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  • 5 Sterne

    10 von 18 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    EmiLilie, 18.05.2023

    aktualisiert am 18.05.2023

    Als Buch bewertet

    Ohne falsche Erwartungen ein fulminantes Buch

    Kurzmeinung:
    Fachwissen, sprachliche Eleganz und aufrüttelnde gesellschaftskritische Themen spannend vereint. Achtung: Wenig 'übliche' Fantasy-Elemente!

    Cave:
    Mit Robin entdecken wir von Kanton nach Oxford eine Welt, die fast wie unsere wirkt: Die Fantasy-Elemente sind fein in den Alltag hineingewoben und wirken dadurch nach vielen Kapiteln alltäglich. Somit wird unsere Welt also mehr oder minder nur ergänzt und es existiert demnach kein Überschwang an üblichen magischen Elementen. Ist man sich dies vor Lesebeginn bewusst, kann man sich nun schon viel besser in das Leseabenteuer stürzen.

    Charaktere:
    Robin ist ein extrem ausgefeilter Charakter.  Man ist immerzu gespannt, was mit ihm als nächstes passiert, da man ihn samt seiner Ecken und Kanten zu lieben lernt. Mit ihm dringt man tief in eine verwachsene und sich als offene ausgebende Gesellschaft ein, die ihn im Charakter stark beeinflusst, doch in was für eine Richtung verrate ich hier nicht. Robin kann einen wirklich überraschen, aber auch die Haare raufen lassen, denn man lebt und leidet mit ihm.
    Wir lernen ausserdem viele andere Charaktere kennen, wo jeder seinen eigenen Charme (oder das Gegenteil) und Originalität mitbringt. Sie sind allesamt extrem gut ausgearbeitet und in die Geschichte eingewoben.

    Inhalt:
    Wenn man sich bewusst ist, dass man hier keine leichte Fantasy-Lektüre liest und dem Werk trotzdem unbefangen gegenüber steht, eröffnen sich einem neue Welten:

    Zunächst einmal erfährt man viel über das historische England und der Kolonialzeit aus verschiedenen Perspektiven. Es ist teils erschreckend, wenn man den Gesprächen gewisser Briten lauscht und der Rassismus und die Unterdrückung der Frauen als alltägliches Geschehen gezeigt wird. Oftmals finden sich Fussnoten auf den Seiten, die bei Interesse Themen weiter erläutern und die Handlung wirklich gut ergänzen können. Es ist beeindruckend, welche intensiven Recherchen dem zugrunde liegen müssen.

    Ein weiterer essentieller Aspekt des Buches ist die Magie der Sprache bzw der Worte. Dahingehend wurde ebenfalls viel recherchiert und uns wird das Wissen mit Robin zusammen gelehrt und entwickelt eine grosse Faszination. Wenn man kein Interesse dafür aufbringt, ist es sicherlich etwas langatmig, aber mir hat es eine ganze neue Welt eröffnet, wofür ich dem Buch wirklich dankbar bin. Dahingehend ist das Magie-Element der Fantasie-Bücher also auf einem anderen Weg dennoch erbracht.
    Nach einiger Zeit erfährt man auch mehr über das sog. Silberwerken, wobei ich mich noch immer frage, wie die Autorin auf ein solch komplexes und spannendes Konzept gekommen ist. 

    Die Handlung mag nicht immer vollgestopft mit Abenteuer und Spannung zu sein, aber dennoch gibt es genügend Aspekte, die einen überraschen und weswegen man die Geschichte aller Beteiligten gerne weiterverfolgt. Zudem entwickelt sich das Buch ab einem gewissen (späteren) Punkt in eine recht unerwartete Richtung, die ich so zu Beginn definitiv nicht erwartet hätte.
    Trotzdem handelt es sich im grossen und ganzen um ein Buch, welches Aufmerksamkeit beim Lesen erfordert und keinesfalls eine Geschichte für zwischendurch ist.

    Fazit:
    Ich bin mittlerweile zum Schluss gekommen, dass man Babel aufgrund des eigenwilligen Charakter und der Komplexität schwer anhand der Rezensionen beurteilen kann und es eher persönlich erleben muss. 
    Babel hat nun mal seine Ecken und Kanten und ich kann somit Kritikpunkte durchaus nachvollziehen. Man muss das Buch erst einmal gut verdauen. Für mich bleibt Babel aber trotz oder gar gerade deswegen ein absolut einmaliges und empfehlenswertes Leseerlebnis.

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  • 3 Sterne

    6 von 10 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    H.B., 23.05.2023

    Als Buch bewertet

    Das neuhochdeutsche Wort „verraten“ bedeutete ursprünglich „durch falschen Rat irreleiten“, und damit mir das keiner vorwerfen kann, sei hier vorneweg gesagt, dass das Buch wirklich gut geschrieben ist, mit einem schönen, bildlichen Schreibstil und vielschichtigen Charakteren. Mit dem Silberwerkt, das aus irgendeinem unerfindlichen Grund nicht im Klappentext erwähnt wird, schafft Kuang ein interessantes pseudo-wissenschaftliches Magiesystem, welches auf Sprachwissenschaft fusst.
    Die Einführung in das alternative Oxford der späten 1830er und die Handlung an sich ist verständlich geschrieben. Tatsächlich ist dies einer der wenigen Romane, die zu Recht „dark academia“ genannt wird, da die Etymologie und Übersetzungstheorie einen grossen Bestandteil ausmachen. Es ist definitiv keins der Bücher, die willkürlich eine Uni als setting verwenden, das Studium des Protagonisten Robin Swift ist gewissermassen Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Allerdings wirken die Passagen, die sein Leben und seine Beziehung zu seinen Freunden während der Studienzeit erzählen seltsam gerafft. Es finden Zeitsprünge statt, aber das entschuldigt nicht, dass Vieles lediglich zusammengefasst und dem Leser zu oft die Möglichkeit des Miterlebens genommen wird. Beispielsweise hätten konkrete Szenen, in denen der Zusammenhalt und eventuell ein gemeinsames Problemlösen der vier Hauptcharakter zum Ausdruck kommt einiges dazu beigetragen, die Freundschaft glaubwürdiger und plastischer zu machen. Aus den Figuren und Figurenkonstellationen hätte man deutlich mehr herausholen können. Richtige Spannung kam für mich erst im letzten Drittel auf.
    Vielleicht aber ist genau das mein Problem mit dem Roman: im Mittelpunkt stehen nicht die Figuren oder das Silberwerk sondern die Themen Imperialismus und Rassismus (mit Spuren von Feminismus). Ein Fan historischer Fantasy kommt nicht auf seine Kosten, aber eine alternative Geschichte ist es auch nicht und erst recht kein historischer Roman. Tatsächlich sind historische Sachverhalte stark vereinfacht und dadurch öfters fehlleitend verzerrt. Gleichzeitig werden bspw. rassistische Mikro- und Makroaggressionen mit nur dargestellt, sondern so ausgiebig reflektiert dass man sich fragt, ob die Autorin die Leserschaft für begriffsstutzig hält. Da hätte ich mir etwas mehr Subtilität gewünscht.

    Alles in allem ein durchaus lesenswerter Genremix, der mich allerdings nicht überzeugen konnte.

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  • 4 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Christine M., 12.06.2023

    Als Buch bewertet

    Wortgewaltiger historischer Fantasyroman

    Der junge Robin wird in Kanton als Waise von Professor Lovell aufgenommen und nach England gebracht, wo er jahrelang Englisch und andere Sprachen erlernt. Denn 1836 (quasi in einer alternativen Vergangenheit, aber doch mit einigen Parallelen zu unserer) tritt Robin das Studium an der Universität zu Oxford an: Nun gehört er zu den „Bablern“, die am Königlichen Institut für Übersetzung arbeiten und durch die Kunst der Übersetzung Magie auf Silberbarren wirken können, die überall eingesetzt werden. Gleichzeitig beginnen dort auch Ramy, Victoire und Letty ihr Studium in ihren spezialisierten Sprachen. Doch der Ort voller Wissen und Robins ersten Freunden stärkt die Macht des Empire und ist der Motor der Kolonialisierung von Ländern, wie Robins einstmaliger Heimat.

    >>Sprache war einfach Unterschied. Eintausend verschiedene Arten, die Welt zu betrachten und sich durch sie zu bewegen. Nein; eintausend Welten innerhalb der einen. Und Übersetzung - das war ein notwendiges, wenn auch vergebliches Unterfangen, sich zwischen diesen Welten zu bewegen.

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  • 5 Sterne

    Nina R., 14.04.2024

    Als Buch bewertet

    Schmerzhaft, Bildgewaltig, Babel

    Dieses Buch ist für mich ein absolutes Jahreshighlight!
    Für mich hatte es alles, was ein gutes Buch braucht und ich weiss jetzt schon, dass meine Rezension diesem wunderbaren Buch gerecht werden wird.

    Robin, der Protagonist dieses Buches, wird in jungen Jahren von Professor Lovell aus Kanton nach London gebracht. Dort soll er fleissig Sprachen lernen, um irgendwann am Sprachinstitut „Babel“ in Oxford studieren zu können.
    Schon zu Beginn fragt man sich, warum ausgerechnet Robin diese Ehre zuteil wird und was ihn so besonders macht. Im Laufe des Buches wird klar, warum er und seine Freunde ausgesucht wurden. Sie alle sind mit, in den Augen westlicher Personen“, „besonderen“ Muttersprachen aufgewachsen. Dies ist sehr wichtig für die Kernaufgabe Oxfords, nämlich das Silberwerken. Nur wer in den Sprachen wirklich lebt, in ihnen träumt und sie wie eine Muttersprache beherrscht und fühlt, kann in ihr silberwerken. Neben diese Tatsache besteht für Professor Lovell auch ein ganz persönliches Interesse daran, Robin mit nach London zu nehmen und ihn ausbilden zu lassen. In welchem Verhältnis der Junge und sein Ziehvater stehen, wird erst im Laufe der Handlung klar, aber schon von Anfang an besteht ein gewisser Verdacht.

    Das Verhältnis zwischen den beiden ist und bleibt immer recht kühl und professionell.
    Professor Lovell sieht in Robin vor allem ein Mittel zu Zweck und Robin ist in erster Linie dankbar die Cholera überlebt zu haben und seinen Wissensdurst stillen zu können. Er ist ein fleissiger Schüler, der nur einmal mit seinem Ziehvater aneinander gerät.
    In einem grossen Anwesen auf dem Land, ausserhalb Oxfords lernt Robin fleissig sowohl alte Sprachen als auch chinesisch. Und obgleich das Verhältnis zum Professor wenig Herzlichkeit übrig hat, findet er diese in Mrs. Piper, der Haushälterin.
    Diese behandelt ihn wie ihr eigenes Kind und versorgt ihn unvergleichlich.

    Noch bevor er nach Oxford kommt, bemerkt Robin, dass er „anders“ ist, als der Professor oder der Besuch seine Freunde. Diese „Andersartigkeit“ hat allerdings weniger mit seiner Persönlichkeit oder seinen Fähigkeiten zu tun, als viel mehr mit der Tatsache, dass er schon rein äusserlich kein „Engländer“ ist.
    Die betrifft auch Ramy und Victoire, die zusammen mit Letty, in seinem Jahrgang sind.

    Die Autorin versteht sich meisterhaft darin unglaublich wichtige Themen wie Rassismus, seine Geschichte und Gleichberechtigung der Geschlechter in einem unglaublichen Roman zur Sprache zu bringen. So viele Situationen haben mir das Herz gebrochen, weil sie 1:1 heute auch noch so vorkommen. Und dann muss man sich mal begreifbar machen, dass wir uns im gebildeten Teil Englands im 19. Jahrhundert bewegen. Rassismus als immer präsente und durch den Kolonialismus alltägliche gesellschaftliche „Norm“.
    Das Thema Kolonialismus wird auch unglaublich gut aufgegriffen und gibt dem Roman eine so unglaubliche Tiefe. Die Nutzbarmachung fremder Ressourcen, einfach weil man sich die Länder, aus denen diese stammen, unter den Nagel gerissen hat.

    Unter diesen Bedingungen lebt, lernt und arbeitet Robins Jahrgang. Jeden Tag werden die vier Jugendlichen damit konfrontiert, ob sie wollen oder nicht.
    Letztlich ist Babel der personifizierte Kolonialismus. Was zu Beginn für alle vier wie die grösste Chance ihres Lebens wirkt, wird, zumindest für drei von ihnen, immer mehr zur Abwärtsspirale, zum Gefängnis. Denn die Individuen sind Babel letztlich egal. Sie sind nur an den fremden Sprachen und ihrer Nutzbarkeit interessiert. Denn ohne diese Sprachen könnte das Silberwerken über kurz oder lang den Bach runtergehen. Die Menschen sind letztlich nur Ressourcen, die es zu nutzen gilt.

    Und wie sollte es anders sein, wird dieses Prinzip von den Studenten, die letztlich immer mit der Diskrimminierung leben müssen, obwohl sie doch wichtige und wertvolle Arbeit für Babel leisten, durchblickt. Natürlich regt sich dann Widerstand. Und der ist absolut fantastisch eingearbeitet, bekommt seine Rolle und wird im Laufe des Buches tragend für die Handlung.

    Ich hab es bereits am Anfang gesagt und ich werde mich wiederholen, denn keine Worte, keine Rezension werden diesem Buch gerecht!
    Es ist ein absolutes Erlebnis, das man erlebt haben muss, um es zu verstehen.
    Das Buch ist in erster Linie kein Fantasy-Roman (und ist meiner Meinung nach falsch damit beworben worden). In erster Linie ist es ein historischer Roman, in den Fantasy eingearbeitet wurde. Auf eine unaufdringliche und nachvollziehbare Art und Weise.
    Das Buch hat alles, was ein gutes Buch braucht. Es hat Figuren, in die man sich hineinversetzten kann, es hat ruhige, aufbauende Passagen. Es hat Plottwits, mit denen man so gar nicht rechnet. Es hat pure Freude, Freundschaft und unglaublich viele Momente, in denen einem das Herz blutet.
    Verbunden mit einem ganz ausgezeichnetem Schreibstil, ist diese Geschichte ein absolutes Highlight für mich. Es ist spannend erzählt und hat sich, vor allem im Hinblick auf die vielen Seiten, für mich kein einziges Mal gezogen.
    Ich kann dieses Buch wirklich jedem ans Herz legen und nominiere hiermit mein erstes Jahreshighlight für 2024.

    Danke für ein so wundervolles, starkes, wichtiges, tragendes, trauriges und auf allen Ebenen gutes Buch!

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  • 5 Sterne

    Mine_B, 31.05.2023

    Als Buch bewertet

    Die Autorin R.F. Kuang hat mit „Babel“ einen (bisher) eigenständigen Fantasy- Roman geschrieben, wobei in diesem Werk die Sprache und dessen Entwicklung, aber auch die Übersetzung dieser in eine andere Sprache eine wesentliche Rolle spielen.

    Bisher habe ich von der Autorin noch kein weiteres Werk gelesen, habe aber über „Babel“ aus dem englischsprachigen Raum bereits viele positive Resonanzen gehört. Daher war ich sehr erfreut, als eine Übersetzung angekündigt wurde und freute mich sehr auf dieses Werk. Meine Erwartungen daran waren recht hoch und dennoch wurde ich nicht enttäuscht.
    Zunächst möchte ich aber anmerken, dass „Babel“ auf dem deutschsprachigen Markt falsch angepriesen wird. Die Marketing- Abteilung fand es wahrscheinlich gut, die Leser mit Schlagwörtern wie „Harry Potter“ oder „Dark Academia“ zu ködern – setzt aber vollkommen falsche Hoffnungen. Und führt nur zu Enttäuschungen, denn dieses Buch geht in eine vollkommen andere Richtung.
    Der Schreibstil von Kuang fand ich sehr angenehm. Dieser ist nicht immer leicht, hat dafür aber eine wunderbare und tiefe Melodie. Auch weiss die Autorin, wie sie eine dichte Atmosphäre erschafft, sodass man als Leser mitten im Geschehen ist. Dabei werden gekonnt Bilder vor dem geistigen Auge gemalt, sodass ich das Gefühl hatte, zusammen mit den Charakteren in Oxford zu verweilen und zusammen mit ihnen Babel zu erkundigen. Das Setting konnte mich hier ebenfalls überzeugen. Eine wunderbare Stadt wird hier in einen historischen Kontext gesetzt, zeitgleich wird ein fantastischer Rahmen darum gespannt. Oftmals habe ich mich gefragt, was hier Fakten und was Fiktion ist. Hier möchte ich meinen fiktiven Hut vor der Leistung der Autorin ziehen. Ich kann nur ansatzweise nachvollziehen, wieviel Recherchearbeit und mühsame Arbeit hinter diesem Roman steht. Dieses Buch besticht durch seine Komplexität und konnte mich im positiven Sinn zum Staunen bringen. Themen wie die Übersetzung von Texten, welcher Verlust für die Sprache und dessen unterschwellige Bedeutungen damit einhergeht oder auch die Verwandtschaft und Verknüpfung der Sprachen sind hier nur ein kleiner Aspekt des Wissens, welches hier vermittelt wird. Auch die Kolonisierung und dessen Folgen stehen hier im Zentrum und spielen eine wesentliche Rolle für die Handlung. Manche interessanten Aspekte werden anhand von Fussnoten beleuchtet, dies fand ich ebenfalls sehr gelungen. Nur allzu gerne habe ich die beigefügten Karten zu Hilfe genommen, um mich besser zu orientieren – sowohl in Babel als auch in Oxford.
    Positiv möchte ich auf jeden Fall auch die Charakterkonstellation und die Darstellung der Charaktere betonen. Die einzelnen Charaktere fand ich sehr gelungen und oftmals musste man die ein oder andere Person neu einsortieren. Hier wird nicht nur schwarz oder weiss gezeichnet, sondern in sehr unterschiedlichen Grautönen. Jeder Charakter hat seine Hintergründe und Beweggründe, warum er so handelt oder warum er diese Überzeugungen hat, auch wenn diese nicht immer für den Leser aus heutiger Sicht nachvollziehbar sind. Gebannt habe ich mit den Protagonisten mitgefiebert und nicht selten musste ich mir Sorgen um sie machen. Und nicht selten waren diese Sorgen auch begründet. Kein Charakter ist hier sicher und muss so einiges erleiden, sowohl seelisch als auch körperlich. Manches Seelenleiden wird dem Leser erst später bewusst, was es aber nicht ungeschehen macht. Allgemein hat mir hier die Gruppe aus den vier Protagonisten gut gefallen. Das Zusammenspiel zwischen Robin, Ramy, Letty und Victoire fand ich sehr gelungen und nicht selten habe ich die sozialen Aspekte dieser Gruppe hinterfragt. Nicht immer geht es hier harmonisch zu und manche Ansichten sind sehr unterschiedlich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Freundschaft zwischen diesen ihre Höhen und Tiefen hat. Ich habe das Wechselspiel zwischen den Charakteren sehr genossen. Auch wenn ich sagen muss, dass mir der Protagonist Robin ein wenig zu passiv war. Er hat nicht für sich eingestanden, hatte quasi keine eigene Meinung und war eher ein Mitläufer.
    Mein kleiner Kritikpunkt ist der geringe Fantasyanteil. Es gibt in „Babel“ zwar magische Silberbarren, aber hier haben mir einfach ein paar Ausführungen gefehlt. Sie werden genutzt, sind jedoch eher Alltag in dieser Welt und werden daher auch nicht wirklich ausführlich beleuchtet.
    Ein weiterer Kritikpunkt ist für mich das Ende. Dieses konnte mich nicht vollkommen überzeugen. Zu gerne hätte ich hier noch ein paar weitere Ausführungen gelesen, hätte nur zu gerne weitergelesen. Aber dies ist Geschmackssache und spricht eigentlich nur für die Qualität des Buches, dass ich nur zu gerne mehr gelesen hätte.

    Insgesamt konnte mich R.F. Kuang mit ihrer Geschichte „Babel“ vollständig in ihren Bann ziehen. Ich habe hier jede Seite genossen. Deswegen wird dies auch nicht das einzige Werk sein, welches ich von der Autorin lesen werde. Ich bin schon auf ihre anderen Bücher gespannt. Aufgrund meiner zwei kleinen Kritikpunkte, welche aber nicht meinen Lesegenuss getrübt haben, möchte ich 4,5 Sterne und eine Leseempfehlung vergeben.

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  • 5 Sterne

    brauchnix, 23.05.2023

    Als Buch bewertet

    Der britische Sprachgelehrte Lovell rettet einen chinesischen Jungen vor dem Tod und nimmt ihn mit ins ferne Oxford. Der Junge, der sich selbst den Namen Robin Swift gibt, nach dem gleichnamigen Autor, wird nach Babel, in das königliche Institut der Übersetzung und Sprachen, geschickt. Dort soll er im Laufe der Jahre seine Sprachkenntnisse so verfeinern, dass er am Ende daraus Magie weben kann. Im gleichen Jahrgang sind drei weitere Jugendliche mit Migrationshintergrund, die zu seinen Freunden werden.

    Die für die Umsetzung der Magie benötigten Silberbarren werden von den Briten überall auf der Welt angekauft. Der Einsatz der Barren ist schier grenzenlos und um diesen immensen Bedarf decken zu können, ist dem Empire jedes Mittel recht. Unterdrückung und Sklaverei kommen ebenso zum Einsatz wie die Androhung eines Krieges gegen China, als dieses dem Opiumhandel Einhalt gebieten will, obwohl das Rauschgift den Briten grosse Mengen an Gold und Geld in die Taschen scheffelt, die sie für den Silberankauf dringend benötigen.

    Robin, der anfangs sehr naiv ist und einfach das Leben und Lernen in Babel geniesst, erkennt im Laufe der Zeit, dass das System, für das er arbeiten und Magie machen soll, ein korrupter und menschenverachtender Machtapparat ist und dass es Zeit wird, dass die Schüler von Babel sich für Gleichberechtigung, Freiheit und Menschlichkeit einsetzen. Als er in Kontakt mit einem Geheimbund kommt, beginnt er ein gefährliches Doppelspiel.

    Die Autorin R.F. Kuang verknüpft geschickt sehr viele reale Fakten und Details des britischen Kolonialismus mit einer Fantasygeschichte. Dabei scheut sie sich nicht, Themen wie Sklaverei, Unterdrückung und Rassenhass anzusprechen und sie umreisst ziemlich gut, wie die Weltpolitik und der wirtschaftliche Machtkampf in der Vergangenheit und auch heute noch funktioniert. Das ist erschreckend realistisch und hervorragend erklärt.

    Die phantastische Welt wird mit grosser Liebe zum Detail beschrieben. Die Verknüpfung von Silber und Sprache erschaffen eine immer wieder überraschende Form der Magie. Das Spiel mit vielen Worten und Sprachen, deren ursprünglichen Bedeutungen und die mit der Zeit entstandenen Abweichungen sind faszinierende Details. Der Erzählstil ist wunderbar zu lesen und trotzdem anspruchsvoll. Die ein oder andere Fussnote bringen zusätzlichen Tiefgang.

    Die Charaktere, allen voran natürlich Robin, machen eine starke emotionale Entwicklung in diesem Buch durch. Es wird über vier Jahre erzählt und man kann das Reifen und Erwachsenwerden gut nachvollziehen. Robins Wunsch, ein eigenes kleines zufriedenes Leben zu leben und dann zu lesen, wie er hart auf den Boden der Realitäten geknallt wird, das ist berührend und fesselnd zugleich.

    Mir war durch den Titel und nach etwa der Hälfte des Buches klar, wohin diese Geschichte führen wird. Dennoch schaffte es die Autorin, mich immer wieder mit Wendungen zu überraschen und bis zum dramatischen Ende zu fesseln. Ihr Erzählstil hatte für mich keinerlei Längen und war sowohl anspruchsvoll als auch gut lesbar.

    Das Buch ist keine leichte, seichte, lustige Durchschnittsfantasy. Es ist intensiv erzählt, fordert den Leser auf Nachzudenken und einer Parabel zu folgen, die hervorragend als Blaupause für unsere heutige Welt herhalten kann.

    Ich habe das Buch in einer Leserunde gelesen und leider hatten einige grosse Schwierigkeiten mit der Geschichte. Dies lag sicherlich auch daran, dass das Buch damit beworben wird, dass es eine Ähnlichkeit mit HP hätte. Dadurch entstehen ganz falsche Vorstellungen von diesem Fantasyroman. Das ist sehr schade, denn für mich war es ein absolutes Jahreshighlight.

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  • 5 Sterne

    Nathalie B., 04.06.2023

    Als Buch bewertet

    Babel ist düster, Babel ist grausam. In Analogie zum Turmbau zu Babel entwirft Rebecca F. Kuang den fiktiven Turm Babel im historischen Oxford im Jahr 1936. Hier verbinden sich die Schicksale vierer junger Menschen zum ersten Mal, als der gebürtige Kantonese Robin, der indischstämmige Ramy, die Haitianerin Victoire und die Britin Letty am "Royal Institute of Translation" der "University of Oxford" aufeinandertreffen. Es ist die Blütezeit des britischen Imperiums. Von Beginn an stehen die Themen Kolonialismus und Rassismus, aber auch Feminismus im Vordergrund, da diese zum einen die Beweggründe und Handlungsmotive der vier Protagonist:innen prägen, zum anderen aber der Autorin Raum geben, sich vor einem realen historischen Hintergrund - den Opiumkriegen zwischen England und China - kritisch mit diesen auseinanderzusetzen. Diese Auseinandersetzung fand sowohl in den Dialogen und Diskussionen der Protagonist:innen als auch in den toll recherchierten, akademisch anmutenden Fussnoten Einklang. Für mich eine Besonderheit, da ich zuvor noch keine Fussnoten in Romanen angetroffen habe. All die genannten Themen verknüpft die Autorin unter dem Hauptaspekt der Übersetzung und schafft somit mit dem Übersetzungsinstitut Babel einen äusserst zwiegespaltenen Handlungsort, in dem Wissenschaft und Forschung einhergehen mit Ausbeutung, Unterdrückung und Abhängigkeitsverhältnissen. Meiner Meinung nach darf "Babel" zukünftig gerne als Archetyp eines Dark Academia-Settings gelten!

    Mit dem jungen Chinesen Robin Swift, dessen Identität schon so früh durch die Annahme eines neuen, englischsprachigen Namens verloren geht, haben wir somit auch einen passenden Charakter, der im Verlaufe der Handlung in einen Zwiespalt mit sich selbst und seiner Aufgabe gerät. Immerhin beutete das britische Imperium durch ungleiche Handelsverträge mit China sein Heimatland aus. Die Übertragung dieser historischen Ereignisse ins fiktive Oxford haben mich sehr gefesselt. Gnadenlos und brutal zeigt Rebecca F. Kuang das ausbeuterische koloniale System Britanniens, deren Erfolge zu grossen Teilen auf den Entwicklungen Babels beruhen. Vordergründig tritt man für freien Handel und offene Märkte ein, hintergründig jedoch ist man von Gier und Macht. Die vielen Einblicke in Sprache, Translation, Etymologie fand ich unglaublich gut aufgearbeitet. Ich hätte ein ganzes Buch allein zu lustigen und interessanten Wortherkünften lesen können! Ebenfalls überzeugen konnte mich die damit verknüpften Bezüge zu Sprache und Macht, die Kuang mit dem einzigen phantastischen Element, der Magie der Silberbarren, vereint.

    Babel wurde zu einem dieser Bücher, bei denen man nicht den Handlungsverlauf vorhersehen kann. Aufgrund der allgemein eher düsteren Stimmung, sich zuspitzender Konflikte sowohl politischer Art als auch zwischen den Protagonist:innen und der vordergründigen Themen, war mir jedoch schon früh klar, dass es kein Roman mit einem Happy End wird. Nichtsdestotrotz hat mich das Ende sehr mitgenommen; gleichzeitig ist es ein sehr passendes Ende gewesen, wenn man sich die historischen Konfliktlinien vor Augen führt. Ich werde daher sicherlich noch eine ganze Weile über den Roman und seine Botschaft nachdenken.

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  • 5 Sterne

    Keelah, 08.04.2024

    Als Buch bewertet

    "Babel" von Rebecca F. Kuang ins Deutsche übersetzt von Heide Frank und Alexandra Jordan, ist ein einmaliges Buch.



    Babel spielt in der Universität Oxford im viktorianischen England. Dort befindet sich das Königliche Institut für Übersetzung, kurz Babel.

    Wir verfolgen die Geschichte von Robin Swift, einem Waisenjungen aus dem chinesischen Kanton, der von einem geheimnisvollen Vormund nach Oxford gebracht wird. Für ihn scheint es die Rettung und das Paradies zu sein, bis es zu einem Gefängnis wird...



    Für ein Fantasy Buch ist es unglaublich gelehrtes Buch. Man erfährt viel über die Historie, Literatur und vor allem über Etymologie. Man lernt hierbei so viel, dass ich nicht finde, das dieses Buch nicht ausschliesslich in die Kategorie Fantasy passt. Die Macht der Kolonialmacht Grossbritanniens unter Königin Viktoria begründet sich auf in Silber gespeicherter Wortmagie. Durch die Übersetzung eines perfekten Wortpaares zweier Sprachen entseht Magie, welche für annähernd alles verwendet werden kann.



    Hierdurch wird Grossbritannien beinahe unantastbar und unbesiegbar. Hierfür beuten sie jedoch alle anderen Länder vollkommen aus, vor allem um deren Sprachen. So geht es in Babel auch um Revolutionen und die Frage der Notwendigkeit der Gewalt, mit der man ungerechte Verhältnisse ändert. Was auch den Originaltitel von Kuangs Roman "Babel, or the Necessity of Violence" erklärt. Hierbei verfolgen wir den Geheimbund Hermes der Hermeneutik gegen die Grossmacht vorgehen will.



    Robin findet sich in einer Situation wieder in welcher er entscheiden muss, wo er hingehört, wer er selbst ist und vor allem für was er stehen möchte.



    Das Erzähltempo ist ganz langsam und auch die Charakterentwicklung verläuft beinahe schleichend. Doch vor allem die vielen durchdachten und wundervollen Charaktere sind wundervoll. Es hat mir mehrfach das Herz gebrochen.



    Doch vor allem und der Punkt welcher dieses Buch besonders hervorhebt ist, dass es im Gesamten um Kolonialismus, Rassismus und Klassismus darin geht. Kuang hat hiermit etwas einmaliges geschaffen, ein Fantasybuch bei welchem man so viel mehr lernt, als man zu Beginn vielleicht erwarten würde. Hochplitisch und trotzdem emotional. Eine fiktionale Welt und doch aktueller als man glauben möchte. Für mich persönlich etwas einmaliges und ganz besonderes. Ein Buch, dass einem sehr viel zu bieten hat, neben einer wunderbaren Lesezeit.



    Zusammenfassend möchte ich das folgende Zitat aufrühren, was vieles über das Buch verrät:

    „Ich glaube, genau darum geht es beim Übersetzen. Darum geht es beim Sprechen. Einander zuhören und versuchen, an den eigenen Vorurteilen vorbeizugucken, um einen Blick auf das zu erhaschen, was der andere einem sagen will. Ein Stück von sich selbst preisgeben und hoffen, dass jemand anders es versteht.“

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  • 5 Sterne

    bblubber, 22.05.2023

    Als Buch bewertet

    Vorsicht. Wenn Sie nicht gerne euphorische Rezensionen lesen, dann sollten Sie hier aufhören zu lesen. Wenn Sie lieber unvoreingenommen das Buch BABEL lesen wollen, dann könnte dieser Text auch schwierig sein. Für mich war der Roman von Rebecca F. Kuang das, was ich eine Offenbarung nennen würde. Mein erstes Buch dieser Autorin, aber nicht deren erstes. Aber sicherlich das, welches im Augenblick am ambitionierten und reifesten daher kommt.

    Von der ersten Zeile an war ich gefesselt und das blieb die ganzen 736 Seiten so. Für mich hätte es gerne noch ein paar Seiten länger sein dürfen, weil ich sehr gerne in dieser Welt geblieben wäre, um noch mehr zu staunen. Die Autorin schafft es, etwas Neues zu kreiieren und dabei auf unvergleichliche Weise ein gehöriges Mass an realer Historie einfliessen zu lassen. Wir befinden uns in einer Zeit, in der England noch das grosse Empire war und unzählige Kolonien auf der ganzen Welt hatte. Die Magie, die man aus Silberbarren mit Hilfe von Sprache gewinnen kann, ist der Hauptgrund für den Erfolg und auch die Hauptmotivation dieser Expansion in die ganze Welt. Denn England benötige Silber in grossen Mengen und Kunden, die die britische Magie mit Gold bezahlen. Babel ist eine Schule für Sprachwissenscahftler, die auf sieben Stockwerken sämliches Wissen über alle Sprachen der Welt und über die Silbermagie beherbergt. Begabte junge Leute aus der ganzen Welt werden hier in mehreren Jahren zu denen ausgebildet, die die Magie mit ihrem Wissen zum Leben erwecken.
    Diese magische neue Fantasywelt wird sehr glaubwürdig und intensiv beschrieben und Kapitel für Kapitel begreift man mehr, wie alles zusammenhängt aber auch, woran die Gesellschaft und die ganze Welt krankt. U.a. an Unterdrückung und Sklaverei, an Ausbeutung und Ungleichheiten jedweder Form. Vier junge Leute stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Und während die Schuljahre vergehen müssen sie erkennen, dass sie Handlanger eines brutalen Apparates sind und sie müssen sich jeder für sich entscheiden, wie sie sich verhalten wollen.

    Kuang besticht mit einer geschliffenen Sprache, einem Plot, der mit grosser Intellígenz daherkommt, Charakteren, die Zeit haben zu wachsen und dem Leser dabei ans Herz wachsen, einer Dramatik, die sich Stück für Stück aufbaut um dann in einem genialen Finale sein Ende zu finden. Und auch, wenn das nicht unbedingt happy und ruhig ist, so hat es mich doch glücklich gemacht, dass ich dieses Buch für mich entdecken durfte.

    Ein absolutes Jahreshighlight und einfach nur geniale Fantasy.

    Kleiner Nachsatz. Der Plot ist ganz anders, als ich ihn erwartet hatte. Man sollte bitte keine festgelegten Erwartungen haben sondern sich einfach darauf einlassen. Und man sollte keine reine Unterhaltung erwarten, denn das Buch führt einem den Spiegel unserer Gesellschaft vor Augen. Das muss man mögen.

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  • 5 Sterne

    seiten.schwaermer, 04.06.2023

    Als Buch bewertet

    Babel bietet einen breiten Umfang von Wissen zur Bedeutung der Sprache. Möglicherweise liest man von eigenen ähnlichen Erfahrungen, hat diesen Aha-Moment oder lernt völlig neue Informationen über Sprache kennen.
    Dieses Buch hat mich einfach umgehauen, nicht nur durch das traumhaft gestaltete Cover, sondern die liebevolle und detailreiche Ausgestaltung von Handlung, Charakteren und Setting. Immer wieder wird man überrascht, auch dann, wenn man zu wissen glaubt, wie es weitergeht. Allein der Schreibstil von R.F. Kuang weiss zu überzeugen. Der Umgang mit der Sprache ist herausragend, trägt einen direkt nach Oxford, was bei mir durch die Wortwahl und die bildhaften Beschreibungen eingeleitet wurde.
    Man merkt, welch grosse Arbeit hinter Babel steckt, da allein die Recherche zu Oxford, dem Beruf des Übersetzers oder dem umfassenden Wissen zur Sprache sehr umfangreich sind.
    Was mir ebenfalls sehr gut gefällt, sind die Fussnoten, die bestimmte historische Ereignisse, Werke, Personen, etc. aufgreifen und nochmal näher erläutern. Das erleichtert das Leseerlebnis ungemein, da man so nicht völlig ahnungslos weiterliest oder erst im Internet suchen muss, was dies oder jenes bedeutet.

    Das Oxford, das R.F. Kuang geschaffen hat, ist brutal aber absolut ehrlich. Es zeigt das Wesen und das Potential der Menschen von ihrer besten, wie auch ihrer schlechtesten Seite. Mit den vier Hauptprotagonisten bin ich durch Oxford gelaufen, habe grossartige Orte kennenlernen dürfen, aber ebenso Gefahren. Alle vier sind wahnsinnig intelligente, vom Leben gezeichnete, geheimnisvolle, aber völlig verschiedene junge Menschen, die trotz ihrer vielen Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten zueinanderfinden und sich gegenseitig unterstützen.Sie werden Teil eines Systems, mit dem sich jeder von ihnen auf eine andere Weise konfrontiert sieht bzw. auseinandersetzen muss. Die vier Babelstudenten werden einem wirklich hartem Studium unterzogen, das sie wiederholt an ihre Grenzen bringt und doch eine ruhmreiche Zukunft verspricht. Ihr Erfolg, ihr Wissen erfüllt jedoch die Zwecke der Mächtigen, für die sie alle nur austauschbare Figuren darstellen, weshalb sie sich zweier Zukunftsperspektiven gegenüber sehen, die entweder Ruhm und Ansehen versprechen oder aber ihrem Ende, die sie selbst zu beeinflussen vermögen. Das Buch setzt sich auf wirklich eindrucksvolle Weise mit Themen wie Sprache, Übersetzung, Etymologie, Macht, Märkte, Liebe, Hass, Rassismus, etc auseinander.

    Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    Suzann K., 02.06.2023

    Als Buch bewertet

    Magie aus Worten
    "Babel" von Rebecca F. Kuang ist ein Buch, dass ich sehr gerne gelesen habe und dass mich, trotz des Umfanges, nie gelangweilt hat.
    Robin Swift überlebt den Choleraausbruch in Kanton, China nur knapp und verliert jeden, den er mal hatte. Professor Lovell holt den Jungen nach London, erzieht ihn streng und in seinem Sinn, unterrichtet ihn in drei Sprachen und bereitet ihn auf ein Studium in der Universität Oxford vor.
    Robin ist ein einsamer Junge, er hat keine Freunde, keine Freizeit, kennt nur einen straffen Plan, eine strenge Hand und harte Arbeit.
    Als Robin dann eines Tages wirklich in Oxford eintrifft und in Babel, dem Königlichen Institut für Übersetzung sein Studium aufnimmt, beginnt für ihn ein ganz neues Leben.
    Er lernt seinen besten Freund kennen und nach und nach sind sie sogar eine ganze Gruppe von Freunden. Das Studium geht voran, er ist finanziell gut gestellt und lernt das Arbeiten am Silberwerk, dem magischen Element in diesem Buch.
    Die Magie ist hier der Magie der Sprache eindeutig untergeordnet und es ist ein sehr politisches Buch. Es geht um Krieg und Unterdrückung anderer Völker, es geht um Kolonialismus und sogar Sklaverei, es geht um Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung. Der, der die Macht hat und hier auch das Silber und die Magie, fühlt sich im Recht andere Länder auszubeuten, auch Krieg gegen sie zu führen. Mit Hilfe der Magie, also mit Hilfe von Babel. Was für Robin bedeuten würde, als Untertan und Schüler von Babel, Krieg gegen sein eigenes Land, China, zu führen. Und das ist nicht die einzige schwere Entscheidung, vor der er hier steht.
    Das Buch hat einen historischen Rahmen, der sehr real rüberkommt, die Magie ist da, aber unterschwellig. Wichtig sind die Charaktere, Robin und auch seine Freunde, ihre Entwicklung, ihre Gedanken, ihre Worte.
    Das Buch erzählt langsam, nimmt sich Zeit für die Sprache, für jedes einzelne Wort, es baut sich ganz langsam und auch sichtbar etwas Grosses beim Lesen vor einem auf. Und man beginnt zu ahnen, was der Titel uns hier sagen will. Für mich ist dieses Buch eine ganz grossartige Lektüre, man sollte bloss nicht erwarten, hier nach Hogwarts zu reisen.

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  • 5 Sterne

    Anna K., 15.04.2024

    Als eBook bewertet

    Wir befinden uns im 19. Jahrhundert, allerdings in einer Welt, die unserer zwar sehr ähnlich, mit ihr jedoch nicht ganz deckungsgleich ist. Ein Junge wird während einer Cholera-Epidemie, die seine gesamte Familie dahin gerafft hat, von einem geheimnisvollen Fremden mittels eines Silberbarrens gerettet und aus seiner Heimat Kanton nach London gebracht. Dort nimmt er den Namen Robin Swift an. Professor Lovell, sein Wohltäter, lässt ihn über die Jahre mit Privatlehrern Sprachen lernen, um in Oxford am Sprachinstitut Babel studieren zu können. Robin fragt sich genauso wie die Leser, warum ausgerechnet er ausgewählt wurde. Mit der Zeit stellt sich heraus, dass er und weitere Studenten, deren Heimat nicht England ist, für Babel einen besonderen Wert haben, denn nur wer in einer anderen Sprache wirklich lebt und träumt, sie wirklich durchdrungen hat, kann auch fürs Silberwerken neue Wortpaare finden, die den magischen Grundstein der Macht Babels und Englands bilden. Robin und seine Mitschüler Ramy, Victoire und Letty sind für Babel nichts anderes als Ressourcen, die es zu nutzen gilt. Dabei sind Robin, Ramy und Victoire permanent Situationen ausgesetzt, in denen Rassismus zum Tragen kommt, während Letty und Victoire sich auch noch als Frauen besonders beweisen müssen.

    Rebecca F. Kuang verwebt in ihrem Roman Historisches gekonnt mit Fantastischem und spricht Themen wie Rassismus und Gleichberechtigung, Kolonialismus und die damit verbundene Ausbeutung anderer Länder an und stellt die dabei wirkenden Mechanismen heraus.
    Dass Babel fantastische Elemente hat, ist richtig, jedoch wird die Bezeichnung Fantasy-Roman dem Werk nicht gerecht, denn die gesellschaftlichen und historischen Begebenheiten stehen viel mehr im Fokus. Besonders genossen habe ich die Sprache in der die Autorin treffend beschreibt und erzählt.
    Für "Babel" kann ich nur eine absolute Leseempfehlung aussprechen.

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  • 4 Sterne

    Anna Maria M., 02.04.2024

    Als Buch bewertet

    Babel von R.F. Kuang ist kein gewöhnliches Fantasybuch - es ist inhaltlich und weltenbauerisch umfassender, tiefgehender, kritischer und schwerwiegender als alles, was ich bisher gelesen habe. Es werden viele politische und gesellschaftliche Themen angesprochen, hinterfragt und kritisiert, das Thema Sprache, deren zu Grunde liegende Bedeutung und insbesondere der Zusammenhang mit Übersetzung wird in vielen Dialogen, die ich mir allesamt als Lieblingszitate markieren hätte können, ausführlich betrachtet. Zwischen all dem Tiefgang und den schweren Themen gibt es rund um den Protagonisten Robin aber auch noch eine Geschichte über Freundschaft und Loyalität, die mich wirklich sehr bewegt hat.
    Im Kern spielt die Handlung von Babel in Oxford, genauer gesagt am Übersetzungsinstitut "Babel", wo Robin, der Protagonist des Buches, nach jahrelanger Vorbereitung unter den Fittichen von Prof. Lovell zu studieren beginnt. Dort findet er schnell eine Freundesgruppe aus gleichgesinnten Übersetzungsstudent:innen, deren Schicksal und Vergangenheit ebenso schwer wiegt, wie das von Robin, doch aber auch ganz anders ist. Schnell sorgen die Umstände dafür, dass Robin die Arbeit in Babel und für das Empire zu hinterfragen beginnt, bis er sich entscheiden muss, ob er weiterhin dem Empire dienen oder für seine eigenen Überzeugungen eintreten will.

    Zunächst einmal muss ich sagen, dass Babel mich in vielerlei Hinsicht überrascht hat - teilweise im positiven, teilweise im negativen Sinne. Da es dem Genre der Fantasyromane zugeordnet wird, bin ich auch mit der Erwartung, viele fantastische und magische Elemente in der Geschichte wiederzufinden. Dahingehend wurde ich leider enttäuscht, denn auch wenn der Aspekt des Silberwerkens (was im Grunde das Magiesystem ausmacht) für die Storyline von zentraler Bedeutung ist, hatte ich nicht wirklich das Gefühl in einer Fantasygeschichte zu stecken. Im Grunde ist dies auch kein Problem, allerdings finde ich dahingehend das Marketing und den Vergleich mit Harry Potter eher ungeeignet, da dies Erwartungen bei Leser:innen schürt, die nicht erfüllt werden können.
    Stattdessen hätte mit einem der zahlreichen Besonderheiten dieses Buches geworben werden können: Babel spricht komplexe politische und gesellschaftliche Themen an, die aber so gut in die Geschichte eingeflochten wurden, dass es sich immer noch flüssig und nicht wie ein Geschichtslehrbuch lesen lässt. Zudem wurde alles sehr sehr gut und ausführlich erklärt, sodass man auch ohne viel Vorwissen rund um das Empire alles verstehen konnte. Ein weiteres, in meinen Augen einzigartiges Thema ist das der Übersetzung und der Sprache allgemein. In diesem Bereich wurde so viel genannt, was mir mehr als nur einen Aha-Moment eingebracht hat. Generell fand ich die Dialoge, in denen über die Ursprünge von Sprache und die Rolle der Übersetzenden gesprochen wurde einfach nur grandios.
    Um noch einen weiteren Aspekt zum Thema Sprache zu erwähnen, der Schreibstil, die Formulierungen und die Wortwahl haben mir hier wirklich sehr sehr gut gefallen! Da ich durch Babel nun sensibilisiert wurde, was das Werk des Übersetzenden angeht, muss ich an dieser Stelle auch die beiden Übersetzerinnen loben, die Babel ins Deutsche, und damit in die Version, die ich gelesen habe, übertragen haben. Der Schreibstil hat mich wirklich von Anfang bis Ende überzeugt und in meinen Augen auch sehr gut zum Inhalt des Buches gepasst. Auch wenn oft eher in einem nüchternen Ton erzählt wurde, lag in den Ausführungen so viel Tiefe, dass diese auch bei mir beim Lesen viele Emotionen wecken konnten.

    Was mir ebenfalls sehr gut gefallen hat, sind die sehr vielschichtigen Charaktere. Insbesondere Robin konnte ich über das Buch hinweg so so gut kennenlernen. Aber auch die anderen drei Student:innen aus Robins Jahrgang (Ramy, Letti, Victoire) sind sehr greifbar geworden. Tatsächlich konnte ich auch jede Handlung oder Entscheidung der vier nachvollziehen, auch wenn diese wirklich sehr fraglich waren. Aber der Autorin und den Übersetzerinnen ist es gelungen ihre Sichtweise so nachvollziehbar darzulegen, dass auch moralisch graue Aspekte aus deren Sicht verständlich erschienen.

    Wenn ich die Geschichte noch einmal allgemein betrachte, dann gab es viele Phasen, die sehr spannungsgeladen waren, wohingegen einige aber auch eher ereignislos geblieben sind. Letzteres fand ich persönlich aber auch nicht schlimm, denn diese Passagen konnten beispielsweise mit informativen, poetischen Diskussionen glänzen oder Aspekte der Vergangenheit einer Person enthüllen.

    Babel final mit Sternen zu bewerten fällt mir ehrlich gesagt sehr schwer. Auf der einen Seite bin ich wirklich beeindruckt von der Fülle an Recherche, die in dieses Buch geflossen sein muss, wie tiefgehend viele Dialoge und Themen ausgearbeitet worden und wie treffend dieser umfangreiche Inhalt in Worten verpackt wurde. Andererseits hat mir beim Lesen die Euphorie gefehlt. Auch wenn ich die Storyline wirklich spannend fand und immer unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht, hat mir doch dieser letzte Funke gefehlt.

    Abschliessend kann ich Babel wirklich jedem empfehlen, der Lust hat, ein Buch mit eher schwerwiegenden Themen, die mehr zum Nachdenken anregen als der puren Unterhaltung dienen, zu lesen. Dabei sollte man aber nicht zu grosse Erwartungen an den Fantasy Aspekt haben. Für mich war es selbst eine spannende Erfahrung Babel zu lesen, da ich sonst eher zu leichteren Büchern greife, bei denen ich abschalten kann.
    Dennoch konnte ich durch Babel viel lernen, reflektieren und ich werde in Zukunft sicher noch mehr von R.F. Kuang lesen.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sheilo, 23.04.2023

    Als Buch bewertet

    Robin Swift verliert beim Ausbruch von Cholera seine Familie und auch er war schon sehr geschwächt, jedoch wurde er von einem Professor aus Oxfort mithilfe eines Silberbarrens gerettet. Dieser nimmt ihn aus seinem Heimatland China mit nach England. Seitdem Robin klein war, wurden ihn englische Bücher zugeschickt und eine Angestellte Zuhause hat mit ihn Englisch gesprochen. In England muss er auf Anweisung von Professor Lovell noch mehr Sprachen erlernen um später ein Studium am Königliche Institut für Übersetzung - Babel studieren zu können und auch in das Geheimnis des Silberwerkens eingeweiht zu werden.
    Während es Studiums zweifelt er immer mehr an dem, wie Babel agiert. Wird er diese Taten weiter unterstützen können?

    Endlich wurde dieses tolle Buch von Rebecca F. Kuang ins Deutsche übersetzt und ich finde, die Übersetzer haben eine super Arbeit geleistet.
    Der Schreibstil ist fliessend und sehr angenehm, sodass die Geschichte einen sehr schnell in seinen Bann zieht. Die Handlung ist wirklich spannend und war für mich so auch nicht vorhersehbar.
    In die Geschichte fliessen neben der erfundenen Handlung auch viele geschichtliche Fakten von Grossbritannien mit ein.
    Am meisten hat mir die charakterliche Entwicklung von Robin gefallen. Er erreichte Oxfort als schüchterner Junge, der sich immer mehr den anderen Gegenüber geöffnet hat und uns am Ende eine ganz andere Seite von sich zeigt.
    Im Buch selbst ist das Thema Rassismus immer wieder sehr präsent, die jungen Menschen aus den fremden Ländern werden teilweise wie Gegenstände angesehen und leiden Ausserhalb der Mauern von Babel auch sehr unter Fremdenhass und Ausgrenzung.

    Ich kann jedem nur empfehlen, dieses tolle Fantasy-Buch selbst zu lesen. Das wunderbare Spiel mit den Wörtern habe ich sehr genossen und war selbst sehr überrascht über den Ausgang der Geschichte.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Martina W., 26.04.2023

    Als Buch bewertet

    Welche Worte wählt man für eine Rezension, wenn ein Buch nicht nur die Erwartungen erfüllt, sondern sogar übertrifft? Welche Worte können dem gerecht werden?

    Wer sich von Werbetexten mitreissen lässt, die von einer Qualität Harry Potters schwärmen… vergesst das, dieses Buch hat absolut nichts mit H.P. zu tun und es ist mir schleierhaft wie man auf diesen Vergleich kommt.

    Wer ein klassisches Fantasyspektakel erwartet -vergesst auch das. Klar, es gibt Magie, das war es dann aber auch schon. Und diese Magie ist so plausibel, dass man beim Lesen ganz schnell vergisst, dass man ein Fantasybuch in Händen hält.

    Ein leichtes Buch für zwischendurch zum Abschalten, auch hier muss ich Euch enttäuschen. Das war alles andere als leichte Lektüre, hier muss man dran bleiben und sogar ich habe die doppelte Zeit benötigt , schon alleine weil ich nichts überlesen wollte.

    Wer Sprachwissenschaft mag und viel über den britischen Kolonialismus Anfang des 19. Jahrhunderts lernen möchte, der wird dieses Buch genauso lieben wie ich.
    R.F.Kuang ist Historikerin und Sprachgelehrte und ich kniee vor so viel Wissen ehrfürchtig nieder.
    Dazu bedient sie sich auch noch eines wunderbaren Schreibstils und erzählt zwischen der Flut an Fakten, eine spannende Geschichte. Und die Themen sind brisant: Kolonialpolitik, Diskriminierung, Rassismus, Ausbeutung von Arbeitskraft und Ressourcen und Lobbyismus. Hochaktueller könnte es kaum noch zugehen.

    Dieses Buch ist wie eine wunderbare Schatzkiste und definitiv ein Lesehighlight in diesem Jahr.
    Meinen grössten Respekt zolle ich den beiden Übersetzerinnen Heide Franck und Alexandra Jordan, die Enormes geleistet haben.

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  • 4 Sterne

    Selina E., 03.06.2023

    Als Buch bewertet

    Sprache ist etwas Mächtiges. Sie ist der entscheidende Faktor, der ganze Nationen eint. Sie schafft Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl. Sie ist Identität. Aber gerade deshalb bewirkt Sprache auch oft das Gegenteil. Betrachtet man ihre Wirkung nationenübergreifend, so stellt man fest, dass es gerade die Sprache ist, die verschiedene Nationen unwiederbringlich voneinander abgrenzt. Sie betont gnadenlos Unterschiede und führt im schlimmsten Fall zur Ausgrenzung von Andersartigem.
    Auch auf der persönlichen Ebene ist Sprache ein aussagekräftiger Machtfaktor. Die Art und Weise wie jemand spricht - ob er sich gewählt ausdrückt, einen bestimmten Dialekt verwendet oder einen ehr begrenzten Wortschatz hat - bestimmt unser Bild von dieser Person; in welcher Sprache ein Mensch kommuniziert sagt ebenso viel aus: Ist uns jemand vertraut oder fremd? Fühlen wir uns mit jemanden spontan verbunden oder stellt die Sprache eine schier unüberwindbare Barriere dar?

    Mit ebendiesen Fragenstellungen und Überlegungen zum Thema Sprache hat sich auch Rebecca F. Kuang beschäftigt. Allein für die Tatsache, dass sie es geschafft hat, ihre Gedanken zu dieser komplexen Thematik allesamt unter einen Hut zu bringen, in eine Geschichte einzupflanzen und diese dann in ein Buch zu verwandeln, hat sie meine Hochachtung. Welch eine Leistung! Dass diese Geschichte ein Dark-Academia-Setting besitzt, im intellektuellen Oxford spielt und darüber hinaus auch noch den Namen "Babel" trägt, ist schon fast zu viel für mich und mein ordnungsliebendes Herz. Alles passt perfekt zusammen, jedes Zahnrad greift exakt ins nächste - ich bin sprachlos, allerdings auf die beste Weise.

    Wenn man das Buch dann erstmals vor sich liegen hat, denkt man sich vermutlich etwas von wegen: "Hui, was für ein Brocken." Nachdem ich nun das Vergnügen mit Babel hatte, kann ich bestätigen, dass es nicht nur optisch und gewichtsmässig ein Brocken ist, sondern auch inhaltlich.
    Versteht mich nicht falsch, das meine ich in keiner Hinsicht negativ. Sowohl das akademische Magiekonzept der Silberbarren als auch der Umgang mit sämtlichen -ismen haben mich schwer beeindruckt. Die Autorin hat wirklich ein grosses Talent dafür, stets den richtigen Ton zu finden und so ihre Kritik an Kolonialismus, Rassismus und Sexismus auf völlig unverfälschte und realitätsnahe Weise wiederzugeben. Sämtliche Emotionen, die die betroffenen Figuren empfanden - die Frustration, die Wut, die Hoffnungslosigkeit - spiegeln auf beängstigende Art und Weise den schmutzigen Boden der Tatsachen unserer Welt wieder. Rebecca F. Kuang spricht die harten und unschönen Fakten aus und das ist gut so.

    Was die Struktur der Geschichte betrifft, so hege ich noch gemischte Gefühle. Einerseits schätze ich es sehr, dass die Autorin so viel Wert auf eine ordentliche Einführung in die Geschichte und Konfliktentwicklung gelegt hat, aber andererseits ist mir die Gewichtung der einzelnen Teile auch etwas suspekt. Wo anfangs alles nur regelrecht dahin plätschert, trifft einen dann ab einem gewissen Punkt schlichtweg der Schlag. Und mit diesem Schlag hört es nicht auf, es folgt der nächste und der nächste. Irgendwo war das bestimmt gut so, ich fühlte mich nur eben einfach etwas erschlagen.
    Darüber hinaus hatte ich zuweilen auch gewisse Probleme, die Handlungsweisen mancher Figuren zu verstehen. Vielleicht waren die einzelnen Charaktere doch zu schwammig gezeichnet, vielleicht war alles auch einfach etwas viel: Silberbarren hier, Geheimbund dort, wohin man nur sieht die Verbrechen des britischen Königreichs - wie gesagt, ein Brocken.

    Nichtsdestotrotz hatte ich eine gute Zeit beim Lesen, habe mit Robin und seinen Freunden mitgefiebert, mit ihnen triumphiert und gelitten und dabei die kritisch hinterfragende Art von Rebecca F. Kuang stets besonders genossen. Obwohl ich mich mit solch langen Büchern schon sehr schwer tue und gewissermassen auch Angst vor ihnen habe, bin ich sehr froh, mich hier durchgebissen zu haben.
    "Babel" ist wie ein Silberbarren. Ein Brocken, der schwer im Magen liegt, aber eben auch unglaublich wertvoll.

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  • 5 Sterne

    Gavroche, 24.05.2023

    Als Buch bewertet

    Auf dieses Buch war ich schon im Vorfeld so neugierig und dann hat es meine Erwartungen noch übertroffen. Ok, ich hatte mehr Fantasy erwartet nach der Beschreibung, aber was ich bekommen habe, hat mich um ein Vielfaches fasziniert: Eine Welt, die unserer so ähnlich sieht, aber dann wieder anders ist. Mit der Hilfe von Silberbarren und Wortpaaren aus zwei oder manchmal mehr Sprachen werden zum Beispiel Züge angetrieben, aber auch eine kurze Unsichtbarkeit, Mauerwerk wird stabiler, Menschen in Fabriken überflüssiger gemacht, denn durch Silberbarren werden Maschinen angetrieben - was in der Realität erst die Dampfmaschinen und später dann die Elektrizität gemacht wird.
    Doch diese Silberbarren sind natürlich vorrangig für die Reichen und nicht für die Kolonien, in denen das Silber abgebaut wird.
    In Babel werden sprachbegabte Studenten ausgebildet, so auch Robin Swift. Erst ganz wissbegierig, doch dann erkennt er nach und nach Probleme, denen er sich aber nicht sofort stellen möchte.
    Eine Kritik an der Industrialisierung und der Sozialen Frage, an Ungerechtigkeiten, am Kolonialismus. Aber dann auch wieder eine Hommage an die Sprache(n) und ihre Feinheiten.
    Ein unglaubliches Buch, das im Verlauf immer düsterer wird und Denkanstösse liefert.

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  • 5 Sterne

    Klaudija B., 04.06.2023

    Als Buch bewertet

    Inhalt:

    1828. Robin Swift, den ein Cholera-Ausbruch im chinesischen Kanton als Waisenjungen zurücklässt, wird von dem geheimnisvollen Professor Lovell nach London gebracht. Dort lernt er jahrelang Latein, Altgriechisch und Chinesisch, um sich auf den Tag vorzubereiten, an dem er in das Königliche Institut für Übersetzung der Universität Oxford – auch bekannt als Babel – aufgenommen werden soll.

    Meinung:

    Ich habe es sehr genossen, dieses Buch zu lesen. Es war tiefgreifend und anders als ich es erwartet hätte, aber auf eine gute Art und Weise. Es geht um die Frage nach Identität, nach dem Sinn des Lebens mit Oxford verbunden, und ich finde mit Robin als Hauptcharakter fühlt man seine Gefühle auch richtig nach. Aber neben der sozialen Frage und anderen politischen Themen ist die Sprache auch eines der wichtigsten Themen dieses Buches und hat mich sehr begeistert. Viele Autoren wurden genannt und in das Buch miteinbezogen, sodass mein Klassiker Herz vollkommen aufgegangen ist.
    Insgesamt kann ich nur sagen, dass auch die Spannung für mich konstant präsent war und ich das Buch kaum aus der Hand gelegt habe.

    Fazit:

    Ein sehr empfehlenswertes Buch, das man nicht so schnell wieder aus den Händen legt!

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  • 4 Sterne

    _LeseZeit_, 24.05.2023

    Als Buch bewertet

    Bewegender „historischer“ Roman mit fantastischem Touch

    „Wörter haben keine Bedeutung, wenn niemand da ist, der sie versteht.“
    - Rebecca F. Kuang, Babel -

    ~~~~~

    Zum Inhalt:

    1829. England gründet seinen Erfolg als stärkste Kolonialmacht auf der Magie des Silberwerkens. Hierfür rekrutiert es bereits in jungen Jahren Muttersprachler aus den Kolonien, die es im Sinne des Empires aufzieht und zur Elite am Institut für Übersetzung – Babel – ausbildet. Doch England hat sie in vielerlei Hinsicht unterschätzt...

    ~~~~~

    Meine Eindrücke:

    Babel ist das erste Buch, das ich von Rebecca F. Kuang gelesen habe.
    Von Beginn an war ich begeistert von ihrer einnehmenden Erzählstimme. Ähnlich wie bei einer angenehmen Vorlese-Stimme, der man ewig lauschen möchte. Es gelingt der Autorin leicht, grosse Zeitspannen zusammenzufassen, Gedankengänge mit Rückblenden zu verbinden und geschichtliche Ereignisse, wie aus dem Ärmel geschüttelt einfliessen zu lassen.

    Gleichzeitig liegt hier aber auch mein grösster Kritikpunkt. Denn ich fand es unglaublich schade, dass sich die Autorin stellenweise im Erzählen verlor und es über den gesamten Roman hin nicht geschafft hat, das Erzählte durch mehr Dialoge und Interaktion ihrer Charaktere auch erlebbar zu machen. Ja, es gab definitiv actionreiche und spannende Szenen, auch Wortgefechte. Nein, ich war zu keiner Zeit emotional abgehängt. Aber es blieb immer eine gewisse Distanz.
    Für mich wurde hier das Potenzial verspielt, den Roman herausragend zu machen. In vielerlei Hinsicht ist er besonders.

    Er ist weniger ein Fantasy-Roman, sondern vielmehr ein „historischer“ Roman, der in der Magie des Silberwerkens Erklärungen für die Geschichte fand: Den technischen Fortschritt der industriellen Revolution zum Beispiel und den Einfluss Englands als Kolonialmacht. Dabei sind die historischen Fakten so sehr mit der Fiktion verwoben, dass eine einzigartige Symbiose entsteht, die die Grenzen verschwimmen und das Erzählte sehr realistisch werden lässt. Am Ende des Buchs hätte ich mir daher ein Nachwort gewünscht, das noch einmal die Grenzen zwischen Realität und Fiktion zieht.

    Die Idee, dass die Magie aus der Kraft der Sprache, beziehungsweise der Unzulänglichkeit von Übersetzungen herrührt, ist ebenso originell wie faszinierend. Auch die ausführlichen Exkurse in die Sprachwissenschaft empfand ich als sehr interessant und lehrreich, aber auch herausfordernd. Babel ist kein Buch für „zwischendurch“, sondern eines, das ungeteilte Aufmerksamkeit erfordert.

    Tatsächlich aber auch verdient, denn Rebecca F. Kuang thematisiert Rassismus und Kolonialisierung hart und unverblümt, öffnet die Augen und übt Gesellschaftskritik.

    Besonders war für mich auch der Protagonist und seine sehr authentisch erzählte Entwicklung im Romanverlauf: Robin Swift umfängt von Beginn an eine ausgesprochene Tragik, die bis zuletzt anhält. Geprägt von dem Verlust seiner kantonesischen Identität sowie einem isolierten Aufwachsen, entwickelt er sich von einem zurückhaltenden, naiven Meister des Verdrängens, in einen selbstbewussten jungen Mann, der Missstände aufzeigt und für Gerechtigkeit und Frieden kämpft.

    Viele gute Gründe also, die diesen Roman lesenswert machen…aber eben nicht herausragend.

    ~~~~~

    Mein Fazit:

    Babel ist ein „historischer“ Roman mit magischen Elementen, der wundervoll erzählt ist, bewegt und nachdenklich stimmt, indem er Rassismus und Kolonialismus unverblümt thematisiert.
    Ich habe ihn gern und durchaus fasziniert gelesen, empfand das Erzählte aber leider zu wenig erlebbar, um ihn herausragend nennen zu können.

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  • 5 Sterne

    anonym, 01.04.2024

    Als Buch bewertet

    „Babel“ von R.F. Kuang handelt von Robin Swift der aufgrund eines Chlorea Ausbruches nach London gebracht wird. Dort wird er unteranderem mit Magie konfrontiert. Er wird vor schwierige Entscheidungen gestellt und es beginnt ein abenteuerliches Abenteuer für ihn, welches nicht immer ein schönes Abenteuer ist.

    WOW ist wohl das passendste Wort für dieses Buch.
    Ich habe zwar meine Zeit gebraucht um in das Buch reinzukommen und mit der Geschichte als auch mit den Charakteren warm zu werden aber circa nach dem ersten Drittel wurde es für mich so richtig spannend.
    Ich finde R.F. Kuang hat hier ein neues Meisterwerk geschrieben. Ihr Schreibstil war sehr sehr gut.
    In dem Buch war ein roter Faden vorhanden, und man konnte der Geschichte sehr gut folgen.
    Alle Charaktere haben eine tolle Entwicklung durchlebt und man hat Parallelen vom Anfang bis zum Ende gemerkt, das fand ich super gut!
    Ich kann das Buch auf jeden Fall empfehlend, mich konnte das Buch überzeugen und hat mich in seinen Bann gezogen. Ich konnte es kaum aus den Händen legen.

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