Alice, das neuerdings Radfahren übt, zu. Seine Angestellten und Freunde aus der Eisenwarenhandlung leisten ihm wöchentlich Gesellschaft und auch die Erinnerungen holen ihn bruchstückhaft wieder ein. Das ist er nun, der Abschied. Seine Tochter kommt seiner Frau und ihm zur Hilfe, kutschiert ihn noch einmal durch die kleine Stadt, besucht mit ihm erinnerungsträchtige Orte und so verweilen sie zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Von seinem Sohn hat Dad schon lange nichts mehr gehört, er brach frühzeitig den Kontakt zu seiner Familie ab und ging seiner Wege. Die letzten Worte bleiben ihm nur in Gedanken, vielleicht wird er ihm jemals verzeihen, vielleicht wird er von Dads letzten Stunden niemals erfahren. "Kostbare Tage" ist eine berührende Familiengeschichte und ein Buch über Vertrautheit, Liebe und den Abschied für immer.

    "Er würde also sterben. Das war es, was sie gesagt hatten. Noch ehe der Sommer vorbei war, wäre er tot. Anfang September würde man draussen auf dem Friedhof, drei Meilen östlich von der Stadt, Erde über ihn schütten, auf das, was von ihm übrig war. Man würde seinen Namen auf einen Grabstein meisseln, und dann wäre es so, als hätte es ihn nie gegeben."

    An sich habe ich mich lange auf eine weitere Fortsetzung der Reihe gefreut. Die Geschichte um Victoria und die McPheron Brüder hatte es mir dann doch sehr angetan. Nach dem Tod des einen Bruders und den neuen Herausforderungen des Lebens blieben noch einige Fragen offen und ich hatte mir nun Antworten erhofft. Leider blieb diese Erwartung unerfüllt. "Kostbare Tage" bezieht sich bis auf einen kleinen Absatz und die Tatsache, dass auch diese Geschichte in Holt spielt, so gar nicht auf die beiden vorherigen Teile. Und das hat mir dieses Buch dann irgendwie etwas madig gemacht. Das heisst zwar nicht, dass ich diesen Roman so gar nicht mochte, aber es war eben anders.
    Losgelöst von meiner Erwartungshaltung fand ich den Abschied und die letzten Lebenstage von Dad nämlich sehr bewegend. Kent Haruf erzählt sehr unaufgeregt und gefühlvoll von den Gedanken, Erlebnissen und dem Freundschaftgefüge seiner Protagonisten. Der plötzliche Krebsbefund und die damit einhergehende Schwäche und Endlichkeit des Lebens hat mich aber nicht nur mitgenommen, sondern auch sehr dankbar für das Jetzt gemacht. Krebs ist keine neuartige Erkrankung und beinahe jeder hat in seinem (entfernten) Bekanntenkreis sicherlich schon Berührungspunkte gehabt und eben dann auch erlebt, wie schnell es gehen kann. Und gerade das macht einen nachdenklich. "Kostbare Tage" ist ein melancholisch, bewegender und vor allem menschlicher Roman über den Abschied und irgendwie auch über das Loslassen. Damit beinhaltet jedes Buch nun etwas über ganz entscheidende Phasen des Lebens von dem Aufbruch, der Ankunft, den Herausforderungen bis hin zum Ende. Für alle, die ruhigere Romane über das Leben lieben, ist Haruf eigentlich schon eine Art must-read. Eine sehr grosse Leseempfehlung!

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kristall, 18.06.2020

    Als Buch bewertet

    Klappentext:
    „Es ist der letzte Sommer für Dad Lewis am Rand der Kleinstadt Holt – die er nie verliess, im Gegensatz zu seinem Sohn Frank, zu dem es keinerlei Kontakt mehr gibt, oder Tochter Lorraine, die nun zur Unterstützung zurückkehrt. Aber es kommen auch neue Gesichter und mit ihnen Geschichten: Die kleine Alice zieht im Nachbarhaus bei ihrer Grossmutter ein, und der neue Reverend Lyle hat nicht nur mit den eigenwilligen Anwohnern, sondern auch mit der eigenen Familie zu kämpfen.“

    Endlich wieder in Holt angekommen! So wird es vielen Lesern gehen, die die Reihe von Kent Haruf bereits kennen. Auch diesmal strotz dieses kleine Büchlein vor Emotionen und einen berührenden sprachlichen Poesie. Man kennt bereits viele Charaktere, leidet mit ihnen mit bzw. lebt mit ihnen. Kent Haruf hat hier wirklich unglaubliches geschaffen! Die Geschichte um Alice fand ich diesmal besonders stark aber auch Dad Lewis und sein gebrochenes Herz....Jeder Leser wird hier andere Interpretationen haben genau so auch Gefühle zeigen. Haruf spricht hier jeden Leser an und jeder kann sich denken was er will. Optimal gelöst! Und Lyle? Tut einem einfach nur Leid. In seiner Position und mit seiner Familie...egal....lesen Sie eine weitere Geschichte aus Holt! Es lohnt sich! Man ist eine Art Mitbewohner und darf ganz nah an die Figuren ran. Man kann ihnen nur keinen Rat geben, sie trösten oder auch mal anbrüllen....man ist einfach stiller Leser.
    Dennoch gibt es einen Kritikpunkt und deshalb auch nur 4 von 5 Sterne: man sollte wirklich die anderen Bücher über Holt gelesen haben die Haruf veröffentlicht hat. Man hat es als „Neuling“ sonst wirklich schwer einen Fuss in dieses Dörfchen zu setzen....man wird schief angeguckt und beäugt...es wird über einem getuschelt. Will man das?
    Deshalb 4 von 5 Sterne.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bibliomarie, 08.07.2020

    Als Buch bewertet

    Wieder lässt der Autor den Leser am Leben der amerikanischen Kleinstadt Holt teilhaben. Im Mittelpunkt steht der Dad Lewis, sein ganzes Leben Eisenwarenhändler im Städtchen. Sein Leben geht nun zu Ende. In den letzten Tagen sind seine Frau Mary und seine Tochter Lorraine an seiner Seite, auch Nachbarn und Freunde begleiten ihn.

    Von ihren Wünschen und Enttäuschungen erzählt dieses Buch. Immer in einer nur vordergründig einfachen Sprache. Aber das ist die grosse literarische Kunst des viel zu früh verstorbenen Autors.

    Mit grosser Empathie begegnet Haruf seinen Protagonisten und das hat mich tief berührt und ich bin sicher, kein Leser wird sich diesem Buch ganz entziehen können. Wenn der immer schwächer werdende Lewis sich an glückliche Zeiten und grosse Enttäuschungen erinnert, wenn er den Bruch mit seinem Sohn bedauert und sein Leben Revue passieren lässt, bin ich ganz an seiner Seite.

    Wie immer in den Holt-Romanen erzählt der Autor auch episodenhaft von Menschen, die im Ort leben und ihn prägten. Da ist die alte Dame, die ihr verwaistes Enkelkind aufnimmt, die ältliche Lehrerin, die nach einer grossen Enttäuschung wieder bei der Mutter lebt und alle finden allmählich zu einem inneren Frieden.

    Auch zeitgeschichtliches klingt an, wenn der Pfarrer vom Lucas-Evangelium predigt und den Friedensgedanken in den Vordergrund rückt, wo die meisten Bürger dem beginnenden Irak-Krieg voller Patriotismus sehen.

    Ich habe schon andere Bücher des Autors gelesen und auch wenn ich einen anderen Favoriten habe, so ist es doch ein Buch das sich unbedingt zu lesen lohnt.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    borgi, 10.06.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    Von Kent Haruf habe ich bisher „Lied der Weite“ und „Unsere Seelen bei Nacht“ gelesen. Beide haben mir sehr gut gefallen und auch dieses Buch wird auf diese ruhige, unaufgeregte Weise erzählt.

    Die Geschichte startet in Denver mit der Krebsdiagnose für den 77-jährigen Dad Lewis. Mit seiner Frau Mary fährt er nach Hause nach Holt in der Gewissheit, dass er in wenigen Wochen oder Monaten sterben wird. Seine Tochter Lorraine kommt nach Hause um ihre Mutter zu unterstützen und den Vater zu begleiten. Dad selbst nutzt die Zeit dieses langen, heissen Sommers um sein Leben Revue passieren zu lassen. Auch um das Weiterbestehen seines beruflichen Lebensinhaltes, die Eisenwarenhandlung, kümmert er sich. Rund um die Familie Lewis lernen wir eine Handvoll weiterer Personen in der fiktiven Kleinstadt Holt kennen: Nachbarn, Angestellte, Priester. Auch diese haben in ihrem Leben Verletzungen und Enttäuschungen erlitten, aber auch einen kleinen Teil vom Glück abbekommen.

    Mir haben die einzelnen Episoden und diese schöne Erzählart von Kent Haruf gefallen, auch wenn mich in den beiden erstgenannten Büchern die Personen und ihr Schicksal mehr berührt hatten. DenTitel „Kostbare Tage“ finde ich stimmig gewählt für diesen Sommer in Holt.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 16.06.2020

    Als eBook bewertet

    Melancholie mit Wohlfühlfaktor

    Mitten in der tiefsten Provinz Amerikas, in der Kleinstadt Holt, verbringt der schwerkranke Dad Lewis seinen letzten Sommer. Obwohl die Gegend für einen Aussenstehenden abgehängt und trostlos wirkt, wohnt Dad Lewis schon sein ganzes Leben dort. Seine Kinder, Lorraine und Frank, sind in Holt aufgewachsen.
    Um die letzten Wochen, die ihrem Vater noch bleiben, gemeinsam zu verbringen, kehrt Lorraine aus der Grossstadt nach Hause zurück.

    Die Hauptfigur liegt im Sterben und muss noch reinen Tisch machen. Auch die anderen Figuren haben schwerwiegende Herausforderungen im Leben zu bewältigen. Da ist die kleine Alice, die bei ihrer Grossmutter wohnt, weil sie ihre Mutter an den Krebs verloren hat. Es gibt die einsamen Johnson-Frauen und den neue Reverend Lyle, der für diese Gegend etwas zu aufgeschlossen ist. Wahrscheinlich mochte ich „Kostbare Tage“ gerade wegen dieser bedrückenden Schicksale. Die Art, wie die Charaktere damit umgehen, hat mich beeindruckt. Da ist kein Jammern über die eigenen Unzulänglichkeiten oder unzufriedenes Lamentieren, sondern ganz selbstverständlich gegenseitige, nachbarschaftliche Unterstützung. Jeder hat seinen Platz, gleicht eine Lücke beim Anderen aus.

    Mit seinem Zeichnen des einfachen, provinziellen Lebens, schafft Kent Haruf eine unvergleichliche Wohlfühlatmosphäre. Trotz des nahenden Todes und der alles umgebenden Melancholie erlebt der Leser mit den Figuren ganz wunderbare Momente. Dabei ist er zu keinem Zeitpunkt kitschig, sondern eher gesellschaftskritisch unterwegs. Seine Töne sind stets sanft, seine Kritik schwingt leise mit.

    Dieser Roman war mein erster Kent Haruf und wird bestimmt nicht mein letzter sein. Ich liebe seine Sprache und die Entschleunigung, mit der mir die Geschichte das Lesen bereichert hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Peggy S., 14.06.2020

    Als Buch bewertet

    depressive Grundstimmung
    Der alte Dad Lewis erhält eine niederschmetternde Diagnose nicht nur das er unheilbar krank ist nein ihm bleibt auch nur noch wenig Zeit. Er bekommt Medikamente, die seine Schmerzen lindern, ihn aber auch schläfrig machen. In der wenigen Zeit, ihm bleibt regelt er seine Angelegenheiten. Verabschiedet sich in seiner Art und Weise von seiner Stadt. Er denkt zurück an das was alles in den vergangenen Jahren passiert ist. Welchen Einfluss er auf das Leben seiner Mitmenschen hatte. Wie es zu einem Bruch mit seinem Sohn kam und wie er ihn gänzlich aus den Augen verlor. Als seine Tochter erfährt, wie es um ihren Vater steht kehrt sie heim und pflegt zusammen mit ihrer Mutter den nun todkranken Vater. Die Tage verrinnen in der ewig gleichen Art. Sie freundet sich mit den Nachbarn an. Und als der Tag kommt an dem der alte Dad die weltliche Welt verlässt, unterstützen die guten Nachbarn die beiden Frauen.

    Der Autor schildert in leisen, nüchternen und melancholischen Bildern, wie die brutale Realität in einer verschlafenen Kleinstadt zuschlägt. In eben so leiser Weise kritisiert er das marode und gewinnorientierte Gesundheitssystem der USA. Aber auch das übersteigerte patriotische Weltbild beleuchtet er aus einer Perspektive, die zum Nachdenken anregt. Aber auch das Thema Homophobie lässt er anklingen. Ungewöhnlich ist auch das er gänzlich auf das Stilelement der Wörtlichen Rede verzichtet. Diese findet zwar statt ist aber als solche nicht gekennzeichnet. Er lässt die Gänzefüsschen einfach weg.

    Wirklich gelungen ist jedoch das Cover. Nichts in diesen Cover deutet auf die Schwermut hin die einen in diesen Roman erwartet.

    Die Handlung ist von Anfang an sehr schwermütig ja fast depressiv gehalten. Die Rahmenhandlung befasst sich mit dem Sterben des Dad Lewis. Zum einen werden immer wieder kurze Rückblicke eingeschoben, die dem Leser zwar helfen zu verstehen, wie und warum er so oder so gehandelt hat. Insgesamt bin ich nicht wirklich mit dem Buch warm geworden. Ja ist traurig wenn jemand stirbt. Aber man muss doch nicht so bitter zurücksehen. Und dann die vielen eingeschobenen anderen Geschichten, Episoden aus dem Leben anderen Bewohner aus Hold.

    Nach einer Weile wachsen einen die Figuren zwar ans Herz. Jedoch lässt der Autor den Leser gar nicht richtig ran an die Figuren. Ja erzählt aus deren Leben. Aber dennoch bleibt er mit der Figurenbeschreibung an der Oberfläche. Ich meine das die nackten Körper der Frauen beschreibt, die logischer Weise anders aussehen, da sie ja auch in unterschiedlichen Lebensaltern sind, trägt nicht unmittelbar dazu bei zu sehen wie fühlen sie sich. Er beschreibt einfach nur die Masken die die Personen tragen ohne wirklich dahinter zu schauen.

    Und die Dialoge sind oft so plump so holprig das ich mich manchmal einfach nur gefragt habe ja und. Ein ja ein Nein ein ich weiss nicht herje. Da konnte ich an einigen Stellen einfach nur gähnen.

    Mir ist bewusst dass das Thema Sterbebegleitung alles andere als leicht ist aber als Leser wird man mit der Lektüre dieses Buches einfach mit der Zeit depressiv. Es gibt so viele schöne Bücher, die sich auf eine schönere und sensiblere Art diesem Thema widmen als es Haruf getan hat.

    Fazit: Nachdem alle so von diesem Autor geschwärmt hatten. Ein Autor der Wohlfühlromane schreibt. War ich neugierig geworden. Aber was mich dann in diesem Buch erwartete darauf war ich nicht vorbereitet. Diese melancholische ja fast depressive Grundstimmung hat das Leser noch mal erschwert. Das Buch war so ganz anders als ich erwartet habe und bestimmt nicht für jeden geeignet. Gerne würde ich sagen ein Buch das man gelesen haben muss, aber so recht will mir das nicht über die Lippen. Diese Art von Romanen muss man wirklich lieben um sie gerne zu lesen. Kurz: Ein Roman der mehr verspricht als er hält und doch lesenswert. Nur muss man sich darüber im klaren sein, das er doch sehr bedrückend geschrieben ist und daher doch eher was für Liebhaber der Schwermütigen Literatur ist.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Fredhel, 12.06.2020

    Als Buch bewertet

    Die beiden Vorgängerbände aus der amerikanischen Kleinstadt Holt sind mir leider nicht bekannt, doch auch ohne Vorkenntnisse habe ich mich direkt gut in dieser ländlichen Idylle zurechtgefunden, weil die Menschen eigentlich sehr einfach und geradlinig gestrickt sind. Die Hauptperson, Dad Lewis, hat nur noch wenige Tage zu leben. Er wird liebevoll von seiner Ehefrau und seiner Tochter umsorgt. Leider ist es ihm nicht vergönnt, auch noch Abschied von seinem Sohn zu nehmen, der als Paradiesvogel nicht in das enge soziale Gefüge gepasst hat und schnellstmöglich nach seinem Schulabschluss in der nahen Grossstadt untergetaucht ist. Rund um Dad Lewis werden spotlightartig die Schicksale von Nachbarinnen und Angestellten erhellt. Wenn man genau hinsieht, ist es eine Aneinanderreihung von verpassten Gelegenheiten und ungelebten Träumen, die die Menschen jedoch nicht eine Depression getrieben haben, sondern die von ihnen mit Pragmatismus verdrängt beziehungsweise verarbeitet worden sind.

    Mir gefallen solche alltäglichen literarischen Begebenheiten. Für mich ist es ein rundum lesenswertes Buch, das man nicht so schnell vergisst.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miriam G., 29.06.2020

    Als Buch bewertet

    Ein sehr trauriges Buch
    Dad Lewis wird sterben. Etwa einen Monat geben ihm die Ärzte noch – doch er ist nicht allein. Seine Frau und seine Tochter kümmern sich rührend um ihn und auch die Nachbarschaft unterstützt ihn, wo sie kann. Doch seinen Sohn Frank, den er wegen seiner Homosexualität verstossen hat und zu dem seit vielen Jahren kein Kontakt mehr besteht, wird er vermutlich nie wieder sehen.
    Zwar steht Dad Lewis, seine Familie und wie alle drei mit dem nahenden Tod umgehen im Mittelpunkt der Handlung, doch Nebenstränge beleuchten das (traurige) Schicksal vieler weiterer Einwohner. Die Handlung von Kostbare Tage ist im fiktiven Örtchen Holt angesiedelt. Holt liegt weit ab vom Schuss, sehr ländlich zwischen trockenen, landwirtschaftlich betrieben Feldern. Denver als nächstliegende Grossstadt ist mehr als zwei Autostunden entfernt, sodass die Bewohner Holts eine eingeschlossene Gemeinschaft bilden – teils mit sehr konservativen Ansichten. Das muss auch Pfarrer Lyle erfahren, der mit seiner Familie aufgrund eines Zwischenfalls von der Grossstadt nach Holt versetzt wird. Mit seinen modernen Ansichten, auch in Bezug zu Homosexualität, eckt er bei vielen Bewohnern an. Auch das Schicksal von Mutter und Tochter Johanson und das der kleinen Alice ist bewegend.
    Kurzum: Kostbare Tage ist ein unheimlich trauriges Buch und nichts für Zartbesaitete, die nach Wohlfühlunterhaltung suchen. Hoffnungsschimmer gibt es wenige, nahezu jede Person hat einen Verlust erlitten und leidet auf ihre Art und Weise. So thematisiert Kent Holt nicht nur Themen wie Krebs, Homosexualität und das Verlassenwerden, sondern auch den Verlust eines Kindes, das Scheitern von Beziehungen und Selbstmord. Die Sprache ist dabei sehr einfühlsam und passt gut zu dem Erzählten.
    Generell hat mir das Buch sehr gut gefallen, es berührt einen wirklich und die Atmosphäre ist nah und lebensecht. Dennoch bleiben mir die Figuren zu oberflächlich, insbesondere wenn sie miteinander sprechen. Die Dialoge sind oft sehr simpel aufgebaut und erlauben selten Einblick in die Person selber. Abfolgen sinngemäss etwa wie: „Wie geht’s es dir?“ – „Ich komme zurecht.“ – „Sag bescheid, wenn du Hilfe brauchst.“ kommen mehrfach vor und sind mir einfach zu platt. Auch finde ich, dass der Autor seinen Figuren teilweise ein zu hartes Schicksal zugeordnet hat – ein glückliches Leben führt keine von ihnen.
    Trotz dieser kleinen Kritikpunkte kann ich den Roman aber empfehlen.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    CanYouSeeMe, 12.06.2020

    Als Buch bewertet

    Auch dieser Roman vom Autor Kent Haruf spielt in der fiktiven Kleinstadt Holt. Alle Romane des Autors spielen dort, so dass sich die einzelnen Geschichten lose berühren, auch in diesem Buch wird man alte Bekannte wiederfinden, wenn man die weiteren Bücher des Autors kennt.
    Die Story um Dad Lewis ist nicht von viel Spannung oder überraschenden Wendungen geprägt - eher plätschert sie bedächtig und ruhig vor sich hin, nimmt den/die Leser/in mit auf eine bedächtige und melancholische Reise. Die Handlung umfasst jedoch nicht nur das langsame Ableben des Familienvaters Dad Lewis, sondern wirft auch einen Blick auf die Leben anderer Bewohner/innen der Stadt. Zentraler Punkt ist jedoch Dads Leben, das er im Sterbebett mehr oder minder reflektiert und mit Vergangenem hadert.
    Der Autor schafft es das alltägliche Leben sehr klar und treffsicher darzustellen, nichts wirkt übertrieben oder masslos, eher im Gegenteil. Die Sprache ist sehr ruhig und gesetzt. Die Beschreibungen sind beinah schon minimalistisch, dafür umso pointierter.
    Die Charaktere wirken sehr realistisch und authentisch, das gesamte Setting ist sehr lebensnah. Die Handlung springt teilweise zwischen den Charakteren hin und her, es gibt nicht immer fliessend Übergänge - mich hat das beim Lesen jedoch nicht gestört.
    Eine weitere Besonderheit ist der Verzicht auf "Gänsefüsschen" in der wörtlichen Rede, was meinen Lesefluss zumindest auf den ersten Seiten ein wenig eingeschränkt hat. Ich konnte mich jedoch schnell daran gewöhnen und habe diesen Umstand nicht als zu störend wahrgenommen.
    "Kostbare Tage" war für mich im Gesamten eine sehr emotionale und melancholische Begleitung eines Sterbenden und dessen Familie und Begleiter. Die Handlung war leise und gerade dadurch sehr lebendig.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Dreijungsmama, 07.07.2020

    Als Buch bewertet

    Es ist für mich das erste Buch, das ich von Kent Haruf lesen durfte. Erstaunt war ich darüber, dass es das letzte Buch ist, das er in seinem Leben geschrieben hat.
    Es handelt von den letzen kostbaren Tagen von Dad Lewis, der weiss dass er bald sterben muss.
    Der Autor verwebt das Leben von Dad Lewis mit den Geschehnissen der Menschen um ihn herum. Wie geht jeder einzelne mit den letzten Tagen von Dad Lewis um ? Was hat man sich noch zu sagen, welche Bedürfnisse sind noch da. Gibt es Geschehnisse aus der Vergangenheit aufzuarbeiten?
    All das wird leise und sanft erzählt.
    Der Autor geht sehr achtsam und bewusst um, mit diesen kostbaren Tagen. Es ist ein Buch über Loslassen, Dankbarkeit und auch über Selbstreflexion. Erzählerisch wunderbar eingefügt in Geschehnisse der Gegenwart und auch der Vergangenheit. Ein unaufgeregtes Buch, dass aber in keinem Moment langatmig wird.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 20.07.2020

    Als eBook bewertet

    Holt, Colorado: Dad Lewis liegt im Sterben. Unheilbar an Krebs erkrankt bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Seine Frau Mary kümmert sich in seinen letzten Tagen rührend um ihn. Auch seine Tochter Lorraine reist an, um der Mutter beizustehen und vom Vater Abschied zu nehmen. Nach und nach kommen Nachbarn, Freunde, seine Angestellten vorbei, um ein letztes Mal nach Dad zu sehen. Auch Reverend Lyle, der neue Gemeindepfarrer stattet ihm einen Besuch ab. Lyle hat selbst mit eigenen Problemen zu kämpfen, seine Familie droht auseinanderzubrechen, seine Ansichten werden nicht von jedem gut geheissen. Währenddessen lebt sich die achtjährige Alice in der Gemeinschaft ein. Das Mädchen wohnt seit dem Tod ihrer Mutter bei ihrer Grossmutter Bertha May. Das Mädchen wird von Lorraine und den Johnson Frauen, die verwitwete Willa und ihre Tochter Alene, ins Herz geschlossen.
    Schon zum vierten Mal entführt Kent Haruf den werten Leser nach Holt, Colorado. Es sind „Kostbare Tage“ von denen der 2014 verstorbene amerikanische Autor erzählt. Holt ist eine fiktive Kleinstadt, nicht unbedingt ein Wohlfühlort, kein Ort, an den es einen hinzieht. Dort leben bodenständige Menschen mit ganz alltäglichen Sorgen, Wünschen, Träumen, Freuden und Kummer. In dem Kent Haruf die Menschen genau beobachtet, ihnen grösste Achtsamkeit und Respekt entgegenbringt, lässt er den Leser eine tiefgehende Bindung zu seinem Personal eingehen.
    „Im Schatten der Bäume blieb er vor den Häusern stehen, warf einen Blick durch die Fenster, die in den Sommernächten geöffnet waren, und beobachtete die die Leute. Die kleinen Dramen, die tägliche Routine.“
    Genauso wie Reverend Lyle durch die Strassen von Holt geht, in die Häuser der Menschen schaut, so schaut Kent mit fotografischem Realismus hin.
    Mit den Geschichten aus Holt spiegelt er wohl einen guten Querschnitt der amerikanischen Bevölkerung in ländlichen Kleinstädten. Es gibt dort gute Menschen und weniger gute. Doch noch nie bin ich einem von Kent Harufs Protagonisten so ambivalent gegenüber gestanden wie Dad Lewis.
    Dad Lewis ist für mich nicht „der gute Mensch von Holt“, wie es zunächst scheinen mag. Dad hat sich ein gutes Leben in Holt aufgebaut. Er hat einen kleinen gut gehenden Eisenwarenladen ein gutes Auskommen. Seine Frau Mary ist ihm, anders kann man es nicht ausdrücken, treu ergeben. Seine Tochter Lorraine liebt und achtet ihn. Doch es gibt dunkle Flecken in Dads Leben. Es gibt Entscheidungen, die er getroffen hat und die gar nicht mal so sehr sein Leben beeinträchtigt haben als das anderer Menschen.
    Warum heissen Sie so? Das fragt die kleine Alice, als sie Dad kennenlernt.
    Wie denn?
    Dad.
    Weil ich eine Tochter habe, wie du. Als sie zur Welt kam, haben die Leute angefangen mich so zu nennen.
    Doch Dad ist ein Vater, der auch einen Sohn hat. Einen Sohn, den er nie erwähnt, von dem er nie erzählt. Der homosexuelle Frank verliess die Familie mit 19, ohne Schulabschluss. Einen Sohn, den Dad sogar in seinen Todesfantasien nur als Versager sehen kann.
    Auch in einem anderen Fall plagten ihn Schuldgefühle, die er mit finanzieller Zuwendung bereinigen konnte. Ob Dad nur aus schlechtem Gewissen, Anstand, moralischem Imperativ oder reiner Nächstenliebe gehandelt hat, beliebt der Interpretation des Lesers vorbehalten.
    Was hätte ich anders tun können, ist wohl eine Frage, die sich viele Sterbende stellen. Es sind nicht nur die letzten Tage des Abschiednehmens „kostbare Tage“, Tage der Danksagung. Jeder Tag ist kostbar und man sollte keine Zeit damit vergeuden, Menschen, an denen einem etwas liegt, zu missachten. Warte nicht darauf, etwas später zu erledigen. Sag denen, die du liebst, dass du sie liebst. Lass dich nicht durch Stolz, gesellschaftliche Konventionen, falschen Glauben davon abhalten, andere Menschen anzunehmen, wie sie sind. Revidiere deine Entscheidungen, wenn du erkennst, dass sie falsch waren. Jeder Tag ist kostbar.
    Leben und Sterben, das sind zwei Nachbarn. In Holt hat die nachbarschaftliche Gemeinschaft einen hohen Stellenwert. Es ist wunderbar mitzuerleben, wie sich die Frauen in dieser Geschichte über Generationen hinweg, von der alten Willa Johnson zu der jungen Alice, solidarisieren.
    Der trostspendende Lesestoff scheint im Kern des Buches jäh unterbrochen, als Reverend Lyle den Versuch wagt, die Bergpredigt wörtlich zu interpretieren. Die christliche Nächstenliebe prallt auf den stumpfen Patriotismus des Amerikas nach 9/11.
    „Kostbare Tage“ ist ein vielschichtiger Roman, ein Aufruf zur Versöhnung, ein unglaublich achtsamer Bericht über Sterbebegleitung, ein Plädoyer für das Leben. Kent Haruf hat dieses Buch kurz vor seinem Tod geschrieben. Seine raue Prosa reibt und kratzt wie ein alter Lieblingspullover.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 17.07.2020

    Als Buch bewertet

    Holt, Colorado: Dad Lewis liegt im Sterben. Unheilbar an Krebs erkrankt bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Seine Frau Mary kümmert sich in seinen letzten Tagen rührend um ihn. Auch seine Tochter Lorraine reist an, um der Mutter beizustehen und vom Vater Abschied zu nehmen. Nach und nach kommen Nachbarn, Freunde, seine Angestellten vorbei, um ein letztes Mal nach Dad zu sehen. Auch Reverend Lyle, der neue Gemeindepfarrer stattet ihm einen Besuch ab. Lyle hat selbst mit eigenen Problemen zu kämpfen, seine Familie droht auseinanderzubrechen, seine Ansichten werden nicht von jedem gut geheissen. Währenddessen lebt sich die achtjährige Alice in der Gemeinschaft ein. Das Mädchen wohnt seit dem Tod ihrer Mutter bei ihrer Grossmutter Bertha May. Das Mädchen wird von Lorraine und den Johnson Frauen, die verwitwete Willa und ihre Tochter Alene, ins Herz geschlossen.
    Schon zum vierten Mal entführt Kent Haruf den werten Leser nach Holt, Colorado. Es sind „Kostbare Tage“ von denen der 2014 verstorbene amerikanische Autor erzählt. Holt ist eine fiktive Kleinstadt, nicht unbedingt ein Wohlfühlort, kein Ort, an den es einen hinzieht. Dort leben bodenständige Menschen mit ganz alltäglichen Sorgen, Wünschen, Träumen, Freuden und Kummer. In dem Kent Haruf die Menschen genau beobachtet, ihnen grösste Achtsamkeit und Respekt entgegenbringt, lässt er den Leser eine tiefgehende Bindung zu seinem Personal eingehen.
    „Im Schatten der Bäume blieb er vor den Häusern stehen, warf einen Blick durch die Fenster, die in den Sommernächten geöffnet waren, und beobachtete die die Leute. Die kleinen Dramen, die tägliche Routine.“
    Genauso wie Reverend Lyle durch die Strassen von Holt geht, in die Häuser der Menschen schaut, so schaut Kent mit fotografischem Realismus hin.
    Mit den Geschichten aus Holt spiegelt er wohl einen guten Querschnitt der amerikanischen Bevölkerung in ländlichen Kleinstädten. Es gibt dort gute Menschen und weniger gute. Doch noch nie bin ich einem von Kent Harufs Protagonisten so ambivalent gegenüber gestanden wie Dad Lewis.
    Dad Lewis ist für mich nicht „der gute Mensch von Holt“, wie es zunächst scheinen mag. Dad hat sich ein gutes Leben in Holt aufgebaut. Er hat einen kleinen gut gehenden Eisenwarenladen ein gutes Auskommen. Seine Frau Mary ist ihm, anders kann man es nicht ausdrücken, treu ergeben. Seine Tochter Lorraine liebt und achtet ihn. Doch es gibt dunkle Flecken in Dads Leben. Es gibt Entscheidungen, die er getroffen hat und die gar nicht mal so sehr sein Leben beeinträchtigt haben als das anderer Menschen.
    Warum heissen Sie so? Das fragt die kleine Alice, als sie Dad kennenlernt.
    Wie denn?
    Dad.
    Weil ich eine Tochter habe, wie du. Als sie zur Welt kam, haben die Leute angefangen mich so zu nennen.
    Doch Dad ist ein Vater, der auch einen Sohn hat. Einen Sohn, den er nie erwähnt, von dem er nie erzählt. Der homosexuelle Frank verliess die Familie mit 19, ohne Schulabschluss. Einen Sohn, den Dad sogar in seinen Todesfantasien nur als Versager sehen kann.
    Auch in einem anderen Fall plagten ihn Schuldgefühle, die er mit finanzieller Zuwendung bereinigen konnte. Ob Dad nur aus schlechtem Gewissen, Anstand, moralischem Imperativ oder reiner Nächstenliebe gehandelt hat, beliebt der Interpretation des Lesers vorbehalten.
    Was hätte ich anders tun können, ist wohl eine Frage, die sich viele Sterbende stellen. Es sind nicht nur die letzten Tage des Abschiednehmens „kostbare Tage“, Tage der Danksagung. Jeder Tag ist kostbar und man sollte keine Zeit damit vergeuden, Menschen, an denen einem etwas liegt, zu missachten. Warte nicht darauf, etwas später zu erledigen. Sag denen, die du liebst, dass du sie liebst. Lass dich nicht durch Stolz, gesellschaftliche Konventionen, falschen Glauben davon abhalten, andere Menschen anzunehmen, wie sie sind. Revidiere deine Entscheidungen, wenn du erkennst, dass sie falsch waren. Jeder Tag ist kostbar.
    Leben und Sterben, das sind zwei Nachbarn. In Holt hat die nachbarschaftliche Gemeinschaft einen hohen Stellenwert. Es ist wunderbar mitzuerleben, wie sich die Frauen in dieser Geschichte über Generationen hinweg, von der alten Willa Johnson zu der jungen Alice, solidarisieren.
    Der trostspendende Lesestoff scheint im Kern des Buches jäh unterbrochen, als Reverend Lyle den Versuch wagt, die Bergpredigt wörtlich zu interpretieren. Die christliche Nächstenliebe prallt auf den stumpfen Patriotismus des Amerikas nach 9/11.
    „Kostbare Tage“ ist ein vielschichtiger Roman, ein Aufruf zur Versöhnung, ein unglaublich achtsamer Bericht über Sterbebegleitung, ein Plädoyer für das Leben. Kent Haruf hat dieses Buch kurz vor seinem Tod geschrieben. Seine raue Prosa reibt und kratzt wie ein alter Lieblingspullover.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Samira O., 31.07.2020

    Als Buch bewertet

    "Ihr Bestes könnte nicht gut genug sein. Das ist meine Frau. Sie bedeutet mir alles auf der Welt."

    Dad Lewis' letzter Sommer bricht an. Sein Krebs hat sich verschlimmert, mit jedem Tag wird er schwächer. Seine Frau Mary und Tochter Lorraine kümmern sich liebevoll um ihn, und auch die Nachbarin Berta und ihre kleine Enkelin Alice spenden Trost. Der neue Gemeindepfarrer Lyle bringt Unruhe nach Holt, wird aber für Familie Lewis zu einem wichtigen Gast. Doch wie jeder Mensch hat auch Dad Lewis Entscheidungen getroffen, die er bereut - und so bleibt ihm nichts anderes übrig, als in fiebrigen Wachträumen mit seinem Sohn Frank, den er seit Jahren nicht gesehen hat, Kontakt aufzunehmen.

    Kent Harufs kleinstädtisches Universum ist so wenig aufregend, wie es sich anhört. Holt, eine fiktive Stadt mitten in den Great Plains, ist der Inbegriff des "Dorflebens". Jeder weiss (vermeintlich) alles über jeden, jeder hat eine Meinung zum Leben der anderen, nichts bleibt verborgen. Aber dieses Bild hat auch seine Kehrseite, denn die Menschen sind auf eine Art und Weise bereit, einander beizustehen, wie man es in einer Grossstadt niemals erleben würde. So kann Dad Lewis seinen letzten Sommer in Frieden mit seiner geliebten Frau Mary und der Tochter Lorraine verbringen.

    Und auch andere Bewohner Holts stehen der Familie liebevoll zur Seite: Berta und die kleine Alice, Willa und Alene Johnson, Pfarrer Lyle. Alle diese Menschen haben ihr eigenes Päckchen zu tragen, und in kleinen Geschichten zeigt Haruf uns Ausschnitte aus der Vergangenheit dieser Personen, lässt uns teilhaben an ihren Sehnsüchten und Wünschen. Nach und nach offenbaren sich so Geheimnisse und Ereignisse, die die einzelnen Personen bedauern oder bereuen, bisweilen aber auch nie verwunden haben und seither mit einem Schmerz leben müssen, der schlichtweg zum Leben dazugehört.

    Für Familie Lewis ist der grösste Verlust wahrscheinlich Sohn Frank, der als Homosexueller in der Kleinstadt gebrandmarkt war und auch von seinem Vater vor allem Ablehnung erfahren hat - so jedenfalls verstehe ich die subtilen Gespräche und Gedanken. Der Kontakt zu Frank ist abgebrochen, und Dad Lewis bleibt keine andere Wahl, als ihn sich herbeizufantasieren. In diesen fiebrigen Phantomgesprächen erfahren wir viel über Dads innere Zerrissenheit, seine heftigen Schuldgefühle und seine Reue. Doch am Ende ist eines sicher: Fehler begehen wir alle, und Dad Lewis ist und bleibt ein wunderbarer Mensch mit einem guten Herzen.

    Auch alle anderen Figuren haben sich meine Sympathie mehr als verdient. Sie alle sind vom Leben gebeutelt, stützen sich aber gegenseitig und geben einander Hoffnung. So hat die kleine Alice ihre Mutter verloren und lebt jetzt bei ihrer Oma Berta, und Lorraine sowie Willa und Alene Johnson nehmen sich des kleinen Mädchens mit sanfter Zuneigung an. Sie buhlen nicht um ihre Aufmerksamkeit, sondern schenken sie ihr ganz ungezwungen, und unterschwellig spürt man, wie Alice langsam fröhlicher wird. Und natürlich tut auch diesen einsamen, vom Schicksal geschlagenen Frauen der Umgang mehr als gut.

    Es ist von Anfang an klar, dass das Buch mit einer traurigen Sterbeszene enden wird, aber so intensiv habe ich mir das nicht vorgestellt. So nah habe ich glaube ich noch nie eine Buchfigur bis zum Tod begleitet. Für mich war das mehr als real, ich konnte die tiefe Traurigkeit spüren, die Mary später überfällt, ich konnte aber auch Dads Ungläubigkeit darüber wahrnehmen, dass er plötzlich einfach nicht mehr da sein wird. Das ist das Unbegreifliche am Tod: 'Ich werde dann nicht mehr sein.' Darüber habe ich Bedauern und Traurigkeit verspürt. Aber gleichzeitig geht das Leben weiter, in Form eines jungen Mädchens auf einem Fahrrad.

    Wie immer erzählt Haruf sehr berührend und mit einer unübertrefflichen Ruhe aus dem alltäglichen Leben der Bewohner von Holt. Traurigkeit und Hoffnung halten sich in seinen Geschichten immer die Waage - bis am Ende die Hoffnung gewinnt.

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