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  • 4 Sterne

    28 von 37 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    claudi-1963, 28.07.2020

    Als Buch bewertet

    "Wie schön ist es, eine Heimat zu haben und eine Heimat, mit der man durch Geburt, Erinnerungen und Liebe verwachsen ist." (Otto von Bismarck)
    Trina wächst in dem kleinen, idyllischen Bergdorf Graun in Südtirol auf. Wie ihre beiden Freundinnen wird sie Lehrerin. Doch die Zeiten sind hart und Südtirol gehört auf einmal zu Italien. Deutsch zu sprechen und vor allem zu unterrichten wird in Zukunft verboten. Trotzdem unterrichten sie heimlich, doch die Strafen sind hoch, wenn man erwischt wird. Immer mehr Grauner überlegen nach Deutschland auszuwandern oder in Italien weiter als Menschen zweiter Klasse zu leben. Trina die sich in Erich verliebt und heiratet ist klar, dass sie Graun nicht verlassen werden. Der Krieg, der Verlust der Tochter und die Flucht in die Berge lassen, Trina und Erich weiter für die Zukunft hoffen. Als die Italiener beschliessen, den angefangenen Staudamm weiterzubauen, der ihr Dorf überschwemmen wird, bleiben Trina und Erich weiterhin im Dorf. Dieses Energieprojekt ohne Rücksicht auf die Bewohner Grauns und die Natur, ist selbst heute noch nicht vergessen.

    Meine Meinung:
    Das Bild mit dem Kirchturm des Reschensees ist massgebend für diese Geschichte. Für mich ist es das erste Buch dieses Autors, dessen Schreibstil interessant und unterhaltsam ist, für mich jedoch ziemlich emotionslos blieb. Dafür das es eine Geschichte sein sollte, die hauptsächlich um die Geschehnisse von damals gehen sollte, war sie mir zu oberflächlich. Ich habe das Gefühl, der Autor wollte etwas zu viel in diesem Buch. Dadurch bleiben die Charaktere relativ blass und von einigen erfahre ich sogar im Nachhinein gar nichts mehr. Selbst die Geschehnisse um Trina und Erich, den beiden um die es hauptsächlich hier geht, waren mir zu emotionslos. In der Anmerkung am Ende schreibt der Autor, das es ihm darum ging, das Leute nicht nur Spass an dem Stausee haben, sondern erfahren sollten von den damaligen Erlebnissen und wie schwierig der Verlust für die Menschen war. Viele von uns kennen sicher diesen Kirchturm, der im Reschensee herausragt, doch kaum einer kennt die Geschichte und das Schicksal der damaligen Bewohner. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Autor noch etwas mehr auf die Bewohner eingeht. Sicher ist es nicht einfach zu recherchieren, da es viele weit verstreut hat oder inzwischen verstorben sind. Jedoch einige der jüngeren Bewohner wohnen heute noch oberhalb des Sees. Doch leider überlagern zu viel andere Nebengeschichten, wie Krieg, Verlust der Tochter, das damalige Schicksal, sodass Graun ein wenig in den Hintergrund gedrängt wird. Erst gegen Ende ist dann das Dorf wieder präsent. Natürlich war es für mich interessant zu sehen, wie die Tiroler Bevölkerung sich gegen die Italiener wehrten. Besonders überrascht war ich, als sie mit dem Verbot deutsch zu sprechen aufgetaucht sind und welche extremen Strafen sie gegen das Verbot hatten. So kann ich gut verstehen, dass selbst heute noch einige Südtiroler wütend auf die Italien sind. Doch die Ungerechtigkeit die, die Grauner Bevölkerung mit dem Staudamm erleben mussten, hat mich am meisten erschüttert. Das ist auch das, was mich an dem Buch am meisten interessiert hat. Alles andere war zwar gut, hätte ich jetzt aber nicht unbedingt so ausführlich gebraucht. Viel lieber wäre es mir gewesen, hätte der Autor manche Charaktere, die er begonnen hat beendet, statt der Fantasie des Lesers zu überlassen. So hat mich das Buch zwar in manchem ganz gut informiert, jedoch in einigem mit Fragen zurückgelassen, was mich doch ein wenig enttäuscht hat. Interessant dagegen war noch die Anmerkung des Autors, warum er dieses Buch geschrieben hat. Von mir gibt es darum nur 3 1/2 von 5 Sterne für dieses Buch.

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  • 5 Sterne

    9 von 14 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ariettas Bücherwelt, 09.05.2020

    Als Buch bewertet

    Eine ergreifende und wahre Geschichte
    Inhaltsangabe: Quelle Diogenes-Verlag
    Aus dem Italienischen von Maja Pflug
    Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol – doch die Zeiten sind hart. Von 1939 bis 1943 werden die Leute vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich in Kellern und Scheunen. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand – mit Leib und Seele.

    Meine Meinung zum Autor und Buch
    Marco Balzano ist mit seinem Roman „ Ich bleibe hier“, ein grossartiges Werk gelungen. Er beschreibt sehr Authentisch, das Leben der damaligen Bewohner von Graun und Reschen. Seine Recherche und seine Genauigkeit, sind hervorragend, da ich die Geschichte durch einen Vortrag während unseres Urlaubes in Rechen kenne. Mich überkommt noch heute eine Gänsehaut, was man mit den Südtirolern machte. Man beraubte sie ihrer Sprache und des geliebten Landes. Die Willkür, der Faschisten, das Leid der Menschen dort, deren Widerstand und Mut den sie aufbrachten. Eine wunderschöne Landschaft, einem Staudamm opferte, gegen den Willen der Dorfbewohner. Sehr gut hat er seine Figuren herausgearbeitet, und deren einzelnen Charaktere und Emotionen zum tragen gebracht. Alles ist sehr Bildhaft und in leisen Tönen erzählt.

    Ich fand es schon erschütternd was man mit den Dorfbewohnern dort tat. Und konnte mich gut in die Graunerin Trina, die als Lehrerin arbeitet hinein versetzen. Als der Faschismus und Nationalismus Einzug hält. Ihren Mut trotz Verbotes weiterhin Deutsch zu sprechen, sie weiterhin heimlich ,im Keller die Kinder weiterhin in dieser Sprache unterrichtete. Den nur noch Italienisch war erlaubt, man behandelte die Südtiroler wirklich schlecht, sie waren nur noch Menschen zweiter Klasse, der Regierung und Willkür Mussolinis unterworfen. Einige flohen nach Deutschland, die sich viel von dem Leben da erhofften. Aber wie man heute weiss, das sie vom Regen in die Traufe kamen.
    Auch Trinas Mann Erich, kämpft heimlich für sein Land, ihre Tochter Marica , geht mit Erichs Schwester heimlich nach Deutschland, der Sohn Michael entpuppt sich mit der Zeit, als Faschist. Sehr zum Leidwesen und Kummer der Eltern. So sehr sich auch die Bewohner gegen den Bau des Staudammes wehrten, sie viel Hoffnung auf Hitler setzen, der vielleicht das ganze verhinderten könnte. Der ganze Traum platzt, als man Quasi bei Nacht und Nebel, das Dorf flutete, so das den Bewohnern nicht viel Zeit blieb, ihr hab und gut zu retten. Eine Wunderschöne Landschaft und zwei Dörfer wurden zunichte gemacht. Nur wegen eines Energie Projektes, das keinen Nutzen brachte.
    Die Geschichte ist so lebendig, Bildhaft und Real erzählt, das man ein Teil der Geschichte wurde.
    Besonders wenn man sie selbst von Zeitzeugen kennt, die sie einem erzählt haben, und ich kann den Stolz der Menschen dort verstehen, die sich immer noch als Südtiroler sehen, und mit Stolz, ihr Tiroler Lied darbieten und auch wieder Deutsch reden dürfen. Uns hat die Gegend da sehr fasziniert, etwas Mystisches geht von dem See und Kirchturm aus, den wir mal mit dem Schlauchboot um paddelt haben. Deshalb war das Buch ein Muss für mich zu lesen.

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  • 5 Sterne

    4 von 7 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mawo, 03.07.2020

    Als Buch bewertet

    Das Cover des Buches mit dem einsamen Kirchturm in mitten eines Sees sprach mich sehr an.

    Dem Autor gelang mit seinem fiktiven Roman, auf historisch belegbaren Begebenheiten einem berührenden, anrührenden Stück Zeitgeschichte ein Gesicht zu geben.

    Der Ort der Handlung sind die Bergdörfer gleich unterhalb des Rechenpass in Südtirol. Die Orte waren zu Beginn des letzen Jahrhunderts noch nicht touristisch erschlossen. Das fruchtbare Ackerland wurde von den Bewohnern nach guter alter Tradition bearbeitet und verwaltet. Es war meist ein hartes und entbehrungsreiches Leben, dass die Bewohner führten.

    Als Mussolini dann den Siegeszug des Faschismus in Italien anführte, wollen die Italiener Südtirol annektieren. Schon bald darf nur noch italienisch gesprochen werden. Alles deutsche wird verboten. Auch die deutsche Schule besteht nur noch im Untergrund.

    Das war die Situation als drei Mädchen, die Lehrerinnen werden wollten, ans Ende ihrer Studienzeit kamen. Natürlich bleibt ihnen als Deutsche die Anstellung verwehrt. Für die jungen Frauen endet hier abrupt ihre Jugendzeit. Ihre Wege trennen sich. Nur Trina bleibt im Dorf und arbeitet als Lehrerin im Untergrund. Es ist sicher kein leichtes Leben für die junge Frau. Mit Erich einem Bauern aus dem Dorf geht sie die Ehe ein. Sie führen ein einfaches, hartes Leben. Trina bekommt zwei Kinder.

    Die politische Lage spitzt sich immer mehr zu. Die Deutschen werden vor die Wahl gestellt in deutsche Reich heimzukehren, oder ihrer Heimat abzuschwören und sich zu Italien zu bekennen. Viele verlassen die Dörfer. Der zweite Weltkrieg ist auf dem Vormarsch. Die Familie beschliesst in den Untergrund zu gehen, weil sie sich keinem der Lager anschliessen wollen.

    Als dann das Projekt eines riesigen Staudamms doch noch wahr wird, leistet Trina mit ganzer Seele und aller Kraft Widerstand.

    Im Roman ist Trina die Erzählerin. Sie berichtet von die vielen kleinen und grösseren Tragödien in ihrer Familie, im Dorf und von ihrer Arbeit. Von den Träumen der drei Mädchen am Anfang ist nichts geblieben.

    Daneben erlebte ich als Leserin auch das Bedrückende der politischen Lage zwischen Faschismus, Hitler und dem zweiten Weltkrieg.

    Marco Balzano hat das hervorragend recherchierte historische mit sehr viel Gefühl und Liebe zum Detail erzählt.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michael B., 14.07.2020

    Als Buch bewertet

    Ein Stück Geschichte...
    "Niemand kann verstehen, was sich unter den Dingen verbirgt. Niemand hat Zeit, stehenzubleiben und um das zu trauern, was gewesen ist..."
    Marco Balzano erzählt die Geschichte eines Dorfes in Südtirol am Vorabend des zweiten Weltkrieges bis hinein in die 50-er Jahre - konfrontiert zunächst mit zwei politischen und später dann mit einer wirtschaftlichen Katastrophe. Zuerst der italienische Faschismus unter Mussolini und dann der zweite Weltkrieg und die Nazis. Das Politische spaltet das Dorf und die Familien, einige bleiben andere wandern aus oder flüchten. Nach dem Horror des Krieges wird das Dorf in der Folge eines Staudammbaus geflutet und verschwindet bis auf den Kirchturm, der als letztes Anzeichen der Ansiedlung aus dem Wasser ragt (Siehe auch die aktuelle Netflix-Serie 'Curon'). Als Leser*in folgen wir der Geschichte des abgeschiedenen Bergdorfes und seiner Bewohner*innen aus der Perspektive einer Familie, die stets ums Überleben kämpft, sich um den Zusammenhalt sorgt, Widerstand leistet und schlussendlich doch zum Opfer der Geschichte wird.
    "Er hatte kein Vieh mehr, sein Feld war überflutet worden, er war kein Bauer mehr, wohnte nicht mehr in seinem Dorf. Er war nichts mehr von dem, was er sein wollte, und wenn du nichts mehr wiedererkennst, wirst du rasch lebensmüde. Dann genügt dir auch Gott nicht."
    Ein beeindruckendes Buch, weil es erlebte Geschichte erzählt, die sich hinter ('unter') der südtiroler Touristenattraktion verbirgt - dem mitten aus einem See ragenden Kirchturm.
    Unbedingt lesenswert!

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gisela E., 21.07.2020

    Als Buch bewertet

    Fiktiv mit einem wahren historischen Kern

    Graun ist ein kleines, idyllisches Dorf in Südtirol. Seit Jahrhunderten zusammengewachsen, werden die Bewohner von 1939 bis 1943 gefragt, ob sie nach Deutschland auswandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien bleiben. Die junge Trina entscheidet sich für ihr Dorf. Allerdings darf sie dann nicht als Lehrerin tätig sein, nur heimlich unterrichtet sie auf deutsch in Kellern und Scheunen. Da holt die italienische Regierung eine alte Idee erneut hervor: Ein Energiekonzern soll die Felder und Häuser für einen Stausee überfluten. Mit ihrem Ehemann leistet Trina Widerstand gegen diesen Plan.

    Es ist ein bekanntes Bild: der Turm der Kirche, der aus dem See herausragt, passend auch auf dem Titelbild des Buches wiedergegeben. Der Autor Marco Balzano spinnt um die Geschichte der versunkenen Dörfer Reschen und Graun eine Erzählung, die sich an den historischen Hintergrund im letzten Jahrhundert anlehnt. Das Problem der Südtiroler, die weder so richtig italienisch noch so richtig deutsch sind, wird gut dargestellt. Bitter ist die Herangehensweise des italienischen Staates, das über die Bedürfnisse der Dorfbewohner hinweggeht. Das spiegelt Balzanos Geschichte gut wieder. Etwas gestört hat mich der Erzählstrang um Trinas Tochter Marica, es lenkt zeitweise vom eigentlichen Konflikt des Buches ab.

    Diese fiktive Geschichte mit einem wahren historischen Kern empfehle ich gerne weiter und vergebe 4 von 5 Sternen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Philiene, 24.06.2020

    Als Buch bewertet

    In dem Roman ich bleibe hier wird die fiktive Lebensgeschichte von Trina erzählt. Reines Geschichte ist die Geschichte des Dorfes Braun in Südtirol. Sie beginnt zu der Zeit, als die Faschisten Südtirol besetzen und alles verbieten was Deutsch ist. Für Reine ist das besonders schlimm, denn sie hat gerade ihre Ausbildung als Lehrerin beendet und jetzt darf sie kein Deutsch mehr unterrichten. Aber sie macht heimlich weiter und auch als alle Deutschen aus dem Ort ausgesiedelt werden sollen bleibt sie standhaft. Auch die Zeit der Nazies geht nicht Spurlos an ihr vorüber. Doch Trina bleibt sich immer treu. Sie verarbeitet schwere Schicksalsschläge und gibt doch nie auf.

    Der Roman versetzt den Leser in das Bergdorf mit seiner abwechslungsreichen Geschichte. Man erfährt interessante Dinge über das harte Leben von damals und über Menschen die alles dafür tun, ihre Heimat nicht zu verlieren. Der Autor erzählt in einer wunderbaren Sprache und ohne erhobenen Zeigefinger, er erschafft glaubhafte Figuren die vor allem eines sind. Menschen.

    Wer sich für Geschichte interessiert und da auch Mal etwas Abseits der bekannten Pfade wandelt ist hier genau richtig

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miriam B., 02.07.2020

    Als Buch bewertet

    Das Cover, das einen aus dem Wasser ragenden Kirchturm zeigt, macht bereits neugierig, was es damit wohl auf sich hat.
    Es ist der ehemalige Kirchturm der Stadt Graun in Südtirol, deren wechselhafte Geschichte ab der Besetzung durch die italienischen Faschisten erzählt wird.
    Hauptperson ist Trina, zu Beginn eine junge angehende Lehrerin, die nach ihrem Examen keine Anstellung findet, da Unterricht auf Deutsch verboten wird.
    Trina unterrichtet heimlich, heiratet schliesslich und kommt auch in das alltägliche Leben in Graun, in dem man sich um die Landwirtschaft kümmert und alles immer etwas karg ist.
    Über allem schwebt die ständige Angst vor dem Bau eines Staudamms, der das Dorf überfluten könnte und dann wird Graun auch in den Strudel des zweiten Weltkriegs gezogen.
    Das Thema des Romans war sehr interessant und nach meinem Gefühl auch sehr gut recherchiert.
    Der Roman ist gut zu lesen und wird gegen Ende auch ganz spannend.
    Leider blieb mir jedoch die Hauptfigur Trina seltsam fremd. Insbesondere im ersten Teil des Buches erfährt man viel zu wenig über ihre Motivation und es ist oft nicht ganz nachvollziehbar, warum diese oder jene Entscheidung getroffen wird. Hier hätten dem Buch ein paar Seiten, in denen Trina, aber auch ihr Ehemann, besser beschrieben werden, gut getan.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    ele, 24.06.2020

    Als Buch bewertet

    Ich bleibe hier, Roman von Marco Balzano, EBook 197 Seiten, erschienen im Diogenes Verlag.
    Balzanos Geschichte ist eine Geschichte des Widerstands und der engen Verbundenheit mit der Heimat.
    Trina ist eine junge Frau aus Graun im Vinschgau, sie will Lehrerin werden, doch Mussolini und die Italianisierung Südtirols kamen dazwischen, es durfte kein deutscher Unterricht mehr stattfinden so konnte Trina keine Anstellung als Lehrerin bekommen, alles bekam italienische Namen und die deutsche Sprache war verboten, die Faschisten verfolgten diese Vorschriften mit bitterer Härte. Trina heiratet und bekommt Kinder, doch als der 2. Weltkrieg beginnt, wird ihr Erich eingezogen, sie flieht mit ihm in die Berge, um seinem Dienst in der Wehrmacht zu entgehen. Eine Region in der Faschismus und Nationalsozialismus direkt aufeinanderfolgen. Als der Krieg vorbei ist, beginnt der Bau des Stausees, der immer wieder aufgeschoben wurde. Politisches und ökonomisches Interesse wird durchgesetzt, ohne dass die Bevölkerung etwas dagegen ausrichten kann. Viele gehen fort, aber Trina bleibt hier.
    Das Buch ist mir in erster Linie, wegen des gut gewählten Coverbildes aufgefallen. Bei unseren Reisen nach Südtirol, sind wir schon oft am Reschensee vorbeigekommen, in dem der Kirchturm des überschwemmten Dorfes Graun aus dem Wasser ragt. In Zukunft werde ich diese Touristenattraktion mit anderen Augen betrachten. Am Anfang ist eine Karte eingezeichnet, die ich aber beim EBook nicht nutzen konnte. Der Plot ist in 3 Teile aufgeteilt: 1. Die Jahre, 2. Die Flucht, 3. Das Wasser. Innerhalb dieser Teile gliedert sich der Roman in diverse überschaubare Kapitel, die mit Kapitelzahlen versehen sind. Balzanos Landschaftsbeschreibungen ziehen den Leser hinein in diese Erzählung. Er bedient sich des Personalen Erzählstils aus Sicht der Protagonistin, Trina erzählt ihre Geschichte, die ihrer Angehörigen und die ihres Dorfes so, als schreibe sie Briefe, die an ihre Tochter gerichtet sind. Von der Charaktertiefe der Protagonistin und der anderen Figuren bin ich beeindruckt. Jeden einzelnen Charakter, ein Beispiel - die des Ingenieurs mit Hut, konnte ich mir bildhaft vorstellen. Mir hat sehr gut gefallen, wie der Autor seine Figuren in die Handlung integriert hat, so authentisch glaubhaft, dass man meint, genauso ist es auch passiert – lebendig und flüssig zu lesen.
    An einem Tag habe ich das Buch gelesen, ich konnte den Reader kaum aus der Hand legen, in der Zwischenzeit hat mich das Gelesene nicht losgelassen. Auch nach der Lektüre wird mich das Buch noch eine Zeit lang beschäftigen, es hat mich auch zu weiteren Recherchen angeregt. Immer wieder haben mich einzelne Szenen oder Sachverhalte erschüttert, zu Tränen gerührt oder nachdenklich gemacht. Nie wieder werde ich am Reschensee vorbeikommen, ohne an das unsägliche Leid und die Ungerechtigkeit zu denken, das den Bewohnern von Reschen und Graun widerfahren ist. Den beschriebenen kleinen Friedhof oberhalb des Dorfes in den die Toten umgebettet wurden habe ich selbst schon besucht. Die Geschichte Südtirols fasziniert mich schon lange, dies ist ein wichtiger Abschnitt davon. Die heimlichen „Deutschschulen“ nach dem ersten Weltkrieg kannte ich von den Erzählungen unseres „Gastgeber-Uropas“. Ein wahrlich schmerzliches Kapitel in der Geschichte Italiens. Der Roman erzählt über den jahrhundertelangen Kampf der Bergbewohner um ihre Heimat und über ihr hartes Leben. Die Geschichte der Bewohner Südtirols und besonders der Orte Graun und Reschen, wird in diesem wunderbaren Buch anschaulich und nachvollziehbar anhand der Lebensgeschichte Trinas erzählt. Berührend und nachdenklich machend. Eine absolute Lese- und Kaufempfehlung, von mir 5 wohlverdiente Sterne.

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  • 3 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    raschke64, 25.05.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    In dem Buch geht es um die Geschichte der beiden Dörfer Graun und Reschen in Südtirol in der Zeit von etwa 1920-1950. Erzählt wird alles von der Lehrerin und Bäuerin Trina an ihre verschwundene Tochter. Besonders geht es aber um die Zeit ab 1939, als die Menschen sich entscheiden mussten, ob sie nach Deutschland, Österreich oder die Schweiz ziehen, um Deutsch bleiben zu können. Oder ob sie in ihrer Heimat bleiben, aber damit Italiener 2. Klasse werden . Der Krieg kommt dazu und danach der Kampf gegen den Bau eines Stausees, der beide Dörfer vernichten wird.

    Für mich ist die Beurteilung des Buches zweigeteilt. Zum einen ist da die historische Geschichte, die interessant, aber auch sehr berührend und aufwühlend ist. Das Buch hat mich neugierig gemacht und ich habe mehr über die Hintergründe recherchiert.
    Gleichzeitig fand ich aber den Stil nicht so gut, eher kalt und irgendwie emotionslos geschrieben. Mehr wie ein Bericht, ohne Wertung und ohne Gefühl, fast wie ein Protokoll.
    Einen weiteren Punktabzug gibt es für mich wieder einmal für den Text auf der Rückseite des Buches. Da wird das ganze so dargestellt, als ist Trina DIE Widerstandskämpferin gegen alles. Dabei ist sie es nur am Anfang, als sie den Kindern heimlich Unterricht gibt. Danach ist sie eigentlich mehr als passiv und schliesst sich eher ihrem Mann an. Dieser will nicht wegziehen, also bleibt sie auch. Dieser desertiert, also geht sie mit. Dieser kämpft gegen den Stausee. Sie ist die ganze Zeit eher eine Art Mitläuferin.

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  • 4 Sterne

    13 von 13 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    claudi-1963, 28.07.2020 bei bewertet

    Als Buch bewertet

    "Wie schön ist es, eine Heimat zu haben und eine Heimat, mit der man durch Geburt, Erinnerungen und Liebe verwachsen ist." (Otto von Bismarck)
    Trina wächst in dem kleinen, idyllischen Bergdorf Graun in Südtirol auf. Wie ihre beiden Freundinnen wird sie Lehrerin. Doch die Zeiten sind hart und Südtirol gehört auf einmal zu Italien. Deutsch zu sprechen und vor allem zu unterrichten wird in Zukunft verboten. Trotzdem unterrichten sie heimlich, doch die Strafen sind hoch, wenn man erwischt wird. Immer mehr Grauner überlegen nach Deutschland auszuwandern oder in Italien weiter als Menschen zweiter Klasse zu leben. Trina die sich in Erich verliebt und heiratet ist klar, dass sie Graun nicht verlassen werden. Der Krieg, der Verlust der Tochter und die Flucht in die Berge lassen, Trina und Erich weiter für die Zukunft hoffen. Als die Italiener beschliessen, den angefangenen Staudamm weiterzubauen, der ihr Dorf überschwemmen wird, bleiben Trina und Erich weiterhin im Dorf. Dieses Energieprojekt ohne Rücksicht auf die Bewohner Grauns und die Natur, ist selbst heute noch nicht vergessen.

    Meine Meinung:
    Das Bild mit dem Kirchturm des Reschensees ist massgebend für diese Geschichte. Für mich ist es das erste Buch dieses Autors, dessen Schreibstil interessant und unterhaltsam ist, für mich jedoch ziemlich emotionslos blieb. Dafür das es eine Geschichte sein sollte, die hauptsächlich um die Geschehnisse von damals gehen sollte, war sie mir zu oberflächlich. Ich habe das Gefühl, der Autor wollte etwas zu viel in diesem Buch. Dadurch bleiben die Charaktere relativ blass und von einigen erfahre ich sogar im Nachhinein gar nichts mehr. Selbst die Geschehnisse um Trina und Erich, den beiden um die es hauptsächlich hier geht, waren mir zu emotionslos. In der Anmerkung am Ende schreibt der Autor, das es ihm darum ging, das Leute nicht nur Spass an dem Stausee haben, sondern erfahren sollten von den damaligen Erlebnissen und wie schwierig der Verlust für die Menschen war. Viele von uns kennen sicher diesen Kirchturm, der im Reschensee herausragt, doch kaum einer kennt die Geschichte und das Schicksal der damaligen Bewohner. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Autor noch etwas mehr auf die Bewohner eingeht. Sicher ist es nicht einfach zu recherchieren, da es viele weit verstreut hat oder inzwischen verstorben sind. Jedoch einige der jüngeren Bewohner wohnen heute noch oberhalb des Sees. Doch leider überlagern zu viel andere Nebengeschichten, wie Krieg, Verlust der Tochter, das damalige Schicksal, sodass Graun ein wenig in den Hintergrund gedrängt wird. Erst gegen Ende ist dann das Dorf wieder präsent. Natürlich war es für mich interessant zu sehen, wie die Tiroler Bevölkerung sich gegen die Italiener wehrten. Besonders überrascht war ich, als sie mit dem Verbot deutsch zu sprechen aufgetaucht sind und welche extremen Strafen sie gegen das Verbot hatten. So kann ich gut verstehen, dass selbst heute noch einige Südtiroler wütend auf die Italien sind. Doch die Ungerechtigkeit die, die Grauner Bevölkerung mit dem Staudamm erleben mussten, hat mich am meisten erschüttert. Das ist auch das, was mich an dem Buch am meisten interessiert hat. Alles andere war zwar gut, hätte ich jetzt aber nicht unbedingt so ausführlich gebraucht. Viel lieber wäre es mir gewesen, hätte der Autor manche Charaktere, die er begonnen hat beendet, statt der Fantasie des Lesers zu überlassen. So hat mich das Buch zwar in manchem ganz gut informiert, jedoch in einigem mit Fragen zurückgelassen, was mich doch ein wenig enttäuscht hat. Interessant dagegen war noch die Anmerkung des Autors, warum er dieses Buch geschrieben hat. Von mir gibt es darum nur 3 1/2 von 5 Sterne für dieses Buch.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Jenny V., 23.06.2020

    Als Buch bewertet

    „Wörter konnten nichts ausrichten gegen die Mauern, die das Schweigen errichtet hatte. Sie sprachen nur von dem, was es nicht mehr gab. Also war es besser, wenn keine Spur davon blieb.“

    Inhalt

    Trina und Erich Hauser leben in Graun, in Südtirol gemeinsam mit ihren beiden Kindern Michael und Marica. Während Trina als Lehrerin arbeitet kümmert sich Erich um den Bauernhof. Doch die Zeiten werden immer düsterer, viele Menschen verlassen den Ort, weil der Faschismus Einzug hält und die Lage des Ortes dafür verantwortlich ist, das sich sowohl Italien als auch Deutschland in dieser Region etablieren möchten und die Politik immer mehr Einfluss auf das ganz normale Leben der Menschen gewinnt. Kurz vor dem zweiten Weltkrieg scheint es für die Bevölkerung keine Wahl mehr zu geben, entweder man entscheidet sich für die eine oder die andere Seite.

    In den Vorkriegswirren bricht plötzlich über Familie Hauser das Schicksal herein - denn Marica, für eine kurze Zeit in die Obhut von Onkel und Tante gegeben, verschwindet über Nacht mit ihren Verwandten und lässt Vater, Mutter und Bruder allein zurück, nur mit einer kurzen Nachricht, dass sie weggehen wollte aus dem Ort, um wieder freier zu sein. Für Trina ist das Anlass ihrer verloren gegangenen Tochter über viele Jahre hinweg zu erzählen, was aus der verlassenen Familie geworden ist, wie der Krieg sich ihrer bemächtigte und sie wieder entliess, wie der Ort sich verändert hat, warum es die alten Bauernhöfe nicht mehr gibt, wieso ihr Elternhaus dem Staudammbau weichen musste und was sie selbst erlebte und gern mit Marica geteilt hätte, obwohl diese nie mehr zurückgekommen ist.

    Meinung

    Der in Mailand geborene Autor Marco Balzano, Jahrgang 1978 arbeitet als Lehrer und folgt mit dem Schreiben seiner eigenen Passion - für sein literarisches Werk wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet und gilt als eine wichtige Stimme der italienischen Gegenwartsliteratur. „Ich bleibe hier“ ist bereits mein zweites gelesenes Buch von ihm, nachdem ich „Das Leben wartet nicht“ mit viel Begeisterung konsumiert habe.

    Die Thematik des vorliegenden Romans widmet sich einerseits der Geschichte und der Veränderung einer Region, die zunächst durch den Krieg, später durch den Bau eines Staudamms nachhaltig verändert wurde und heute für viele ein lohnenswertes Ausflugsziel ist, zum anderen erzählt es eine sehr persönliche Geschichte über den mehrmaligen Verlust im Leben, über erzwungenes Loslassen an Dingen und Menschen, die man doch lieber für immer festgehalten hätte. Und so wird das Schicksal der Orte Graun und Reschen im Vinschgau mit all den Repressalien der damaligen Bevölkerung zur Hintergrundszene in einer emotional kraftvollen Erzählung über Unglück, Vertreibung, Flucht und dem Versuch sich den inneren und äusseren Mächten langfristig zu widersetzen.

    Der Text richtet sich an die Tochter der Erzählerin und wirkt trotz der unfassbaren Ereignisse und den schicksalhaften Entwicklungen unaufgeregt und authentisch. In drei Teilen erzählt die Mutter vom Leben ohne das geliebte Kind, vom Leben im Krieg verbunden mit Flucht und späterer Rückkehr und letztlich vom Versuch sich die Heimat zurückzuerobern mit der Einsicht, dass es nie mehr so sein wird, wie es einmal war. In jeder Zeile wird die Bedrückung und das Bedauern über die Zustände greifbar, aber ebenso das hoffnungsvolle Voranschreiten. Die Hauptprotagonistin ist zwar gefangen in den historischen Entwicklungen, sie kann dieser Zeit nur stellenweise entfliehen und richtet ihre Lebenskraft dennoch auf die Zukunft, auf ein besseres Leben, auf eine Entspannung in all den anstrengenden, lebensbedrohlichen Momenten, mit denen sie sich im Krieg konfrontiert sieht.

    Besonders eindrucksvoll erscheint mir die Gesamtwirkung dieses Romans, der Fakten und Fiktion spannend verbindet, reale Ereignisse als Hintergrund spiegelt und doch vielmehr von den Menschen erzählt, die Rücksichtslosigkeit, Kriegshandlungen und politische Willkür erleiden müssen, ohne ihnen nennenswerten Widerstand bieten zu können. In Anbetracht der Erzählung wird man sehr nachdenklich, sie lässt darüber hinaus den heutigen Frieden und die politische Entwicklung als eine Errungenschaft erscheinen, die den Machtmissbrauch vergangener Tage als umso verachtenswerter wirken lässt.

    Fazit

    Ich vergebe begeisterte 5 Lesesterne für diesen wunderbaren Roman über eine starke Frau, eine schwere Lebenszeit, die ständige Herausforderung des Neubeginns, die Trauer, die einhergeht mit dem Verlust des liebgewonnenen Alltags und die Kraft, trotz jedweder denkbarer Rückschläge immer wieder aufzustehen und den nächsten Tag, die nächsten Jahre zu überstehen. Ganz klassisch und elementar steht hier nicht nur eine Person im Mittelpunkt, sondern übergreifend eine ganze Generation, deren Leben so oder ganz ähnlich verlief. Die Aussage des Textes ist tiefgreifend und bewegend, denn obwohl nichts so bleibt, wie es einmal war, gibt es doch immer einen inneren Frieden, den man finden muss und sich bewahren kann, um ohne Groll durchs Leben zu gehen.
    „Wörter konnten nichts ausrichten gegen die Mauern, die das Schweigen errichtet hatte. Sie sprachen nur von dem, was es nicht mehr gab. Also war es besser, wenn keine Spur davon blieb.“

    Inhalt

    Trina und Erich Hauser leben in Graun, in Südtirol gemeinsam mit ihren beiden Kindern Michael und Marica. Während Trina als Lehrerin arbeitet kümmert sich Erich um den Bauernhof. Doch die Zeiten werden immer düsterer, viele Menschen verlassen den Ort, weil der Faschismus Einzug hält und die Lage des Ortes dafür verantwortlich ist, das sich sowohl Italien als auch Deutschland in dieser Region etablieren möchten und die Politik immer mehr Einfluss auf das ganz normale Leben der Menschen gewinnt. Kurz vor dem zweiten Weltkrieg scheint es für die Bevölkerung keine Wahl mehr zu geben, entweder man entscheidet sich für die eine oder die andere Seite.

    In den Vorkriegswirren bricht plötzlich über Familie Hauser das Schicksal herein - denn Marica, für eine kurze Zeit in die Obhut von Onkel und Tante gegeben, verschwindet über Nacht mit ihren Verwandten und lässt Vater, Mutter und Bruder allein zurück, nur mit einer kurzen Nachricht, dass sie weggehen wollte aus dem Ort, um wieder freier zu sein. Für Trina ist das Anlass ihrer verloren gegangenen Tochter über viele Jahre hinweg zu erzählen, was aus der verlassenen Familie geworden ist, wie der Krieg sich ihrer bemächtigte und sie wieder entliess, wie der Ort sich verändert hat, warum es die alten Bauernhöfe nicht mehr gibt, wieso ihr Elternhaus dem Staudammbau weichen musste und was sie selbst erlebte und gern mit Marica geteilt hätte, obwohl diese nie mehr zurückgekommen ist.

    Meinung

    Der in Mailand geborene Autor Marco Balzano, Jahrgang 1978 arbeitet als Lehrer und folgt mit dem Schreiben seiner eigenen Passion - für sein literarisches Werk wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet und gilt als eine wichtige Stimme der italienischen Gegenwartsliteratur. „Ich bleibe hier“ ist bereits mein zweites gelesenes Buch von ihm, nachdem ich „Das Leben wartet nicht“ mit viel Begeisterung konsumiert habe.

    Die Thematik des vorliegenden Romans widmet sich einerseits der Geschichte und der Veränderung einer Region, die zunächst durch den Krieg, später durch den Bau eines Staudamms nachhaltig verändert wurde und heute für viele ein lohnenswertes Ausflugsziel ist, zum anderen erzählt es eine sehr persönliche Geschichte über den mehrmaligen Verlust im Leben, über erzwungenes Loslassen an Dingen und Menschen, die man doch lieber für immer festgehalten hätte. Und so wird das Schicksal der Orte Graun und Reschen im Vinschgau mit all den Repressalien der damaligen Bevölkerung zur Hintergrundszene in einer emotional kraftvollen Erzählung über Unglück, Vertreibung, Flucht und dem Versuch sich den inneren und äusseren Mächten langfristig zu widersetzen.

    Der Text richtet sich an die Tochter der Erzählerin und wirkt trotz der unfassbaren Ereignisse und den schicksalhaften Entwicklungen unaufgeregt und authentisch. In drei Teilen erzählt die Mutter vom Leben ohne das geliebte Kind, vom Leben im Krieg verbunden mit Flucht und späterer Rückkehr und letztlich vom Versuch sich die Heimat zurückzuerobern mit der Einsicht, dass es nie mehr so sein wird, wie es einmal war. In jeder Zeile wird die Bedrückung und das Bedauern über die Zustände greifbar, aber ebenso das hoffnungsvolle Voranschreiten. Die Hauptprotagonistin ist zwar gefangen in den historischen Entwicklungen, sie kann dieser Zeit nur stellenweise entfliehen und richtet ihre Lebenskraft dennoch auf die Zukunft, auf ein besseres Leben, auf eine Entspannung in all den anstrengenden, lebensbedrohlichen Momenten, mit denen sie sich im Krieg konfrontiert sieht.

    Besonders eindrucksvoll erscheint mir die Gesamtwirkung dieses Romans, der Fakten und Fiktion spannend verbindet, reale Ereignisse als Hintergrund spiegelt und doch vielmehr von den Menschen erzählt, die Rücksichtslosigkeit, Kriegshandlungen und politische Willkür erleiden müssen, ohne ihnen nennenswerten Widerstand bieten zu können. In Anbetracht der Erzählung wird man sehr nachdenklich, sie lässt darüber hinaus den heutigen Frieden und die politische Entwicklung als eine Errungenschaft erscheinen, die den Machtmissbrauch vergangener Tage als umso verachtenswerter wirken lässt.

    Fazit

    Ich vergebe begeisterte 5 Lesesterne für diesen wunderbaren Roman über eine starke Frau, eine schwere Lebenszeit, die ständige Herausforderung des Neubeginns, die Trauer, die einhergeht mit dem Verlust des liebgewonnenen Alltags und die Kraft, trotz jedweder denkbarer Rückschläge immer wieder aufzustehen und den nächsten Tag, die nächsten Jahre zu überstehen. Ganz klassisch und elementar steht hier nicht nur eine Person im Mittelpunkt, sondern übergreifend eine ganze Generation, deren Leben so oder ganz ähnlich verlief. Die Aussage des Textes ist tiefgreifend und bewegend, denn obwohl nichts so bleibt, wie es einmal war, gibt es doch immer einen inneren Frieden, d

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Anne H., 24.06.2020

    Als Buch bewertet

    Tief verwurzelt

    Im Grund genommen ist der Vinschgau eine beschauliche, dörfliche Gegend. Das Leben könnte hier im 20. Jahrhundert eigentlich genau so weiterlaufen, wie es das jahrhundertelang zuvor unverändert auch tat. Ein bäuerliches, einfaches Leben, traditionelle soziale Strukturen, tief verwurzelte Religiosität, Alltag in den Alpen. Politik, Ökonomie, Ökologie spielen jedoch auch hier wie in ganz Europa in die Idylle hinein – und machen Südtirol zu einem Sonderfall. Plötzlich sind die Menschen im Vinschgau keine Tiroler mehr, keine Österreicher, sondern Italiener. Spürbar wird es nach Mussolinis „Marsch auf Rom“. Die Italisierung drängt das deutsche im Alltag vehement und proaktiv zurück, verbietet beispielsweise das Unterrichten der deutschen Sprache, die nationalsozialistische Besatzung ein paar Jahre später dreht das Ruder wieder um 180 Grad herum und wäre das alles nicht belastend genug, schwebt über allem der seit Jahrzehnten geplante Staudamm, der allen Verzögerungen und Beteuerungen zum Trotz plötzlich doch den Lebensraum der Menschen bedroht.
    Marco Balzano erzählt die Geschichte, das Schicksal eines ganzen Landstrichs anhand der Geschichte von Trina, einer jungen Lehrerin aus Graun, ein Einzelschicksal und doch exemplarisch für „alle“.
    Sie ist zu einem nicht näher bestimmten Erzähl-Zeitpunkt seit Jahren von ihrer Tochter getrennt, und so stellt das Buch so etwas wie eine an sie gerichtete Erzählung der Mutter dar. Trina berichtet vom Dorf, von ihrer Jugend, ihrer Ehe und dem ganzen Drumherum, das den Alltag nun mal beeinflusst: die Weltpolitik, Ideologien von Diktatoren, wirtschaftliche Interessen von Unternehmen. Trina ist tief verwurzelt in der Gegend, lehrt an klandestinen Schulen in Katakomben, dient als Schreiberin und Übersetzerin fast für das gesamte Tal, denn viele der Bauern können nicht schreiben und lesen, geschweige denn auf Italienisch. Sie fühlt sich als Vinschgauerin, setzt sich daher für die deutsch-österreichische Kultur ein, aber später „Heim ins Reich“, in ein ihr vollkommen fremdes Land zu gehen, diese Option stellt sich nicht. Ihr Heimatgefühl ist bestimmend, aber viel regionaler, kleinräumiger. „Ich bleibe hier“ beschliesst sie, gemeinsam mit Mann Erich und Sohn Michael. Die gleiche Antwort auf eine ähnliche Frage – als der Staudamm droht, Enteignung und Umsiedlung anstehen – Trina bleibt auch dann.

    Marco Balzano gelingt etwas sehr Bemerkenswertes: er erzählt eine kleine Geschichte, eine persönliche Geschichte, in einem nicht allzu langen Roman. Und doch umspannen die rund 280 Seiten alles, was die Bewohner von Reschen und Graun in erster Linie, und sehr vergleichbar viele Bewohner Südtirols, und in noch weiter gefasstem Rahmen Millionen von Menschen in Europa im 20. Jahrhundert geprägt hat: das Grauen des Ersten Weltkriegs, ganz Europa wird durchgeschüttelt, neue Grenzen werden gezogen, neue Politik geschaffen. Es entstehen Widerstände, Unzufriedenheiten, neue Führer, nicht neue Ideologien, aber neue Dynamiken der Durchdringung. Das Aufkommen der Faschisten in Italien, der Nationalsozialisten in Deutschland, der Anschluss Österreichs, das Optieren für „Heim-ins-Reich“, der 2. Weltkrieg, das Zerbrechen der Achse Italien-Deutsches Reich, Besatzung, Befreiung. Die Dichte der Ereignisse, die tiefe Spuren hinterlassen im Leben des Einzelnen sind gigantisch. Dazu eine Hinwendung zu Industrialisierung und Technologie auch in zutiefst und bisher rein agrarisch geprägten Bereichen, eine ganz andere Intensität der Nutzbarmachung der natürlichen Ressourcen durch den Menschen, durch Konzerne, den Staat. Und wieder eine Beeinflussung jedes einzelnen Betroffenen, dessen, was er erblickt, wenn er aus dem Fenster schaut. Wieder alles neu, diesmal anders motiviert, aber nicht weniger brutal. Dazu das „normale Leben“, mit harter Arbeit, Liebe, Kindern, Krankheiten, Todesfällen, alles was so nebenbei passiert.
    Es gibt keinen Stillstand – und ich möchte ihn hier nicht propagieren, und ja, es gibt sicher gesamtwirtschaftliche Interessen, die über dem Einzelinteresse stehen müssen, aber die Masse dessen, was über die Erzählerin hereinstürzt, ist unfassbar, ohne dass der Autor übertrieben hat, er hat nicht zu dick aufgetragen, dramatisiert. Er zeigt ein absolut durchschnittliches, exemplarisches Menschenleben aus dem Volk, aus dieser Region – das, was Trina passiert, ist absolut naheliegend. Alles in allem stellt es das genaue Gegenteil dessen dar, was man so landläufig vor dem inneren Auge hat, bekäme man die Eckdaten Südtirol, oberes Etschtal, bäuerliches Leben, gewachsene familiäre und dörfliche Strukturen genannt. DAS ist nur die Fassade, das LEBEN, die Geschichte, Freude und (hier eindeutig mehr) Leid liegen im Verborgenen und sehen mitunter ganz anders aus. Wer nur an der Oberfläche kratzt, kann davon nichts sehen, aber es wäre zumindest nett und sich dafür zu interessieren, was darunter liegt. Und der Reschen-See macht es einem da doch sehr einfach: denn der Kirchturm guckt da ja wirklich aus dem Wasser, er durchbricht nach wie vor die Oberfläche. Und auch wenn es kein Drei-Schluchten-Damm ist – dafür liegt er viel näher, dafür sind uns die Menschen viel näher. Das ist kein Selfie-Spot. Das ist ein Denk-mal-Spot mit Betonung auf denken, vielleicht per se das Problem mit dem schönen Selbstbildnis vor malerischer Kulisse.
    Fazit: absolute Leseempfehlung, eine sehr dichte Erzählung, bei der man auch so manches Mal wieder die Internet-Enzyklopädie für die genauen Hintergründe zu Rate zieht. Gut für die historische Allgemeinbildung, gut für die politisch-ökonomisch-ökologische Wahrnehmung, ohne dass man den Eindruck hat, eine „schwere“ Lektüre vor sich zu haben.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    bookloving, 06.07.2020

    Als Buch bewertet

    *Ein berührender Roman*
    In seinem neuen Roman „Ich bleibe hier“ greift der italienische Autor Marco Bolzano ein dunkles Kapitel aus der bewegten Vergangenheit Südtirols auf und widmet sich der berührenden Geschichte des kleinen Südtiroler Bergbauerndorfs Graun und seinem traurigen Schicksal im Wandel der Zeiten und als Spielball der politischen Interessen.
    Bolzano erzählt zugleich aber auch eine berührende Geschichte über Heimatverbundenheit, Entwurzelung, Verlusten, Leid, Widerstand und Tapferkeit.
    Angesiedelt ist die vielschichtige Handlung im Vinschgau zwischen den 1930er bis in die frühen 1950er Jahre. Rückblickend berichtet die Ich-Erzählerin und Protagonistin Trina über ihr ereignisreiches Leben, erzählt von ihren geplatzten Zukunftsträumen, ihrem nur kurzen Familienglück und durchleidet erneut viele für sie sehr schmerzliche Erlebnisse. Im nüchternen, sehr emotionsarmen Stil einer Chronistin hat Trina ihre Familiengeschichte für ihre verschwundene Tochter zu Papier gebracht und lässt uns an dem kargen, entbehrungsreichen Leben im deutschsprachigen Vinschgau jener Zeit teilhaben. Schon bald hat mich die ausserordentlich dichte und bedrückende Atmosphäre von Trinas Erinnerungen gefangen genommen und gefesselt. Oftmals schwingt beim Lesen der sachlichen Schilderungen ihrer bedrückenden Lebensgeschichte die Frage mit, wie viel Desillusionierung, Unglück und Leid ein Mensch in seinem Leben überhaupt ertragen kann und was ihn weiterleben lässt. Mit Trina hat der Autor eine überaus tiefgründige, sehr authentische Figur geschaffen, die mich sehr beeindruckt hat. Ausführlich protokolliert sie aber auch viele dramatische Ereignisse im Verlauf der bewegten Zeiten, die die Geschicke des Dorfs bedroht und das Leben seiner Bewohner sehr einschneidend bestimmt haben.
    Gekonnt greift Balzano in seinem Roman eine wenig bekannte Seite in der jüngeren Geschichte Südtirols auf, das mit dem italienischen Faschismus und dem nahtlos nachfolgenden Nationalsozialismus gleich von zwei totalitären Diktaturen heimgesucht wurde. Zudem schwebte immer wieder das Damoklesschwert eines unheilvollen Staudammprojekts über der Zukunft des Tales und drohte ihre Heimat zu vernichten. Gekonnt lässt Balzano die sorgsam recherchierten historischen Abläufe in die persönliche Geschichte von Trinas Familie einfliessen.
    Äusserst bewegend ist es daher aus Trinas Sicht mitzuerleben, wie eine radikale Italienisierung unter Mussolini und die forcierte Siedlungspolitik die einheimische Bevölkerung unter Druck setzte und in verfeindete Lager gespaltete. Das Verbot der deutschen Amtssprache wurde von den Faschisten gezielt als perfides Mittel der Unterdrückung eingesetzt. Verschärft wurde ihre Lage noch durch ein zwischen Mussolini und Hitler geschlossenes Abkommen zur Umsiedlung der Südtiroler, wodurch sie für die deutsche Staatbürgerschaft und Auswanderung ins Deutsche Reich entscheiden mussten oder beim Bleiben in ihrer Heimat mit der italienischen Staatsbürgerschaft auch ihre Kultur und Sprache aufzugeben hatten. Auch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bringt für die Familie von Trina und Erich weitere Herausforderungen und folgenschwere Entscheidungen mit sich. Als nach Kriegsende schliesslich das Staudammprojekt trotz massiver Proteste rücksichtslos realisiert wird, wird die Heimat vieler alteingesessener Familien dem sinnlosen Fortschritt geopfert und ein Stück Kulturlandschaft unwiederbringlich zerstört.
    Als ein Meister der leisen Töne versteht es Marco Balzano hervorragend, die Emotionen und Gedankenwelt seiner Hauptfiguren einzufangen und die erlebte Tragödie aus Perspektive der Einheimischen glaubhaft darzustellen. Ihre schmerzlichen Wunden und ihr bewegendes Schicksal, das man stellvertretend für das reale Leid der Menschen in jener Zeit miterlebt, entfalten eine ausserordentliche Kraft aus sich heraus und stimmen sehr nachdenklich.
    Die Geschichte Grauns und das vielfältige Schicksal der Einheimischen gehen unter die Haut und werden mich die Touristenattraktion mit dem pittoresken Kirchturm im Reschen-See zukünftig mit beklommenen Gefühlen betrachten lassen. In den Anmerkungen des Autors geht Balzano ausführlich aus seine Beweggründe diesen Roman zu schreiben ein und erläutert zudem seine vielfältigen Recherchen zu den Hintergründen und Anspielungen auf einige historische Persönlichkeiten. Zur besseren Einordnung und Orientierung findet sich auf den Vorsatzblätter zudem einen hübsch illustrierte Landkartenausschnitt, der man die Lage des Vinschgauer Gebiets und die wichtigsten Orte entnehmen kann.
    FAZIT
    Eine berührende, grossartig erzählte Geschichte über das Schicksal des kleinen Südtiroler Bergbauerndorfs Graun, die die Erinnerung an ein unrühmliches Kapitel in der jüngeren Geschichte Italiens wach halten möchte!

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  • 5 Sterne

    6 von 12 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 25.07.2020

    Als eBook bewertet

    Graun, ein kleines Bergdorf im Vinschgau. Seit dem Ende des Ersten Weltkrieges gehört Südtirol zu Italien. Nach der Machtergreifung Mussolinis wird die deutschsprachige Bevölkerung zwangsitalienisiert. Trina, die so wie ihre Freundinnen Barbara und Maja, Lehrerin werden wollte, bekommt nun keine Anstellung, doch im Untergrund unterrichtet sie weiter die Dorfkinder in Deutsch. Trina heiratet Erich Hauser und zieht auf seinen kargen Bauernhof. Die Hausers führen fortan ein Leben im Widerstand: gegen Mussolinis faschistische Schwarzhemden, gegen Hitler, gegen den Bau des gewaltigen Staudamms, der den Untergang für das Dorf bedeutet.
    In Trinas und Erichs Leben wird eine grosse Wunde gerissen, es ist ein Verlust an dem die Familie zu zerbrechen droht.
    Der italienische Autor Marco Balzano schreibt in seinem Roman „Ich bleibe hier“ wider das Schweigen. Trina glaubt an das Wort als Mittel des Widerstands. In Graun sind die Menschen hart arbeitende Bauern und Handwerker. Trinas Mutter war eine sehr kategorische Frau, die die Welt mühelos in Schwarz und Weiss einteilen konnte.
    „Sie hielt alle, die eine Schulbildung hatten, für unnötig schwierige Menschen. Faulpelze, Besserwisser und Haarspalter. Ich dagegen glaubte, das grösste Wissen liege im Wort, besonders für eine Frau….Ich glaubte, sie könnten mich retten, die Wörter.“
    Worte können alles sein, Trost oder Waffe, sie können Berge versetzen, wenn alles verloren scheint. Worte bedeuten Freiheit, können Brücken schlagen. Manchmal bleiben aber auch nur Worte, um zu verarbeiten, was das Leben mit einem gemacht hat.
    Und so lässt Marco Balzano Trina erzählen, von der Zeit als die Dorfbewohner die italienischen Faschisten hassten und ein Rettung durch Hitlers Nazideutschland herbeisehnten. Sie erzählt vom Widerstand, von Flucht, von Trennung und Verlust. Balzanos Sprache ist schnörkellos, mitfühlend und bar jeglicher Sentimentalität.
    Der Kirchturm von Reschen, der aus dem Wasser des Stausees hervorschaut, ist heute eine Touristenattraktion. Auch Marco Balzano hat diesen Kirchturm gesehen. Die Geschichte der Gegend und des Staudamms motivierte ihn „eine private und persönliche Geschichte anzusiedeln, in der sich die historischen Abläufe spiegeln und die (ihm) die Möglichkeit bot, ganz allgemein über Verantwortungslosigkeit, über Grenzen, über Machtmissbrauch und die Bedeutung des Wortes zu sprechen.“
    Was bleibt, wenn einem zunächst die Muttersprache, dann das Zuhause, die Landschaft, die Existenz, die Heimat genommen wird? „Vorwärts gehen….das ist die einzige Richtung, die erlaubt ist. Sonst hätte Gott uns die Augen seitlich gemacht. Wie den Fischen.“

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Zauberberggast, 28.05.2020

    Als Buch bewertet

    Intensiv, beklemmend, wahrhaftig
    Südtirol zur Zeit des italienischen Faschismus und des Zweiten Weltkriegs, ist ein histo-topografischer Bereich, mit dem ich mich noch nie zuvor beschäftigt habe. "Ich bleibe hier" von Marco Balzano hat diesen Umstand zum Glück geändert, denn die Geschichte zum berühmten Kirchturm im Reschensee mit den menschlichen Schicksalen dahinter, ist es mehr als wert, erzählt zu werden.
    Die Ich-Erzählerin Trina erzählt ihrer Tochter Marcia die Geschichte ihres Lebens, dessen geografischer Mittelpunkt Graun im Vinschgau, Südtirol, war. Eines Lebens, das geprägt war von den politischen Interessen der Faschisten, der Nationalsozialisten und später der Politik der Nachkriegsjahre. Mussolinis Schergen wollten die Dörfer im Dreiländereck Italien-Österreich-Schweiz italianisieren und kappten den einheimischen Tirolern ihren Zugang zu Arbeit und freier Bildung. Mit der Machtergreifung der Nazis entzweiten die "Heim ins Reich"-Parolen und falschen Versprechen des NS-Regimes die Bevölkerung. Die Familie der Erzählerin Trina gehört zu den "Dableibern" - bis auf Tochter Marica, die nach Deutschland verschleppt wird. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs und dem Kriegseintritt Italiens gibt es Pläne, im Gebiet von Graun und Reschen einen Staudamm zu bauen, dessen "Opfer" die Dörfer selbst werden - und natürlich ihre Bewohner. Doch dann müssen Trina und ihr Mann vor den Nazis fliehen und später dann ihr Haus verlassen zugunsten des Stausees.
    Trotz des schwierigen, ernsten Themas, erzählt Marco Balzano die Geschichte mit einer bestechenden Leichtigkeit und einnehmenden Natürlichkeit. Die Wahl des Briefes als Erzählmedium und die Tatsache, dass es eine bestimmte Adressatin gibt, an die die Geschichte gerichtet ist - nämlich Trinas Tochter - verleiht dem Ganzen eine sehr persönliche Komponente. Niemals wirkt das Geschriebene artifiziell und immer wie eine wahrhaftige Lebensgeschichte einer Betroffenen. Das Leben in der deutschsprachigen Enklave, die von allen Seiten bedroht und eingeschüchtert wird, wird anschaulich dargestellt, die Atmosphäre im kleinen Südtiroler Bergdorf ist beklemmend. Vor allem die Flucht von Trina und Erich hat mich tief bedrückt und beeindruckt. Krieg ist einfach unglaublich schlimm für die betroffenen Menschen und das wird in "Ich bleibe hier" mehr als deutlich.
    Lange hat mich kein Buch mehr derart emotional berührt und aufgewühlt. Eine absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    schokoflocke, 24.06.2020

    Als Buch bewertet

    " ein Dorf am Rande der Zeit "

    " Ich glaubte sie könnten mich retten, die Wörter "

    Graun in Südtirol ist ein kleines und ruhiges, fast schon verschlafenes Ort. Das Leben dort ist zwar hart, aber auch geregelt und genau das wünschen sich auch Trina und Erich, es ist alles was sie wollen. Leider bleiben auch so kleine und für die Geschichte unbedeutende Orte von den grossen politischen Unruhen nicht verschont. Zu erst kommen die Faschinsten an die Macht und wollen die Bewohner vertreiben, Italien soll nur für Italiener sein, deutsch reden ist auf einmal verboten und Trina, die gerade Lehrerin geworden ist, darf nicht unterrichten. Dann sind die Nazis an der Reihe und wollen alle nach Deutschland umsiedeln, wer nicht gehen will gilt als Verräter. Und kaum ist das Krieg zu Ende, fängt für Graun schon der nächste Albtraum an- die arbeiten an dem grossen Staudamm werden wieder aufgenommen, was für das Dorf das Ende bedeutet.
    Ich sage es gleich, für mich war das Buch ein grosses Wow-Erlebnis. Thematisch fand ich die Geschichte sehr interessant und informativ, besonders da ich bis jetzt nicht viel über Südtirol gelesen habe. Auch wenn das Fazit immer gleich bleibt, weil diese Zeit einfach für alle grauenvoll war, ist es auch schön die Zeitgeschichte aus unbekannten Blickwinkeln zu betrachten. Aber so bewegend ich auch die historischen Erreignisse auch fand, es ist vorallem die persönliche Geschichte von Trina und Erich die mich tief berührt hat. Diese Ehe entspricht vielleicht nicht ganz unseren modernen Vorstellungen von der Liebe, keine grosse Worte, Liebesbeschwörungen oder Zärtlichkeiten, aber bis zum Schluss halten die Zwei zusammen. Sie sind natürlich nicht immer gleicher Meinung, aber sie unterstützen sich gegenseitig, trotzen allen Schicksalschlägen ( und davon gibt es ganze Menge ) und gemeinsam kämpfen sie für ihr Recht auf eine Heimat. Mir ist das wirklich ins Herz gegangen, selten hat mich ein Paar so berührt wie Trina und Erich. Und diese wirklich schöne Geschichte kommt durch den perfekten Schreibstil so richtig zu Geltung. Die Sprache ist einfach, klar und direkt, der Erzählton durchgehend ruhig, unaufgeregt, fast schon unbeteiliegt, dadurch wirkt die Geschichte emotionaler und bewegender, aber nicht übertrieben oder rührselig. Für mich war das Buch in jeder Hinsicht perfekt, ein echter Highlight und gehört definitiv zu den Büchern, die man unbedingt lesen soll.

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michaela E., 18.04.2020

    Als eBook bewertet

    Jeder kennt den berühmten Reschensee mit seinem Kirchturm im Wasser. In diesem Buch lesen wir von den Menschen, die diesen Ort bewohnten und verzweifelt versuchten ein gutes Leben zu führen.

    Marco Bolzano gibt ihnen Gesichter und eine Geschichte, die genau so hätte passieren können: Trina ist in diesem idyllischen Bergdorf aufgewachsen und träumt davon Lehrerin zu werden. Doch nach abgeschlossener Ausbildung übernehmen die Faschisten die Macht in Italien und als deutschsprachige Südtirolerin darf sie nicht unterrichten. Zwischen 1939 und 1943 sollten alle nach Deutschland auswandern. Diejenigen, die bleiben, werden zu Bürgern zweiter Klasse. Ihre Sprache wird verboten.

    Beherzt beginnt Trina im Untergrund zu unterrichten, bis ihr Mann Erich für die Italiener an die Front muss und sie sich um den Hof kümmern muss.

    Als die Nationalsozialisten Südtirol übernehmen, geht es für die Deutschstämmigen wieder etwas bergauf. Dennoch sind Repressalien zu fürchten, denn immerhin wollten die Dagebliebenen in der ersten Welle nicht heim ins Reich. Trinas Sohn Michael meldet sich freiwillig, aber Erich will auf keinen Fall ein zweites Mal in den Krieg. Es bleibt nur die Flucht.

    Überschattet wird das Ganze noch von diesem irrwitzigen Kraftwerksbau. Der grösste Staudamm Mitteleuropas soll gebaut werden und der wird Reschen und Graun verschlucken.

    Für die Menschen in diesen Bergdörfern ist das Elend auch nach dem Krieg nicht vor bei. Ihre hart umkämpfte Heimat ist immer noch bedroht und was sie auch versuchen, sie finden kaum Unterstützung.

    Wie es ausgeht, wissen wir ja alle. Dieses Buch bringt uns dazu, über die Menschen, die in dieser Kirche gebetet haben und in diesen Dörfern geschlafen, gearbeitet und geliebt haben, nachzudenken. Sie hatten es nicht einfach in ihren Leben. Ihre Arbeit war hart, ihre Zeit brutal und dennoch sind ihre Geschichten voller Hoffnung und Lebensmut.

    Marco Bolzano hat ein schönes Porträt gezeichnet von dieser widerstandsfähigen Gemeinschaft der Dagebliebenen. Ich habe diese Geschichte sehr gerne gelesen, fand sie ungemein interessant und war stark berührt von der Grausamkeit der Geschichte. Äusserst lesenswert!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke H., 12.07.2020

    Als Buch bewertet

    Ein eigentümliches Bild, das der Blick auf den Reschensee bietet. Eine spiegelglatte Oberfläche, aus deren Mitte ein Kirchturm ragt. Was ist hier geschehen? Und was hat es mit den Menschen gemacht, denen keine andere Wahl blieb, als ihre Heimat zu verlassen?

    Diesen Fragen geht der mehrfach ausgezeichnete Autor Marco Balzano in seinem neuen Roman „Ich bleibe hier“ nach, in dem er aus Sicht von Trina, Lehrerin und Bäuerin, die damaligen Ereignisse rekapituliert und den Leser am Beispiel des Städtchens Graun mit der schmerzhaften Geschichte Südtirols vertraut macht. Italienisch oder Deutsch, Mussolini oder Hitler. Eine Region, die vor dem Zweiten Weltkrieg zum Spielball der Mächte wird.

    Die Muttersprache ist ein zentrales Thema, das sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht. Sie stiftet Identität, dient aber gleichzeitig auch als Kontrollmechanismus der Herrschenden und ist auch dafür verantwortlich, dass nach der Zwangsitalienisierung Südtirols unter Mussolini viele Grauner ein strammes Deutschtum entwickeln und empfänglich für Hitlers „Heim ins Reich-Ruf“ werden. Es sind nicht viel, die bleiben, die weder dem einen noch dem anderen trauen, sondern misstrauisch sowohl gegenüber dem Duce als auch dem Führer sind. Die an ihrer Heimat hängen, sich ihre Skepsis bewahren, diese aber dennoch verlassen müssen. Trotz aller Widerstände lassen die Italiener von dem Staudamm-Projekt nicht ab, siedeln die Übriggebliebenen um, die sie mit lächerlichen Ausgleichszahlungen für den Verlust ihrer Heimat entschädigt haben. Wie es endet, ist bekannt. Das Tal wird 1950 geflutet.

    „Ich bleibe hier“ ist eine Geschichte des Untergangs. Sie klagt nicht an, aber rüttelt auf, denn Balzano gibt in diesem dicht erzählten Roman den Vertriebenen eine Stimme. Er taucht in seine Figuren ein, schildert deren Gefühlswelt ohne überflüssige Sentimentalität und beeindruckt mit seiner klaren Sprache gerade deshalb den Leser. Jedenfalls werde ich beim nächsten Urlaub in Südtirol die zweisprachigen Hinweisschilder mit anderen Augen sehen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sonja K., 15.07.2020

    Als Buch bewertet

    Die Geschichte spielt in Grau, einem kleinen Bergbauerndorf in Südtirol. Der Roman umspannt die 1920er Jahre bis in die 1950er Jahre hinein und handelt von Trina. Trina ist eine fiktive Figur des Autors Marco Balzano, aber das was sie erlebt, was im Dorf, um das Dorf herum und vor allem mit dem Dorf passiert, das ist aus dem Leben gegriffen.

    Graun gehört nach dem Ende des 1. Weltkrieges zu Italien, die Bewohner erleben den Faschismus und den Nationalismus, in der Schule darf nicht mehr Deutsch gesprochen werden, sie erleben Repressalien, den 2. Weltkrieg und am Ende soll auch noch ein Stausee geboren werden. Der Autor hat sich an wahre Begebenheiten, die er durch bibliogrophische Werke und Zeitzeugenberichte zusammengetragen hat, orientiert und hat diesen durch die fikitve Figur Trina Leben und vor allem auch Emotionen eingehaucht.

    Der Roman ist wie ein Lebensbericht, eine lange Rede oder ein langer Brief, den die Protagonistin an ihre Tochter richtet, in dem sie berichtet, was in ihrem Leben sich alles ereignet hat, was sie erlebt, erdulden und wo sie sich widersetzen konnte.

    Trina ist eine ruhige Hauptperson, sie erinnert mich an bisschen an meine Grossmütter, die aus dem selben Jahrzehnt stammen. Trina zeigt dennoch viele Gefühle, sie erlebt in ihrem Leben sehr viel dramatisches, aber sie hat auch Mut und vor allem einen Überlebenswillen, der sie durchhalten und vor allem auch aushalten lässt. Balzano ist es gelungen, dies hier in einem ruhigen Stil zu erzählen, ohne dass es zu melodramatisch oder überzogen wird. Es lässt diese Zeiten in diesem Buch wieder aufleben, so dass man sich hinein versetzt fühlt und man mitfühlen und mitleiden kann. Es ist eine harte Zeit, die dem Leser einiges zum Nachdenken gibt, gerad wenn man weiss, dass diese Zeit noch gar nicht allzu lange her ist.

    Heute ragt der Kirchturm von Graun aus dem Reschensee und ist ein beliebtes Fotomotiv. Dieser Roman erzählt die Geschichte, die sich dahinter verbirgt und die nicht in Vergessenheit geraten sollte.

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  • 5 Sterne

    W. R. B., 24.07.2020

    Verifizierter Kommentar
    Als eBook bewertet

    Bewegendes Buch. An Hand des Romans kann man sich bestens vorstellen was die Bewohner dieser Dörfer erlebt haben.
    Man spürt, dass es dem Autor sehr wichtig war, auf Grund seiner Recherchen möglichst warheitsgetreu zu schreiben.

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