Geheime Tochter
Roman. Deutsche Erstausgabe
Somer hat alles erreicht, was sie zum Glücklichsein braucht. Doch dann erfährt sie, dass sie keine Kinder bekommen kann. Dann sehen sie und ihr Mann das Foto eines Mädchens in einem Waisenhaus in Mumbai. Und sie entscheiden sich für eine Adoption. Das wird kein leichter Weg.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Geheime Tochter “
Somer hat alles erreicht, was sie zum Glücklichsein braucht. Doch dann erfährt sie, dass sie keine Kinder bekommen kann. Dann sehen sie und ihr Mann das Foto eines Mädchens in einem Waisenhaus in Mumbai. Und sie entscheiden sich für eine Adoption. Das wird kein leichter Weg.
Klappentext zu „Geheime Tochter “
Der Weltbestseller!Somers Leben ist genauso, wie sie es sich immer vorgestellt hat. Frisch verheiratet, mit einem neuen Job als Ärztin in San Francisco. Doch dann stellt sie fest, dass sie keine Kinder bekommen kann.Zur gleichen Zeit wird in einem abgelegenen indischen Dorf ein Mädchen geboren. Kavita, die Mutter, erkennt, dass sie das Leben ihrer Tochter nur retten kann, wenn sie sie weggibt. Als Somer und ihr Ehemann ein Foto des Mädchens in einem Waisenhaus in Mumbai sehen, entscheiden sie sich für eine Adoption. Somer ahnt, dass dieser Weg nicht leicht wird. Aber sie hofft, dass Liebe alle Probleme lösen kann.Shilpi Somaya Gowdas Debüt war in den USA und Kanada ein Sensationserfolg - es stand über viele Monate auf Platz eins der Bestsellerlisten. Der grosse Roman über eine Suche nach den Wurzeln und nach dem, was das Leben ausmacht, bewegt inzwischen Leserinnen auf der ganzen Welt.
»Fesselnd, sehr klug, lebendig und herzzerreissend« (Minneapolis StarTribune)
Lese-Probe zu „Geheime Tochter “
Geheime Tochter von Shilpi Somaya GowdaProlog
Er hält den abgegriffenen Zettel fest in der Hand und versucht, die Buchstaben darauf mit denen auf dem roten Schild an der Tür vor ihm zu vergleichen. Mehrmals blickt er zwischen Zettel und Tür hin und her, um sich auch ja nicht zu vertun.
Erst als er ganz sicher ist, drückt er auf den Klingelknopf, und im Innern schrillt eine Glocke. Er wartet, fährt dabei mit der flachen Hand über die Messingtafel neben der Tür, spürt die erhabenen Lettern mit den Fingern. Als sich die Tür plötzlich öffnet, zieht er die Hand zurück und gibt der jungen Frau, die vor ihm auftaucht, einen anderen Zettel.
Sie liest, was darauf steht, blickt ihn an und tritt zurück, um ihn hereinzulassen. Mit einer leichten Kopfbewegung bedeutet sie ihm, ihr den Flur entlang zu folgen. Er vergewissert sich, dass ihm das Hemd unter dem Bauchansatz nicht aus der Hose gerutscht ist, und fährt sich mit den Fingern durch das grau melierte Haar. Die junge Frau betritt ein Büro, gibt jemandem da drin den Zettel und zeigt dann auf einen Stuhl. Er folgt ihr hinein, nimmt Platz und faltet die Hände. Der Mann hinter dem Schreibtisch mustert ihn durch eine dünne Brille.
»Sie suchen also jemanden. «
1
Beginn der Trauer
Dahanu, Indien - 1984
Kavita
... mehr
Als sie tief in ihrem Innern das erste unverkennbare Ziehen spürte, ging sie in der Abenddämmerung zu der unbewohnten Hütte, ohne irgendwem Bescheid zu sagen. Die Hütte ist leer, bis auf die Matte, auf der sie jetzt liegt, die Knie an die Brust gezogen. Als die nächste Schmerzwelle ihren Körper durchbebt, ballt Kavita die Fäuste, gräbt die Fingernägel in die Handteller und beißt auf den Ast zwischen ihren Zähnen. Ihr Atem geht schwer, aber gleichmäßig, während sie darauf wartet, dass der Krampf in ihrem geschwollenen Bauch wieder abebbt. Sie heftet den Blick auf den blassgelben Schatten, den eine flackernde Öllampe auf den Lehmboden wirft, ihre einzige Gesellschaft in den dunklen Nachtstunden. Sie versucht, ihre Schreie zu dämpfen, solange es ihr noch möglich ist. Schon bald, so weiß sie, wenn sie nicht anders kann als pressen, werden ihre Schreie die Hebamme des Dorfes alarmieren. Sie betet, dass das Baby vor Tagesanbruch da ist, denn ihr Mann wird selten vor Sonnenaufgang wach. Es ist das erste von nur zwei Gebeten, die Kavita für dieses Kind zu sprechen wagt, aus Angst, sonst vielleicht zu viel von den Göttern zu verlangen.
Das tiefe Donnergrollen in der Ferne erinnert daran, dass den ganzen Tag über Regen gedroht hat. Feuchtigkeit hängt in der Luft, schlägt sich in kleinen Tropfen auf
ihrer Stirn nieder. Es wird eine Wohltat sein, wenn der Himmel sich endlich öffnet und der Regen kommt. Der Monsun ist für sie von jeher mit einem besonderen Geruch verbunden: roh und erdig, als hätten sich Boden, Ackerpflanzen und Regen in der Luft vermischt. Es ist der Geruch von neuem Leben.
Die nächste Wehe kommt jäh und raubt ihr den Atem. Der Schweiß malt dunkle Flecke in die dünne Baumwolle ihrer Saribluse, die an einer Reihe winziger Hakenverschlüsse über den Brüsten spannt. Diesmal ist sie runder geworden als letztes Mal. Unter vier Augen hat ihr Mann mit ihr geschimpft, weil sie sich nicht besser verhüllt hat, aber dann hörte sie, dass er anderen Männern gegenüber mit ihren Brüsten prahlte, sie mit reifen Melonen verglich. Sie hielt es für eine Gnade, dass ihr Körper diesmal anders aussah, weil ihr Mann und die anderen deshalb davon ausgingen, dass dieses Baby ein Junge würde.
Eine plötzliche Angst packt sie, dieselbe erstickende Angst, die sie die ganze Schwangerschaft hindurch gespürt hat. Was wird passieren, wenn alle sich täuschen? In ihrem zweiten Gebet, das verzweifelter ist als das erste, fleht sie darum, dass sie nicht wieder ein Mädchen zur Welt bringt. Denn das kann sie nicht noch einmal ertragen.
Sie war nicht darauf gefasst gewesen, was beim letzten Mal geschah. Ihr Mann kam ins Zimmer gestürmt, kaum dass die Hebamme die Nabelschnur durchtrennt hatte. Kavita nahm den widerlich süßen Geruch von chickoo-fruit-Schnaps an ihm wahr. Als Jasu den sich windenden Körper des kleinen Mädchens in Kavitas Armen sah, glitt ein Schatten über sein Gesicht. Er wandte sich ab.
Kavita fühlte, wie die gerade aufkeimende Freude Verwirrung wich. Sie wollte etwas sagen, einen der Gedanken aussprechen, die ihr durch den Kopf wirbelten. So viele Haare ... ein gutes Omen. Aber stattdessen hörte sie Jasus Stimme, entsetzliche Dinge, die sie nie zuvor von seinen Lippen vernommen hatte, eine Reihe von Obszönitäten, die ein Schock für sie waren. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, sah sie seine geröteten Augen. Er kam mit langsamen, bedächtigen Schritten kopfschüttelnd auf sie zu. Sie spürte, wie eine unbekannte Furcht in ihr aufstieg, sich mit Entsetzen und Verwirrung vermischte.
Der Schmerz der Geburtswehen hatte ihren Körper geschwächt. Ihr Verstand versuchte verzweifelt zu begreifen. Zu spät nahm sie wahr, dass ihr Mann einen Satz auf sie zu machte. Und sie war nicht schnell genug, um ihn daran zu hindern, dass er ihr das Baby aus den Armen riss. Die Hebamme hielt sie fest, als sie sich nach vorn warf, mit ausgestreckten Armen und noch lauter schreiend als in dem Moment, in dem der Kopf des Babys ihr Fleisch zerriss, um sich einen Weg nach draußen zu bahnen. Er verschwand mit seiner schreienden Tochter, die ihre ersten Atemzüge in dieser Welt tat, aus der Hütte. In diesem schrecklichen Moment wusste Kavita, dass es auch ihre letzten sein würden.
Die Hebamme drückte sie sanft wieder zurück. »Lass ihn gehen, mein Kind. Lass ihn doch gehen. Es ist vorbei. Du musst dich ausruhen. Du hast eine Tortur hinter dir.«
Kavita verbrachte die nächsten zwei Tage zusammengerollt auf der Strohmatte auf dem Hüttenboden. Sie traute sich nicht zu fragen, was mit ihrem Baby geschehen war. Ob die Kleine ertränkt oder erstickt worden war oder ob man sie einfach irgendwo hatte verhungern lassen, Kavita hoffte bloß, dass es ein gnädiger, schneller Tod gewesen war. Letztendlich würde der winzige Körper ihrer Tochter beerdigt worden sein, nicht eingeäschert, was wenigstens ihren Geist freigesetzt hätte. Wie so viele andere kleine Mädchen würde auch ihre Erstgeborene viel zu früh der Erde zurückgegeben.
In jenen zwei Tagen erhielt Kavita keinerlei Besuch außer von der Hebamme, die ihr zweimal am Tag etwas zu essen und frische Tücher brachte, um damit das Blut aufzusaugen, das aus ihrem Körper floss. Sie weinte, bis ihre Augen wund waren, bis sie glaubte, keine einzige Träne mehr übrig zu haben. Aber wie sich herausstellte, war das bloß der Beginn ihrer Trauer, die noch quälender wurde, als ihre Brüste ein paar Tage später Milch produzierten und ihr im Monat darauf die Haare ausfielen. Und nach dieser Nacht blieb ihr jedes Mal das Herz stehen, wenn sie ein kleines Kind sah, und die Erinnerung holte sie erneut ein.
Als sie aus ihrer Trauer wieder auftauchte, sprach niemand sie auf ihren Verlust an. Keiner der anderen Dorfbewohner schenkte ihr ein aufmunterndes Wort oder eine tröstende Berührung. In dem Haus, das sie und Jasu gemeinsam mit seiner Familie bewohnten, erntete sie höchstens verächtliche Blicke und ungebetene Ratschläge, wie sie das nächste Mal mit einem Jungen schwanger werden könnte. Kavita war seit Langem daran gewöhnt, kaum Einfluss auf ihr eigenes Leben zu haben. Als Achtzehnjährige war sie mit Jasu verheiratet worden und sie hatte sich mit der täglichen Mühsal aus Wasserholen, Wäschewaschen und Essenkochen abgefunden. Den ganzen Tag über tat sie, was ihr Mann von ihr verlangte, und auch wenn sie nachts beisammenlagen, fügte sie sich seinem Willen.
Doch nach dem Baby veränderte sie sich, wenn auch nur in kleinen Dingen. Sie gab noch eine rote Chilischote mehr in das Essen ihres Mannes, wenn sie wütend auf ihn war, und schaute dann mit stiller Genugtuung zu, wie er sich das ganze Abendessen hindurch Stirn und Nase wischte. Wenn er sie nachts bedrängte, verweigerte sie sich ihm manchmal mit der Begründung, sie habe ihre Regel. Mit jeder kleinen Rebellion spürte sie ihr Selbstvertrauen wachsen. Und als sie wieder schwanger wurde, beschloss sie, dass diesmal alles anders kommen würde.
2
Sauber
San Francisco, Kalifornien - 1984
Somer
Die medizinische Fachzeitschrift fällt Somer aus der Hand, und sie hält sich den Unterleib. Sie erhebt sich von der Couch und stolpert Richtung Badezimmer, stützt sich dabei auf dem Weg durch den langen Flur ihrer viktorianischen Wohnung an der Wand ab. Obwohl sie sich wegen der stechenden Schmerzen krümmt, zieht sie ihren Bade-mantel beiseite, ehe sie sich auf die Toilette setzt. Sie sieht das hellrote Blut, das an der blassen Haut ihrer Oberschenkel hinabrinnt. »Nein. Oh Gott, bitte, nein.« Ihr Flehen ist leise, aber beschwörend. Es ist niemand da, der sie hören könnte. Sie presst die Beine zusammen und hält den Atem an. Bleib ganz still sitzen, vielleicht hört die Blutung dann auf
Vergeblich. Sie legt das Gesicht in die Hände, und die Tränen kommen. Sie sieht zu, wie sich die rote Pfütze in der Toilettenschüssel ausbreitet. Ihre Schultern beginnen zu beben, und ihre Schluchzer werden lauter und länger, bis ihr ganzer Körper von ihnen überwältigt wird. Sie schafft es, Krishnan anzurufen, nachdem die Krämpfe et-was abgeklungen sind. Als er nach Hause kommt, liegt sie eng zusammengerollt auf dem ungemachten Himmelbett im Schlafzimmer. Sie hat sich ein Handtuch zwischen die Beine gedrückt, einst flauschig und zart vanillefarben, ein Geschenk zu ihrer Hochzeit vor fünf Jahren. Sie hatten den Farbton gemeinsam ausgesucht - nicht krankenhausweiß, nicht langweilig beige -, ein eleganter Cremeton, jetzt blutgetränkt.
Kris setzt sich auf die Bettkante und legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Bist du sicher?«, fragt er leise.
Sie nickt. »Genau wie letztes Mal. Krämpfe, Blutung ... 0 Sie fängt wieder an zu weinen. »Diesmal mehr Blut. Ich schätze, weil ich weiter war ...«
Kris reicht ihr ein Papiertaschentuch. »Okay, Schatz. Ich rufe Dr. Hayworth an und frage, ob wir gleich zu ihm ins Krankenhaus kommen können. Brauchst du irgendwas?« Er legt eine Decke über sie, drückt sie um die Schultern fest. Sie schüttelt den Kopf und rollt sich auf die Seite, weg von Krishnan, der sich mehr wie ein Arzt verhält als wie der Ehemann, den sie dringend braucht. Sie schließt die Augen und berührt ihren Bauch, wie sie es zahllose Male am Tag tut, aber diese Geste, die ihr normalerweise Trost gibt, fühlt sich jetzt wie eine Strafe an.
Das Erste, was Somer sieht, als sie die Augen öffnet, ist der Infusionsständer neben ihrem Bett. Sie schließt sie rasch wieder in der Hoffnung, den Traum weiterträumen zu können, in dem sie ein kleines Kind auf einer Spielplatzschaukel anstößt. War es ein Mädchen oder ein Junge?
»Der Eingriff ist gut gelaufen, Somer. Alles ist jetzt wieder sauber, und ich habe nichts feststellen können, das mich zu der Annahme verleiten würde, Sie könnten in einigen Monaten nicht einen weiteren Versuch starten.« Dr. Hayworth blickt in seinem frischen weißen Kittel vom Fußende des Bettes auf sie herab. »Versuchen Sie, sich et-was zu erholen, und ich sehe dann noch einmal nach Ihnen, bevor Sie entlassen werden.« Er tätschelt ihr leicht das Bein durch die Bettdecke, ehe er sich umdreht und geht.
»Danke, Doctor«, ertönt eine Stimme von der anderen Seite des Zimmers, und Somer bemerkt erst jetzt, dass Krishnan da ist. Er tritt ans Bett und beugt sich über sie, legt ihr eine Hand auf die Stirn. »Wie fühlst du dich?«
»Sauber«, sagt sie.
Er runzelt die Stirn und legt den Kopf schief. »Sauber?«
»Er hat sauber gesagt. Dr. Hayworth hat gesagt, ich bin wieder sauber. Was war ich denn vorher? Als ich schwanger war?« Ihre Augen richten sich auf die summende Neonröhre über dem Bett. Mädchen oder Junge? Welche Augenfarben?
»Ach, Schatz. Er meint doch bloße ... Du weißt, was er meint."
»Ja, ich weiß, was er meint. Er meint, dass jetzt alles weg ist: das Baby, die Plazenta, alles. Mein Uterus ist wieder hübsch und leer. Sauber.«
Eine Krankenschwester kommt herein und lächelt. »Zeit für Ihr Schmerzmittel.«
Somer schüttelt den Kopf. »Ich will nichts.«
»Schatz, du solltest es nehmen«, sagt Krishnan. »Dann fühlst du dich bald wieder besser.«
»Ich will mich nicht besser fühlen.« Sie dreht sich von der Schwester weg. Sie verstehen nicht, dass sie nicht nur das Baby verloren hat. Sie hat alles verloren. Die Namen, die sie im Kopf aufzählt, nachts im Bett. Die Farbmuster, die sie in ihrer Schreibtischschublade fürs Kinderzimmer gesammelt hat. Die Träume, wie sie ihr Kind in den Armen wiegt, wie sie bei den Schularbeiten hilft, wie sie anfeuernd an der Seitenlinie vom Fußballplatz steht. Das alles ist weg, verschwunden in dem dichten Nebel draußen. Sie verstehen das nicht. Nicht die Schwester, nicht Dr. Hayworth, nicht mal Krishnan. Sie sehen sie bloß als eine Patientin, die behandelt werden muss, als ein menschliches Gerät, das repariert werden muss. Bloß ein weiterer Körper, der gesäubert werden muss.
Somer wird wach und drückt den Knopf am Krankenhausbett, um sich aufzusetzen. Sie nimmt verschwommen Konservengelächter wahr, das von einem Fernseher in der Ecke kommt, irgendeine Spielshow, die Krishnan angelassen hat, als er in die Cafeteria gegangen ist. Sie hätte nie gedacht, dass sie sich in einem Krankenhaus so unwohl fühlen könnte, an einem Ort, wo sie volle fünf Jahre ihres Lebens zugebracht hat. Sie weiß noch, welche Begeisterung sie jedes Mal durchströmte, wenn sie über die sterilen Korridore ging und das Knistern des Lautsprechers oben an der Wand hörte. Rituale wie ihren weißen Kittel anzuziehen oder eine Patientenakte aufzuschlagen gaben ihr stets einen Schuss Selbstvertrauen. Das hatte sie und Krishnan einst verbunden, dieses Gefühl, als Arzt etwas Sinnvolles zu tun und das Metier zu beherrschen. Jetzt, so weiß sie, ist das eine weitere Sache, die sie noch mehr auseinandertreiben wird. Sie kann es nicht ausstehen, Patientin zu sein, hasst es, dass sie das hier nicht reparieren kann.
Sie sollte eigentlich noch gar nicht hier sein, in diesem Krankenhaus, das sie gezielt des Schwerpunkts wegen ausgesucht hat: Geburtshilfe. Achttausend Geburten pro Jahr. Allein heute kommen zwanzig Babys zur Welt. Heute, während ihr totes Baby aus ihr herausgeschabt wurde. Auf der Etage direkt unter ihrer hat jede Frau auf der Station ein schlafendes Baby in ihrem Zimmer liegen. Es scheint so leicht zu sein für alle anderen: die Mütter, die sie jeden Tag in ihrer Praxis sieht, ihre Freundinnen, selbst die blöde Kuh in der Spielshow, die ihren Kindern im Publikum zuwinkt.
Vielleicht will die Natur ihr auf diese Weise etwas sagen. Vielleicht bin ich einfach nicht dafür bestimmt, Mutter zu werden.
3
Nie wieder
Dahanu, Indien - 1984
Kavita
Ein anderer Schmerz setzt ein, diesmal noch tiefer in ihr drin, seine stumpfen Ränder zu zackigen Klingen geschärft, Kavita kann zwischen den Schmerzwellen, die dicht aufeinanderfolgen, nicht mehr Atem holen. Ihre Oberschenkel zittern, ihr Rücken pocht, und sie kann die gequälten Schreie nicht mehr unterdrücken. Als der Laut ihre Ohren erreicht, hat er keine Ähnlichkeit mehr mit einer menschlichen Stimme. Dieser Körper ist nicht mehr ihr Körper, er wird von Urimpulsen getrieben, die der Erde gehören, den Bäumen, der Luft. Draußen erhellt ein plötzlicher Blitz den dunklen Himmel, und ein Donnerschlag lässt den Boden unter ihr erbeben. Der Ast in ihrem Mund bricht unter dem Druck ihres verkrampften Kiefers, und sie schmeckt die bittere Würze von rohem grünem Holz darin. Das Letzte, was sie wahrnimmt, ist eine nasse Wärme, die ihren Körper umhüllt.
Als sie die Augen wieder aufschlägt, spürt Kavita, wie die Hebamme ihr die Beine spreizt und sich dazwischenkniet. »Beti, du hättest mich früher rufen sollen. Ich wäre gekommen. Wie lange liegst du hier schon so allein? Der Kopf des Babys ist schon zu sehen. Es dauert nicht mehr lange. Das zweite Mal ist viel ...« Ihre Stimme verliert sich.
»Daiji, hör zu. Was auch passiert, du darfst nicht zulassen, dass mein Mann dieses Baby wegbringt. Versprich es ... versprich es!«, schreit Kavita.
»Hahnji, ja, ich verspreche es«, sagt die Hebamme. »Aber jetzt, Kind, jetzt musst du pressen.«
Sie hat recht. Kavita braucht nur einige Male und schon hört sie einen beruhigenden Schrei. Die Hebamme säubert das Baby rasch und wickelt es ein. Kavita stemmt mühsam den Oberkörper hoch, schiebt sich die feuchten Haarsträhnen aus dem Gesicht und nimmt das Kind in die Arme. Sie streichelt dem Baby über das verklebte schwarze Haar und bestaunt die winzigen Finger, die in die Luft greifen. Sie schmiegt den kleinen Körper an sich, atmet tief den Duft ein und legt dann den Babymund an ihre Brust. Sobald das Neugeborene anfängt, in einem schläfrigen Rhythmus zu saugen, wickelt Kavita das Tuch von dem winzigen Körper.
Niemand hat meine Gebete erhört. Kavita schließt die Augen, und ihr Körper bebt vor lautlosem Weinen. Sie beugt sich vor, ergreift die Hand der Hebamme und flüstert: »Daiji, verrate es niemandem. Geh schnell und hol Rupa her. Niemandem, hörst du?«
»Hahnji. Ja, mein Kind. Die besten Wünsche dir und deinem Baby. So, jetzt ruh dich bitte aus. Ich hole etwas zu essen.« Die Hebamme tritt hinaus in die Nacht. Sie verharrt einen Moment, krümmt leicht den Rücken, dann hebt sie ihren Eisentopf mit Zubehör vom Boden auf und geht.
Als das erste Morgenlicht in die Hütte dringt, wird Kavita wach und spürt den pochenden Schmerz in der Beckengegend. Sie dreht sich auf die Seite, und ihr Blick fällt auf das Neugeborene, das friedlich neben ihr schläft. Ihr Magen rumort. Sie hat plötzlich Heißhunger. Sie greift nach der Schale Reis neben sich und isst. Gesättigt, aber noch immer erschöpft, legt sie sich hin und lauscht den Geräuschen des Dorfes, das draußen zum Leben erwacht.
Es dauert nicht lange, bis sich die Tür knarrend öffnet und helles Sonnenlicht hereinströmt. Jasu betritt die Hütte mit leuchtenden Augen. »Wo ist er?« Er winkt lockend mit den Händen. »Wo ist mein kleiner Prinz? Los, los ... ich will ihn sehen!« Er kommt mit ausgestreckten Armen auf sie zu.
Kavita erstarrt. Sie drückt das Baby an die Brust und versucht unbeholfen, sich aufzusetzen. »Sie ist hier. Deine kleine Prinzessin ist hier.« Sie sieht, wie seine Augen sich verdunkeln. Ihre Arme zittern, als sie sie fest um das Baby schlingt, den kleinen Körper schützt.
»Arre! Wieder ein Mädchen? Was ist bloß los mit dir? Zeig her!«, ruft er.
»Nein. Das werde ich nicht. Du nimmst sie mir nicht weg.« Sie hört ihre schrille Stimme, spürt die Spannung, die ihre Glieder erfasst. »Es ist mein Baby, unser Baby, und ich lasse nicht zu, dass du sie wegbringst.« Sie sieht Verwirrung in seinen Augen, die in ihrem Gesicht nach einer vernünftigen Erklärung suchen. So trotzig hat sie noch mit niemandem gesprochen, schon gar nicht mit ihrem Mann.
Er macht ein paar Schritte auf sie zu, dann wird sein Gesicht weich, und er sinkt neben ihr auf die Knie. »Versteh doch, Kavita, du weißt, dass wir das Baby nicht behalten können. Wir brauchen einen Jungen, der uns auf den Feldern hilft. Wir können uns sowieso schon kaum ein Kind leisten, wie sollen wir dann zwei ernähren? Die Tochter meines Cousins ist dreiundzwanzig und noch immer nicht verheiratet, weil er die Mitgift nicht aufbringen kann. Wir sind keine reiche Familie, Kavita. Du weißt, wir können das nicht.«
Wieder werden ihre Augen feucht, und sie schüttelt den Kopf, bis die Tränen fließen. Ihr Atem beginnt zu stocken. Sie schließt fest die Augen, während sie mehrmals durchatmet. Als sie sie wieder öffnet, blickt sie ihren Mann direkt an. »Diesmal lasse ich nicht zu, dass du sie wegbringst. Niemals.« Sie drückt den Rücken durch, obwohl es schrecklich wehtut. »Wenn du es versuchst, wenn du es auch nur versuchst, musst du mich vorher töten." Sie zieht die Knie an. Aus dem Augenwinkel sieht sie die Tür und stellt sich vor, wie sie sie in fünf Schritten erreicht. Sie zwingt sich, reglos zu bleiben, ihren wilden und entschlossenen Blick nicht von Jasu abzuwenden.
»Kavita, bitte, sei doch vernünftig. Es geht einfach nicht.« Er wirft die Hände in die Luft. »Sie wird eine Belastung für uns sein, für unsere ganze Familie. Willst du das etwa?« Er erhebt sich, baut sich wieder vor ihr auf.
Ihr Mund ist trocken. Sie stolpert über die Worte, die sie sich bisher nur in Gedanken zu bilden erlaubt hat. »Gib mir eine Nacht. Bloß eine Nacht mit meinem Kind. Morgen kannst du sie holen kommen.«
Jasu schweigt, blickt nach unten auf seine Füße.
»Bitte.« Das Hämmern in ihrem Schädel wird lauter. Sie möchte schreien, um sich durch den Lärm verständlich zu machen. »Das ist unsere Tochter. Wir haben sie zusammen geschaffen. Ich habe sie in mir getragen. Gib mir eine Nacht, bevor du sie wegbringst.« Plötzlich wird das Baby wach und schreit. Jasu blickt auf, aus seiner Trance gerissen. Kavita legt sich die Kleine an die Brust und stellt die Stille zwischen ihnen wieder her.
»Jasu«, sagt sie und zeigt ihm durch die ungewöhnliche Verwendung seines Vornamens, wie ernst es ihr ist. »Hör gut zu. Ich schwöre, wenn du mir nicht mal diese eine Nacht gewährst, sorge ich dafür, dass ich kein weiteres Baby bekommen kann. Ich werde meinen Körper zerstören, damit ich dir kein Kind mehr schenken kann. Nie wieder. Hast du verstanden? Wie stehst du dann da? Wer wird dich noch heiraten, in deinem Alter? Wer sonst wird dir deinen kostbaren Sohn schenken?« Sie starrt ihn so lange an, bis er den Blick abwenden muss.
...
Übersetzung: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
© 201 2,Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
Als sie tief in ihrem Innern das erste unverkennbare Ziehen spürte, ging sie in der Abenddämmerung zu der unbewohnten Hütte, ohne irgendwem Bescheid zu sagen. Die Hütte ist leer, bis auf die Matte, auf der sie jetzt liegt, die Knie an die Brust gezogen. Als die nächste Schmerzwelle ihren Körper durchbebt, ballt Kavita die Fäuste, gräbt die Fingernägel in die Handteller und beißt auf den Ast zwischen ihren Zähnen. Ihr Atem geht schwer, aber gleichmäßig, während sie darauf wartet, dass der Krampf in ihrem geschwollenen Bauch wieder abebbt. Sie heftet den Blick auf den blassgelben Schatten, den eine flackernde Öllampe auf den Lehmboden wirft, ihre einzige Gesellschaft in den dunklen Nachtstunden. Sie versucht, ihre Schreie zu dämpfen, solange es ihr noch möglich ist. Schon bald, so weiß sie, wenn sie nicht anders kann als pressen, werden ihre Schreie die Hebamme des Dorfes alarmieren. Sie betet, dass das Baby vor Tagesanbruch da ist, denn ihr Mann wird selten vor Sonnenaufgang wach. Es ist das erste von nur zwei Gebeten, die Kavita für dieses Kind zu sprechen wagt, aus Angst, sonst vielleicht zu viel von den Göttern zu verlangen.
Das tiefe Donnergrollen in der Ferne erinnert daran, dass den ganzen Tag über Regen gedroht hat. Feuchtigkeit hängt in der Luft, schlägt sich in kleinen Tropfen auf
ihrer Stirn nieder. Es wird eine Wohltat sein, wenn der Himmel sich endlich öffnet und der Regen kommt. Der Monsun ist für sie von jeher mit einem besonderen Geruch verbunden: roh und erdig, als hätten sich Boden, Ackerpflanzen und Regen in der Luft vermischt. Es ist der Geruch von neuem Leben.
Die nächste Wehe kommt jäh und raubt ihr den Atem. Der Schweiß malt dunkle Flecke in die dünne Baumwolle ihrer Saribluse, die an einer Reihe winziger Hakenverschlüsse über den Brüsten spannt. Diesmal ist sie runder geworden als letztes Mal. Unter vier Augen hat ihr Mann mit ihr geschimpft, weil sie sich nicht besser verhüllt hat, aber dann hörte sie, dass er anderen Männern gegenüber mit ihren Brüsten prahlte, sie mit reifen Melonen verglich. Sie hielt es für eine Gnade, dass ihr Körper diesmal anders aussah, weil ihr Mann und die anderen deshalb davon ausgingen, dass dieses Baby ein Junge würde.
Eine plötzliche Angst packt sie, dieselbe erstickende Angst, die sie die ganze Schwangerschaft hindurch gespürt hat. Was wird passieren, wenn alle sich täuschen? In ihrem zweiten Gebet, das verzweifelter ist als das erste, fleht sie darum, dass sie nicht wieder ein Mädchen zur Welt bringt. Denn das kann sie nicht noch einmal ertragen.
Sie war nicht darauf gefasst gewesen, was beim letzten Mal geschah. Ihr Mann kam ins Zimmer gestürmt, kaum dass die Hebamme die Nabelschnur durchtrennt hatte. Kavita nahm den widerlich süßen Geruch von chickoo-fruit-Schnaps an ihm wahr. Als Jasu den sich windenden Körper des kleinen Mädchens in Kavitas Armen sah, glitt ein Schatten über sein Gesicht. Er wandte sich ab.
Kavita fühlte, wie die gerade aufkeimende Freude Verwirrung wich. Sie wollte etwas sagen, einen der Gedanken aussprechen, die ihr durch den Kopf wirbelten. So viele Haare ... ein gutes Omen. Aber stattdessen hörte sie Jasus Stimme, entsetzliche Dinge, die sie nie zuvor von seinen Lippen vernommen hatte, eine Reihe von Obszönitäten, die ein Schock für sie waren. Als er sich wieder zu ihr umdrehte, sah sie seine geröteten Augen. Er kam mit langsamen, bedächtigen Schritten kopfschüttelnd auf sie zu. Sie spürte, wie eine unbekannte Furcht in ihr aufstieg, sich mit Entsetzen und Verwirrung vermischte.
Der Schmerz der Geburtswehen hatte ihren Körper geschwächt. Ihr Verstand versuchte verzweifelt zu begreifen. Zu spät nahm sie wahr, dass ihr Mann einen Satz auf sie zu machte. Und sie war nicht schnell genug, um ihn daran zu hindern, dass er ihr das Baby aus den Armen riss. Die Hebamme hielt sie fest, als sie sich nach vorn warf, mit ausgestreckten Armen und noch lauter schreiend als in dem Moment, in dem der Kopf des Babys ihr Fleisch zerriss, um sich einen Weg nach draußen zu bahnen. Er verschwand mit seiner schreienden Tochter, die ihre ersten Atemzüge in dieser Welt tat, aus der Hütte. In diesem schrecklichen Moment wusste Kavita, dass es auch ihre letzten sein würden.
Die Hebamme drückte sie sanft wieder zurück. »Lass ihn gehen, mein Kind. Lass ihn doch gehen. Es ist vorbei. Du musst dich ausruhen. Du hast eine Tortur hinter dir.«
Kavita verbrachte die nächsten zwei Tage zusammengerollt auf der Strohmatte auf dem Hüttenboden. Sie traute sich nicht zu fragen, was mit ihrem Baby geschehen war. Ob die Kleine ertränkt oder erstickt worden war oder ob man sie einfach irgendwo hatte verhungern lassen, Kavita hoffte bloß, dass es ein gnädiger, schneller Tod gewesen war. Letztendlich würde der winzige Körper ihrer Tochter beerdigt worden sein, nicht eingeäschert, was wenigstens ihren Geist freigesetzt hätte. Wie so viele andere kleine Mädchen würde auch ihre Erstgeborene viel zu früh der Erde zurückgegeben.
In jenen zwei Tagen erhielt Kavita keinerlei Besuch außer von der Hebamme, die ihr zweimal am Tag etwas zu essen und frische Tücher brachte, um damit das Blut aufzusaugen, das aus ihrem Körper floss. Sie weinte, bis ihre Augen wund waren, bis sie glaubte, keine einzige Träne mehr übrig zu haben. Aber wie sich herausstellte, war das bloß der Beginn ihrer Trauer, die noch quälender wurde, als ihre Brüste ein paar Tage später Milch produzierten und ihr im Monat darauf die Haare ausfielen. Und nach dieser Nacht blieb ihr jedes Mal das Herz stehen, wenn sie ein kleines Kind sah, und die Erinnerung holte sie erneut ein.
Als sie aus ihrer Trauer wieder auftauchte, sprach niemand sie auf ihren Verlust an. Keiner der anderen Dorfbewohner schenkte ihr ein aufmunterndes Wort oder eine tröstende Berührung. In dem Haus, das sie und Jasu gemeinsam mit seiner Familie bewohnten, erntete sie höchstens verächtliche Blicke und ungebetene Ratschläge, wie sie das nächste Mal mit einem Jungen schwanger werden könnte. Kavita war seit Langem daran gewöhnt, kaum Einfluss auf ihr eigenes Leben zu haben. Als Achtzehnjährige war sie mit Jasu verheiratet worden und sie hatte sich mit der täglichen Mühsal aus Wasserholen, Wäschewaschen und Essenkochen abgefunden. Den ganzen Tag über tat sie, was ihr Mann von ihr verlangte, und auch wenn sie nachts beisammenlagen, fügte sie sich seinem Willen.
Doch nach dem Baby veränderte sie sich, wenn auch nur in kleinen Dingen. Sie gab noch eine rote Chilischote mehr in das Essen ihres Mannes, wenn sie wütend auf ihn war, und schaute dann mit stiller Genugtuung zu, wie er sich das ganze Abendessen hindurch Stirn und Nase wischte. Wenn er sie nachts bedrängte, verweigerte sie sich ihm manchmal mit der Begründung, sie habe ihre Regel. Mit jeder kleinen Rebellion spürte sie ihr Selbstvertrauen wachsen. Und als sie wieder schwanger wurde, beschloss sie, dass diesmal alles anders kommen würde.
2
Sauber
San Francisco, Kalifornien - 1984
Somer
Die medizinische Fachzeitschrift fällt Somer aus der Hand, und sie hält sich den Unterleib. Sie erhebt sich von der Couch und stolpert Richtung Badezimmer, stützt sich dabei auf dem Weg durch den langen Flur ihrer viktorianischen Wohnung an der Wand ab. Obwohl sie sich wegen der stechenden Schmerzen krümmt, zieht sie ihren Bade-mantel beiseite, ehe sie sich auf die Toilette setzt. Sie sieht das hellrote Blut, das an der blassen Haut ihrer Oberschenkel hinabrinnt. »Nein. Oh Gott, bitte, nein.« Ihr Flehen ist leise, aber beschwörend. Es ist niemand da, der sie hören könnte. Sie presst die Beine zusammen und hält den Atem an. Bleib ganz still sitzen, vielleicht hört die Blutung dann auf
Vergeblich. Sie legt das Gesicht in die Hände, und die Tränen kommen. Sie sieht zu, wie sich die rote Pfütze in der Toilettenschüssel ausbreitet. Ihre Schultern beginnen zu beben, und ihre Schluchzer werden lauter und länger, bis ihr ganzer Körper von ihnen überwältigt wird. Sie schafft es, Krishnan anzurufen, nachdem die Krämpfe et-was abgeklungen sind. Als er nach Hause kommt, liegt sie eng zusammengerollt auf dem ungemachten Himmelbett im Schlafzimmer. Sie hat sich ein Handtuch zwischen die Beine gedrückt, einst flauschig und zart vanillefarben, ein Geschenk zu ihrer Hochzeit vor fünf Jahren. Sie hatten den Farbton gemeinsam ausgesucht - nicht krankenhausweiß, nicht langweilig beige -, ein eleganter Cremeton, jetzt blutgetränkt.
Kris setzt sich auf die Bettkante und legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Bist du sicher?«, fragt er leise.
Sie nickt. »Genau wie letztes Mal. Krämpfe, Blutung ... 0 Sie fängt wieder an zu weinen. »Diesmal mehr Blut. Ich schätze, weil ich weiter war ...«
Kris reicht ihr ein Papiertaschentuch. »Okay, Schatz. Ich rufe Dr. Hayworth an und frage, ob wir gleich zu ihm ins Krankenhaus kommen können. Brauchst du irgendwas?« Er legt eine Decke über sie, drückt sie um die Schultern fest. Sie schüttelt den Kopf und rollt sich auf die Seite, weg von Krishnan, der sich mehr wie ein Arzt verhält als wie der Ehemann, den sie dringend braucht. Sie schließt die Augen und berührt ihren Bauch, wie sie es zahllose Male am Tag tut, aber diese Geste, die ihr normalerweise Trost gibt, fühlt sich jetzt wie eine Strafe an.
Das Erste, was Somer sieht, als sie die Augen öffnet, ist der Infusionsständer neben ihrem Bett. Sie schließt sie rasch wieder in der Hoffnung, den Traum weiterträumen zu können, in dem sie ein kleines Kind auf einer Spielplatzschaukel anstößt. War es ein Mädchen oder ein Junge?
»Der Eingriff ist gut gelaufen, Somer. Alles ist jetzt wieder sauber, und ich habe nichts feststellen können, das mich zu der Annahme verleiten würde, Sie könnten in einigen Monaten nicht einen weiteren Versuch starten.« Dr. Hayworth blickt in seinem frischen weißen Kittel vom Fußende des Bettes auf sie herab. »Versuchen Sie, sich et-was zu erholen, und ich sehe dann noch einmal nach Ihnen, bevor Sie entlassen werden.« Er tätschelt ihr leicht das Bein durch die Bettdecke, ehe er sich umdreht und geht.
»Danke, Doctor«, ertönt eine Stimme von der anderen Seite des Zimmers, und Somer bemerkt erst jetzt, dass Krishnan da ist. Er tritt ans Bett und beugt sich über sie, legt ihr eine Hand auf die Stirn. »Wie fühlst du dich?«
»Sauber«, sagt sie.
Er runzelt die Stirn und legt den Kopf schief. »Sauber?«
»Er hat sauber gesagt. Dr. Hayworth hat gesagt, ich bin wieder sauber. Was war ich denn vorher? Als ich schwanger war?« Ihre Augen richten sich auf die summende Neonröhre über dem Bett. Mädchen oder Junge? Welche Augenfarben?
»Ach, Schatz. Er meint doch bloße ... Du weißt, was er meint."
»Ja, ich weiß, was er meint. Er meint, dass jetzt alles weg ist: das Baby, die Plazenta, alles. Mein Uterus ist wieder hübsch und leer. Sauber.«
Eine Krankenschwester kommt herein und lächelt. »Zeit für Ihr Schmerzmittel.«
Somer schüttelt den Kopf. »Ich will nichts.«
»Schatz, du solltest es nehmen«, sagt Krishnan. »Dann fühlst du dich bald wieder besser.«
»Ich will mich nicht besser fühlen.« Sie dreht sich von der Schwester weg. Sie verstehen nicht, dass sie nicht nur das Baby verloren hat. Sie hat alles verloren. Die Namen, die sie im Kopf aufzählt, nachts im Bett. Die Farbmuster, die sie in ihrer Schreibtischschublade fürs Kinderzimmer gesammelt hat. Die Träume, wie sie ihr Kind in den Armen wiegt, wie sie bei den Schularbeiten hilft, wie sie anfeuernd an der Seitenlinie vom Fußballplatz steht. Das alles ist weg, verschwunden in dem dichten Nebel draußen. Sie verstehen das nicht. Nicht die Schwester, nicht Dr. Hayworth, nicht mal Krishnan. Sie sehen sie bloß als eine Patientin, die behandelt werden muss, als ein menschliches Gerät, das repariert werden muss. Bloß ein weiterer Körper, der gesäubert werden muss.
Somer wird wach und drückt den Knopf am Krankenhausbett, um sich aufzusetzen. Sie nimmt verschwommen Konservengelächter wahr, das von einem Fernseher in der Ecke kommt, irgendeine Spielshow, die Krishnan angelassen hat, als er in die Cafeteria gegangen ist. Sie hätte nie gedacht, dass sie sich in einem Krankenhaus so unwohl fühlen könnte, an einem Ort, wo sie volle fünf Jahre ihres Lebens zugebracht hat. Sie weiß noch, welche Begeisterung sie jedes Mal durchströmte, wenn sie über die sterilen Korridore ging und das Knistern des Lautsprechers oben an der Wand hörte. Rituale wie ihren weißen Kittel anzuziehen oder eine Patientenakte aufzuschlagen gaben ihr stets einen Schuss Selbstvertrauen. Das hatte sie und Krishnan einst verbunden, dieses Gefühl, als Arzt etwas Sinnvolles zu tun und das Metier zu beherrschen. Jetzt, so weiß sie, ist das eine weitere Sache, die sie noch mehr auseinandertreiben wird. Sie kann es nicht ausstehen, Patientin zu sein, hasst es, dass sie das hier nicht reparieren kann.
Sie sollte eigentlich noch gar nicht hier sein, in diesem Krankenhaus, das sie gezielt des Schwerpunkts wegen ausgesucht hat: Geburtshilfe. Achttausend Geburten pro Jahr. Allein heute kommen zwanzig Babys zur Welt. Heute, während ihr totes Baby aus ihr herausgeschabt wurde. Auf der Etage direkt unter ihrer hat jede Frau auf der Station ein schlafendes Baby in ihrem Zimmer liegen. Es scheint so leicht zu sein für alle anderen: die Mütter, die sie jeden Tag in ihrer Praxis sieht, ihre Freundinnen, selbst die blöde Kuh in der Spielshow, die ihren Kindern im Publikum zuwinkt.
Vielleicht will die Natur ihr auf diese Weise etwas sagen. Vielleicht bin ich einfach nicht dafür bestimmt, Mutter zu werden.
3
Nie wieder
Dahanu, Indien - 1984
Kavita
Ein anderer Schmerz setzt ein, diesmal noch tiefer in ihr drin, seine stumpfen Ränder zu zackigen Klingen geschärft, Kavita kann zwischen den Schmerzwellen, die dicht aufeinanderfolgen, nicht mehr Atem holen. Ihre Oberschenkel zittern, ihr Rücken pocht, und sie kann die gequälten Schreie nicht mehr unterdrücken. Als der Laut ihre Ohren erreicht, hat er keine Ähnlichkeit mehr mit einer menschlichen Stimme. Dieser Körper ist nicht mehr ihr Körper, er wird von Urimpulsen getrieben, die der Erde gehören, den Bäumen, der Luft. Draußen erhellt ein plötzlicher Blitz den dunklen Himmel, und ein Donnerschlag lässt den Boden unter ihr erbeben. Der Ast in ihrem Mund bricht unter dem Druck ihres verkrampften Kiefers, und sie schmeckt die bittere Würze von rohem grünem Holz darin. Das Letzte, was sie wahrnimmt, ist eine nasse Wärme, die ihren Körper umhüllt.
Als sie die Augen wieder aufschlägt, spürt Kavita, wie die Hebamme ihr die Beine spreizt und sich dazwischenkniet. »Beti, du hättest mich früher rufen sollen. Ich wäre gekommen. Wie lange liegst du hier schon so allein? Der Kopf des Babys ist schon zu sehen. Es dauert nicht mehr lange. Das zweite Mal ist viel ...« Ihre Stimme verliert sich.
»Daiji, hör zu. Was auch passiert, du darfst nicht zulassen, dass mein Mann dieses Baby wegbringt. Versprich es ... versprich es!«, schreit Kavita.
»Hahnji, ja, ich verspreche es«, sagt die Hebamme. »Aber jetzt, Kind, jetzt musst du pressen.«
Sie hat recht. Kavita braucht nur einige Male und schon hört sie einen beruhigenden Schrei. Die Hebamme säubert das Baby rasch und wickelt es ein. Kavita stemmt mühsam den Oberkörper hoch, schiebt sich die feuchten Haarsträhnen aus dem Gesicht und nimmt das Kind in die Arme. Sie streichelt dem Baby über das verklebte schwarze Haar und bestaunt die winzigen Finger, die in die Luft greifen. Sie schmiegt den kleinen Körper an sich, atmet tief den Duft ein und legt dann den Babymund an ihre Brust. Sobald das Neugeborene anfängt, in einem schläfrigen Rhythmus zu saugen, wickelt Kavita das Tuch von dem winzigen Körper.
Niemand hat meine Gebete erhört. Kavita schließt die Augen, und ihr Körper bebt vor lautlosem Weinen. Sie beugt sich vor, ergreift die Hand der Hebamme und flüstert: »Daiji, verrate es niemandem. Geh schnell und hol Rupa her. Niemandem, hörst du?«
»Hahnji. Ja, mein Kind. Die besten Wünsche dir und deinem Baby. So, jetzt ruh dich bitte aus. Ich hole etwas zu essen.« Die Hebamme tritt hinaus in die Nacht. Sie verharrt einen Moment, krümmt leicht den Rücken, dann hebt sie ihren Eisentopf mit Zubehör vom Boden auf und geht.
Als das erste Morgenlicht in die Hütte dringt, wird Kavita wach und spürt den pochenden Schmerz in der Beckengegend. Sie dreht sich auf die Seite, und ihr Blick fällt auf das Neugeborene, das friedlich neben ihr schläft. Ihr Magen rumort. Sie hat plötzlich Heißhunger. Sie greift nach der Schale Reis neben sich und isst. Gesättigt, aber noch immer erschöpft, legt sie sich hin und lauscht den Geräuschen des Dorfes, das draußen zum Leben erwacht.
Es dauert nicht lange, bis sich die Tür knarrend öffnet und helles Sonnenlicht hereinströmt. Jasu betritt die Hütte mit leuchtenden Augen. »Wo ist er?« Er winkt lockend mit den Händen. »Wo ist mein kleiner Prinz? Los, los ... ich will ihn sehen!« Er kommt mit ausgestreckten Armen auf sie zu.
Kavita erstarrt. Sie drückt das Baby an die Brust und versucht unbeholfen, sich aufzusetzen. »Sie ist hier. Deine kleine Prinzessin ist hier.« Sie sieht, wie seine Augen sich verdunkeln. Ihre Arme zittern, als sie sie fest um das Baby schlingt, den kleinen Körper schützt.
»Arre! Wieder ein Mädchen? Was ist bloß los mit dir? Zeig her!«, ruft er.
»Nein. Das werde ich nicht. Du nimmst sie mir nicht weg.« Sie hört ihre schrille Stimme, spürt die Spannung, die ihre Glieder erfasst. »Es ist mein Baby, unser Baby, und ich lasse nicht zu, dass du sie wegbringst.« Sie sieht Verwirrung in seinen Augen, die in ihrem Gesicht nach einer vernünftigen Erklärung suchen. So trotzig hat sie noch mit niemandem gesprochen, schon gar nicht mit ihrem Mann.
Er macht ein paar Schritte auf sie zu, dann wird sein Gesicht weich, und er sinkt neben ihr auf die Knie. »Versteh doch, Kavita, du weißt, dass wir das Baby nicht behalten können. Wir brauchen einen Jungen, der uns auf den Feldern hilft. Wir können uns sowieso schon kaum ein Kind leisten, wie sollen wir dann zwei ernähren? Die Tochter meines Cousins ist dreiundzwanzig und noch immer nicht verheiratet, weil er die Mitgift nicht aufbringen kann. Wir sind keine reiche Familie, Kavita. Du weißt, wir können das nicht.«
Wieder werden ihre Augen feucht, und sie schüttelt den Kopf, bis die Tränen fließen. Ihr Atem beginnt zu stocken. Sie schließt fest die Augen, während sie mehrmals durchatmet. Als sie sie wieder öffnet, blickt sie ihren Mann direkt an. »Diesmal lasse ich nicht zu, dass du sie wegbringst. Niemals.« Sie drückt den Rücken durch, obwohl es schrecklich wehtut. »Wenn du es versuchst, wenn du es auch nur versuchst, musst du mich vorher töten." Sie zieht die Knie an. Aus dem Augenwinkel sieht sie die Tür und stellt sich vor, wie sie sie in fünf Schritten erreicht. Sie zwingt sich, reglos zu bleiben, ihren wilden und entschlossenen Blick nicht von Jasu abzuwenden.
»Kavita, bitte, sei doch vernünftig. Es geht einfach nicht.« Er wirft die Hände in die Luft. »Sie wird eine Belastung für uns sein, für unsere ganze Familie. Willst du das etwa?« Er erhebt sich, baut sich wieder vor ihr auf.
Ihr Mund ist trocken. Sie stolpert über die Worte, die sie sich bisher nur in Gedanken zu bilden erlaubt hat. »Gib mir eine Nacht. Bloß eine Nacht mit meinem Kind. Morgen kannst du sie holen kommen.«
Jasu schweigt, blickt nach unten auf seine Füße.
»Bitte.« Das Hämmern in ihrem Schädel wird lauter. Sie möchte schreien, um sich durch den Lärm verständlich zu machen. »Das ist unsere Tochter. Wir haben sie zusammen geschaffen. Ich habe sie in mir getragen. Gib mir eine Nacht, bevor du sie wegbringst.« Plötzlich wird das Baby wach und schreit. Jasu blickt auf, aus seiner Trance gerissen. Kavita legt sich die Kleine an die Brust und stellt die Stille zwischen ihnen wieder her.
»Jasu«, sagt sie und zeigt ihm durch die ungewöhnliche Verwendung seines Vornamens, wie ernst es ihr ist. »Hör gut zu. Ich schwöre, wenn du mir nicht mal diese eine Nacht gewährst, sorge ich dafür, dass ich kein weiteres Baby bekommen kann. Ich werde meinen Körper zerstören, damit ich dir kein Kind mehr schenken kann. Nie wieder. Hast du verstanden? Wie stehst du dann da? Wer wird dich noch heiraten, in deinem Alter? Wer sonst wird dir deinen kostbaren Sohn schenken?« Sie starrt ihn so lange an, bis er den Blick abwenden muss.
...
Übersetzung: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
© 201 2,Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
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Autoren-Porträt von Shilpi Somaya Gowda
Shilpi Somaya Gowda ist in Toronto geboren und aufgewachsen. Ihre Eltern sind aus Mumbai nach Kanada immigriert. Mit ihrem Debütroman »Geheime Tochter« (KiWi 1286), der in über 20 Sprachen übersetzt wurde, stand sie weltweit auf den Bestsellerlisten. Sie lebt mit ihrer Familie in Kalifornien. Wasel, UlrikeUlrike Wasel geb. 1955 in Bergneustadt. Magisterstudium: Anglistik, Amerikanistik, Romanistik. Ulrike Wasel und Klaus Timmermann entdeckten noch während des Studiums die Freude am gemeinsamen Übersetzen und beschlossen nach dem Examen, den Sprung in das Leben als Literaturübersetzer zu wagen. Nach ersten nebenberuflichen Anfängen im Bereich der Kriminalliteratur arbeiten wir seit 1991 hauptberuflich als literarische Übersetzer und sind für zahlreiche namhafte Verlage tätig. Nach nunmehr fast fünfundzwanzigjähriger Berufserfahrung blicken wir auf ein breites und buntes Spektrum übersetzter Titel zurück, das sich vom erfolgreichen Bestseller bis zum "Nischensachbuch" erstreckt. 2012 wurden wir gemeinsam mit dem Autor Dave Eggers für unsere Übersetzung seines Roman Zeitoun mit dem internationalen Albatros-Literaturpreis der Günther-Grass-Stiftung Bremen ausgezeichnet. Timmermann, KlausKlaus Timmermann geb. 1955 in Bocholt. Lehramtsstudium Sek. II: Englisch, Französisch.Klaus Timmermann und Ulrike Wasel entdeckten noch während des Studiums die Freude am gemeinsamen Übersetzen und beschlossen nach dem Examen, den Sprung in das Leben als Literaturübersetzer zu wagen. Nach ersten nebenberuflichen Anfängen im Bereich der Kriminalliteratur arbeiten wir seit 1991 hauptberuflich als literarische Übersetzer und sind für zahlreiche namhafte Verlage tätig. Nach nunmehr fast fünfundzwanzigjähriger Berufserfahrung blicken wir auf ein breites und buntes Spektrum übersetzter Titel zurück, das sich vom erfolgreichen Bestseller bis zum "Nischensachbuch" erstreckt. 2012 wurden wir gemeinsam mit dem Autor Dave Eggers für unsere Übersetzung seines Roman Zeitoun mit dem internationalen
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Albatros-Literaturpreis der Günther-Grass-Stiftung Bremen ausgezeichnet.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Shilpi Somaya Gowda
- 2012, 19. Aufl., 448 Seiten, Masse: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Wasel, Ulrike; Timmermann, Klaus
- Übersetzer: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 3462044451
- ISBN-13: 9783462044454
- Erscheinungsdatum: 15.08.2012
Rezension zu „Geheime Tochter “
»Authentisch und berührend! [...] Die Autorin versteht es perfekt, die Schicksale dieser Familien [...] zu verbinden. [...]. Ein faszinierender Roman für viele schöne Lesestunden.« suite101.de 20121112
Pressezitat
»Authentisch und berührend! [...] Die Autorin versteht es perfekt, die Schicksale dieser Familien [...] zu verbinden. [...]. Ein faszinierender Roman für viele schöne Lesestunden.« suite101.de 20121112
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