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  • 5 Sterne

    30 von 33 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Dreamworx, 27.01.2021

    Als Buch bewertet

    "Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen." (Aurelius Augustinus)
    2019. Die entfremdeten Familienmitglieder Eva, Jan und Iris sind die Erben der 1898 im thüringischen Sonneberg von Albert Langbein gegründeten Spielzeugfabrik, die in den vergangenen knapp 120 Jahren die Weimarer Republik sowie zwei Weltkriege und den Mauerbau in Deutschland überstanden und vielen Ortsbewohnern Arbeit gegeben hat, nur um jetzt nach der Wiedervereinigung Konkurs anzumelden und die Pforten schliessen zu müssen. Der aus Cousin und Cousinen bestehenden Erbengemeinschaft bleibt nur, die alten Räumlichkeiten des Stammhauses zu räumen und entrümpeln. Dabei kommen ihnen immer wieder alte Bilder und Erinnerungen hoch, die sie mit der alten Spielzeugfabrik verbinden. Eine Internetauktion lässt in Eva, Iris und Jan die Idee heranreifen, die Fabrik doch noch einmal zum Leben zu erwecken. Werden sie als Familie wieder zusammenwachsen und hat die Spielzeugfabrik noch eine Zukunft?
    Kati Naumann hat mit „Wo wir Kinder waren“ einen unterhaltsamen und anrührenden historischen Roman vorgelegt, in dessen Seiten sich das Schicksal der Familie Langbein und ihres Traditionsunternehmens von der Vergangenheit bis hin zur Gegenwart verbirgt. Gekonnt stellt die Autorin dem Leser mit bildhaftem, flüssigem und gefühlvollem Erzählstil zuerst die drei seit längerer Zeit im Clinch liegenden Urenkel des Firmengründers in der Gegenwart vor, die sich bei Internetauktion für eine alte Puppe des Langbeinimperiums gegenseitig in die Quere kommen. Bei der anstehenden Räumaktion des Familienstammsitzes müssen Iris, Jan und Eva allerdings an einem Strang ziehen, um alles zu bewältigen. Während sie bei der Entrümpelung ihren alten Erinnerungen nachhängen, verwandelt sich die Spielzeugfabrik von einem Schwarz-Weiss-Bild in ein Farbfotografie, wird lebendig und greifbar, fast vergleichbar mit einem Daumenkino. Über unterschiedliche Perspektiven taucht der Leser immer mehr in das über vier Generationen bestehende Familienunternehmen ein, dass nicht nur einige gesellschaftliche und politische Höhen und Tiefen hat meistern müssen. Auch die Beschäftigung vieler ortsansässiger Arbeiter, die sich in Heimarbeit mit der Herstellung von Puppen, Spielzeugautos und allerlei Kinderträumen ihren Lebensunterhalt verdienten, wird durch die Rückblenden bis ins Jahr 1910 von der Autorin sehr plastisch geschildert. Der Leser verfolgt die Handlung mit leuchtenden Augen und einem herrlichen Kopfkino, das dem wunderbar in ihrer Geschichte eingewebten geschichtlichen Hintergrund ebenso geschuldet ist wie den spannend erzählten alten Erinnerungen der drei Urenkel und deren zwischenmenschlicher Beziehung.
    Lebendig und facettenreich gestaltete Charaktere mit menschlichen Ecken und Kanten nehmen den Leser von Beginn an mit in die Handlung hinein, wo er gemeinsam mit ihnen im alten Stammhaus wandeln darf, während er ihre alten Geschichten hautnah miterleben darf. Eva, Jan und Iris schleichen sich erst nach und nach ins Leserherz, denn ihre Zwistigkeiten müssen vorher ausgeräumt werden, um der Sympathie Platz zu machen. Die älteren Generationen allerdings, bestehend aus Albert, Mina, Otto, Flora und vielen anderen erobern den Leser im Sturm und lassen vor allem die Verbundenheit innerhalb der Familie ganz deutlich hervortreten.
    Mit „Wo wir Kinder waren“ gewährt Kati Naumann dem Leser nicht nur Eintritt in Teile ihrer eigenen Familiengeschichte, sondern lenkt ihn wunderbar durch deutsche Historie und lässt neben einer interessanten und spannenden Handlung auch den Kindertraum wahr werden, einmal in einer Spielzeugfabrik zu sein. Herrlich authentisch und berührend erzählt, so dass das Buch kaum aus der Hand zu legen ist. Absolute Leseempfehlung für diesen Genuss! Chapeau – besser geht es nicht!

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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 31.01.2021

    Als Buch bewertet

    Das Leben mit und in der Spielzeugmanufaktur
    Der in zwei Zeitebenen erzählte Roman beginnt mit der Internet-Auktion zu einer historischen Puppe von 1910, die von Albert Langbein selbst bemalt wurde. Er, der 1898 die Spielzeugmanufaktur Langbein gegründet hatte. Nun konkurrieren die Cousinen Eva und Iris im Bieterwettstreit um die Puppe, treiben den Preis sinnlos in die Höhe. Die beiden zerstrittenen Nachfahren der Langbeins sind von Neid und Missgunst geprägt, keine guten Voraussetzungen, um das alte Stammhaus ihrer Familie gemeinsam mit ihrem Cousin Jan zu entrümpeln.

    So beginnt die Aktion zunächst als Tortur aus gegeneinander gerichteten Spitzen und Lästereien, weil jeder nur die Schwächen der Anderen sieht. Trotzdem nehmen sich die drei Raum für Raum vor, räumen alles aus. Dabei stolpern sie immer wieder über Erinnerungsstücke. Während der Verhandlungen darüber, was weggeworfen, verkauft oder aufgehoben werden soll, tauchen sie in die Vergangenheit ein.

    Ganz automatisch nehmen die Drei die Leser*innen mit auf ihre Erinnerungsreise. Gern habe ich die Sonneberger Spielzeugmacher bei ihren Vorbereitungen für die Weltausstellung beobachtet, habe mit Erstaunen und Bewunderung die Heimarbeiter*innen und ihre Kinder bis spät am Abend an Puppenteilen werkeln sehen. Dann kamen die beiden grossen Kriege und schliesslich die schrittweise Zwangsenteignung. Jedes Ereignis brachte den Langbeins neue Herausforderungen, die Kati Naumann in berührender Weise schildert. Der ganze Roman unterliegt somit einer gewissen Melancholie, der jedoch stets auch ein Fünkchen Hoffnung innewohnt.

    Am besten gefallen hat mir die Erinnerung an sich. Die Gute Stube mit der schweren dunklen Kredenz darin kenne ich noch, auch ein Küchensofa und die unglaubliche Sparsamkeit, als es den Leuten eigentlich schon wieder viel besser ging. Die Botengänge, wo einfach die Kinder geschickt worden, hatte ich schon fast vergessen. Darüberhinaus zauberten mir die Spontanbesuche der Nachbarn, die dann zum Unzeitpunkt Sitzefleisch entwickeln konnten, ein Lächeln ins Gesicht.

    Zudem mochte ich die Ausarbeitung der Charaktere sowie deren Beziehungen untereinander. Von jedem hatte ich eine bildliche Vorstellung zu Statur, Kleidungsstil und Gesichtszügen. Ich hatte den Eindruck, sämtliche Gefühlsregungen der Protagonist*innen direkt vor mir zu sehen. Angetan war ich von der nie abreissenden Zuneigung, die lange Zeit das Zusammenleben bestimmt hatte. Selbst in den widrigsten Zeiten hatten sie sich wenigstens gegenseitig.

    „Wo wir Kinder waren“ war für mich insgesamt noch bedrückender als „Was uns erinnern lässt“. Dieser erste Erinnerungsroman hatte in meiner Wahrnehmung mehr Leichtigkeit. Das habe ich hier ein wenig vermisst. Letztlich hat die etwas düstere Atmosphäre mein Lesevergnügen aber nicht eingeschränkt. Schön fand ich die Verbindung zwischen beiden über den Ausflug in die Sommerfrische ins Hotel Waldeshöh am Rennsteig.

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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    cybergirl, 26.01.2021

    Als Buch bewertet

    Ein Streifzug durch die (ost-)deutsche Geschichte

    Die Cousinen Eva und Iris und ihr Cousin Jan sind die Nachkommen der Puppenfabrik Langbein.
    Die Puppenfabrik hat viele Höhen und Tiefen überstanden. Die Weimarer Republik, den 1. und 2. Weltkrieg, die Teilung Deutschlands und die Verstaatlichung in der DDR. Nur die Wiedervereinigung nicht.
    Eva, Iris und Jan räumen das Haus aus, indem die Familie seit ihrem Urgrossvater gelebt hat.
    Viele Erinnerungen stecken in den Räumen.
    Auch als bei einer Internetauktion eine der seltenen Langbein-Puppen versteigert wird und Eva diese ersteigert kommen viel Erinnerungen an die Kindheit und die Fabrik zurück.
    Auch ein Funken Hoffnung fängt an zu spriessen. Hat die Fabrik noch einmal eine 2. Chance?
    „Wo wir Kinder waren“ ist ein wunderschöner und tiefgründiger Roman von Kati Naumann der dem Leser einen guten Einblick in die (ost-) deutsche Geschichte gewährt.
    Das Buch hat 2 Zeitebenen. Die Kapitel der Gegenwart wechseln sich mit denen der Vergangenheit ab.
    In der Gegenwart räumen Eva, Iris und Jan das Stammhaus der Familie Langbein. Hier kommen viele Erinnerungen aus der Kindheit und von Erzählungen der Grosseltern zurück.
    Die Urgrosseltern haben das Haus und die Fabrik errichtet und seither hat die Familie hier gelebt und Puppen und Spielwaren hergestellt.
    In der Vergangenheit geht es bis ins Jahr 1910 zurück. Damals wurden die Puppen noch in Heimarbeit hergestellt bis Albert Langbein seine Fabrik gegründet hat.
    Hier erfährt der Leser viel über das Leben der Familie Langbein, die Entwicklung, die Höhen und Tiefen der Fabrik. Auch über die Bedeutung der Stadt Sonneberg als „Weltspielzeugstadt“ erfährt man so einiges.
    Mir war Sonneberg bisher nur als Stadt der Glaswaren aus Lauscha bekannt.
    Für mich, die in Westdeutschland aufgewachsen ist, ist es interessant zu lesen wie das Leben und die Strukturen in der DDR sich entwickelt haben.
    Plötzlich ist es nicht mehr Recht sein eigener Herr zu sein.
    Eine Generation die ihr Werk aufgebaut hat, für ihre Angestellten gesorgt hat und alles Geld wieder in das Werk gesteckt hat wurde enteignet.
    Was das für die Fabrikbesitzer bedeutet haben muss, plötzlich nur noch ein Angestellter in deinem eigenen Werk zu sein ist in dieser Geschichte deutlich zu spüren.
    Kati Naumann erzählt die Geschichte seht bildhaft, es entsteht beim Lesen ein richtiges Kopfkino.
    Die Protagonisten sind durchweg sympathisch. Besonders lieb habe ich Otto und Flora Langbein gewonnen.
    Auch Eva, Iris und Jan wurden mir im Laufe der Geschichte immer sympathischer.
    War am Anfang noch eine Distanz zwischen ihnen, der von einem Familienzwist herrührt, nähern sie sich im Laufe des Buches immer mehr an.
    „Wo wir Kinder waren“ wird ohne Zweifel zu den Highlights 2021 gehören.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kerstin1975, 26.01.2021

    Als Buch bewertet

    Buchinhalt:


    1898 gründete Albert Langbein im thüringischen Sonneberg seine Puppenfabrik – und legt damit den Grundstein für eine vier Generationen umfassende Dynastie der Spielzeugproduktion, die zwei Weltkriege, deutsche Teilung, Brände und Verstaatlichung übersteht. Vier Generationen Langbeins hauchen dem Unternehmen Leben und Seele ein und die Fabrik ist Dreh- und Angelpunkt des Familienlebens.

    120 Jahre später ist vom Familienzusammenhalt nichts mehr zu spüren. Streit und Missgunst unter der Erbengemeinschaft vergiften zunehmend die schönen Erinnerungen, die sich die drei Urenkel des Firmengründers, Jan, Iris und Eva, bewahrt haben. Erst, als eine Langbein-Puppe im Internet auftaucht, kehrt die Vergangenheit in Form von Kindheitserinnerungen zurück und mit ihr die längst verloren geglaubte Familientradition....


    Persönlicher Eindruck:


    „Wo wir Kinder waren“ nimmt den Leser mit in eine facettenreiche, authentische und liebevoll erzählte Familiengeschichte, die sich über vier Generationen erstreckt. Es ist ein Roman, der sich an die Familiengeschichte der Autorin anlehnt und in kapitelweisem Wechsel Vergangenheit und Gegenwart zu einem tiefgründigen, stimmigen Ganzen verwebt. Dabei ist der Stil bildhaft und heimelig, man fühlt sich als Leser sofort zuhause und zugehörig am Langbein‘schen Küchentisch.

    Die Autorin vermag gekonnt die fiktionalen Elemente und die historischen Gegebenheiten miteinander zu verbinden und schafft dadurch eine ganz eigene Atmosphäre, der man sich beim Lesen nicht entziehen kann: sie schildert Familienleben, Alltag und die Arbeit in der Fabrik, auch kleinere Anekdoten der jeweiligen Epoche und ruft dem Leser dabei die Erzählungen der eigenen Eltern oder Grosseltern in Erinnerung.

    Es ist dabei gerade die Beschreibung des täglichen Lebens in den einzelnen Generationen, die mir besonders gefallen hat, seien es nun Kaiserreich, Weimarer Republik, 2. Weltkrieg oder die DDR. Die Figuren haben Tiefgang und sind absolut glaubwürdig, gerade weil sie das Leben unzähliger Menschen der damaligen Zeit so beispielhaft und authentisch beschreiben.

    „Die Fabrik ist das Herz“ ist dabei ein Satz, den Mine Langbein bereits zu Beginn aufgreift und der sich über alle vier Langbein-Generationen spannt. Dem Leser wird dadurch plastisch vor Augen geführt, dass es sich beim Puppenmachen in dieser Familie um mehr als nur um einen Beruf handelt. Es ist eine Berufung, der alle Generationen treu bleiben. Auch Krieg und deutsche Teilung, Verstaatlichung und Enteignung ändern nichts daran: es ist auch eben der Familienzusammenhalt, der die Langbeins Höhen und Tiefen überstehen lässt.

    Mit dem Gegenwartsteil spannt die Autorin gekonnt einen Bogen, der die offenen und noch losen Fäden der Vorväter gekonnt miteinander verbindet und schliesslich auch den Grund für den jahrelangen Familienstreit, der irgendwann nach dem Krieg entstand, aufdeckt.

    Ein Familienstammbaum, geschichtlicher Abriss über das Zeitalter der Spielzeugproduktion in Thüringen und ein Interview mit der Autorin in Bezug auf ihre persönliche Familiengeschichte runden dieses absolut empfehlenswerte Buch ab.

    „Wo wir Kinder waren“ ist wahrlich nicht nur irgendein historischer Roman unter vielen – das Buch hat mich emotional sehr gefesselt und absolut begeistert. Eine ungetrübte Leseempfehlung – mein Buchhighlight 2021!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Mareike S., 09.02.2021

    Als Buch bewertet

    Eva, Jan und Iris räumen das Haus ihrer Grosseltern aus. Sie sind Teil einer Erbengemeinschaft, die entscheiden muss, was mit dem Haus und der dazu gehörigen Spielwarenfabrik ihrer Vorfahren geschehen soll. Die Spielzeugfabrik Langbein in Sonneberg in Ostdeutschland wurde schon zur Kaiserzeit gegründet. Sie überstand zwei Weltkriege, die Inflation sowie die deutsche Teilung und damit einhergehend die Zwangsverstaatlichung, musste aber nach der Wiedervereinigung Insolvenz anmelden. Der Leser erfährt abwechselnd mehr über die Räumung des Hauses und die Erinnerungen an ihre Kindheit von Eva, Jan und Iris, sowie in einem zweiten Erzählstrang mehr über die bewegte Vergangenheit der Fabrik. Die Fabrik gehörte zunächst den Urgrosseltern Albert und Mine Langbein und ging dann an deren Sohn Otto und seine Frau Flora über. Dieser zweite Handlungsstrang hat mich vom ersten Moment an fasziniert und gefangen genommen. Die Beschreibung der Puppenherstellung fand ich sehr interessant und ebenso die wechselvolle Geschichte der Fabrik. Ich bin wirklich begeistert, wie es der Autorin gelingt, die deutsche Geschichte anhand der Geschichte der Spielzeugfabrik wiederzugeben. Das Buch ist hervorragend recherchiert und man merkt, wie viel Herzblut der Autorin in ihm steckt, denn ihre eigene Familiengeschichte diente als Grundlage für das Buch. Zu den Figuren Eva, Jan und Iris hatte ich nicht sofort einen Draht, zum Glück änderte sich das aber im Laufe der Geschichte. Die Drei standen sich als Kinder nahe, haben sich aber im Laufe der Jahre voneinander entfernt. Je mehr man über die Drei und ihre Kindheit und Jugend erfährt, desto mehr wachsen sie einem ans Herz, ebenso wie das Haus ihrer Vorfahren, das sie gerade ausräumen.

    Fazit: Ich fand das Buch spannend und interessant, es hat mich berührt und ich habe Einiges gelernt. Besser geht es meiner Meinung nach nicht! Chapeau, Frau Naumann zu diesem grossartigen Roman, ich hätte am liebsten immer weiter gelesen! Schon jetzt auf jeden Fall ein Highlight 2021! Ich vergebe natürlich fünf Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Philiene, 29.01.2021

    Als Buch bewertet

    Wir alle hatten in der Kindheit ein Lieblingsspielzeug, an das wir uns gerne erinnern. Wie ist es aber wenn man mit einer ganzen Spielzeugfabrik aufwächst?
    Wo wir Kinder waren erzählt die Geschichte einer Spielzeugfabrik in Thüringen, von den Anfängen vor dem ersten Weltkrieg, über die schwere Zeit der Weltwirtschaftskrise, dem Nationalsozialismus, dem Kommunismus bis in die heutige Zeit. Anhand einer Familie wird ein ganzes Jahrhundert erzählt. Es gibt tiefe und sehr interessante Einblicke in das Handwerk der Spielzeugmacher. Von der Heimarbeit am Küchentisch, bis zur industriellen Herstellung am Fliessband. Besonders die Entwicklung der Puppen und Stofftiere war so liebevoll beschrieben, das ich mir jede Puppe bildlich vorstellen könnte.
    Es gibt natürlich auch eine Geschichte dazu. In der dreht es sich um vier Generationen der Familie Langbein. Mit all ihren Sorgen und Nöten. Besonders Flora, die einen grossen Teil der Geschichte begleitet ist mir ans Herz gewachsen. Tatsächlich beschränkt sich der Roman fast Ausschliesslich auf die Familie, aber das ist auch völlig ausreichend. Es gibt einen Teil in der Gegenwart, in dem sich die Charaktere durch das Stammhaus der Familie arbeiten und in Rückblenden wird die Familien- und Firmengeschichte erzählt.
    Ein Roman für alle die Familiengeschichten lieben und dabei gerne etwas über die Geschichte unseres Landes erfahren.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Island, 26.02.2021

    Als Buch bewertet

    Eva, Iris und Jan kommen in im thüringischen Sonneberg zusammen, um das Haus ihrer Grosseltern und Urgrosseltern leer zu räumen, die dort eine Spielzeugfabrik betrieben, die die verschiedenen politischen Systeme ab dem Kaiserreich überdauerte, aber nach der Wende zu Grunde ging. Auch die drei Protagonist:innen haben sich seit ihrer Kindheit entfremdet, stossen aber beim Entrümpeln auf gemeinsame Erinnerungen. Mit jedem der verschiedenen Gegenstände, die sie in dem Haus entdecken, wechselt die Autorin dann immer auf die zweite Zeitebene zurück in die Vergangenheit der Familie und man erfährt mehr über die Familien- und natürlich die Firmengeschichte, aber auch, was es mit dem jeweiligen Erinnerungsstück auf sich hat. Und auch die drei Erb:innen nähern sich einander langsam wieder an.

    Mir hat die Geschichte gut gefallen, da ich Geschichten, in deren Mittelpunkt ein Familienunternehmen steht, immer sehr interessant finde. Sonneberg ist gar nicht so weit von meiner Heimat entfernt, auch wenn diese in Westdeutschland liegt. Umso spannender finde ich es, mehr über die Tradition der Spielzeugherstellung zu erfahren, für die der Ort berühmt ist und darüber, wie die verschiedenen politischen Systeme das Leben der Fabrikantenfamilie beeinflussten. Der Schreibstil der Autorin ist anschaulich und angenehm lesbar.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bärbel K., 26.01.2021

    Als Buch bewertet

    In diesem Roman hat die Autorin einen Bogen von Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur heutigen Zeit über die Geschichte der Spielzeugfabrik Langbein in Sonneberg gespannt. Beginnend in der heutigen Zeit lernt der Leser Eva, Iris und Jan, Erben der zuvor genannten Spielzeugfabrik kennen. Einer Fabrik, die 2 Weltkriege, die deutsche Teilung und die Verstaatlichung durch die DDR-Regierung überstanden hat. Die dann aber nach der Wende und nach der Rückübertragung Konkurs anmelden musste. Doch während des Ausräumens des alten Stammhauses erhalten Eva, Iris und Jan zum Teil ihnen bisher unbekannte Einblicke in die Familiengeschichte, erwachen alte Erinnerungen aus ihrer Kindheit. Gleichzeitig kommen ihnen aber auch Ideen wie mit altem Knowhow die Fabrik wieder zum Leben erweckt werden kann ….
    Mich hat das Buch nicht mehr losgelassen. Denn die anfänglichen Beschreibungen, wie ein ganzes Dorf (zur Kaiserzeit) Einzelteile für die Puppen fertigt, die dann bei Langbeins in der Küche zusammengesetzt wurden, das fand ich beeindruckend und faszinierend. Albert Langbein, der Gründer der Fabrik arbeitete anfangs noch vormittags als Metzger und erst abends haben alle Familienmitglieder, dem Alter und den Fähigkeiten entsprechend, helfen müssen die Puppen zusammenzubauen. Beim Lesen habe ich so manches Mal gedacht: haben die denn nie Feierabend.
    Die Handlung wechselt immer zwischen dem Jetzt und den Rückblicken auf vergangene Generationen. Mich hat begeistert wie viele in sich stimmige kleine Episoden die Autorin eingeflochten hat. Episoden, die die Figuren und die gesamte Geschichte für mich lebendig gemacht haben. Man merkt beim Lesen, wie viel Detailwissen aus der Herstellung der Puppen recherchiert wurde und im Buch eingeflossen ist. Ich fand das interessant und abwechslungsreich beim Lesen. An vielen Stellen sind bei mir alte Kindheitserinnerungen wieder aufgeflackert. Wie z.B. bei den Begriffen PIKO oder Minol-Pirol. Bei so viel Lesevergnügen und Kurzweiligkeit, gibt es von mir 5 wohlverdiente Lese-Sterne.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    katikatharinenhof, 27.01.2021

    Als Buch bewertet

    Was man als Kind geliebt hat, bleibt im Besitz des Herzens bis ins hohe Alter (Khalil Gibran)

    Einst war die Puppenfabrik Langbein das Aushängeschild in Sonneberg. Die Wurzeln reichen zurück bis in die Kaiserzeit, aber von dem Glanz und dem Erfolg ist nichts mehr übrig geblieben. Zwei Kriege, die deutsche Teilung, die Umwandlung in einen VEB und dann die Wiedervereinigung haben nicht nur an der Fabrik genagt, sondern auch auch den Langbein-Erben. Ausser verbitterten Menschen und dem Streit um den Nachlass scheint kein Band sie zu verbinden. Erst als eine eine Auktion im Internet eine seltene Langbein-Puppe zum Vorschein bringt, rückt die Vergangenheit mit aller Macht in den Fokus und weckt die Chance auf einen Neubeginn...



    "Wo wie Kinder waren" entführt den Leser in das Spielzeugwunderland von Sonneberg und lässt das geschäftige Treiben in der alten Puppenfabrik wieder lebendig werden. Die Nähmaschinen rattern, der Geruch von Vinylmasse und Pappmache liegt in der Luft und über allem liegt der Zauber einer längst vergangenen Zeit, in der das Handwerk des Puppenmachers hochangesehen gewesen ist.

    Die Figuren verfügen über ein unglaubliches Charisma und begeistern den Leser mit einer sympathische Ausstrahlung und einem grossen Herz für Puppen und Spielzeug. Man wird wieder zum Kind und möchte so gerne mit der Anita-Pupe spielen, Trost von einem der kuscheligen Teddy gespendet bekommen oder Abenteuer im Zoo erleben, wenn Affen und Krokodile, Zebras und Papageien unter den Händen der fleissigen Mitarbeitenden der Puppenfabrik entstehen.

    Die Autorin zeichnet farbenfrohen und plastische Bilder, sodass es den Leser unendlich leicht fällt, sich direkt vor Ort einzufinden und die aufregende Zeitreise anzutreten. Die technischen Neuerungen und Erfindungen der jeweiligen Ära werden schön in den Verlauf der Geschichte eingebunden und man staunt über den Zeppelin am Himmel, die ersten Automobile auf den Strassen und die ersten Fernsehgerät, die Einzug in die Wohnzimmer halten.

    Das Leben und Wirken der Familie Langbein über mehr als hundert Jahre wird von Kati Naumann als mitreissende Geschichte erzählt und man merkt gar nicht, wie die Zeit verstreicht. Gerade noch hat die Puppenfabrik ihre Tore geöffnet und die ersten Aufträge sind zu verzeichnen, da steht auch schon der Erste Weltkrieg vor der Tür und macht die grossen Träume zunichte. Der Verfall der Währung, der zunehmende politische Wandel bis hin zum Zweiten Weltkrieg, der Teilung Deutschlands und der Zwangsenteignung durch das DDR-Regime - das alles läuft wie eine extrem gut recherchierte Dokumentation in bewegten Bildern vor dem Leser ab und man wächst direkt in die Firmengeschichte und Fehden mit hinein. Liebe, Lügen, Intrigen und Hoffnung schwingen immer mit, wenn Kati Naumann über Langbein-Tradition erzählt und den Leser das fast vergessen Handwerk des Puppenmachers näherbringt. Fast meint man, bei den einzelnen handwerklichen Schritten dabei zu sein und mitzuerleben, wie aus vielen Einzelteilen eine wunderschöne Puppe wird. Erinnerungen an die eigene Kindheit werden wach und lassen die verblassten Bilder aus dem Buch mit den eigenen Wahrnehmungen verschmelzen. Kati Naumann gelingt es, die einzelnen Episoden und Erinnerungen wie in einem Leporello aneinanderzufügen und so nostalgische Gefühle effektvoll zu entfalten.

    Die Langbein-Nachkommen müssen über den drohenden Verlust des Traditionsunternehmens feststellen, dass sie doch mehr verbindet, als entzweit. Die gemeinsam erlebten Kindheitserinnerungen sind fest im Herzen verankert und legen den Grundstein für ein neues Miteinander. Ein mitreissender Familienroman, der vielen Fragen nach Schuld und Verlust nachgeht, aber auch die Hoffnung auf einen Neubeginn weckt.

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  • 5 Sterne

    mabuerele, 08.02.2021

    Als Buch bewertet

    „...Für Eva fühlte es sich an, als hätte sie jahrelang Schwimmen geübt, nur um dann festzustellen, dass es nirgends mehr Wasser gab….“

    Eva lebt in Sonneberg in Thüringen. Ihr Leben schien vorgezeichnet. Es wurde geprägt von der Spielwarenindustrie. Dort hatte sie ihre Ausbildung gemacht, dort wartete auf sie ein sicherer Arbeitsplatz. Die beiden Kinder wurden im betriebseigenen Kindergarten gut versorgt. Und dann kam die Wende…
    Die Autorin hat einen tiefgründigen Roman geschrieben. Jede Zeile ist Zeuge für die exakte und umfangreiche Recherche.
    Zwei Handlungsstränge laufen parallel ab. Eva, Iris und Jan räumen das Haus aus, das über mehrere Generationen ihrer Familie gehörte. Mit den Erinnerungsstücken, die sie in die Hand nehmen, führt mich die Autorin zurück in die Vergangenheit. Im Jahre 1910 hatte ihr Urgrossvater Albert Langbein seine Puppenfabrik in Sonneberg gegründet.

    „...Siebenundzwanzig Arbeiter hatten bei ihm eine Anstellung gefunden. Albert kannte jeden von ihnen, und zwar nicht nur dem Namen nach. In Sonneberg gab es keine Geheimnisse...“

    Langbein – Puppen waren Handarbeit und Unikate. Wer Arbeit im Werk hatte, war besser gestelltals die Heimarbeiter.
    Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Er passt sich den Zeitverhältnissen an.
    Es sind einzelne Episoden aus der Vergangenheit, die von der Entwicklung der Fabrik erzählen. Es gab Höhen und Tiefen. Oftmals musste man wieder am Punkt Null beginnen, so zum Beispiel nach den beiden Weltkriegen. Deutlich wird, dass die Spielzeugherstellung ein hartes Geschäft war. Auch die Kinder mussten mitarbeiten. Oftmals war es von der politischen Lage abhängig, was gerade gefragt war. In Spielzeugfabriken wurden Waffen produziert, wenn es so gewollt war. Glücklicherweise gehörte die Langbein – Fabrik zu den wenigen, die davor verschont blieben.
    Auch Konflikte innerhalb der Familie blieben nicht aus. Bewunderungswürdig fand ich vor allem Otto und Flora, die zweite Generation, die auch in ausweglosen Zeiten den Kopf oben behielt. Dem kam entgegen, dass Flora in der Kindheit Not und Elend kennengelernt hat und ihre Wurzeln nie verleugnet hat.
    Auch als sich mit der Gründung der DDR vieles ändert, ist es Flora, die der Familie immer wieder Halt gibt. Gerade die Beschreibung dieser Zeiträume zeigt, wie viele Gespräche die Autorin geführt haben muss, um das so realistisch zu erzählen. Ein Zitat soll belegen, wie damals manches lief:

    „… Damit fuhr Fred zum VEB Möbelstoff- und Plüschwerke in Hohenstein – Ernstthal und tauschte Kuscheltiere gegen Mohairplüsch. Plüschtiere waren eine solidere Währung als Mark der DDR. Für Plüschtiere bekam Fred alles...“

    Dabei vermeidet die Autorin jegliche Schwarz-Weiss-Malerei. An vielen Stellen erfahre ich detailliert, was alles nötig war, um eine Puppe oder ein Plüschtier herzustellen und wie sich die verwendeten Materialien und Produktionsbedingungen im Laufe der Jahrzehnte änderten.
    In der Gegenwart fetzen sich Eva, Jan und Iris anfangs heftig. Dazu muss man wissen, dass Eva und ihr Cousin Jan in Sonneberg aufgewachsen sind, Iris aber auf der westlichen Seite der Grenze.

    „...“Soll ich euch mal was gestehen?“, fragte Iris. „Ich habe schon mal gedacht, es wäre besser gewesen, die hätten die Mauer nicht aufgemacht.“...“

    Nach der Wende wurde der Betrieb wieder privatisiert, musste aber recht schnell Insolvenz anmelden. Die Abnehmer waren weggebrochen. Die Erbengemeinschaft war sich uneins, was weiter zu geschehen hat. Dazu gehörten neben Eva, Jan und Iris, den Enkeln von Otto, auch die Nachkommen von Else, Ottos Schwester.
    Mit jeden Tag, den die Drei aber zusammen arbeiten, wächst ihre Ehrfurcht vor dem Erbe der Ahnen. Gibt es noch eine Chance?
    Ein Familienstammbaum und ein inhaltsreiches Interview mit der Autorin ergänzen das Buch.
    Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

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  • 5 Sterne

    Helena H., 04.02.2021

    Als Buch bewertet

    »Die Fabrik ist das Herz.« Dieser Ausspruch zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben der Langbeins. Eva, die in der einstigen Weltspielwarenstadt Sonneberg gewissermassen in der Fabrik ihrer Grosseltern aufwächst, beherzigt diesen Leitspruch von klein auf. Auf Herz und Nieren prüft sie die Plüschtiere und Puppen der Spielzeugfabrik Langbein und macht ihre Leidenschaft später sogar zu ihrem Beruf, indem sie Spielzeugtesterin wird. Nachdem die Fabrik nach der Wende untergeht und die Hinterbliebenen sich um das Erbe streiten, scheint von der ehemaligen Langbein-Tradition nichts mehr übrig zu sein. Nur in dem alten Familienhaus, das nun vermietet werden soll, hat sich nichts verändert. Als die mittlerweile 52-jährige Eva mit ihrem Cousin Jan und ihrer Cousine Iris das Haus räumt, kehren die drei nicht nur gedanklich in ihre glückliche Kindheit zurück, sondern entdecken auch viele Gegenstände und Dokumente, dank derer sie sich der ehemaligen Familiengeschichte annähern und unbekannte Familiengeheimnisse lüften. Ein wichtiger Fund lässt sie einen weitreichenden Beschluss fassen: Sie wollen das Herz der ehemaligen Spielzeugfabrik wieder zum Schlagen zu bringen.

    „Wo wir Kinder waren“ ist Kati Naumanns persönlichster Roman. Darin arbeitet sie ihre eigene Familiengeschichte auf. In Sonneberg, das für seine lange Tradition der Spielzeugherstellung bekannt ist, führten ihre Urgrosseltern die Puppenfabrik Scherf. Aus den Scherf-Puppen wurden im Roman die Langbein-Puppen, die von der Familie Langbein zunächst in häuslichen Verhältnissen und dann in modernen Produktionsstätten hergestellt werden. Die Autorin lässt uns in zwei Handlungssträngen an der Familiengeschichte und der Puppenherstellung teilhaben. Wir erleben chronologisch von 1910 bis 1978 den Aufbau der Puppenproduktion, der mit dem Ehepaar Albert und Mine sowie ihren vier Kindern beginnt und mit dem jüngsten Sohn Otto und seiner Frau Flora samt Kindern und Enkelkindern schliesst. Der Erzählstrang, der in der Gegenwart spielt, wird von ebendiesen drei Enkelkindern bestritten: Eva, Jan und Iris – alle drei 1966 zur Welt gekommen. Sie sind die Erben der Spielzeugfabrik, die nach der Wiedervereinigung untergegangen ist und von der scheinbar nur noch einige – in der ganzen Welt verstreute – Puppen übrig geblieben sind. Doch als eine alte Drückerform für einen Langbein-Puppenkopf auftaucht, sind sie im Besitz eines wichtigen Elements, mit dem ein erneutes Aufleben der alten Tradition denkbar wird.

    Während des Lesens von „Wo wir Kinder waren“ wird ersichtlich wie viel Arbeit, Liebe und Recherche Kati Nauman in ihren neuesten Roman gesteckt hat. Wie die Autorin in einem Interview berichtet, hat sie viel Archivarbeit betrieben, Wirtschaftsberichte und Fachbücher studiert, ehemalige Zeitzeugen und Spielzeughersteller befragt sowie ihre eigenen Erinnerungen und die Erzählungen ihrer Familienmitglieder, insbesondere ihrer Grossmutter, in die Geschichte einfliessen lassen. Auch auf einen grossen Familienschatz an Dokumenten, Briefen, Fotos, Geschäftsbüchern und Gegenständen aus der Zeit konnte Kati Naumann zurückgreifen. Für die Zeit der Arbeit hat die Autorin wieder in Sonneberg, der Stadt ihrer Kindheit, gelebt. Das Ergebnis davon ist ein berührender Roman, eine spannungsreiche Geschichte und – nicht zuletzt – ein wichtiges Zeitdokument. Ein Werk, das mit viel Liebe und Herzblut geschrieben wurde, was auf jeder Seite zu spüren ist und das es zu lesen lohnt!

    „Die Fabrik ist das Herz“, erklärte Albert. „Vielleicht bin ich der Kopf, und ihr seid die Hände, aber die Fabrik ist das Herz, das uns alle am Leben erhält.“

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  • 5 Sterne

    gabi e., 28.01.2021

    Als Buch bewertet

    Die Fabrik ist das Herz!
    Das Buch von Kati Naumann ist wunderbar geschrieben. Verständlich, die Zusammenhänge lassen sich durch den Aufbau des Buches wunderbar herstellen.

    Das Buch beginnt mit dem Treffen der Cousinen Iris und Eva und des Cousins Jan, um die Werkshalle der Firma Langbein und deren Privaträume auszuräumen, damit das Anwesen durch die Erbengemeinschaft verkauft werden kann. Über die Jahre hinweg befinden sich die Räumlichkeiten in einem mehr als desolaten Zustand. Modernisierungen wurden nicht vorgenommen.
    Die Spielzeugfabrik Langbein in Sonneberg wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Mine und Albert Langbein mit strenger Hand geführt. Die Kinder Fritz, Else, Hilda und Otto mussten bereits in jungen Jahren mithelfen, damit alle Aufträge erledigt werden konnten und wuchsen praktisch mit der Produktion auf, die anfangs in den Privaträumen der Langbeins erledigt wurde. Was toll für die Kinder war: Sie durften alle Spielzeugentwürfe als erstes testen. Die Auftragsbücher waren über etliche Jahre gut gefüllt, auch durch Kunden aus Amerika. Alle rissen sich um die Puppen mit den echten Wimpern und Gelenken, die nicht verdreht werden konnten.
    Man baute die neue Fabrikhalle, was auch zur Folge hatte, dass Personal eingestellt wurde und die Kinder nicht mehr zu helfen brauchten.
    Der älteste Sohn, Fritz, ging nach Amerika, um eine vierjährige Ausbildung zu absolvieren, da er die Fabrik einmal übernehmen sollte.
    Dann kam der 1. Weltkrieg. Die Aufträge wurden weniger, man musste sehen, wo man bleibt. Lebensmittel wurden knapp und die Langbeins schauten, was man eintauschen könnte, um die Familie am Leben zu halten. Fritz hatte sich inzwischen aus Amerika kommend zum Militär gemeldet. Er ist nicht wieder nach Hause zurückgekehrt, worunter Mine, Albert und die Geschwister sehr gelitten haben. Nun musste Otto ran. Otto war künstlerisch begabt und entwarf neue Muster, exotische Tiere, Teddys. Bewundert von der Patentochter seiner Mutter namens Flora, die aus mehr als ärmlichen Verhältnissen stammte.
    Else heiratete einen Blender namens Victor Pulvermüller und wurde schwanger. Das hinderte Victor nicht daran, sich um die Schwester Hilda zu kümmern, die prompt mit Anita schwanger wurde. Als Else das herausbekam, zog sie mit Victor Pulvermüller weg und hatte von da an Streit mit ihrer Schwester. Otto heiratete Flora und wurde glücklich. Beide bekamen die Kinder Hugo und Fred.
    Die nächste Unwägbarkeit, die auf die Langbeins zukam, war die Nazizeit und der zweite Weltkrieg. Unter grossen Schwierigkeiten konnten sie ihre Spielzeugfabrik weiter am Leben halten.
    Die nächste Prüfung war das Regime in der ehemaligen DDR. Nun kam es ganz dicke, bis hin zur Enteignung.
    Das Zusammentreffen von Iris, Eva und Jan zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Zwischendurch wird immer wieder auf die drei eingegangen. Dadurch wurden aber Zusammenhänge klar und das, was die drei gemacht haben bzw. worauf sie Bezug nahmen, deutlich.

    Was letztlich ganz besonders freut, dass Iris, Eva und Jan in den Räumlichkeiten der Spielzeugfabrik Sonneberg bleiben wollen und Eva sogar die Puppenfabrikation wieder aufnehmen will. Sie haben einen Deal mit der Erbengemeinschaft hinbekommen.

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  • 5 Sterne

    Elisabeth S., 01.02.2021

    Als Buch bewertet

    eine Zeitreise durch ein Stück deutsche Geschichte

    Inhalt:

    Eva, Iris und Jan sind Erben der ehemals prächtigen Spielzeugfabrik Langbein in Sonneberg. In der Kaiserzeit gegründet, befand sie sich in der Weimarer Republik auf ihrem Höhepunkt, überstand zwei Kriege, deutsche Teilung und Verstaatlichung, nur um nach der Wiedervereinigung kläglich unterzugehen. Nun ist von der ehrbaren Langbein-Tradition nichts mehr übrig. Streit und Verbitterung haben sich auf die Hinterbliebenen übertragen. Doch als bei einer Internetauktion eine der seltenen Langbein-Puppen auftaucht – sorgfältig genäht und von ihrem Grossvater persönlich bemalt –, rückt die verblasste Vergangenheit wieder heran und wirft unzählige Fragen auf: nach Schuld und Verlust, aber auch nach Hoffnung und Neubeginn.

    Meinung:

    Nachdem mir "Was uns erinnern lässt" bereits sehr gut gefallen hat, war klar, dass ich auch das neue Buch von Kati Naumann lesen musste, und was soll ich sagen, ich habe mit diesem Roman mein erstes Lesehighlight des Jahres gefunden!
    In diesem Buch geht es um die Familiengeschichte der Familie Langbein und um ihre Spielzeugfabrik. Im Buchinnendeckel findet man den Stammbaum der Familie, was ich sehr hilfreich fand, um, gerade am Anfang, den Überblick zu behalten. Eva, Jan und Iris, die Urenkel des Firmengründers machen sich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, an die Arbeit, um das Stammhaus der Familie auszuräumen. Zimmer für Zimmer gehen sie vor und werden dabei von vielen Erinnerungen eingeholt, angefangen von ihrer glücklichen Kindheit bei den Grosseltern bis hin zu den Streitigkeiten der Erbengemeinschaft... In einem zweiten Erzählstrang verfolgt der Leser den Werdegang der Familie und der Puppenfabrik von Albert Langbein. Diese Zeitreise beginnt im Jahr 1910 und geht bis hin zum Ende der DDR. Was die Familie Langbein über die Generationen hin erleben und erleiden musste, wird sehr anschaulich und gefühlvoll geschildert und liess mich, selber in der DDR aufgewachsen, beim Lesen in die eigene Vergangenheit abtauchen, denn viel Vergessenes kam mir wieder in den Sinn, was mich sehr emotional werden liess! Die Charaktere sind durchweg authentisch und differenziert gezeichnet, ich konnte sie mir alle sehr gut in Aktion vorstellen. Besonders Flora, die gute Seele der Familie, zu Beginn des Buches noch ein Kind und aus einer sehr armen Familie stammend, ist mir sehr ans Herz gewachsen, denn sie hält sowohl die Familie, als auch die Firma zusammen, was in schwierigen und wechselvollen Zeiten nicht einfach war. Das Ende des Buches nährt die Hoffnung, dass den Nachfahren von Albert Langbein ein Neubeginn glücken kann.

    Fazit:

    Diese Familiensaga ist mitreissend und sehr berührend. Die Autorin schafft mit diesem Roman ein Denkmal für ein fast vergessenes Handwerk, was jahrzehntelang in Sonneberg in Thüringen seinen Aufschwung erlebte, dann in der DDR durch Zwangsverstaatlichung geknebelt wurde, und dann nach der Wiedervereinigung in Trümmern lag. Das solltet ihr unbedingt lesen, diesen Blick auf ein Stück Zeitgeschichte möchte ich jedem ans Herz legen!

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  • 5 Sterne

    HK., 09.02.2021

    Als Buch bewertet

    Die Spielzeugtester 🧸

    Kati Naumann erzählt in ihrem neuen Roman „Wo wir Kinder waren“ die Geschichte der Familie Langbein, die eine Spielzeugfabrik besitzt . Auf zwei Zeitebenen lernt der Leser den Gründer Albert , seine Frau Mine , ihre Kinder und Enkel , sowie die in der Gegenwart lebenden Nachkommen Eva , Jan und Iris näher kennen . Das Stammhaus der Langbeins , das allen Familienmitgliedern ein behütetes Heim , sowie der Spielwarenherstellung die Räumlichkeiten geboten hat , ist schon längere Zeit leer und verlassen . Die einst so gut gehende Spielwarenfabrik gibt es schon lange nicht mehr . Einst von Albert Langbein in der Kaiserzeit gegründet , hatte die Firma ihren Höhepunkt in der Weimarer Republik , überstand zwei Kriege , die deutsche Teilung und Verstaatlichung, um dann letztendlich nach der Wiedervereinigung unterzugehen.

    Nun soll das Haus von den Erben Eva , Jan und Cousine Iris aus dem Westen , entrümpelt und zum Verkauf angeboten werden.

    Alberts und Mines Urenkel haben schon lange nicht mehr zusammen gesessen und miteinander geredet . Fast scheint es als wenn mit dem Untergang der Spielzeugfabrik auch die Familienbande auseinandergebrochen sind . Neid , Missgunst , Streit und Verbitterung prägen das Verhältnis der Familienmitglieder seit längeren . Dabei war der Zusammenhalt der Familie doch immer das höchste Gut von Flora und Otto Langbein . Nun stehen sich ihre drei Enkelkinder nach langer Zeit in dem unbewohnten Haus als Erwachsene gegenüber, um es auszuräumen . Mit jedem Zimmer das geleert wird , kommen die Erinnerungen zurück und lassen die Geister der Vergangenheit wieder lebendig werden. Zurück in die Zeit , wo sie Kinder waren , Träume hatten und alles möglich schien.





    Wie schon bei dem vorherigen Roman der Autorin „Was uns erinnern lässt“

    bin ich auch von „Wo wir Kinder waren“ begeistert . Die wunderbar einfühlsam und sehr atmosphärisch erzählte Geschichte der Familie Langbein und ihre Spielzeugfabrik hat auch diesmal wieder etwas mit der Kindheit von Kati Naumann zu tun. Mit jedem Wort spürt man die Liebe und Geborgenheit zu ihrer Vergangenheit in Sonneberg , das auch heute noch ein Sehnsuchtsort ist.

    Wieder einmal hat mich Kati Naumann mit ihren liebevoll gezeichneten Protagonisten, die natürlich alle ihre Ecken und Kanten haben , von der ersten Seite an verzaubert und vom „Fleck weg“ sofort als weiteres Familienmitglied im Leben der Langbein integriert. Und weil es so schön ist , darf auch ein Ausflug zum Rennsteig, ins Hotel Waldeshöh, aus „Was uns erinnern lässt“ nicht fehlen .

    Ganz tief darf ich hier in die Sorgen und Nöte eintauchen , aber auch an dem Glück der Familie Langbein teilhaben .

    Für Eva ,Jan und Iris ist die Entrümpelung des Hauses eine Besinnung auf das , was wichtig ist im Leben. Ohne Vergebung gibts auch keinen Neuanfang .



    Für mich ein weiteres Buch , das in mein Regal mit den Herzensbücher ❤️ einziehen darf ❣️



    Sehr gerne vergebe ich für „Wo wir Kinder waren“



    5 Sterne *****

    und eine ganz klare Leseempfehlung .

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  • 5 Sterne

    Petra S., 25.04.2021

    Als Buch bewertet

    Eine fesselnde Familiengeschichte zur Zeit der Spielzeugmanufakturen

    4,5 Sterne


    Kurz zum Inhalt:
    Spielzeugstadt Sonneberg. Eva, Jan und Iris haben die ehemalige Fabrik des Spielzeugfabrikanten Albert Langbein geerbt. Die Manufaktur hat beide Kriege überlebt und sogar die Verstaatlichung nach der Gründung der DDR. Doch nach der Wiedervereinigung ging das Unternehmen pleite und somit ist nun eigentlich nichts mehr da, das vererbt werden könnte, jedoch eine grosse, zerstrittene Erbengemeinschaft.
    Als Jan beginnt, das Stammhaus zu räumen, hilft ihm seine Cousine Eva. Und auch die andere Cousine Iris kommt aus dem Westen, um zu helfen.
    Beim Ausräumen entdecken sie viele Erinnerungsstücke, Erinnerungen an die Vergangenheit kommen hoch, und die drei kommen sich nach und nach wieder näher.


    Meine Meinung:
    Der Schreibstil von Kati Naumann ist ruhig aber beeindruckend; die Schicksale der Familie, die sich aufgeteilt und zerstritten hat, ist mitreissend.
    Die Geschichte erzählt abwechselnd über die Puppenmanufaktur Langbein in den Jahren 1910 bis 1978 und in der Gegenwart, als Eva, Iris und Jan das Stammhaus ausräumen.
    In der Vergangenheit erfährt man alles über die Familie, die Schicksale der Personen und natürlich der Puppenmanufaktur. Interessant und lehrreich fand ich, dass man als Leser spannende Einblicke in die damalige Spielzeugherstellung bekommt.
    Und natürlich die Geschichte Deutschlands, die grossen Einfluss auf die Entwicklung der Fabrik hat. Man ist so erschüttert, als Otto Langbein alles tut, um die Fabrik in Familienbesitz halten zu können, als alles verstaatlicht wurde, nur damit sie nach der Wiedervereinigung dennoch pleite geht.
    In der Gegenwart fiebert man mit Iris, Eva und Jan mit, ob sie die Vorlage einer berühmten Puppe, die nach ihrer Grossmutter gefertigt wurde, finden und ob si die Streitereien der Erbengemeinschaft beilegen können. Wie es dazu kam, dass Iris im Westen aufwuchs, war auch sehr aufwühlend zu verfolgen.
    Auch das Ende und wie sich alles auflöst, hat mir gefallen und mich berührt.

    Charmant fand ich den New Yorker Sicherheitsfüllfederhalter, der sich als roter Faden durch die Vergangenheit zieht, und der für die männlichen Langbeins von grosser emotionaler Bedeutung war.
    Sehr hilfreich ist der Stammbaum der Familie Langbein im Buchdeckel.
    Schön fand ich, dass das Hotel Waldeshöh' aus Kati Naumanns vorigem Roman "Was uns erinnern lässt" auch in einer Szene vorkommt. Das liess mich wieder an ihr anderes bezauberndes Buch erinnern, das ich auch sehr empfehlen kann.


    Fazit:
    Mitreissende, gefühlvolle und berührende Familiengeschichte und Erinnerungen an ein fast vergessenes Handwerk.

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  • 5 Sterne

    ikatzhorse2005, 07.02.2021

    Als Buch bewertet

    Wo wir Kinder waren ein Roman von Kati Naumann (Harper Collins Verlag)

    Flora sass neben Otto und betrachtete die kostbaren Porzellanköpfe, die in einer Kiste auf der Bank lagen. Ein Teil von ihnen war schon bemalt, andere warteten noch darauf, ein Lächeln zu bekommen.
    Flora fragte Otto: „Kannst du so schöne Gesichter malen?“ Otto wusste, dass er es konnte. Und schliesslich hatte sie nicht gefragt, ob er es durfte. Also sagte er: „Ja.“ S.21

    Drei Erben der ehemals erfolgreichen Puppenfabrik aus der zerstrittenen Familie Langbein blicken zurück auf eine traditionsreiche Vergangenheit dieser Familie.
    Doch die Autorin erzählt nicht nur eine Familiengeschichte, sondern die beispiellose Geschichte einer ganzen Stadt, Sonneberg im Süden Thüringens. Denn in dem Zweig der Spielzeugherstellung waren am Anfang des 20. Jahrhunderts fast alle Familien im Ort beteiligt. In einzelnen Rückblicken blickt Kati Naumann vom Werdegang der einstigen heimischen Produktion der Puppen bis zum Aufstieg einer Weltspielwarenstadt zurück. Anhand der Episoden aus der Vergangenheit etabliert sie ein Beispiel deutscher Geschichte, historisch und wirtschaftlich gesehen. Unter dem Einfluss politischer Entscheidungen entschieden sich Menschenschicksale mit weitreichenden Folgen für eine ganze Region.

    Die ausgezeichnete Recherche erkennt man in jedem Satz. Die Einflüsse der eigenen Familiengeschichte der Autorin fliessen nahtlos in den Text ein und formulieren die historische Geschichte zu einem stimmigen Gesamtkontext.
    Die einzelnen fiktiven Figuren sind glaubhaft dargestellt. Besonders die Charaktere des Teils aus der Vergangenheit konnten mich mitreisen und überzeugen.

    Der Aufbau der Geschichte funktioniert gut und der Text liest sich dank des flüssigen und einfachen Schreibstils interessant. Der Stammbaum der Familie Langbein am Anfang und Ende des Buches trägt zur Verständlichkeit und zeitlichen Einordnung bei. Eine Danksagung, ein Interview mit der Autorin und die Zeittafel der Spielzeugindustrie in Sonneberg ergänzen das Geschriebene. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Einband, dem Cover, dessen Gestaltung mir besonders gefallen hat.

    Fazit: Ich bin in der DDR, in Thüringen geboren, heimatverbunden und begeisterte Leserin von Kati Naumanns Romanen. Daher hat mir diese Erzählung aus Sonneberg sehr gut gefallen. Wo wir Kinder waren verbindet eine über Jahrhunderte mit dem Spielzeug verwobene Tradition mit der Moderne und den Gegebenheiten der Geschichte. Ich kann das Buch uneingeschränkt weiterempfehlen, da es mir stimmungsvolle Lesestunden bereitet hat.

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  • 5 Sterne

    Bibliomarie, 05.02.2021

    Als Buch bewertet

    Vier Generationen lang ist das Stammhaus der Puppenfabrik Langbein auch das Herz der Familie. Seit der Gründung durch Albert Langbein und seiner Frau Mine sind Puppen und Plüschtiere mehr als nur Ware. Vom kleinen Beginn an, da die Einzelteile in mühseliger Heimarbeit gefertigt und zu den Langbeins zur Montage gebracht wurden, waren Direktor und Mitarbeiter eine verschworene Gemeinschaft. Doch die Zeiten sind nicht einfach, Weltkriege und Mangelwirtschaft der DDR bis hin zur Enteignung haben die Langbeins immer wieder herausgefordert.

    Bis hin in die Gegenwart, als drei Cousins, Iris, Jan und Eva das inzwischen lange leerstehende Haus ausräumen. Die drei haben sich auch nicht mehr viel zu sagen, zu unterschiedlich sind ihre Lebenswege verlaufen. Iris stammt vom Zweig der Familie ab, die gleich nach Kriegsende in den Westen gingen, ihr fehlt bis auf ein paar schöne Ferienerinnerungen die Bindung an Sonneberg, aber auch in den Generationen davor gab es immer wieder Probleme zwischen Geschwistern.

    Kati Naumanns Roman ist eine grossartige Familiengeschichte, warmherzig und lebendig erzählt, hat sie mich sofort in Bann gezogen. Es ist aber auch die deutsche Geschichte der letzten hundert Jahre. Heruntergebrochen auf eine kleine Stadt, eine kleine Gemeinschaft, eine Familie, aber mit den gleichen Auswirkungen. Inflation und Hunger nach dem Ersten Weltkrieg, ein mühsamer, zum Scheitern verurteilter Prozess einer neuen Staatsform und schon wehen die Fahnen mit dem Hakenkreuz auch in Sonneberg. Nach der bitteren Kriegszeit kommt die Teilung Deutschlands und damit auch die Teilung der Familie. Verstaatlichung, Enteignung, Gleichschaltung – und plötzlich die Wende.

    Historie entfaltet oft im Kleinen eine besondere Wirkung, wenn man Ereignisse daran festmachen kann, was sie für einzelne Menschen bewirken. Das ist mir in diesem Roman ganz besonders bewusst geworden. Aber das ist nur der Hintergrund, im Mittelpunkt stehen die Menschen und nicht nur die Cousins der Gegenwart haben mir sehr gut gefallen, eine besondere Lieblingsfigur ist für mich Flora, die vom „Drückerkind“ zur Direktorin aufsteigt. Grossherzig, liebevoll und weise lenkt sie die Geschicke der Fabrik und der Familie.

    Unterhaltsam zu lesen, immer wieder mit Rückblenden in die Vergangenheit aufgelockert, ist das Buch eine wirkliche Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Isabel R. (engi), 04.03.2021

    Als Buch bewertet

    Nach dem Genuss der Leseprobe bereitete ich mich hier eigentlich auf eine Geschichte auf zwei Ebenen vor, bei der die erste die unmittelbare Gegenwart behandelte und die zweite die lang zurückliegende Vergangenheit. Wie angenehm überrascht war ich doch als ich erkannte, dass die sich die beiden Ebenen auf ganz einfühlsame Weise einander annähern. In der Gegenwart lernen wir Eva, Iris und Jan kennen, die sich nach dem Tod der Grosseltern im urgrossväterlichen Haus einfinden um „tabula rasa“ zu machen. Doch so einfach ist das nicht und sie merken bald, wie sie an ihrem Erbe und den Schätzen der Grosseltern hängen. Pläne beginnen in ihrem Kopf zu formen und schnell sind sie mittendrin, im Strudel der Vergangenheit. In jedem zweiten Kapitel begeben wir uns zurück zu den Anfängen der Spielzeugfabrik Langbein in Sonnenberg, die der Grossvater um die Jahrhundertwende des aufstrebenden 19. Jahrhunderts mit viel Herzblut aufgebaut hat. Für ewig sollte sie im Besitz der Familie bleiben und stets von der nächsten Generation geleitet werden. Doch der Krieg und vor allem die Wende machen ihnen schliesslich einen fetten Strich durch die Rechnung …

    Die Autorin Kati Naumann, mit der ich schon durch das Buch „Was uns erinnern lässt“ Bekanntschaft geschlossen hatte, weiss wovon sie mit ihrem Roman spricht. Ihre eigenen Grosseltern lebten im thüringischen Sonneberg an der innerdeutschen Grenze, im Sperrgebiet. Dort betrieben sie eine traditionsreiche Puppenfabrik. Kati schaffte es auch mit dieser Story mich zu begeistern. Selbst im Westen aufgewachsen hatte ich doch wenig Berührungspunkte mit der damaligen DDR und ihren rigorosen Methoden, den Menschen auch das letzte bisschen Eigentum zu nehmen. Besonders hart getroffen hatten es die Bewohner des sogenannten Sperrgebiets, das seit 1954 bestand. Die ca. 200.000 dort lebenden Menschen standen unter ständiger Überwachung und ohne Sonderausweise ging kein Weg hinaus oder hinein. Die Autorin nahm mich mit auf eine Reise in unsere deutsch-deutsche Vergangenheit, die interessanter kaum hätte sein können. Gerne vergebe ich auch für das für mich zweite Buch aus der Feder Kati Naumanns wohlverdiente fünf Sterne und spreche gerne eine überzeugte Lesempfehlung aus.

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  • 5 Sterne

    Michaela W., 15.03.2021

    Als Buch bewertet

    Inhalt:
    Eva, Iris und Jan sind Erben der ehemals prächtigen Spielzeugfabrik Langbein in Sonneberg. In der Kaiserzeit gegründet, befand sie sich in der Weimarer Republik auf ihrem Höhepunkt, überstand zwei Kriege, deutsche Teilung und Verstaatlichung, nur um nach der Wiedervereinigung kläglich unterzugehen. Nun ist von der ehrbaren Langbein-Tradition nichts mehr übrig. Streit und Verbitterung haben sich auf die Hinterbliebenen übertragen. Doch als bei einer Internetauktion eine der seltenen Langbein-Puppen auftaucht – sorgfältig genäht und von ihrem Grossvater persönlich bemalt –, rückt die verblasste Vergangenheit wieder heran und wirft unzählige Fragen auf: nach Schuld und Verlust, aber auch nach Hoffnung und Neubeginn.

    Meine Meinung:
    Ein Buch, das mich vom ersten Moment an in seinen Bann gezogen hat. Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen und beginnt in der Gegenwart mit dem Erbe der Spielzeugfabrik. Dann wird man in die Vergangenheit zwischen 1910 und 1978 versetzt. Man erfährt sehr viel über den Aufschwung der Puppenfabrik, aber auch die Enteignung zu DDR Zeiten. Ausserdem wird auch die Teilung Deutschlands beleuchtet. Gerade in den Kapiteln der Vergangenheit wird man in die damalige DDR zurück versetzt. Man hat vieles sehr bildlich vor Augen und spürt förmlich die Veränderungen, die im Laufe der Zeit vorgehen.
    Eva, Iris und Jan waren mir anfangs nicht wirklich sympathisch. Jeder war so auf sich bezogen und wollte sein eigenes Süppchen koch. Doch im laufe des Buches wachsen die drei zusammen und werden immer sympathischer. Denn es scheint ihnen zu gelingen den Familienzwist beizulegen.
    Süss fand ich Otto und auch Flora, zwei wirklich liebenswerte Menschen, die immer versucht haben, das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen und nie aufgegeben haben. Auch merkt man ihre Liebe zu ihren Puppen ganz deutlich.
    Insgesamt ein wirklich tolles Buch, das einem die Geschichte einer ehemals grossen Spielzeugfabrik, die leider die Wiedervereinigung nicht überstanden hat. Aber auch ein Buch, das die Probleme der Menschen durch Krieg, Teilung Deutschlands und eben der Wiedervereinigung aufzeigt.

    Mein Fazit:
    Ganz klare Leseempfehlung. Volle 5 Sterne

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  • 5 Sterne

    Smberge, 11.03.2021

    Als Buch bewertet

    Inhalt:

    Eva, Iris und Jan sind die Nachfahren der Familie Langbein, die in Sonnenberg eine Spielzeugwarenfertigung betrieben haben. Gegründet in der Kaiserzeit, hat dieses Unternehmen beinahe 100 Jahre bestanden und in der Zeit viele Veränderungen in der deutschen Geschichte erlebt. Zusammen mit der der Familie erleben wir die Zeit der Weimarer Republik, die Nazizeit und den 2. Weltkrieg, die Gründung der DDR, die Verstaatlichung und die Wiedervereinigung. Eva, Iris und Jan wollten eigentlich die Familienvilla ausräumen, um sie für eine Vermietung vorzubereiten. Dabei finden sie vielen Familienerinnerungen und so fangen sie an sich mit der Familiengeschichte zu beschäftigen. In Perspektivwechseln erleben wir so die Ereignisse in der Gegenwart und der Vergangenheit.

    Meine Meinung:

    Mich hat diese Buch sehr gefesselt. Die 3 jungen Leute treffen eigentlich mehr zufällig aufeinander und beschliessen, Jan beim Ausräumen der Villa zu unterstützen. Es ist schön zu beobachten wie die Drei über die Arbeit und der Beschäftigung mit den Familienfundstücken enger zusammenrücken. Anhand dieser Fundstücke wird die Familiengeschichte in Rückblenden erzählt und es ergibt sich sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit eine spannende Handlung mit allen Höhen und Tiefen einer Familie in den bewegten Zeiten deutscher Geschichte.

    Besonders beeindruckt hat sich die Zeit der deutschen Teilung, in der die Familie dafür gekämpft hat, dass die Firma in Familienbesitz oder zumindest unter der Leitung der Familie bleibt. Mir war nicht bewusst, dass es in der DDR doch noch relativ lange Familienbetriebe gab, die es geschafft haben, weiter zu wirtschaften. Sehr schön wird in diesem Buch dargestellt, wie die Familie für ihre Eigenständigkeit gekämpft hat, aber die Fesseln des Staates zogen sich immer enger zusammen.

    Der Schreibstil ist angenehm flüssig und gut zu lesen. Die Charaktere werden gut gezeichnet und sind sehr realistisch und menschlich mit ihren Problemen und Qualitäten dargestellt. So entsteht eine spannende Familiengeschichte, die gleichzeitig eine Reise in die bewegte deutsche Geschichte ist.

    Dieses Buch ist eine absolute Leseempfehlung.

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