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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Karin K., 19.10.2018 bei bewertet

    Tagtäglich beweisen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben

    Vorausschickend: Ich hatte mich mit dem Thema Nationalsozialismus und dessen Gräueltaten bereits neben Geschichtsunterricht und Literatur auseinandergesetzt und sofort TV-Filmen wie „Das Urteil von Nürnberg“, „Der Staat gegen Fritz Bauer“ und „Die Akte General“ im Kopf, weshalb ich sehr gespannt war, welche Perspektive die Autorin Annette Hess einnehmen wird und inwieweit dies meine bisherige Sichtweise beeinflussen würde.

    Meine Meinung zum Buch:
    Annette Hess gelingt es auf beeindruckende Weise, ihre Protagonistin Eva stellvertretend für die (im/nach dem Krieg geborenen) LeserInnen loszuschicken, um Antworten zu finden, wie weit das Vergessen-Wollen, Verdrängen, Verstummen sowohl innerfamiliär als auch gesellschaftlich nach dem Krieg um sich gegriffen hatte.

    Sie führt in eine Zeit des Wirtschaftsaufschwungs, der Fassaden der heilen Familien und der ach so vielen, die nicht gewusst haben wollen, was während des Krieges passiert sei, thematisiert die Frage der individuellen und kollektiven Schuld und zeigt auf, wie schwierig es für das Gericht war, die Verbrechen der sich hinter dem „Befehlsnotstand“ versteckenden Angeklagten zu sühnen.

    Die Reaktionen beim Vorort-Termin im KZ Auschwitz haben mich besonders nachdenklich gestimmt, denn es ist bitter, dass sich die emotionale Dimension – obwohl die Fakten bekannt waren – bei einigen der Teilnehmer erst vor Ort erschloss.

    Mit Eva erleben wir auch die Zeit der Frauen in den 60er Jahren, in welcher unter anderem der Mann seine (zukünftige) Frau dominierte (und sogar entscheiden durfte, ob sie berufstätig ist und in welchem Beruf/Umfang).

    Eva vollzieht eine beeindruckende Entwicklung, will „Hinschauen“, sich mit der Vergangenheit auseinander setzen und emanzipiert sich dadurch von ihrem Verlobten Jürgen, der selbst mit seiner Kriegsschuld zu kämpfen hat, und auch ihren Eltern, deren fehlendes Vertrauen und der Verrat an ihr als Tochter besonders schwer wiegen.

    Annette Hess arbeitet viel mit Symbolen, beispielweise der Name der Gaststätte „Deutsches Haus“, welcher auch für die gesamte Gesellschaft/Nation zu verstehen ist.

    Auch ihren „Nebenschauplatz Annegret“ (Evas Schwester) habe ich symbolisch für das tagtägliche Wegschauen zum eigenen Vorteil verstanden: Annegrets Wertesystem scheint - vermutlich kriegsbedingt - verschoben zu sein und zeigt sich anhand „kleinerer“ Grenzüberschreitungen (Lesen von Evas Tagebuch), nimmt jedoch schreckliche Dimensionen an.
    Ihr Liebhaber bevorzugt es, wegzuschauen/zu verschweigen - zu seinem persönlichen Nutzen, denn er will mit Annegret ein neues Leben in einer neuen Stadt beginnen.

    Weshalb der damalige Generalstaatsanwalt Fritz Bauer im gesamten Buch nie namentlich erwähnt wird bzw. welche Botschaft Annette Hess mit der Person Davids (für die Staatsanwaltschaft tätiger kanadischer Jurist) beabsichtigt, ist für mich nur bedingt nachvollziehbar, beeinträchtigen jedoch in keiner Weise meinen positiven Gesamteindruck des Buches.


    Fazit:
    Gerade in Zeiten wie diesen, wo Gruppierungen (und Parteien) verstärkt wieder Menschen/Nationen gegeneinander auszuspielen versuchen, ist ein derartiges Buch besonders wichtig!

    Es fordert uns auf, aus der Geschichte zu lernen und im Heute besonders genau hinzuschauen, wenn uns - egal von wem - ein „Vorteil“ oder „Gewinn“ offeriert wird (politisch häufig als „Klientelpolitik“ bezeichnet), ohne die Kehrseite/den dafür zu zahlende Preis/drohenden Werteverlust ausreichend zu benennen.

    Jede/r trägt Verantwortung, wohin sich eine Gesellschaft entwickelt, in ihrem/seinen täglichen Tun und insbesondere an
    der Wahlurne! Wir sind es uns selbst (und unseren Kindern bzw. Nachfolgegenerationen) schuldig, diese Verantwortung auszuüben!

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  • 5 Sterne

    anyways, 16.10.2018 bei bewertet

    1963
    Der 2. Weltkrieg und die Nachkriegszeit sind lange vorbei. Das Wirtschaftswunder hat, zumindest in Westdeutschland, für einigen Wohlstand quer durch die Bevölkerungsschichten gesorgt. Da holt Deutschland sein grausigstes Verbrechen wieder ein. Fast 20 Jahr nach Kriegsende kommt es in den Jahren 1963-1965 zum ersten Auschwitzprozess. Hier siedelt die Autorin ihre Geschichte um die junge Dolmetscherin Eva Bruhns an. Die Mittzwanzigerin lebt mit ihrer älteren Schwester, dem viel jüngeren Bruder und ihren Eltern über der elterlichen Gaststätte „Deutsches Haus“ zusammen. Eva fiebert mit viel Aufregung dem Antrittsbesuch ihres Freundes Jürgen entgegen, wird er an diesem Adventssonntag um ihre Hand anhalten? Der Mittagstisch ist gerade aufgehoben, da erreicht Eva ein Anruf ihres Vorgesetzten. Sie wird dringend bei einer deutsch-polnischen Zeugenbefragung benötigt, da es Ausreiseschwierigkeiten beim polnischen Dolmetscher gab. Als reine Wirtschaftsdolmetscherin hat sie zuerst Schwierigkeiten die Erzählungen des Zeugen Josef Gabor richtig zu interpretieren. Als sie das ganze Ausmass begreift, der Zeuge spricht von Vergasungen, Folter und Erschiessungen ist sie entsetzt. Sie möchte gerne mit ihren Eltern und ihrer Schwester über das Erlebte sprechen, doch dort stösst sie auf totales Unverständnis. Der Krieg ist schon so lange her, und alle hatten es schwer. Eva ist irritiert, gibt den Wunsch, diesen Übersetzerjob zu beenden, jedoch nicht nach. Auch nicht als ihr Verlobter gegen sie insistiert.

    Während in der DDR schon seit deren Gründung eine gewisse Gleichstellungspolitik gefahren wurde, war dies in den alten Bundesländern nicht so. Die Emanzipation war staatlicherseits nicht gefördert oder gewollt. Für mich ist es deshalb immer etwas befremdlich zu lesen, wenn die Frau ihre Eltern um Erlaubnis fragen muss, ob sie arbeiten gehen darf. Sogar der Verlobte, rein rechtlich eigentlich völlig unverständlich, kann Veto einlegen und seiner Verlobten die Arbeitserlaubnis verweigern. In diesem Jahrzehnt keimt aber so langsam die Emanzipationswelle in den alten Bundesländern auf und unsere Protagonistin verwandelt sich im Laufe dieses Prozesses von einem wohlbehüteten, leicht naivem Mauerblümchen zu einer selbstbewussten jungen Frau.
    Die Autorin nimmt sich der dunkelsten und schwärzesten Geschichte Deutschlands an, und das absolut überzeugend. Opfer, Täter, Mitläufer, Wegseher, Denunzianten und Gerechtigkeitsfanatiker alle bekommen eine Geschichte die glaubwürdig (das liegt auch daran, dass die alten Prozessaufnahmen verwendet wurden) ist. Die Täter die jegliche Schuld von sich weisen. Die Opfer die sich den Grausamkeiten nach zwanzig Jahren erneut stellen müssen, ihren Peinigern wieder gegenübersitzen, die sie in der Regel nur verhöhnen. Und Schlussendlich kann man mit den Urteilsverkündungen nicht zufrieden sein. Annette Hess zeigt anhand der Familie Bruhns wie Schwierig die Aufarbeitung dieser Verbrechen sogar in der eigenen Familie sein kann.


    Ein Buch das tief bewegt und eine Geschichte wiederaufleben lässt die man nie vergessen darf.

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  • 5 Sterne

    Philo, 08.10.2018 bei bewertet

    Frankfurt 1963. In Frankfurt-Bornheim in einem seriösen Teil der Berger Strasse befindet sich die Gaststätte "Deutsches Haus" des Gastwirtsehepaares Bruhns. Die beiden haben zwei Töchter. Der Vater kocht, die Mutter serviert und kümmert sich um die Gäste, manchmal hilft die jüngere Tochter , Eva, aus. Eva ist von Beruf Dolmetscherin und träumt von der Hochzeit mit Jürgen, dem Sohn eines Unternehmers, um aus dem kleinbürgerlichen Milieu herauszukommen. Da bekommt sie den Auftrag, die Zeugenaussagen eines polnischen Juden zu übersetzen, einem, der Auschwitz überlebt hat. Eva ist entsetzt. Ihr fehlen die Worte, um die Zeugenaussagen zu übersetzen. Sie glaubt, den Zeugen nicht richtig zu verstehen. Da der Dolmetscher aus Polen aber keine Ausreisegenehmigung erhält, wird Eva gebeten, auch bei den anstehenden Gerichtsverhandlungen als Dolmetscherin zu fungieren. Ihre Eltern und ihr Verlobter raten ihr dringend davon ab. Aber Eva, die sich nun mit dieser Zeit auseinandergesetzt hat, fühlt sich verpflichtet, die Aufgabe zu übernehmen.

    Der Autorin ist es in beispielloser Art gelungen, durch die Zeugenaussagen diese schreckliche Zeit noch einmal lebendig werden zu lassen. Bedrückend ist zu lesen, wie teilnahmslos und zynisch sich die Angeklagten verhalten, die von nichts etwas gewusst haben wollen und alle Anschuldigungen bestreiten.

    Nach und nach wird Eva bewusst, dass auch ihre Eltern von dem Grauen gewusst haben mussten und sich sogar mitschuldig gemacht haben. Zur Rede gestellt, streiten sie zunächst alles ab, was zum Bruch mit der Tochter führt. Auch die Verlobung mit Jürgen löst Eva, nachdem dieser bei ihrem Vorgesetzten erreichen wollte, Eva von dieser Aufgabe zu entbinden.

    Die Autorin macht deutlich, dass den jungen Menschen in den Nachkriegsjahren die Kenntnisse über die Judenverfolgung und die Massenvernichtungslager fehlten, da weder Eltern noch Lehrer in den Schulen über diese Zeit sprechen wollten. Aber durch die Prozesse und die Verhaftung der Angeklagten konnte diese Zeit nicht mehr totgeschwiegen werden.

    Es ist ein Buch über schwere Schuld, die Menschen auf sich geladen haben und viele andere, die sich mitschuldig gemacht haben, indem sie weggeschaut und verleugnet haben. Zu sagen, man habe nichts gewusst, kann man nicht gelten lassen.

    Der Autorin sei Dank für dieses Buch über eine Zeit, die in Deutschland nie vergessen werden darf. Auch wenn ich diese Zeit nicht miterlebt habe, packt mich tiefes Grauen vor dem, was Menschen anderen Menschen in der Lage sind, anzutun. Die Autorin bringt ihren Lesern diese Zeit wieder ins Gedächtsnis. So etwas darf nie wieder passieren. Ich wünsche dem Buch eine grosse Leserschar, und hierfür gebe ich meine Leseempfehlung ab.

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  • 5 Sterne

    leseratte1310, 08.10.2018 bei bewertet

    In ihrem Roman "Deutsches Haus" beschäftigt sich Annette Hess mit im ersten Auschwitz-Prozess, in dem die Gräueltaten, die in den Konzentrationslagern geschehen sind, aufgearbeitet und die Schuldigen verurteilt werden sollten
    Das bekannte „Deutsche Haus“ in Frankfurt wird von den Wirtsleuten Bruhns betrieben. Ihre Tochter Eva ist Übersetzerin für Polnisch und soll im ersten Auschwitz-Prozess die Aussagen eines Zeugen übersetzen. Ihre Eltern sind dagegen und ihr Verlobter will ihr die Arbeit sogar verbieten. Doch Eva lässt sich nicht beirren und nimmt den Job an. Während sie beim Prozess die Zeugenaussage übersetzt, erfährt sie Ungeheuerliches. Doch dann kommen Erinnerungen zutage, die sie aber nicht einordnen kann. Sie hat Fragen, aber niemand will mit ihr über dieses Thema reden. Aber Eva will nicht, dass geschwiegen wird. Sie will den betroffenen Menschen eine stimme geben. Doch was hat sie selbst mit Auschwitz zu tun?
    Es ist ein interessantes und ein wichtiges Buch. Es gab viele Menschen in Deutschland, die gegen diesen Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main waren. Das Wirtschaftswunder war, es ging den Menschen gut und man wollte sich nicht mehr erinnern – aus den unterschiedlichsten Gründen.
    Die Autorin hat einen fesselnden Schreibstil. Damit bringt sie die Informationen über den Prozess gut und verständlich rüber. Man fühlt mit den Zeugen, die über die Gräuel berichten und ist erschüttert, wie sich die Täter herausreden und sich immer noch keiner Schuld bewusst sind.
    Aber auch das Leben in den sechziger Jahren ist gut dargestellt. Ich habe diese Zeit selbst miterlebt und weiss, wie schwierig es für junge Frauen war, ein selbstbestimmtes leben zu führen. Erst bestimmten die Eltern, wo es lang ging und dann übertrugen sie die Verantwortung auf den Ehemann. Eine Frau konnte also nur mit Erlaubnis einen Beruf ausüben. Aber auch das Leben mit den Gastarbeitern und die Vorurteile sind authentisch dargestellt.
    Eva ist eine sympathische junge Frau, die sich im Laufe des Prozesses sehr weiter entwickelt. Am Anfang schien sie etwas naiv, da sie noch nichts von Auschwitz gehört hatte, man muss bedenken wie viele Jahre seit Kriegsende vergangen sind. Als sie wegen ihres Jobs Gegenwind sowohl von ihren Eltern als auch von ihrem verlobten erfährt, setzt sie sich durch. Der Prozess bringt sie dazu, sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinander zu setzen.
    Es ist ein Stück deutscher Geschichte, das hier behandelt wird. Es geht dabei um die Schuld der Täter und die Schuld, derer die weggesehen und geschwiegen haben. Allerdings kam für mich der Prozess etwas zu kurz. Dennoch hat mir das Buch sehr gut gefallen.

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  • 5 Sterne

    Annegret H., 13.10.2018 bei bewertet

    Hinter dem eher unscheinbaren Titel und Cover verbirgt sich ein Roman von grosser Ausdruckskraft. Nach einer halb durchgelesenen Nacht habe ich „Deutsches Haus“ gezwungenermassen aus der Hand gelegt, aber es am nächsten Tag gleich ausgelesen. Die Geschichte scheint nur so aus der Autorin herauszufliessen, ohne dass sie dabei den moralischen Zeigefinger allzu deutlich erhebt. Zwar gehe ich den Roman als Leser mit einem grossen Wissen rund um die Shoah und seine schleppende Aufklärung an, trotzdem gelingt es Annette Hess, das Grauen ohne übertriebene Dramatik schrittweise lebendig werden zu lassen. In Zeiten, in denen das Verharmlosen des Holocausts im rechten politischen Bereich immer gängiger wird ("Vogelschiss"), ist diese Geschichte trotz ihres historischen Charakters hochaktuell und enorm wichtig.

    Die Wirtsfamilie Bruhns scheint in den 1960er Jahren ein ganz durchschnittliches bürgerliches Leben zu führen. Sie versucht ihren Lebensunterhalt mit ihrem Restaurant zu verdienen, kämpft mit alltäglichen Problemen und verdrängt die Vergangenheit. Als Tochter Eva, die als Dolmetscherin für Polnisch arbeitet, beim ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess übersetzen soll, bricht die scheinbare Idylle zusammen. Wie ein Grossteil der Deutschen in der damaligen Zeit will Familie Bruhns nichts von dem Prozess wissen und versucht Eva davon zu überzeugen, den Job nicht anzunehmen. Die tut es trotzdem – und erwacht schockiert aus ihrer naiven Unwissenheit. Während des Prozesses, der die Geschehnisse im Vernichtungslager Auschwitz aufrollt, wird sie mit Tätern und Opfern und Mitläufern und unverständlicher Grausamkeit konfrontiert. Die Familie Bruhns wird hier als Mikrokosmos dargestellt, der symbolisch die wichtigsten und widersprüchlichsten Ansichten der Zeit vertritt. Es geht um Schuld und Scham, Mittäterschaft und Drang zum Verschweigen sowie um die Grenzen zwischen dem Ausführen von Befehlen und einem Verbrechen. Manche Stellen sind schwer zu ertragen, denn der Roman zeigt eindrucksvoll, wie der Holocaust auch 20 Jahre später noch Leben zerstörte. Besonders nachhaltig wirkt hier das Schicksal des Juden Otto Cohn. Einzig die Geschichte um Evas ältere Schwester fand ich überflüssig. Da kommt die Serien-Autorin durch, die auch für Nebenfiguren interessante B-Storylines schaffen möchte. Auch wenn dieser Handlungsstrang nichts Wichtiges zur Handlung beiträgt, schadet er ihr jedoch auch nicht. Am Ende hinterliess der Roman einen tiefen Eindruck bei mir.

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  • 5 Sterne

    S.G., 24.09.2018 bei bewertet

    Absolut lesenswert!

    Vorweg: Dieser Roman hat mich sehr bewegt!

    Annette Hess schildert in "Deutsches Haus" den Prozessablauf des ersten Auschwitz-Prozesses im Jahre 1963 in Frankfurt. Dabei gelingt es ihr über die Protagonistin, die als Übersetzerin im Prozess fungiert, den Opfern eine eindringliche, unvergessliche Stimme zu geben. Zudem stellt sie sehr gekonnt die Persönlichkeitsentwicklungen der Figuren dar, die sich im Laufe des Prozesses vollziehen.

    Die junge Eva Bruhns nimmt entgegen dem Willen ihrer Familie und ihres Verlobten, die Übersetzungstätigkeit im Prozess gegen die Kriegsverbrecher von Auschwitz an. Eva, die zuvor nie von Auschwitz gehört hatte, berühren die Schicksale der Opfer und die die zur Schau gestellte Ignoranz und Untätigkeit der Täter- und Mitwisser zutiefst (... "Was haben Vati und Mutti denn gemacht?" Eva antwortete: "Nichts." Wie sollte sie ihrem Bruder erklären, wie richtig diese Antwort war?).

    Die charakterliche Entwicklung, die die Protagonistin dabei durchläuft - von der naiven Unwissenden zur selbstbestimmten, lebenserfahren wirkenden Frau - ist in beeindruckender Weise dargestellt.
    Die Nebenfiguren und deren Motive sind stark herausgearbeitet. Jede Figur weckt Emotionen, jede Figur hat besondere charakterliche Eigenarten, Geheimnisse, Schwächen.

    Die Frage, warum die Eltern, die ältere Schwester und ihr Verlobter
    gegen Evas Beteiligung am Prozess sind, wird im Laufe der Geschichte klar. Die Konflikte der Figuren werden nach und nach immer deutlicher.

    Für mich ein besonderer Roman. Durch den Schreibstil der Autorin werden Emotionalität und Sachlichkeit in bemerkenswerter Art und Weise miteinander vereinigt. Auf sehr eindrückliche Weise wird Spannung aufbaut und gehalten. Ich konnte das Buch nicht aus den Händen legen.

    Auch, für denjenigen, der sich mit der Deutschen Geschichte hinreichend vertraut wähnt, ein absolut lesenswerter Roman, der mitreisst und nachdenklich zurücklässt.

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  • 4 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke S., 01.10.2018

    Vielleicht mit zu grossen Erwartungen herangegangen

    Eva, die jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, fiebert darauf hin, ihren Verlobten vorstellen zu dürfen. Werden die Eltern einverstanden sein, wird Jürgen ihre Familie gefallen? Just an dem Tag, als Jürgen zum ersten Mal Gast ist, wird sie von ihrer Agentur für eine Übersetzung geordert. Die gelernte Dolmetscherin übersetzt bei einer Zeugenbefragung, die sie sehr aus dem Konzept bringt. Der Mann muss auch als Zeuge im ersten Ausschwitz Prozess, der in Frankfurt im Jahr 1963 beginnt, auftreten und auch da soll Eva für den ausgefallenen Dolmetscher übersetzen. Ihre Eltern und auch ihr Verlobter sind allerdings entschieden gegen diese Anstellung, warum nur? Eva gibt aber entgegen aller Vehemenz ihrem inneren Drang nach, hier die ihr zugedachte Rolle zu übernehmen, die Wahrheit muss ans Tageslicht.


    Als Leser begleitet man Eva bei ihrer Übersetzertätigkeit zu einzelnen Prozesstagen, was ich super interessant fand. Wie reagieren die Beschuldigten, hier werden ebenso genaue Beobachtungen gemacht, wie bei den befragten Zeugen, bei denen sehr deutlich wird, wie sehr sie darunter leiden. Zudem bekommt man Evas Privatleben geboten. Hier hat mir auch das langsame Aufdecken des Familiengeheimnisses gefallen, auch wenn ich Evas Reaktion am Ende nicht ganz so nachvollziehen konnte. Etwas seltsam empfand ich die „Liebesgeschichte“ zwischen Eva und Jürgen, vor allem seine Sexualität. Zwar wird klar deutlich, dass zu diesen Zeit der Mann das Sagen hatte, er sein Einverständnis für die Arbeit seiner Ehefrau geben musste und es verpönt war als Übriggebliebene ohne Mann auszugehen, so wird die Zeit gut abgebildet, aber ich konnte mit Jürgen, seinem Geheimnis und seiner Familiengeschichte einfach recht wenig anfangen. Interessant vielleicht das Detail, dass der Versandhandel aufblühte. Ausserdem fiel es mir auch hier zunehmend schwer Evas Entscheidungen nachzuvollziehen. Ein kleiner Spannungsfaktor soll wohl noch durch die Arbeit ihrer Schwester am Kinderkrankenhaus entstehen, an dem es zu fraglichen Erkrankungen kommt, vielleicht auch ein Beispiel für die Verarbeitung von Kriegserlebnissen.

    Der flüssige Sprachstil der Autorin liest sich locker, leicht und ich konnte mir alles super gut bildlich vorstellen. Ich hatte das Gefühl mit vor Ort zu sein, sei es im Prozesssaal, im Lager Auschwitz oder am Ende sogar im Friseursalon eines ehemaligen KZ-Insassen. Den Strang um die Verhandlungen fand ich gelungen, Emotionen werden hier gut transportiert und stehen im Vordergrund vor Wissensvermittlung. So werden z.B. keine Namen genannt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit nur soweit angerissen, dass man eine Vorstellung von den Abscheulichkeiten bekommt. Sicher gelungen um einen ersten Eindruck davon zu bekommen. Ich habe den Roman insgesamt interessiert gelesen, allerdings ist es Annette Hess nicht gelungen mich völlig einzufangen. Was verschweigen die Eltern, warum lügt ihr Vater, als er behauptet in Kriegsjahren Koch an der Ostfront gewesen zu sein, warum wollen ihre Eltern und auch ihr Verlobter Jürgen unbedingt verhindern, dass sie als Übersetzerin im Prozess fungiert? Diese Fragen fesseln zu Beginn sicher an die Geschichte rund um den Prozess, eine Antwort zeichnet sich aber recht schnell ab und ich empfand beim Lesen schliesslich die eine oder andere Länge. Vielleicht auch weil ich mit diesem Jürgen so wenig anfangen konnte, ein Urlaub mit ihm daher nicht unbedingt, das ist was mich fesselt. Ein Problem war sicher auch, dass ich Eva immer weniger verstehen konnte.

    Diese konnte mich zu Beginn sehr für sich einnehmen, gerade eben auch, weil ihr so unheimlich viel daran liegt, dass die Verbrechen ans Tageslicht kommen und Täter bestraft werden. Ich habe z.B. ihre Fassungslosigkeit geteilt, wenn die Angeklagten abends aus dem Prozesssaal schlendern. Allerdings gelang es mir im weiteren Verlauf immer weniger ihre Entscheidungen nachzuvollziehen. Ihr Vater, ihre Mutter und auch ihr kleiner Bruder konnten meine Sympathien durchaus gewinnen und ich empfand sie durchaus gelungen gezeichnet, wie auch so manch anderen Nebendarsteller.

    Das Verschweigen und Verdrängen der Kriegsverbrechen, das die Gesellschaft in den 60er prägt, wird deutlich transportiert. Aufkeimende Ausländerfeindlichkeit, Misstrauen gegenüber Gastarbeitern auf der einen, aber auch die Begeisterung für technische Neuerungen, wie z.B. die erste Waschmaschine, wenn man auch der Arbeit mit dem Waschbrett noch ein wenig nachtrauert, der zunehmende Verkehr, den man noch nicht gewohnt ist, all das macht den Roman zu einer gelungenen Zeitreise.

    Historische Romane, die sich mit den Verbrechen der NS-Zeit beschäftigen stehen gerade bei mir auf der Leseliste ganz weit oben und daher hat mich die Beschreibung sofort angesprochen. Ich habe mir unheimlich viel erwartet und vielleicht waren meine Hoffnungen einfach zu gross, als dass mich Deutsches Haus restlos begeistern und richtig einfangen konnte. Dennoch hatte ich gute Unterhaltung mit diesem Roman, der einen wichtigen Beitrag gegen das Vergessen leistet. Gute vier Sterne sind auf jeden Fall drin, auch wenn es für fünf nicht reicht.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bärbel K., 15.10.2018

    "Deutsches Haus" heisst das Speiselokal das Eva Bruhns Eltern, Edith und Ludwig betreiben. Die gesamte Familie, auch die beiden bereits erwachsenen Töchter, wohnen mit den Eltern im gleichen Haus. Während die Eltern die Gaststätte betreiben, verdient Eva ihren Lebensunterhalt als Dolmetscherin für Polnisch und ihre Schwester als Säuglingskrankenschwester. Eines Tages wird Eva zur Übersetzung einer Zeugenaussage ins Gerichtsgebäude gerufen und damit beginnt für sie der bisher schwerste Auftrag ihres Lebens...
    Eva kam mir anfangs noch sehr naiv und altbacken vor. War sie doch bei der ersten Zeugenaussage kaum in der Lage die Worte des Zeugen korrekt ins Deutsche zu übersetzen. Aber je länger sie sich dieser Aufgabe stellt, umso mehr ist sie ihr gerecht geworden. Auch wenn sie damit manchmal bis an ihre Grenzen geht. Die innere Zerrissenheit von Eva hat die Autorin sehr gut in Worte gefasst. Es gibt Stellen im Buch, die mich stark beeindruckt haben. Z.B. im Zusammenhang mit der Schilderung der Verzweiflung, der Mutlosigkeit der KZ-Häftlinge, die eigentlich bereits mit dem Leben abgeschlossen haben. Das hat mich stark berührt.
    Dabei setzt sich das Buch nicht nur mit den Gräueltaten der Nazi-Diktatur auseinander. Nein, es spiegelt auch die menschliche Schwäche der Verdrängung wunderbar wider. Der Buchtitel ist doppeldeutig und somit sehr treffend gewählt
    Amüsiert habe ich mich über die im Buch erscheinenden Familiennamen, die zum Teil schon sehr kurios klangen.
    Das Buch empfand ich als rundum gelungen, unterhaltsam und nachdenklich stimmend. Es wird der damaligen Zeit gerecht. Auch die Rechtlosigkeit von Ehefrauen ist darin wiederzufinden. Von mir gibt's wohlverdiente 5 Lese-Sterne und eine 100%ige Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Gisela E., 20.12.2018

    Aufrüttelnd

    Frankfurt, 1963. Die junge Dolmetscherin Eva steht kurz vor ihrer Verlobung. Da wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Durch ihre Arbeit beginnt sie, sich mit den Aussagen zum ersten Auschwitz-Prozess auseinanderzusetzen. Doch seltsamerweise sind sowohl ihr Verlobter wie auch ihre Eltern dagegen. Eva widersetzt sich und nimmt die Herausforderung an, nicht ahnend, wie sehr dieser Prozess sowohl das Land wie auch ihr eigenes Leben verändern wird.

    Sehr eindringlich und gleichzeitig gut verständlich nimmt sich die Autorin Annette Hess dem Thema Schuld an: die Schuld, die eine ganze Nation auf sich geladen hat. Es ist immer noch ein schwieriges Thema, wobei der Umgang damit zu jener Zeit noch viel ungeübter war als heute. Die Autorin schafft es hervorragend, die Atmosphäre um den Auschwitz-Prozess heraufzubeschwören und dem Grauen dazu einen Namen zu geben. Wie auch für Eva ist es nicht leicht, darüber zu lesen, doch die Protagonisten sind gut getroffen und lassen den Leser die Geschehnisse gut miterleben. Sehr differenziert wird die Problematik von verschiedenen Seiten gezeigt.

    Ein historischer Roman, der sich kompetent und einfühlsam mit dem Auschwitz-Prozess um die Verantwortlichen an den Gräueltaten des Holocaust auseinandersetzt. Die Menschen, die selbst in dieser Auseinandersetzung steckten, sind sehr gut dargestellt, ihre Ängste und Hoffnungen erhalten genau den richtigen Raum.

    Ein Buch, das zu Recht noch lange nachwirkt. Deshalb empfehle ich es unbedingt weiter und vergebe alle fünf möglichen Sterne.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Linatost, 08.11.2018

    Anne Hess, mir bekannt aus der Ku’damm Serie, ist in Ihrem Buch wieder in das Deutschland der Nachkriegszeit eingetaucht. Eine Zeit die ich zunehmend interessanter finde. Da ich die Ku’damm Serie sehr mochte und auch die Figuren intensiv verfolgt habe, musste ich auch automatisch parallelen zum Buch ziehen. Natürlich bleibt der Stil einer Autorin immer irgendwie gleich. Genau das erwartet man ja auch. Mir kam es so vor, als wenn Jürgen, der Freund unserer Protagonistin Eva, wesentliche Züge von Joachim mit einem deutlichen Einschlag zu Wolfgang hätte. Das waren aber auch schon alle Gleichnisse.

    Das Buch spielt in einem völlig anderen Rahmen, es begleitet die ersten Ausschwitz Prozesse in Frankfurt. Mich persönlich hat es erschrocken wie wenig den jüngeren Leuten damals bewusst war, was in Ausschwitz wirklich geschah. So erfährt auch erst Eva durch ihre Arbeit bei den Prozessen was damals geschehen ist. Das Buch verdeutlicht nochmal das damalige Totschweigen.

    Eva als Protagonistin hat mir besonders gut gefallen. Auch wenn sie anfangs noch etwas Naiv durch die Gegend tapst und typisch für die damalige Zeit ihre Zukunft in der Rolle der Ehefrau sieht, fängt sie doch an sich zu emanzipieren. Aber vor allem ist sie menschlich und viel schichtig. In Eva habe ich sofort das Mädchen von Nebenan erkannt. Auch ihre Beziehungen zu den anderen Charakteren dieses Buches waren nicht platt, sie konnte sich durchaus streiten und trotzdem liebende Gefühle zeigen. Ich hoffe auf mehr Romane von Frau Hess.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Billbo, 03.11.2018

    Eva lebt noch mit ihren Eltern und Geschwistern unter einem Dach. Sie hat einen Job, jemanden, der sie heiraten möchte, die Eltern führen eine gut gehende Gastwirtschaft, alles hört sich nach einem nicht immer leichten, aber dennoch zufriedenen, Familienleben an. Doch dann bekommt sie die Chance bei einem Kriegsverbrecherprozess für die Zeugenseite zu dolmetschen und alles ändert sich. Nicht nur, dass sie überhaupt Kenntnis erhält über die Gräueltaten in Ausschwitz, welche für sie ohnehin schon schwer zu verdauen sind, nein, irgendwie ist ihre eigene Familie darin verstrickt...
    Die Thematik hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Die Emanzipation der Frau kommt nur am Rande vor, aber dieses: "Ich habe nichts davon gewusst", dieses Augen verschliessen, dieses sich nicht schuldig fühlen können oder wollen, "Haben ja schliesslich alle so gemacht, "War unsere Pflicht, "Wir hatten Angst"... War man Täter, Opfer, Mitläufer?
    Mein Wissen über Kriegs-und Nachkriegszeit habe ich selbst nur aus Büchern oder Dokumentationen. Von meinen Verwandten habe ich nicht ein Wort darüber gehört.
    Das Buch erklärt zum Teil das grosse Schweigen und Vergessenwollen und hat mir sehr gut gefallen, sowohl vom Schreibstil, als auch vom Thema her.

    Das Buch hat meine Erwartungen erfüllt.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Billbo, 05.11.2018

    Eva lebt noch mit ihren Eltern und Geschwistern unter einem Dach. Sie hat einen Job, jemanden, der sie heiraten möchte, die Eltern führen eine gut gehende Gastwirtschaft, alles hört sich nach einem nicht immer leichten, aber dennoch zufriedenen, Familienleben an. Doch dann bekommt sie die Chance bei einem Kriegsverbrecherprozess für die Zeugenseite zu dolmetschen und alles ändert sich. Nicht nur, dass sie überhaupt Kenntnis erhält über die Gräueltaten in Ausschwitz, welche für sie ohnehin schon schwer zu verdauen sind, nein, irgendwie ist ihre eigene Familie darin verstrickt...
    Die Thematik hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Die Emanzipation der Frau kommt nur am Rande vor, aber dieses: "Ich habe nichts davon gewusst", dieses Augen verschliessen, dieses sich nicht schuldig fühlen können oder wollen, "Haben ja schliesslich alle so gemacht, "War unsere Pflicht, "Wir hatten Angst"... War man Täter, Opfer, Mitläufer?
    Mein Wissen über Kriegs-und Nachkriegszeit habe ich selbst nur aus Büchern oder Dokumentationen. Von meinen Verwandten habe ich nicht ein Wort darüber gehört.
    Das Buch erklärt zum Teil das grosse Schweigen und Vergessenwollen und hat mir sehr gut gefallen, sowohl vom Schreibstil, als auch vom Thema her.

    Das Buch hat meine Erwartungen erfüllt.

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  • 4 Sterne

    kuddel, 15.10.2018 bei bewertet

    Erster Auschwitz-Prozess eingebettet in eine Familiengeschichte
    Anne Hess kennt sich mit der Nachkriegszeit, ihren gesellschaftlichen und politischen Strukturen, bestens aus. Sie hat dies als Drehbuchautorin von WEISSENSEE und KU´DAMM 56/59 eindrucksvoll bewiesen. Mit "Deutsches Haus" legt sie nun ihren ersten Roman vor. In Frankfurt wird 1963 der erste Auschwitz Prozess stattfinden. Die letzten Vorbereitungen hierzu sorgen für Schlagzeilen. In der Familie Bruns wird das aktuelle Geschehen nicht kommentiert, bzw. beachtet. Die Eltern führen die Gastwirtschaft "Deutsches Haus" über der sie auch wohnen. Die älteste Tochter Annegret ist Säuglingskrankenschwester, Eva ist Übersetzerin für Polnisch und der Nachzügler Stefan geht noch zur Schule. Mit dem aktuellen Tagesgeschehen scheint es keine Berührungspunkte zu geben. Die Konventionen der 60er werden mit der Familiengeschichte gut vorgestellt. Die älteste Tochter ist dick und gilt mit 28 Jahren als spätes Mädchen, die Heiratsaussichten stehen schlecht; daher ist es den Eltern recht, dass sich Eva um einen Kandidaten bemüht. Jürgen Schoormann, reicher Versandkaufmann, ist der Auserwählte. Das Denken der Familie kreist um die Frage wann er denn endlich den Antrag macht. Als Jürgen an einem Adventssonntag seine erste Aufwartung macht, wird Eva von ihrer Agentur zu einem Übersetzungsauftrag gerufen. Entgegen den üblichen Vertragsunterlagen soll sie eine Zeugenaussage für den Staatsanwalt übersetzen. Die Anfrage der Staatsanwaltschaft, ob Eva weiterhin übersetzen könnte, stösst bei Jürgen und den Eltern auf strikte Ablehnung. Eva versteht dies nicht. Sie hatte zuvor keine Ahnung von der jüngsten Geschichte, sieht aber die Notwendigkeit, den Opfern eine Stimme zu geben, um zu Gerechtigkeit zu verhelfen. Gegen den Willen der Eltern und des Verlobten übernimmt sie den Auftrag. Im weiteren Verlauf werden über die Zeugenaussagen die Geschehnisse in Auschwitz schmerzhaft wieder lebendig. Alle Beteiligten verändert dies, häufig auf schmerzhafte Weise. Eva legt ihre Naivität ab, sie deckt schliesslich ein Familiengeheimnis auf, die Verstrickung der Eltern mit dem Ort des Grauens. Die Eltern erfahren ihre Grenzen gegenüber Eva und müssen sich der Wahrheit stellen. Jürgen möchte über seine Braut bestimmen und muss hinnehmen, wie sie aufbegehrt und sich emanzipiert. Die Opfer müssen die Gräuel noch einmal in ihren Erzählungen erleben und sich dem Hohn der Angeklagten stellen. Die Angeklagten werden mit ihren Taten konfrontiert, dies lassen sie weitestgehend an sich abprallen, das Gerichtsurteil kann letztlich nicht zufriedenstellen, denn eine echte Wiedergutmachung für die Opfer gibt es ohnedies nicht.
    Die einzelnen Schicksale sind sehr gelungen dargestellt. Es gelingt Annette Hess auf 365 Seiten verschiedene Charaktere und Schicksale glaubhaft vorzustellen. Sowohl die gesellschaftlichen Konventionen der Zeit als auch der Prozess sind hervorragend widergespiegelt. Die Schwierigkeiten mit der Aufarbeitung und der Beurteilung von Tätern und Mitläufern werden klar aufgezeigt. Am Ende gibt es einige offene Fäden, dies ist so gewollt, die Verarbeitung der Geschichte ist nicht abgeschlossen. Eine Verfilmung ist bei diesem Stoff gut vorstellbar. Der Schreibstil hat mir gut gefallen, man konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Einziger Kritikpunkt ist, dass die Anwälte nicht mit Namen benannt, sondern nur mit "Spitznamen" bedacht wurden. Nach der offensichtlich guten Recherche der Prozessakten war mir dies unverständlich.
    Sehr lesenswert, vor allem vor dem Hintergrund aktueller politischer Entwicklungen in Deutschland.

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  • 5 Sterne

    inya, 07.11.2018

    Grandios

    Dieses Buch erzählt Anfangs die Geschichte einer ganz normalen Familie in den 60er Jahren in Frankfurt am Main. Darin geht es um Eva, die durch einen Zufall Übersetzerin bei den Auschwitzprozessen wird und immer mehr ans Licht kommt, wie sehr ihre eigene Familie mit der Geschichte des Auschwitz-Konzentrationslagers verwoben ist. Ein wirklich spannender Roman, der ganz viele verschiedene Facetten beinhaltet. Zum einen natürlich die Grausamkeiten des Auschwitz-Konzentrationslagers und die Verdrängung der Deutschen, dieser jungen Geschichte. Und zum anderen, was ich persönlich auch sehr spannend finde, die Emanzipierung der Frau zu dieser Zeit. Denn Eva hat gegen den Willen ihres Verlobten weiter als Übersetzerin gearbeitet und somit einen grossen Schritt zu dieser Zeit gewagt. Die Geschichte ist sehr flüssig geschrieben und hat mich in ihren Bann gezogen. Manchmal habe ich leider denken müssen, jetzt ist die Geschichte aber sehr konstruiert, dieser Aspekt ist manchmal schade, da wollte die Autorin dann zu viel auf einmal für meinen Geschmack. Aber es schadet dem Buch nur in einem sehr geringen Mass und deshalb kann ich meine absolute Leseempfehlung geben!

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  • 5 Sterne

    marina w., 31.10.2018

    Schade, dass man diesem eine ganz dicke Leseempfehlung verdienenden Roman "Deutsches Haus" von Annette Hess nicht noch mehr Sterne geben kann! Schauspielerin Iris Berben sagte über dieses Werk der Erfinderin von "Weissensee" und "Ku-Damm 56/59": "Dieser Roman kommt genau zur richtigen Zeit." Ich stimme ihr da vollkommen zu, denn in diesem Buch geht es gleich mehrfach um Fremdenhass/Ausländerfeindlichkeit. "Deutsches Haus" ist eine mässig erfolgreiche Gastwirtschaft in einem der weniger guten Bezirke der Stadt Frankfurt am Main. Im Jahr 1963 wird sie von dem Ehepaar Bruhns geführt, dessen jüngere Tochter Eva bei dem ersten deutschen Auschwitz-Prozess ihre Kenntnisse als Dolmetscherin für die polnische Sprache zur Verfügung stellen soll. In den Nachbarhäusern werden im Hausflur geparkte Kinderwagen angezündet, weil dort die ersten italienischen Gastarbeiter untergebracht sind. Auch heute brennen Flüchtlingsheime. Und ohne Fremdenhass, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus hätte es keine Krematorien in Auschwitz-Birkenau gegeben. Das Buch ist also wortwörtlich "brandaktuell"!

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  • 4 Sterne

    Daniela K., 14.12.2018

    Nachdem ich erfahren hatte, dass „Deutsches Haus“ von der Autorin der Fernsehserien „Weissensee“ und „Ku'damm“ ist war mir klar, dass ich dieses Buch auf jeden Fall lesen muss. Annette Hess greift einen weiteren Teil deutscher Geschichte auf und befasst sich mit dem ersten Auschwitz Prozess in Frankfurt.

    Dolmetscherin Eva hat bisher hauptsächlich Verträge übersetzt. Sie führt als Tochter eines Gasthausbesitzers ein mehr oder weniger sorgloses Leben und ihr grösstes Problem ist, dass ihr Freund Jürgen ihr noch immer keinen Heiratsantrag gemacht hat. Als ein polnischer Dolmetscher ausfällt, wird sie engagiert um eine wichtige Zeugenaussage zu übersetzen. Eva versteht zunächst nicht, was der Mann ihr erzählt. Zu gross sind die Grausamkeiten, von denen sie noch nie etwas gehört hat. Doch schon bald ist ihr Sinn für Gerechtigkeit geweckt. Sie möchte den Opfern helfen und setzt sich dabei auch über ihre Familie und ihren mittlerweile Verlobten hinweg, da diese strickt dagegen sind, dass Eva die Arbeit annimmt.

    Über die Zustände in Konzentrationslagern habe ich schon viel gelesen, dennoch schockiert es mich immer wieder aufs Neue, welches Leid unschuldige Menschen erdulden mussten. Annette Hess konfrontiert den Leser mit Zahlen der Opfer, deren Ausmass über jegliche Vorstellungskraft hinaus geht. Es spielt keine Rolle, wie lange der 2. Weltkrieg zurück liegt, ich finde es wichtig, dass immer wieder Bücher zu diesem Thema geschrieben werden - manche Sachen dürfen nie vergessen werden, insbesondere nicht in der heutigen Zeit.

    Wie auch schon in „Ku'damm“ bestürzt mich auch in diesem Buch die Verleugnungshaltung vieler Menschen und das völlige Fehlen von Bedauern. Auch Eva kann das Verhalten ihrer Familie und ihres Verlobten nur schwer akzeptieren.

    „Deutsches Haus“ spielt vor nicht allzu langer Zeit und liest sich an vielen Stellen doch wie eine Geschichte von einem anderen Planeten. Dass Ehemänner oder in diesem Falle sogar nur ein Verlobter ihren Frauen die Berufstätigkeit verbieten konnten erscheint aus heutiger Sicht völlig hirnrissig.
    Die Einblicke in das Leben und Gedankengut der 60er Jahre fand ich sehr interessant. An manchen Stellen war die Geschichte allerdings plötzlich fast schon seicht und stand in irritierendem Kontrast zur ansonsten schweren Kost.
    All diese Gedanken um den Verlobten und dem Wunsch ihm zu gefallen scheinen sogar nicht zu der selbstbewussten Eva zu passen zumal Jürgen ein ziemlicher Widerling ist.

    Merkwürdig gewählt finde ich auch den Titel „Deutsches Haus“, der sich auf das Gasthaus von Evas Eltern bezieht. Persönlich hätte ich einen Titel ausgesucht, der den Inhalt besser widerspiegelt.

    Ansonsten kommt der Roman ganz ohne Kapitel aus. Stattdessen ist die Erzählung durch Absätze unterbrochen. Der Schreibstil war zu jeder Zeit sehr fesselnd und ging mir an vielen Stellen unter die Haut. Auch die Enthüllungen über Evas Herkunft wurden geschickt in die Geschichte eingeflochten und sorgten für zusätzliche Dramatik. Für mich hat es sich auf jeden Fall gelohnt, diesen Roman zu lesen.

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  • 4 Sterne

    Kerstin, 07.10.2018 bei bewertet

    Die Vergangenheit kommt ans Licht

    Das „Deutsche Haus“ ist ein bekanntes Wirtshaus in Frankfurt. Die Tochter der Wirtsleute, Eva Bruhns, soll 1963 beim ersten Auschwitz-Prozess in Frankfurt als Übersetzerin für Polnisch helfen. Doch davon ist weder ihre Familie noch ihr Verlobter begeistert. Eva versteht die Aufregung nicht und von Auschwitz hat sie auch noch nie etwas gehört. Schnell zeigt sich aber, dass sie viel mehr mit der Sache zu tun hat als angenommen.

    In diesem Roman steht nicht der erste Auschwitz-Prozess im Vordergrund, sondern Eva Bruhns. Das zeigt auch schon der Titel, der den Namen des familiären Wirtshauses trägt. Der Leser lernt Eva zunächst als junge Frau kennen. Sie wurde im Krieg geboren und ist nun Anfang zwanzig. Von Auschwitz hat sie noch nie etwas gehört. Das wirkt etwas naiv. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man damals nichts wusste. Dennoch weiss Eva was sie will, sie will Arbeiten und selbstständig sein. Als ihr Verlobter ihr das Arbeiten verbieten will wehrt sie sich. Als Leser kann man mitverfolgen, wie Eva im Laufe des Prozesses reifer wird. Sie muss sich mit ihrer Familie und ihrem eigenen Leben auseinandersetzen. Sehr gefallen haben mir hier die Einschübe, als Eva immer wieder Déjà-Vus hatte, als Zeugen im Gericht aussagten. So wurde eine gewisse Spannung aufgebaut, da man wusste, sie hat etwas mit der Sache zu tun, man weiss aber nicht wie. Auch an der Reaktion ihrer Eltern und ihrer älteren Schwester merkt man, dass irgendetwas im Verborgenen ist. Ihre Mutter sagt auf Seite 67: „Lass die Vergangenheit Vergangenheit sein, Eva. Das ist das Beste, glaub mir.“
    Teilweise gab es noch Nebenhandlungen, die unnötig waren und dadurch eher zu viel Handlung produziert wurde. Beispielsweise die Geschichte um Annegret, Eva Schwester. So bekamen die Nebencharaktere zwar ein Gesicht, aber der Prozess rückte immer mehr in den Hintergrund.
    Der Schreibstil hat mir sehr gefallen. Er war flüssig und angenehm zu lesen. Teilweise waren die Handlungen aber etwas sprunghaft und man merkte erst nach ein paar Sätze, dass einige Wochen vergangen waren oder dass die Perspektive sich gewechselt hat. Da wäre eine Kapiteleinteilung gut gewesen. Das Buch ist nämlich lediglich in vier Grosskapitel geteilt, die aber von der Handlung her ineinander übergehen. Die einzelnen Teile kann man als Entwicklung von Eva sehen. Immer wenn es eine grössere Veränderung ihres Charakters oder ihrer Einstellung gab kam ein neuer Teil.

    Mir hat dieser Roman gut gefallen und ich habe ihn gern gelesen. Allerdings hat er mich nun nicht vom Hocker gehauen. Ich hätte mir gewünscht, dass der Prozess mehr im Fokus steht. Ich vergebe vier von fünf Sternen.

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  • 4 Sterne

    Kaffeeelse, 24.01.2019

    Annette Hess beschreibt in diesem Roman den Auschwitz-Prozess in Frankfurt von 1963 bis … und die Emanzipation der Protagonistin Eva Bruhns. In diesem Roman entsteht vor den Augen der Leser*innen ein Blick auf das Jahr 1963 und die damalige Sicht der Deutschen auf das Leben und die Vergangenheit.

    Eva Bruhns ist eine naive junge Frau aus bürgerlichem Milieu, die Eltern haben ein Gasthaus, das "Deutsche Haus", sie selbst ist Dolmetscherin, ihr Ein und Alles ist Jürgen, der Verlobte, den sie bald heiraten möchte und der in ihren Augen gern bestimmen kann, was Madame tun darf. Furchtbar!!!

    Durch einen Zufall wird sie zur Dolmetscherin für Polnisch für den beginnenden Auschwitz-Prozess. Durch das in diesem Prozess verhandelte Geschehen im Konzentrationslager Auschwitz und den Massenmord an den Juden durch die Nationalsozialisten, die schockierenden Berichte der überlebenden Zeitzeugen beginnt Eva sich zu verändern. Sie beginnt zu verstehen und nachzufragen. Und mehr und mehr geht es in diesem Buch um die Schuldfrage der Deutschen. Wie hat diese Vernichtung eines Volkes funktionieren können? Und auch um dieses immer wieder zu hörende "Davon habe ich nichts gewusst." geht es. Dabei sollte es eher klingen: "Davon habe ich nichts wissen wollen, weil ich Angst hatte." oder leider auch "Davon habe ich gewusst und ich finde es gut". Aber wer ist schon so ehrlich?!? Immer wieder kommt die Handlung des Romans auch auf den latenten Fremdenhass der Deutschen in den 60er Jahren, ein Fremdenhass, der auch in heutiger Zeit noch zu finden ist, der gerade auch mit dem Blick in die Geschichte sehr betroffen macht. Dieses Buch erzeugt einen tiefen Blick auf das Tun der Zeitzeugen und auch die Reaktion der Nachkommenden und macht sehr deutlich, dass wir dieses Geschehen nie vergessen dürfen und aufpassen müssen, dass ähnlich Denkende nicht polemisieren und immer mehr Publikum bekommen. Dies ist aus der Geschichte heraus unsere Pflicht!

    Die Schreibe der Frau Hess fand ich gut zu lesen und auch sehr interessant und recht bestechend durch eine sehr lebendige Art. Am Anfang erschien mir der Schreibstil etwas flau, genau wie der gezeichnete Hauptcharakter Eva. Mit der Veränderung der Rolle der Eva verändert sich auch der Schreibstil, wird flüssiger und flotter und das Buch bekommt einen fühlbaren Sog.

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  • 4 Sterne

    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Tany B., 25.09.2018

    Es sind die 60er Jahre. Eva Bruhns, eine junge Frau, steht kurz vor der Verlobung mit Jürgen. Da stolpert sie in eine Sache hinein, die ihr keine Ruhe mehr lässt. Sie arbeitet als Polnisch-Übersetzerin, doch normalerweise übersetzt sie Verträge oder geschäftliche Verhandlungen. Weil sie niemanden anderen finden, soll sie nun die Aussage eines Zeugen im Ausschwitz Prozess übersetzen. Sie ist vollkommen überrascht, sie weiss überhaupt nicht, was damals passiert ist. Dabei ist es keine zwanzig Jahre her. Wie kann das sein? Und warum wollen ihre Eltern nicht darüber sprechen?

    Die Perspektive ist sehr interessant gewählt. Heutzutage lernen Kinder und Jugendliche alles über die Verbrechen der Nationalsozialisten, aber Eva weiss nichts, dabei hat sie zu dieser Zeit schon gelebt, war ein kleines Kind. Ihre Eltern möchten das Thema am liebsten tot schweigen, im ganzen Land gibt es kein grosses Interesse an der Aufarbeitung der Verbrechen. Im Laufe des Romans wird sehr gut deutlich, warum das so ist. Und auch, dass es nicht nur schwarz und weiss gibt, sondern sehr viele Graustufen dazwischen.

    Natürlich ist das Buch keine historische Aufarbeitung, aber das will es ja auch gar nicht sein. Denn trotz des schweren Themas ist die Geschichte drum herum spannend erzählt. Wie anders war damals noch alles! Als Eva sich verloben will, wird nichts sie selbst gefragt, sondern ihr Vater. Und es wird auch überlegt, ob Eva überhaupt standesgemäss für Jürgen ist. An dieser Spiessigkeit der damaligen Zeit konnte ich mich sehr erfreuen.

    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und nur widerwillig aus der Hand gelegt zwischendurch. Doch einige kleine Kritikpunkte gibt es doch. Einer der Handlungsstränge (um Evas Schwester Annegret) war mir zu viel und ich weiss gar nicht, was er zur Geschichte beiträgt. Hingegen hätte eine andere Person, David Miller, vielleicht noch etwas mehr Aufmerksamkeit verdient.

    Aber das sind eher Kleinigkeiten. Ich empfehle das Buch auf jeden Fall weiter. Es hat mir die Stimmung und Ereignisse in den 60er Jahren ein ganzes Stück näher gebracht und ist eine spannende Lektüre.

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  • 4 Sterne

    Tany B., 25.09.2018 bei bewertet

    Es sind die 60er Jahre. Eva Bruhns, eine junge Frau, steht kurz vor der Verlobung mit Jürgen. Da stolpert sie in eine Sache hinein, die ihr keine Ruhe mehr lässt. Sie arbeitet als Polnisch-Übersetzerin, doch normalerweise übersetzt sie Verträge oder geschäftliche Verhandlungen. Weil sie niemanden anderen finden, soll sie nun die Aussage eines Zeugen im Ausschwitz Prozess übersetzen. Sie ist vollkommen überrascht, sie weiss überhaupt nicht, was damals passiert ist. Dabei ist es keine zwanzig Jahre her. Wie kann das sein? Und warum wollen ihre Eltern nicht darüber sprechen?

    Die Perspektive ist sehr interessant gewählt. Heutzutage lernen Kinder und Jugendliche alles über die Verbrechen der Nationalsozialisten, aber Eva weiss nichts, dabei hat sie zu dieser Zeit schon gelebt, war ein kleines Kind. Ihre Eltern möchten das Thema am liebsten tot schweigen, im ganzen Land gibt es kein grosses Interesse an der Aufarbeitung der Verbrechen. Im Laufe des Romans wird sehr gut deutlich, warum das so ist. Und auch, dass es nicht nur schwarz und weiss gibt, sondern sehr viele Graustufen dazwischen.

    Natürlich ist das Buch keine historische Aufarbeitung, aber das will es ja auch gar nicht sein. Denn trotz des schweren Themas ist die Geschichte drum herum spannend erzählt. Wie anders war damals noch alles! Als Eva sich verloben will, wird nichts sie selbst gefragt, sondern ihr Vater. Und es wird auch überlegt, ob Eva überhaupt standesgemäss für Jürgen ist. An dieser Spiessigkeit der damaligen Zeit konnte ich mich sehr erfreuen.

    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und nur widerwillig aus der Hand gelegt zwischendurch. Doch einige kleine Kritikpunkte gibt es doch. Einer der Handlungsstränge (um Evas Schwester Annegret) war mir zu viel und ich weiss gar nicht, was er zur Geschichte beiträgt. Hingegen hätte eine andere Person, David Miller, vielleicht noch etwas mehr Aufmerksamkeit verdient.

    Aber das sind eher Kleinigkeiten. Ich empfehle das Buch auf jeden Fall weiter. Es hat mir die Stimmung und Ereignisse in den 60er Jahren ein ganzes Stück näher gebracht und ist eine spannende Lektüre.

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