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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Christiane F., 09.04.2023

    Als Buch bewertet

    Eines vorab: Dieses wunderschöne Cover, dieser Handschmeichler, der auf einen geschmeidigen und sanften Inhalt schliessen könnte, wird dich mit aller Macht in die Tiefe reissen.

    TW: Vergewaltigung, Depression

    MACHT
    Heidi Furre

    „Ich versuchte mir einzureden, dass es nicht so schlimm war. Vergewaltigt zu werden ist wie eine Reise an einen Ort, den man schon einmal in einem Film gesehen hat. So war das. Wie wenn einem die Weisheitszähne gezogen werden. Wenn man zum ersten Mal betrunken ist. Ja, so ist es. Jetzt bin ich dran. Ich hatte so viele Porträts von Frauen gesehen, die getötet oder verschwunden waren. Nun war ich auch so ein Gesicht.“ (S.63)

    Die 30-jährige Liv wurde vor 15 Jahren vergewaltigt. Sie versuchte es zu verdrängen und das gelang ihr auch, zumindest so lange bis vor 5 Jahren ihr kleiner Sohn Johannes geboren wurde, ab da stürzte alles in sich zusammen - aber nur innerlich. Äusserlich versucht sie sich nichts anmerken zu lassen.
    Sie arbeitet in Schichten als Pflegerin, beschmiert die Schulbrote ihre Kinder und geht ins Fitnesscenter. Aber wenn sie ehrlich wäre, und sich jemanden anvertrauen würde, müsste sie zugeben, dass sie in keinem geschlossenen Raum sein kann, keine Strasse in einem Wald begehen könnte, dass sie hinter jeder Hecke einen Vergewaltiger erwartet und heimlich Tabletten schluckt - nämlich genau dann, wenn sie weiss, dass der berühmte Schauspieler, der damals eine Frau vergewaltigt haben soll, aber freigesprochen wurde, morgen im Pflegeheim wieder seine Schwester besuchen wird - ausserdem müsste sie endlich alles ihrem Ehemann erzählen.

    „Manchmal ist es schlimmer zu sagen, ich bin vergewaltigt worden, als tatsächlich vergewaltigt zu werden.“ (S. 135)

    Liv hat viele Zwänge. Einer lässt sie bei jeder Gelegenheit zählen, wie viele Frauen sich in einem Raum befinden - wie viele von ihnen wurden bereits vergewaltigt? Ein anderer zwingt sie in jeder Parfümerie den Duft ihres Peinigers aufzutragen.

    „In den Umkleidekabinen war einiges los. Die Leute kamen und gingen, die Frauen um mich herum zogen sich um, duschten, schminkten sich, föhnten sich die Haare. Es war gut, dass sie da waren, sie waren auch nackt. Ich zählte nach, wir waren zu acht im Raum. Eine von zehn Frauen in Norwegen wird Opfer einer Vergewaltigung. In diesem Fall war ich diejenige, die in dieser Umkleide die Statistik erfüllte.“ (S. 27/28)

    Macht ist schwere Kost, ein bedrückendes Buch und ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, wer hier Macht über wen hat. Der ganze Schreibstil des Debüts schrie förmlich mit all seiner Wut und Metaphern nach Hilfe!
    Ein Buch, welches mir unter die Haut ging und lange in Erinnerung bleiben wird, aber bestimmt nicht für jedermann geeignet ist.
    Sehr lesenswert!
    4 / 5

    Aus dem Norwegischen ins Deutsche übersetzt von Karoline Hippe

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Herbstrose, 02.02.2023

    Als Buch bewertet

    Die Macht der Gedanken
    Liv führt ein Leben wie Tausende andere auch. Sie ist verheiratet, liebt ihren Mann und ihre beiden kleinen Kinder und arbeitet als Pflegerin. Doch eines Tages wird alles anders. Eine neue Patientin kommt ins Pflegeheim, deren Bruder vor Jahren als Vergewaltiger angeklagt wurde. Mit Macht kommen die alten Erinnerungen zurück, kreisen um das Schreckliche, das ihr vor 15 Jahren geschehen ist und von dem bisher keiner weiss. Sie will nicht mehr daran denken, versucht sich abzulenken, nimmt Pillen zur Beruhigung – bis sie sich endlich einer Freundin anvertraut …
    Heidi Furre, geb. 1985, hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. „Macht“ ist der erste, der ins Deutsche übersetzt wurde. Die Autorin arbeitet als Fotografin und lebt in Oslo.
    In relativ nüchternen und emotionslosen, meist nur kurze Sätze umfassenden Schreibstil, tauchen wir ein in Livs Gedankenwelt und fühlen ihre innere Zerrissenheit. Sie weiss nicht mehr was sie tun soll, will das Geschehene vergessen und geht doch heimlich zum Haus des Täters. Ihre Gedanken schweifen ständig ab, drehen sich im Kreis und lassen sie nicht zur Ruhe kommen. Sie fragt sich stets nach einer gewissen Mitschuld und kommt nicht umhin, sich diese teilweise selbst einzugestehen. Die Tat selbst steht nicht im Vordergrund, sondern das, was sie aus dem Leben der Frau gemacht hat und wie sie deren Entscheidungen beeinflusst.
    Trotz der Schwere des Themas und der vorherrschenden bedrückenden Stimmung konnte mich das Buch nicht voll überzeugen. Ich konnte die Handlungen der Protagonistin oft nicht nachvollziehen, da sie mir manchmal doch ziemlich unrealistisch und überzogen vorkamen.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Katharina G., 11.02.2023

    Als Buch bewertet

    Dieses Buch hat einen für mich sehr passenden Titel. Es geht um eine Frau die versucht nach einer Vergewaltigung wieder die Macht über sich selbst und ihr eigenes Leben zurückzubekommen was ihr nur leidlich gelingt. Nachdem sie vergewaltigt wurde erzählt die Ich - Erzählerin von den Folgen des Traumas, versucht es mal als nicht so schlimm abzutun und mal als lebenszerstörend zu betrachten was ich als Teil eines bewältigungsprozesses verstanden habe der äusserst schwierig und komplex ist zumal die Protagonistin zwischen opferrolle und rachegelüsten hin und her springt. Dieses widersprüchliche Verhalten zeigt ganz deutlich das sie versucht zu verarbeiten was mit ihr geschehen ist und gleichzeitig in einer Opferrolle gefangen ist die ihr teilweise auch durch die gesellschaftlichen Normen diktiert wird, auch wenn nicht wirklich jemand von ihrer Vergewaltigung weiss. Sie versucht das unerklärliche zu erklären und zu rationalisieren um ihm den Schrecken zu nehmen und gegen die Opferrolle anzukämpfen, diese aber durch ihr dauerndes darüber nachdenken und sich zusammenreissen wollen und müssen eher noch verstärkt. Ein durchaus nicht einfaches und komplexes Buch das finde ich einen sehr passenden Titel hat denn es geht hier um Macht, Macht über sich selbst, seinen Körper und was passiert wenn man diese Macht an jemand oder etwas scheinbar mächtigeres verliert oder sie einem gewaltsam genommen wird. Das Buch ist nicht einfach und braucht auch einige triggerwarnungen es ist aber auf jeden Fall lesenswert.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    begine, 14.02.2023

    Als eBook bewertet

    Vergewaltigt

    Die norwegische Schriftstellerin Heidi Furre schreibt in den Roman „Macht“ über die Pflegerin Liv in Oslo.

    Liv ist verheiratet und hat Kinder, aber sie leidet unter ihrer Vergangenheit. Sie wurde Vergewaltigt, hat den Mann nicht angezeigt und ist noch voller Ängste.Das ist wohl immer falsch, denn da kann man den Vorfall nicht verarbeiten.

    Es ist zwar tragisch, aber ich kann nicht verstehen, das sie ihrem Mann nichts von ihrer Vergangenheit erzählt. Er wüsste dann auch mehr wo ihre Ängste herkommen.
    Die Protagonistin war mir zu nervig. Ihr Erlebnis ist schlimm, aber vielleicht sollte sie sich professionelle Hilfe holen.

    In diesem Roman geht es hauptsächlich um ihre Erinnerungen, deshalb konnte es mich eigentlich nicht fesseln.

    Leider hat es mich etwas gelangweilt.
    Der Schreibstil der Autorin ist sonst flüssig und gut.
    Von mir gibt es 3.5 von 5 Punkte.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sigrid C., 14.02.2023

    Als Buch bewertet

    Das Cover: Ja, da ist etwas in Scherben zersprungen, das Selbstbewusstsein einer vergewaltigten Frau
    Ein recht schwieriges Thema, denn nicht alle sind immer der gleichen Meinung, wenn es um Vergewaltigung geht. Hier ist es aber meiner Meinung nach sehr gut umgesetzt worden.
    Der gesamte Text spielt im Hier und Jetzt, und alles in Ich-Form.
    Liv, eine verheiratete Frau, arbeitet in der Pflege in einem Altenheim und kann und will sich nicht selbst eingestehen, dass sie, als sie noch Studentin war, vergewaltigt wurde. Sogar ihrem Ehemann hat sie noch nicht davon erzählt.
    Sie quält sich von einem Tag zum nächsten, hat sogar Selbstzweifel.
    Als dann im Heim eine Person auftaucht, will sie nicht mehr so weitermachen.
    Endlich kann sie darüber reden, auch mit ihrem Mann.
    Ihre Freundin schliesslich begleitet sie an einen Ort, an dem sie Hilfe findet.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michael B., 10.02.2023

    Als Buch bewertet

    Intensiv. Stellenweise kaum aushaltbar. Ich als männlicher Lesender voller Scham. Schliesslich geht es in "Macht" von Heidi Furre um das auch für die Protagonistin ihres Romans unaussprechliche - Vergewaltigung. Und die Autorin ist auch Fotografin, so sieht man auf der Innenseite der vorderen und der hinteren Buchklappe einen verwüsteten Raum und eine Frau mit einem Gewehr - Sinnbild für die erzählte Geschichte. Liv hat das Trauma der Vergewaltigung über viele Jahre hinweg in einen ebensochen Raum 'weggesperrt', auf Kosten einer lebensbejahenden Lebendigkeit, begleitet von Ängsten und Zweifeln. Medikamente als Helfer in der Not. Das 'ganz normale Leben' gelingt irgendwie, bis an ihrem Arbeitsplatz im Pflegeheim der prominente Bruder einer Patientin auftaucht, der vor einiger Zeit im Rahmen eines Verfahrens wegen 'sexueller Gewalt' freigesprochen worden ist. Langsam versucht sich Liv nun ihrem alten Trauma zu stellen, und die Macht über ihr Leben zurückzugewinnen. Mit ungeheurer Intensität beschreibt die Autorin Liv's Selbstauseinandersetzung und das Bemühen, alle 'inneren Räume' wieder bewohnbar zu machen. Dabei hilft ihr im letzten Drittel die Auseinandersetzung mit der französischen Bildhauerin Niki de Saint Phalle, die selbst selbst Ofer einer Vergewaltigung gewesen ist und lange Jahre geschwiegen hatte. "Ich bin gut darin, zu renovieren und schön einzurichten. Schade nur, dass ich diejenige bin, die hier wohnt, es wäre besser für jemanden, der es geniessen kann." "Manchmal ist es schlimmer zu sagen, ich bin vergewaltigt worden, als tatsächlich vergewaltigt zu werden. Als würde man eine Todesnachricht überbringen. Man muss dabei zusehen, wie die anderen mit Abscheu reagieren. Für sie ist die Abscheu nur ein vorübergehendes Gefühl, etwas, das sie ablegen können. Aber in mir hat sie einen festen Patz, wie ein inneres Organ." Dieses Buch ist ein lohnenswertes Lesewagnis.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Karin G., 11.03.2023

    Als Buch bewertet

    Das Buch hat mein Interesse sofort auf Grund des Covers und des Titels geweckt. Lassen sich beide auf einen interessanten Roman hoffen.
    Von der Autorin habe ich bis jetzt noch nichts gehört und gelesen.
    Der Schreibstil erscheint mir sehr sprunghaft und abgehackt, so dass es mir schwer fällt, der Geschichte zu folgen. Ich muss auch gestehen, dass mich das Buch nicht richtig erreichen konnte.
    Die einzelnen Personen sind sorgfältig ausgewählt und mit entsprechenden Eigenschaften versehen.
    Zur Geschichte, Liv wurde vergewaltigt.
    Doch die versucht dieses Ereignis in ihrem neuen Leben, das sie sich nun aufgebaut hat, zu verdrängen. Niemand in ihrem Umfeld, selbst ihr Ehemann weiss etwas davon. Beruflich arbeitet sie als Altenpflegerin.
    Als jedoch eine Patientin eingeliefert wird, deren Bruder der Vergewaltigung angeklagt worden ist, kommt in ihr alles wieder hoch. Doch wie sie damit zu recht kommt, wird an dieser Stelle nicht verraten, damit die Spannung erhalten bleibt.
    Das Buch hat mich leider enttäuscht, ich hatte mir mehr davon erwartet. Die Geschichte hätte besser gestaltet werden können. Ich kann das Buch leider nicht weiterempfehlen.

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  • 3 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    mimitati, 13.02.2023

    Als Buch bewertet

    Liv ist Mitte dreissig, verheiratet, hat zwei Kinder und nach aussen hin ein perfektes Leben. Fast niemand weiss, dass sie vor Jahren vergewaltigt worden ist, auch ihrem Mann gegenüber hat sie es nie erwähnt. Sie ist nicht bereit, ein Opfer zu sein, versucht krampfhaft, das Trauma alleine zu verarbeiten und durchzustehen. Als in das Pflegeheim, in dem sie arbeitet, eine neue Patientin eingeliefert wird, droht die brüchige Fassade einzureissen, denn der Bruder der Frau ist ein bekannter Schauspieler, der vor einigen Jahren wegen Vergewaltigung angeklagt und freigesprochen worden ist. Die Vergangenheit holt Liv ein.

    „Es war zu wenig Gewalt oder zu wenig Sex, tief in mir wusste ich, welches Wort ich hier nehmen sollte, aber ich brachte es nicht über mich, es aufzuschreiben. Konnte dieses Wort nicht ertragen, dieses verdammte Wort. Vergewaltigung.“ (Seite 27)

    Die Ich-Erzählerin Liv ist eine zerrissene Persönlichkeit. Nach aussen hin funktioniert sie perfekt, einer Maschine gleich erfüllt sie ihre Pflichten und verstellt sich gut. Innerlich aber zerreisst es sie, in jeder Minute, jeder Stunde und Sekunde darauf zu achten, dass der Vorfall, wie sie es nennt, sich nicht zurück in ihr Gedächtnis schleicht. Natürlich funktioniert dies nicht, denn je mehr man etwas verdrängen möchte, desto mehr will es mit Macht ans Licht. Der Roman gleicht Fetzen eines einseitigen Gesprächs, Liv erzählt und ich höre zu. Höre zu, wie sie erzählt, analysiert, relativiert und vergleicht. Wie sie versucht, einen Grund zu finden, wo keiner ist, wie sie mal belastbar und mal erschöpft erscheint; sie schwankt und tut alles dafür, damit sie nicht fällt. Wie sie leidet, stark ist und schwach, wie sie versucht, Worte für etwas zu finden, das unaussprechlich ist.

    „Manchmal ist es schlimmer zu sagen, ich bin vergewaltigt worden, als tatsächlich vergewaltigt zu werden.“ (Seite 135)

    Dieses Buch ist keine leichte Kost. Die Tat widert mich an, sie beschämt, macht wütend, kotzt mich förmlich an! Die Erzählweise ist dabei ungewöhnlich, der distanzierte Ton lässt eigentlich keine Nähe zu, aber trotzdem ist da der Hauch einer emotionalen Bindung, geht mir Livs Erzählung ein wenig nah. Es ist schwer für mich, für dieses Buch eine Bewertung abzugeben, es gibt sicherlich andere Bücher, die mich mehr berührten, aber das Thema beschäftigt mich natürlich trotzdem. Eine Geschichte, die mich beeindruckt hat, im Gedächtnis bleibt sie mir wegen dem nüchternen Schreibstil jedoch nicht.

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  • 5 Sterne

    Nanni, 24.03.2023

    Als Buch bewertet

    Eine von zehn Frauen in Norwegen wird im Laufe ihres Lebens vergewaltigt. Liv, die Protagonistin in Heidi Furres Roman "Macht", ist diese grosse Eins in der Zehn. Die eine von zehn Frauen in der Umkleide des Fitnessstudios, die eine von zehn Frauen in der Reihenhauszeile, die eine von zehn Frauen auf dem Elternabend. Livs Vergewaltigung liegt zum Zeitpunkt der Geschichte 15 Jahre zurück. Sie lebt mittlerweile das wohlsituierte Leben einer verheirateten Mutter von zwei kleinen Kindern. Der Ehemann arbeitet im Managementbereich, sie selbst ist Pflegerin und verrichtet sowohl beruflich als auch zuhause Care-Arbeit. Nach aussen hin hat sie ihr Leben im Griff. Sie kümmert sich um die Belange der Familie, geht gewissenhaft ihrem Job nach, macht viel Sport und achtet stets darauf, gepflegt auszusehen und gut gekleidet zu sein. Doch in ihrem Inneren sieht es anders aus.
    Liv hat nach wie vor mit den Nachwirkungen ihrer Vergewaltigung zu kämpfen. Ihre Gedanken kreisen täglich und nächtlich um das Ereignis. Sie versucht seit Jahren verzweifelt die Macht über ihren Körper und ihr Leben zurückzuerlangen. Indem sie sich beim Sport verausgabt, ihr Äusseres mit teuren Kleidern und Kosmetikartikeln schmückt und formt, sich verzweifelt an das Idealbild einer heteronormativen Familie klammert. Doch immer begleitet und verfolgt sie der Moment, in dem sie die Macht verloren zu haben scheint. Alltägliche Situationen können Krisen auslösen, sie ist eine Hülle, wirkt in der Innenansicht passiv und gefühlsgedämpft, aber gleichzeitig auch mutig und stark, während sie mit sich kämpft und versucht, das Geschehene in ihrem Bewusstsein zurückzudrängen.
    Die Autorin beschreibt in kurzen prägnanten Paragraphen das Leben ihrer Protagonistin. Diese Form hat mir sehr zugesagt. Es gibt weder Kapitel noch eine klare Struktur. Die Absätze wirken eher wie Splitter oder Scherben eines Tages oder einer Situation. In ihnen geht es nicht nur um sexuelle Gewalt an Frauen, sondern auch um Ausbeutung und das weibliche Rollenbild. Es werden immer wieder Bezüge zu Kunst und Kultur, sowie zu gesellschaftlichen Kontroversen, genommen. Die #metoo-Debatte wird beleuchtet, aber auch Medienwerke, wie z.B. der Film "Thelma & Louise" oder der Roman "Die Wand" werden thematisiert. Manchmal durchbricht Liv sogar die Trennlinie und spricht die Lesenden direkt an. Das hat mir gut gefallen.
    Nichtsdestotrotz ist es nicht leicht in Livs Kopf zu sein. Die Vergewaltigung prägt sie massgeblich, sie kreist in Gedanken quasi ständig um dieses Ereignis. Tatsächlich bietet das Buch wenig entlastendes Gegengewicht zu diesem Thema. Positiv wahrgenommen habe ich allerdings Livs Wahrnehmung von anderen Frauen, die ich als schwesterlich und emphatisch wahrgenommen habe. Ihr Trauma geht jedoch so weit, dass sie glaubt, in den Gesichtern jener Frauen erkennen zu können, ob diese vergewaltigt worden sind.

    "Macht" von Heidi Furre ist sicherlich keine leichte Kost. Es ist ein schweres, bedrückendes Buch, das eine schwere und bedrückende Wahrheit über unsere Gesellschaften erzählt. Die Geschichte spielt in Norwegen und könnte doch überall verortet sein. Ich bin ein grosser Fan davon, dass solche Geschichten und Schicksale in der Literatur aufgearbeitet werden. Dass erzählt wird, wie es ist oder wie es sein kann, eine Frau zu sein. Dass von schönen Dingen und schönen Menschen erzählt wird, ohne dass es dabei eine schöne Geschichte zu hören gibt. "Macht" gelingt dies in einer Vielschichtigkeit und mit einem Nachhall, den man auf so wenigen Seiten kaum erwarten kann.

    An dieser Stelle auch ein grosses Lob an den Dumont-Verlag für die herausragend schöne optische wie haptische Gestaltung dieses Buchs. Beginnend beim Schutzumschlag bis hin zu den Schwerz-Weiss-Drucken auf den Innenklappen merkt man wie viel Liebe und Gedanken in diesen Roman geflossen sind. "Macht" ist wirklich ein Buchschatz. Trotz und wegen der Thematik.

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  • 5 Sterne

    Kristall, 14.02.2023

    Als Buch bewertet

    Klappentext:

    „Liv ist Pflegerin, Mitte dreissig und führt ein scheinbar perfektes Leben in einem Osloer Einfamilienhaus. Sie liebt ihren Mann Terje und ihre beiden Kinder Rosa und Johannes. Aber was kaum jemand weiss, nicht einmal ihr Mann: Liv ist vor Jahren vergewaltigt worden.Der Gang zum Zahnarzt ist für sie eine Herausforderung, wenn sie nachts von der Bushaltestelle nach Hause läuft, muss sie Terje anrufen. Überall lauert die Angst. Liv bemüht sich, die Oberfläche frei von Kratzern zu halten. Auch wenn sie hinter der Fassade damit beschäftigt ist, ihr Trauma zu bewältigen: Sie will die Opferrolle nicht annehmen. Der Vorfall liegt ein halbes Leben zurück, warum soll er immer noch bestimmen, was sie im Hier und Jetzt tut? Doch als eine neue Patientin ins Pflegeheim eingeliefert wird, deren Bruder vor Jahren wegen einer Vergewaltigung angeklagt worden ist, muss Liv ihr mühsam aufgebautes Leben verteidigen. Bei ihrer Familie und ihrer Freundin Frances findet sie Kraft und Trost: Sie wagt die Konfrontation und übt den Befreiungsschlag – denn sie will unbedingt die Macht über sich selbst zurück.“



    Autorin Heidi Furres spricht in ihrem Roman „Macht“ Themen an, über die man nicht so ohne weiteres spricht. Es geht um den Umgang mit sexueller Gewalt, vielmehr geht es darum wie eine Frau der dies widerfahren ist, damit umgeht. Protagonistin Liv hat dies erlebt und sie erzählte es so gut wie niemanden. Selbst ihr Mann hat davon keine Ahnung. Einerseits ist es ihr Schutzschild damit irgendwie umzugehen aber ihrer Familie gegenüber ist es doch auch ungerecht da sie sie in vielen Situationen im Leben sie immer und immer wieder braucht. Einigen erscheint dies komisch, andere denken es ist ein Tick, aber die Wahrheit kennt nur Liv. Liv hat ihre Gewohnheiten und lebt damit, ihre Mitmenschen stellen dazu kaum Fragen aber dennoch. Sie gehört halt nicht zu der Spezies die sich offen hinstellt und ihre Lebensgeschichte in die Welt hinausposaunt. Schlussendlich stellt sich immer wieder die Frage wer hier die Macht über wem hat! Hat das Trauma Liv voll im Griff oder Liv das Trauma? Genau diese Entwicklung beschreibt Furres brillant in diesem Buch. Der Leser wird auf eine rasante und äusserst emotionale Achterbahnfahrt mitgenommen. Man würde so gern mit Liv reden, ihr Mut machen endlich alles zu erzählen, damit ihre Seele zu erleichtern aber auch andere Frauen bzw. Menschen Mut zu machen diese Schandtaten öffentlich zu machen denn keiner ist damit allein! Liv ist mittlerweile so verbissen in diesem Trott das es schon selbst beim lesen weh tut. Sie muss ihren Weg selbst finden! Anders geht das nicht! Eine Wendung tritt ein als eine Patientin ins Pflegeheim eingeliefert wird, ja, aber hier gilt es auch Grenzen einzuhalten und diese zu wahren. Furres erzählt die Geschichte brillant! Sie reibt viele Themen auf bis sie schmerzen. Ihr Wortwahl ist passend und der Ausdruck ebenfalls. Selbstredend ist die Geschichte keine leichte Kost aber es ist ein Meilenstein wenn auch über solche Opfer berichtet wird!

    Ein gewaltiges Werk mit passendem Titel! 5 Sterne!

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  • 5 Sterne

    Daniela B., 14.02.2023

    Als Buch bewertet

    Wenn der Parasit wieder unkontrolliert ausbricht, ist es an der Zeit in den Kampf mit sich selbst zu treten, um das Verletzte Innere nicht nach aussen sichtbar zu machen.

    Das Buch mit dem Titel „Macht“ von Heidi Furre erzählt von Liv eine Pflegerin, die wie viele Frauen innere Kämpfe, nach einem sexuellen Übergriff im Verborgenen , nach aussen hin allein austrägt, um nicht in die Opferrolle zu fallen.

    Vieles wird bagatellisiert, war man halt zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort, also auch kein Opfer und Täter vorhanden , solche Aussagen, hat man schon in seinem Umfeld gehört.
    Also schweigt man lieber, selbst nahe Angehörige wissen oft nicht um den Vorfall und Kampf, möchte man ja stark nach Aussen hin sein.
    Einfach seinen Alltag und das alte Leben wieder zu bekommen, selbstbestimmend und kontrolliert, nicht hilflos, denn das war man in dem Übergriff ja schon.

    Doch die alleinige Macht darüber zu haben, dass das Geschehene unvergessen wird und sein altes Leben wieder hat, nicht von Panikattacken überrannt zu werden, ist ein Trugschluss...

    An jeder Ecke. zu jeder Zeit, kann es passieren, das das „Eklige , der Parasit“ unkontrolliert erscheint, und versucht die Macht über das eigene Leben zu bekommen.
    Bedarf es doch einiges an Strategien, dies nicht vollends geschehen zu lassen.
    Liv berichtet zum Beispiel darüber, wie sie dann auf der Arbeit ins Medikamentenlager flüchtet um die Gewissheit zu haben , das Beruhigung- und Schmerzmittel in greifbarer Nähe sind.
    Wie geht man mit jemandem um, der in seinem Arbeitsumfeld als Angehöriger, einer Patientin auftaucht, der in den Medien sexueller Übergriffe beschuldigt, aber freigesprochen wurde. Sowas und ähnliche Fragen beschäftigen sie.

    Überall gibt es Trigger /Auslöser aber auch Wünsche, die selbstbestimmte und kontrollierte Macht über sein Leben zu haben, und sich nicht entmachten zu lassen , ohne nach Aussen hin schwach zu wirken.

    Erkennen, annehmen und Strategien entwickeln, dem Ziel näher zu kommen und das es manchmal wichtig ist, von aussen Hilfe anzunehmen.
    Sein näheres Umfeld mit einzubeziehen, ohne sich dabei hilflos zu fühlen.

    Sein verletztes Inneres zu zeigen, kann auch Stärke bedeuten.

    Die Geschichte um Liv hat mich sehr berührt, ist sie doch kein Einzelfall und authentisch ,
    Sie zeigt aber dennoch, wie stark verletzte Seelen im Kampf sein und auch heilen können.

    Der Erzählstil ist flüssig, Situationen und Gefühle sind sehr gut beschrieben und alltagsnah.

    Cover und Titel haben mich sofort angesprochen.
    War mein erster Gedanke dazu, ohne den Inhalt zu kennen, entweder geht es hier um die Macht etwas unter sich zu zerbrechen oder die Macht, etwas zerbrochenes zu kontrollieren.
    Meinen Gedankengang dazu entspricht vollends dem Inhalt und somit gut umgesetzt.

    Will hier auch nicht weiter vom Inhalt ins Detail Spoilern, sonder auffordern- lest dieses Buch, es lohnt sich.

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  • 5 Sterne

    Frederike Z., 14.02.2023

    Als Buch bewertet

    Jeden Tag sieht Liv die Scherben auf dem Boden liegen. Die Scherben von dem Tag, als sich ein Körper auf sie legte, sie zerbrach. Es sind ihre Scherben, die Heidi Furre in dem Roman „Macht“ aufliest, zusammensetzt, um sie zu heilen. Eine jede Scherbe enthält Gedanken, die Liv gegenwärtig umtreiben: von Sie erzählt sachlich, lakonisch und kalt, wie betäubt fast. Jeden Satz wählt sie mit Bedacht, beschreibt ihren Alltag als Mutter, als Ehefrau, als Pflegerin. Als Betroffene – die sie nicht sein will. Wachen Auges beobachtet sie ihre Umwelt, beruft sich einem Mantra gleich immer wieder auf die Dinge, die ihr helfen, Abstand zu gewinnen, die Unmittelbarkeit und Ernsthaftigkeit zu relativieren, ihre Fassade aufrechtzuerhalten. Bis sie unmittelbar einstürzt. In ihrem Job als Pflegerin fühlte sie sich sicher, sie hatte Abstand zum Leben, sie hatte Macht: Ihre Patient*innen waren von ihr, ihrer Hilfe abhängig. Doch als eine neue Patientin in die Einrichtung zieht, löst sich etwas: Ihr Bruder ist Schauspieler – und wurde vor Jahren bekannt dafür, eine Frau vergewaltigt zu haben. Er wurde nie verurteilt, aber die Erinnerung bleibt. Wann immer er in der Nähe ist, hat sie Angst, seine Augen lösen die Fassade langsam auf. Und gleichzeitig ist es ein Befreiungsschlag, der sie zwingt, sich zu öffnen. Das Mittel: Konfrontation. Reden. Freimachen.
    .
    Die lakonisch schneidende, harte Sprache, derer sich Heidi Furre bedient, um Livs Gefühlsleben darzustellen, unterstützt den Inhalt ihrer Worte, die Botschaft, die sie zu vermitteln versucht, unglaublich gut. Dass es nämlich keine Bagatelle ist, dass es Gegenwärtig ist. Sie stellt Liv, die Frau, die Leidtragende, wie sie sich bezeichnet, in den Vordergrund, ihre Ängste, die Anstrengung, die es sie kostet, ein normales Leben zu führen, nicht jeden Tag, bei jeder Berührung, jedem noch so kleinen Ding „daran“, an „den Vorfall“ erinnert zu werden. Ihren Körper als eben das zu betrachten: als Mutterkörper, der liebt, der lebt und atmet, der sich kümmert. Nicht als Objekt, das es zu benutzen gilt. Dennoch lässt sie kontroverse Gedanken, ein Nebeneinander von Bitternis und Empathie zu, lässt Liv darüber fantasieren, wie weit ihre moralischen Grenzen gesteckt sind, Rache zu üben, ihrerseits die Macht zurückzugewinnen und auszunutzen.
    .
    Das Buch hat mich mitgenommen, wütend gemacht, weich werden lassen. Und immer wieder diese Sätze, die innehalten lassen, die ich unterstreichen musste, bald waren ganze Seiten schraffiert von grauem Graphit. Schlagende Zeilen, die schmerzen und Augen öffnen. Das waren die ersten zwei Drittel. Doch gen Ende verlor die Geschichte an Biss, was in gewisser Weise auch für die Entwicklung Livs stehen kann, klar. Doch für mein Empfinden war es zu überhastet, gewollt. Davon abgesehen: WOW. Eine grosse Empfehlung (respektive TW)!

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  • 5 Sterne

    herrzett, 14.05.2023

    Als Buch bewertet

    Dieses Buch finde ich so wahnsinnig beeindruckend. Ich könnte beinahe das ganze Buch zitieren und würde noch immer weitere Gedanken darin finden. Heidi Furre hat teilweise sehr poetisch, aber auch sehr eindringlich beschrieben, wie das Leben sich durch eine Vergewaltigung, auch wenn man selbst an Einzelheiten zweifelt, verändert, wie Gegenden, Gegenstände und Gerüche... plötzlich einen viel grösseren, bedeutsameren und betäubenderen Einfluss erhalten. Und obwohl ich recht häufig Romane mit Traumatabezug lese, so fand ich diesen Roman nochmal viel intensiver, umfangreicher und um einiges Augen öffnender. Zwar konnte ich mir bereits vorstellen, wie einem Menschen durch so eine Tat plötzlich die Sicherheit geraubt wird, wie er*sie versucht sich zu schützen und in ein grosses Loch stürzt, gar verschwinden möchte, doch gerade so Aussagen wie: "Du glaubst vielleicht, ich sei ein kaputter Mensch. Dass ich hier einfach rumliege und eine Vergewaltigte bin. Aber das bin ich nicht. Ich bin alles andere. Das Leben bleibt für Vergewaltigte nicht stehen." oder "Wenn du sagst, du bist vergewaltigt worden, dann bist du das in den Augen der anderen auch. Und wenn du es nicht sagst, dann stehst du ganz alleine da. Es ist eine Falle." enthalten so Gedanken, die viel grösseres bedeuten (wollen). Für Liv ist es ein ständiger Kampf der Opferrolle zu entkommen, sich selbst wieder zu ermächtigen und sich als starke Frau sehen und fühlen zu können. Doch seit dieser Nacht fühlt sie sich wie ein Kind, das ständig eine Rolle spielen muss, unsicher durchs Leben geht und selbst an einfachen Situationen, wie einem Zahnarztbesuch fast scheitert. Und gerade diese ganzen Ausprägungen sind einem als Aussenstehenden nie wirklich präsent. Ein Stück Wald, ein unbeleuchteter Tunnel, ein plötzlich auftauchender Duft, eine unbedachte Handlung eines anderen... alles kann das mühevoll zugeschüttete Loch wieder aufreissen und das beinahe tagtäglich, wenn nicht sogar noch viel häufiger.
    Dieses Buch sensibilisiert und macht verständlich wie es ist mit einem Trauma leben zu müssen, für das eigene Leben zu kämpfen, während es für andere unbedeutend erscheint. Und ein*e jede*r sucht sich andere Ausflüchte, wird anders getroffen, muss sich anderen Dämonen stellen. Es ist ein wichtiges Buch um vielleicht auch toleranter und verständnisvoller mit und für Menschen zu werden. Sicherlich kein Allerheilmittel und dennoch macht dieser Roman was mit einem, ich glaube zumindest, ich habe zum ersten Mal ein (fremdes/anderes) Trauma so wirklich gefühlt und verstanden.

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  • 5 Sterne

    Frau M. aus M., 14.02.2023

    Als Buch bewertet

    Macht - über die eigene Geschichte
    "Macht" ist ein sehr gut durchdachtes und durchkomponiertes Gesamtpaket. Das Cover mit den rosaroten Scherben fühlt sich tatsächlich wie Porzellan an. Darunter findet sich der schwarze Pappeinband. Wieder darunter auf der Innenseite der Buchdeckel sehen wir Fotos der Künstlerin Niki de Saint Phalle. Das entspricht im Grunde der Beschreibung der Protagonistin Liv. Sie ist fünfunddreissig und hat eine Vergewaltigung zu verkraften, die sie fünfzehn Jahre zuvor als Studentin erlebt hat. Sehr präzise wird in der Ich-Form erzählt, wie heftig der Bruch ihrer Seele sich bis in ihr gegenwärtiges Leben hinein auswirkt. "Niemand bleibt nach einer Vergewaltigung liegen." Aber niemand steht als dieselbe Person wieder auf. Der gesamte Blickwinkel auf das Leben ist aus der Balance gestossen. Zwischen der Welt und Liv gibt es eine Trennung. Sie ist äusserlich mitten drin, innerlich jedoch fühlt sie sich als Zuschauer. Sie erlebt die Geschehnisse um sich herum auf besondere Weise. Ihre Aufmerksamkeit wird von ganz anderen Dingen angezogen als vor dem Ereignis. Und immer ist da dieser Schmerz, der alles in ihrem Leben einfärbt und den sie manchmal nur mit Tabletten ertragen kann.
    Liv hört nicht auf, sich immer wieder mit allen Facetten ihrer Gewalterfahrung auseinanderzusetzen. Das wird dadurch erschwert, dass sexualisierte Gewalt leider ein zähes Tabuthema in der Gesellschaft ist und darüber lieber geschwiegen wird. Dennoch findet Liv ihren Weg, das traumatisierende Erlebnis zu integrieren und seine Auswirkungen zu akzeptieren. Sie schafft es, sich einer Freundin anzuvertrauen. Sie findet bei ihrem Mann Beistand.
    Auf dieses Buch sollte man sich einlassen und genau hinhören. Es sind oft kleine, auf den ersten Blick harmlose Sätze, die die Wunden sichtbar werden lassen. Liv kennt viele der Symptome, so dass sie sie oft auch bei anderen Menschen erkennen kann. Und es sind leider sehr viele Menschen, vor allem Frauen, die eine Vergewaltigung erleben: laut Statistik in Norwegen ist es jede zehnte. Das macht dieses Buch so wichtig. Das Schweigen zu diesem Thema muss überwunden werden, weil es das Dilemma nur noch verschärft.
    "Macht" ist ein wunderbarer Roman über ein existenzielles Thema. Ich gebe eine unbedingte Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Miss.mesmerized, 17.02.2023

    Als Buch bewertet

    Das schreckliche Ereignis ist bereits Jahre her. Liv war noch Studentin, als sie vergewaltigt wurde und doch verfolgt das Erlebnis sie als erwachsene Frau und Mutter immer noch. Sie wollte nie Opfer sein, hat andere für die öffentliche Zurschautragung ihres Leids verachtet, aber den schönen Schein zu wahren, kostet sie enorm viel Energie. Das Kopfkino, die rasenden Gedanken im Zaum zu halten und nicht durchzudrehen. Es war nicht nur in dieser Situation, dass der Mann Macht über sie hatte, er hat sie immer noch, ohne dabei in seinem Familienidyll etwas davon zu ahnen.

    „Manchmal ist es schlimmer zu sagen, ich bin vergewaltigt worden, als tatsächlich vergewaltigt zu werden. Als würde man eine Todesnachricht überbringen.“

    Die norwegische Fotografin und Autorin Hedi Furre verleiht in ihrem Roman einer Frau eine Stimme, die eigentlich keine haben will. Am Beispiel von Liv wird deutlich, wie gesellschaftliche Normen das Opfer einer Straftat nochmals strafen, indem sie Mitschuld erhält (auch selbst zugeschrieben), indem sie verdrängt, was ihr passiert ist, weil es niemand hören und sehen will und schon gar nicht mit so etwas Schrecklichem belästigt werden möchte. Es sind nicht nur die äusserlichen Wunden, die Leid verursachen, „Macht“ zeigt sehr deutlich, wie schlimm die innerlichen, nicht so leicht erkennbaren Wunden schmerzen und eben nicht verheilen.

    Es sind die kleinen Einschränkungen des Alltags, an denen sich tagtäglich die Auswirkungen eines jahrelang zurückliegenden Ereignisses zeigen. Die Ängste, beispielsweise im Dunkeln nach Hause zu laufen, bestimmte Texturen, die an den Tag erinnern, die alle in sich nicht schlimm sind, in der Summe jedoch lebensbestimmend werden. Immer wieder versucht sie, die Kontrolle zurückzugewinnen, es gelingt jedoch nur mässig.

    Es ist ein Buch, das sich nicht leicht aushalten lässt, das für manche Leserinnen wie ein Trigger für böse Erinnerungen wirken könnte und doch ist es wichtig, da es etwas zum Thema macht, über das gesprochen können werden muss. Das einen öffentlichen Raum braucht, damit es Opfern von Gewalttaten eben genau nicht geht wie der Protagonistin.

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  • 5 Sterne

    MrsAmy, 05.02.2023

    Als Buch bewertet

    Livs Leben scheint nach aussen perfekt. Sie wohnt in einem schönen Haus in Olso, ist glücklich verheiratet, hat gesunde Kinder und eine Arbeit, die sie erfüllt. Und Liv tut alles dafür, dass ihr Leben normal aussieht, dass es sich normal anfühlt. Doch es ist ein täglicher Kampf. Liv ist vor Jahren Opfer einer Vergewaltigung geworden und seitdem versucht sie zu leben wie alle anderen, sich nichts anmerken zu lassen, versucht, sich selbst zu beweisen, dass es möglich ist, nicht daran zu zerbrechen. Doch ihre Gedanken kreisen stets um diesen einen Vorfall, ihr ganzes Dasein ist davon durchdrungen, egal, wie sehr sie sich dagegen wehrt. Sport und teure Produkte, seien es feine Kleider, schicke Schuhe oder exklusive Cremes beruhigen sie, sind ihre Mauer. Manchmal sind es auch die Schlaftabletten oder die schiere Existenz von Beruhigungs- und Schmerzmitteln, die sie beruhigen, die alle Gedanken hinwegspülen.

    „Macht“ von Heidi Furre ist ein machtvolles Buch. Das beginnt schon mit den Abbildungen im Vor- und Nachsatz, die die Künstlerin Niki de Saint Phalle bei einer ihrer Aktionen darstellen. Man kann diese Bilder nicht beschreiben, man muss sie sehen, um ihre Wirkung zu fühlen. Sie sind geprägt von Wut und Kraft, von Wehrhaftigkeit. Der Roman, der an sich nur wenig Handlung aufweist ist ein absolut lesenswertes Buch. Liv ist eine starke Frau, deren Gedanken und Handlungen aber doch immer und zu jeder Zeit von diesem einen Ereignis geprägt sind. Immer wieder versichert sie sich, dass dieser eine Moment nicht ihr Leben bestimmt, dass es ihr gelingt, normal auszusehen, normal zu sein, nicht wahnsinnig zu werden. Ich bewundere ihre Kraft und ihren Mut, denn in „Macht“ beginnt sie nach und nach, sich stärker mit der Vergewaltigung auseinanderzusetzen, sich die Macht, die der Täter nach all der Zeit in ihren Gedanken noch hat, zurückzuholen.

    „Macht“ hat mich tief beeindruckt. Jede(r) sollte dieses Buch lesen.

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  • 5 Sterne

    hundeliebhaberin, 12.03.2023

    Als Buch bewertet

    Liv ist Mitte dreissig und führt von aussen betrachtet ein perfektes Leben: Sie ist in ihrem Job als Pflegerin glücklich, ist verheiratet und liebt ihren Mann Terje, sie hat zwei gesunde Kinder, Rosa und Johannes, die sie ebenfalls liebt, und wohnt in einem schönen Haus. Als ins Pflegeheim eine neue Bewohnerin einzieht, deren Bruder Jahre zuvor wegen Vergewaltigung angeklagt wurde, sieht sich Liv plötzlich stärker denn je mit ihrem eigenen Trauma konfrontiert. Es ist gut 15 Jahre her, dass sie vergewaltigt wurde und ausser ihrer besten Freundin weiss niemand davon - auch ihr Mann nicht. Den ruft sie zwar immer an, wenn sie abends oder im Dunkeln allein unterwegs ist und seit jeher bestimmt die Angst Livs Alltag. Nach aussen hin konnte sie die ruhige und unversehrte Fassade bis jetzt jedoch immer aufrecht erhalten.

    Heidi Furre hat mit "Macht" ein sehr bewegendes und intensives Buch geschrieben, in dem sie eine Frau und das Trauma einer Vergewaltigung in den Mittelpunkt stellt. Liv kämpft ihr Leben lang dagegen an, möchte sich nicht als Opfer sehen und auch von anderen auf gar keinen Fall als Opfer wahrgenommen werden. Und warum sollte die damalige Vergewaltigung ihr Leben in der Gegenwart einschränken? Obwohl sie dagegen ankämpft, beherrscht sie dies doch und Liv muss sich mit ihrem Trauma auseinandersetzen. Die Autorin beschreibt mit leiser und dennoch eindringlicher Stimme, wie Liv die Kontrolle über sich zurückzubekommen versucht, wie ihre Familie und ihre Freundin Frances sie dabei unterstützen und welche Erinnerungen und Gedanken während ihres Alltags immer wieder hochkommen. Dabei spielen Zweifel, der Wunsch und das Verlangen nach Selbstbestimmtheit, Wut und Verständnis/Empathie ineinander.
    Für mich ein sehr gelungenes Werk, für das ich eine klare Leseempfehlung ausspreche!

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  • 5 Sterne

    Lisa, 17.04.2023

    Als Buch bewertet

    Starker Roman mit vielen Nuancen

    „Macht“ von Heidi Furre war für mich eine intensive wie auch aufrüttelnde Lektüre. Im Mittelpunkt des Romans steht sehr präsent das Thema „Vergewaltigung“ und ich finde der Autorin ist es mit Hilfe ihrer Protagonistin Liv eindrücklich gelungen aufzuzeigen, wie sich eine solche Gewalttat auch Jahre später noch auf das Leben von Frauen auswirken kann. Und so begleiten wir Liv durch ihren Alltag in Norwegen, immer auf den Spuren ihrer ganz persönlichen Lebensgeschichte. Authentisch und nahbar dargestellt, konnte ich die Gedanken von Liv dabei gut nachvollziehen und mich emotional ganz auf ihre Geschichte einlassen. Darüber hinaus enthält das Buch aber auch sehr viele treffende allgemeingültige Gedanken, z.B. über das Sicherheitsgefühl, bzw. die Situationswahrnehmung von Frauen. Immer wieder konnte ich eigene Gefühle wiedererkennen und bin wirklich erstaunt über die grossartige und durchdachte Umsetzung der Autorin. Auf nur wenigen Seiten erzählt sie doch ausführlich, sehr gedankenvoll und gerade auch durch das Ende war der Roman für mich insgesamt überaus stimmig. Auch wenn „Macht“ allein schon thematisch kein Wohlfühlbuch ist, lohnt sich finde ich die Lektüre. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass die Handlung für selbst betroffene Personen auch zu heftig sein könnte. Auch wenn auf körperliche Details grösstenteils verzichtet wird, sind Livs Gedanken und Erinnerungen nicht immer leicht auszuhalten. Für das Gesamtwerk, dessen Titel übrigens sehr gut gewählt ist, vergebe ich gerne 5 Sterne und eine Empfehlung!

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  • 5 Sterne

    Ursula P., 09.05.2023

    Als Buch bewertet

    Liv lebt mit Mitte dreissig mit Mann und zwei Kindern in einem kleinen Häuschen Oslo und arbeitet als Pflegerin in einem Heim. Die Idylle trügt, ist Liv doch als junge Frau vergewaltigt worden., es wissen jedoch nur ganz wenige Menschen von dieser Tat, selbst Livs Mann nicht.
    Dieser Roman berührt ein sensibles Thema, es ist daher schwierig, für andere eine Leseempfehlung auszusprechen. Für mich als "Nicht-Betroffene" waren die Einblicke in die Gedankenwelt Livs - und von nichts anderem handelt das Buch - sehr interessant, teilweise erschütternd, dann liessen mich die Gedanken wieder ratlos zurück. Ihr kompletter Alltag, ihr ganzes Handeln scheint von der schlimmen Tat bestimmt zu sein, aber eigentlich will Liv nach aussen hin eine aufrechte starke Frau darstellen. Das viele auf und ab in ihren Gedanken und ihrem täglichen Leben spiegelt für mich sehr gut das Seelenleben einer Betroffenen wider, die sich auch immer wieder unter anderen Frauen umschaut und überlegt, wer "statistisch gesehen" noch alles Opfer sein könnte.
    Dafür, dass ausser ein wenig Alltagsleben in dem Roman nicht viel passiert, wurden mir die Gedanken sehr nahegebracht und haben mich nachdenklich gemacht. Die Tat selbst wurde richtigerweise nicht beschrieben und das offene Ende zeigt auch hier für mich wieder zutreffend die Zerrissenheit von Liv.
    Ein Buch, das vom Thema her nicht einfach ist, aber doch gut und flüssig zu lesen war. Auch diese Bewertung hier war für mich schwer in Worte zu fassen, mein Gefühl hält diese Geschichte jedoch für richtig und wichtig.

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  • 5 Sterne

    Barbara H., 14.02.2023

    Als Buch bewertet

    Liv möchte die Macht nach der Vergewaltigung wieder finden. Die Macht über ihren Körper. Die Macht über ihre Handlungen. Die Macht über ihr Leben. Sie heiratet, bekommt zwei Kinder und geht ihrer Arbeit als Krankenpflegerin nach. Erzählt allerdings keinem von ihrem Erlebnis, um neu durchstarten zu können. Bis sie bei der Arbeit mit einem freigesprochen mutmasslichhem Vergewaltiger konfrontiert wird. Plötzlich schafft sie es mit einer Freundin und schlussendlich mit ihrem Mann darüber zu sprechen.

    Das Buch gleich einem inneren Monolog. Die Autorin schildert mit einer bewussten und kontrollierten Wortwahl das innen Leben von Liv. Es ist keine Schilderung einer Vergewaltigung aus Sicht eines Opfers, sondern aus Sicht einer starken und unabhängigen Kämpferin. Mich hat das Buch einerseits emotional total mitgenommen andererseits konnte ich mich einfach nicht davon trennen. Auch wenn ich mir mit der Vergewaltigung wie sie im Buch geschildert schwer tue finde ich das Buch grossartig. Sie bringt mich zum Nachdenken wo Missbrauch beginnt und wo er endet und inwieweit wir dir Verantwortung selbst übernehmen sollten Es ist eine Stimme für alle Frauen die nach einem tragischen Ereignis mehr sein wollen als nur ein Opfer.

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