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  • 5 Sterne

    8 von 14 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sven H., 17.02.2020

    Als Buch bewertet

    Was für eine Überraschung! Ich habe gelacht, geweint und gestaunt! Ein ganz tolles Buch. Kann ich wirklich jedem empfehlen!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Michaela E., 15.03.2020

    Als Buch bewertet

    Shams Hussein ist im Süden, den shiitischen Teil des Irans aufgewachsen. Seine Erzählung beginnt während des Krieges zwischen Iran und Irak. Auf dem Land bekommen sie vom Krieg vorerst nicht viel mit. Doch das sollte sich ändern, als der Iran Kuwait überfällt.

    Schams' Vater wird in diesem Krieg verwundet und will auf keinen Fall weiter als Soldat dienen. Deshalb verlassen sie den Süden in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Bagdad. Doch Bagdad platzt aus allen Nähten und es gibt viele, die auf der Suche nach einer Bleibe und Arbeit sind. So bleibt ihnen nichts anderes übrig als im Blechviertel, quasi auf der Müllhalde, eine Hütte zu bauen und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten.

    Sahms und seine Schwester dürfen allerdings in die Schule gehen. Sie sollten es einmal besser haben. Doch so einfach ist das nicht unter einem tyrannischen Herrscher, der nur sein eigenes Wohlergehen in Blick hat.

    Immer wieder muss die Familie bei Null beginnen, doch sie verlieren nicht den Mut. Shams lernt und arbeitet fleissig, um seinen Anteil an der Versorgung beizutragen. Bis auch er einen Fahler macht.

    Wir wissen von Anfang an, dass etwas schiefgeht auf diesem Lebensweg, denn Shams erzählt uns aus seinem schrecklichen Alltag im Gefängnis. Zwischen den Kapiteln erfahren wir immer wieder, wie es um seinen schwer geschundenen Körper steht. Was ihn ausmacht, ist längst aus ihm herausgeprügelt. Diese kurzen Episoden sind hart und lassen wenig Raum für Hoffnung, obwohl sein Lebensweg so vielversprechend schien.

    Ich habe dieses Buch mit grossem Interesse gelesen. So vieles am Leben der einfachen Leute im Irak war mir nicht bewusst. Wieder einmal hat ein Buch meinen Horizont erweitert.

    Stilistisch fand ich die Leistung des Autors auch grossartig, denn die Erzählweise verändert sich mit dem fortschreitenden Alter von Shams. Erzählt er anfangs noch eher kindlich, wie es ein Zehnjähriger machen würde, werden seine Beobachtungen und Gedankengänge mit dem älter werden immer differenzierter.

    Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle, die sich für die neuere Geschichte des Nahen Ostens interessieren.

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  • 5 Sterne

    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ulrike R., 15.04.2020

    Als Buch bewertet

    Shams Hussein wächst In einem kleinen schiitischen Dorf im Süden des Iraks auf. Es sind die 1980er Jahre, die Zeit des ersten Golfkrieges und später der Invasion des Iraks in den Kuweit. Die Eltern erhoffen sich ein besseres Leben in der Hauptstadt und so zieht die Familie nach Bagdad, wo sie sich mühsam im Slum, der Blechhüttenstadt, eine kleine Existenz aufbauen. Mit findigen Ideen, vom Plastiktütenverkäufer am Basar, Wasserverkäufer bei Fussballspielen, Busfahrergehilfe, trägt Shams schon als Junge zum kargen Familieneinkommen bei. Mit Hilfe eines entfernten Verwandten bekommen er und seine ältere Schwester Qamer wieder einen Schulplatz. Shams entdeckt seine Liebe zu Büchern und der Literatur, schliesst sich einem kleine Kreis von Kunst- und Literaturbegeisterten an: dem Palast der Miserablen. Es ist eine Zeit, in der es gefährlich ist zu denken und eines Tages wird Shams verhaftet und landet in den Kerkern Saddams.
    Der Autor Abbas Khider ist 1973 im Irak geboren und wurde mit 19 Jahren wegen seiner politischen Tätigkeit verhaftet. Ihm gelang nach seiner Entlassung die Flucht in den Westen, wo er seit 2000 in Deutschland lebt und schreibt. Mit Shams‘ Geschichte schreibt Abbas Khider über das Leben und Überleben im Irak. Gleich zu Beginn erfahren wir von Shams, dass er als politischer Gefangener inhaftiert ist, nach und nach erzählt Shams von seiner Kindheit und Jugend, Vergangenheit, Gegenwart und einer ungewissen Zukunft.
    „Der Krieg zog sich acht Jahre lang hin und irgendwann wurde er normal.“ Es darf niemals normal sein, wenn Krieg zum Alltag wird. Der Vater als Soldat eingezogen, die Mutter allein mit zwei Kindern, die sich tagelang im Schrank vor den „Bomben des Bush“ verstecken. Das Heimatdorf der Familie trägt einen skurrilen Namen. Helle, in der Übersetzung bedeutet das herzlich, hiess das Dorf unter der Herrschaft der Osmanen. Als die Briten die Türken vertrieben, fanden sie dort unterirdische Kerker und Folterkammern und tauften das Dorf in „hell“ - Hölle – um. Willkommen in der herzlichen Hölle, wo sich Shams Eltern trotz Krieg, Armut und Elend um ein harmonisches und liebevolles Familienleben bemühen. Die Namen der Kinder, Shams die Sonne, Qamer der Mond, zeigen, dass sich die Eltern für die Kinder ein besseres Leben wünschen.
    „Erst acht Jahre Krieg gegen den Iran, dann eine kleine Pause, bis Kuwait dran war. Das hat zum zweiten Golfkrieg geführt, der wiederum den Aufstand im Süden und Norden zur Folge hatte. Davor, danach oder dazwischen noch unzählige weitere Kampfhandlungen: Regierung gegen Opposition, Opposition gegen Opposition, Araber gegen Kurden, Araber gegen Araber, Muslime gegen Christen, Volk gegen Volk und so weiter. Die Liste an Kriegen, Schlachten und Massakern ist endlos und wird jeden Tag länger.“
    Literatur und Bücher werden für den heranwachsenden Shams Orte der Zuflucht, ein Ventil der Gedankenfreiheit. Im Palast der Miserablen trifft er auf Gleichgesinnte. Doch die richtigen Gedanken und Wort zur falschen Zeit sind lebensgefährlich im Regime von Saddam Hussein.
    Abbas Khider schreibt darüber, wenn Krieg eine Normalität ist und die Willkür einer Diktatur obsiegt. So sollte niemand leben müssen.

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  • 5 Sterne

    ela, 22.03.2020

    Als Buch bewertet

    Shams Hussein wächst wohlbehütet in einfachen, bescheidenen Verhältnissen in einem Dorf im Irak auf.
    Der Krieg mit dem Nachbarland Iran scheint in weiter Ferne, seine Familie kann einen normalen Alltag leben.
    Als sein Vater verletzt und traumatisiert aus dem Krieg zurückkommt, beschliesst die Familie nach Bagdad umzusiedeln, in der Hoffnung auf ein besseres Leben.
    Aber sie finden keine Wohnung und sind deshalb gezwungen, eine Blechhütte nahe der Müllhalde, einem Slum, zu bauen.
    Der Vater ergattert nur Gelegenheit-Jobs, so dass die ganze Familie, auch der kleine Shams mit arbeiten muss.
    Trotz all dieser Widrigkeiten besuchen die Kinder eine Schule, seine Schwester absolviert anschliessend eine Ausbildung und Shams selbst schafft unter erschwerten Umständen das Abitur und beginnt ein Studium.
    Seine ganze Lebensfreude in dieser Zeit sind Bücher, die ihm aber noch zum Verhängnis werden sollen....

    Der Roman erzählt das bewegende Leben des Shams Hussein in chronologischer Reihenfolge, seine Entwicklung als Kind, Jugendlicher und junger Erwachsener.
    Dazwischen wird in immer kürzer werdenden Kapiteln das Leben eines politischen Gefangenen während der Ära Saddam Husseins geschildert.
    Der Leser bekommt dadurch einen Einblick in die entsetzlichen Haftbedingungen und schrecklichen Verhörmethoden.
    Zum Ende des Buchs erfährt man, obwohl schon vorhersehbar, um wen es sich bei dem Häftling handelt.
    Mich persönlich haben die Charaktere der Familie Hussein stark beeindruckt.
    Obwohl sie in einem Slumviertel in Bagdad leben, haben sie alle ihre Würde bewahrt und entwickeln durch ihren Familienzusammenhalt eine unwahrscheinliche Stärke.
    Besonderst tragisch finde ich das Ende, dass gerade Bücher, die Shams so viel Positives in sein Leben gebracht haben, seinen Untergang bedeuten.
    "Palast der Miserablen" ist ein gelungener Roman von Abbas Khidder, mit vielen autobiographischen Zügen, der ganz viele Denkanstösse bietet.

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  • 4 Sterne

    herrzett, 06.03.2020

    Als Buch bewertet

    Abbas Khider führt uns mit seinem Roman "Palast der Miserablen" in ein vom Krieg und seinem diktatorischen Staatsoberhaupt gebeuteltes Land. Um genau zu sein, geht es in den Irak. Shams Hussein lebt gemeinsam mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester Qamer in der Nähe der südlichen Grenze. Obwohl bereits seit Jahren Krieg zwischen dem Irak und dem Iran herrscht, bekommen sie hier nur wenig davon mit. Shams Vater ist Soldat und wurde ganz in der Nähe stationiert, seine Mutter putzt in der örtlichen Moschee. Sie haben eigentlich einen recht guten Stand und doch drängt es die Familie irgendwann weiter. Als sich der Konflikt der benachbarten Länder und die Auseinandersetzungen zwischen den Sunniten und Schiiten weiter zuspitzt, beschliessen sie nach Saddam City (ein Stadtteil von Bagdad) zu ziehen, um hier ein friedlicheres Leben führen zu können. Zunächst kommen sie noch bei Verwandten unter, aber die Situation scheint ausweglos. Sie brauchen etwas eigenes und ziehen in das an die Stadt angrenzende Blechviertel, einem Ort, an dem sich der ärmere Teil der Bevölkerung aus dem Müll der aufstrebenden Stadt Häuser baut. Shams geht wieder zur Schule und alle anderen Familienmitglieder versuchen Geld aufzutreiben. Sie probieren sich mit Weissagungen, Gepäckträgerdiensten und anderen dubiosen Geschäften über Wasser zu halten. Und auch Shams bietet sich als Tütenverkäufer auf dem Basar, als Busfahrergehilfe, Fotograf oder als Buchverkäufer an. Durch ein eher zufälliges Treffen auf dem Basar öffnen sich für ihn dann ungeahnte Türen. Sein Cousin nimmt ihn mit in einen Literaturclub und bringt ihn damit zurück in die Gefahrenzone, denn was Sham zu dem Zeitpunkt vielleicht noch nicht ahnt, einfach jedes falsche Wort oder unglückliche Treffen kann bereits den Tod bedeuten…

    Dieser Roman ist toll. Dieser Roman reisst einen mit. Dieser Roman ist langweilig. Ich glaube, ich war bei einem Buch schon lange nicht mehr so hin und her gerissen. Die Geschichte bietet so ein grossartiges und mitreissendes Abbild über das Leben zwischen Hoffnung nach Frieden, Unterdrückung, Zusammenhalt, Angst. Khider lässt den Leser durch seine sehr nahbaren Figuren zu einer Art Augenzeugen der Kriminalität, des Widerstands, des versuchten Lebens zwischen Wirtschaftsembargo und erhoffter Freiheit werden. Die Geschichte der Familie visualisiert den wirtschaftlichen Abstieg durch den Krieg und die ständigen Unruhen im Land, aber eben auch die Tatkraft und den Willen der Menschen sich unter den gegebenen Umständen eine bessere Zukunft aufzubauen. Khider porträtiert die einzelnen Familienmitglieder teilweise sehr intensiv, arbeitet beinahe für jeden einzelne Charakterzüge aus und lässt ihre Geschichte gerade dadurch so wahnsinnig lebendig werden. Zumindest diesen Teil der Geschichte. Der Roman beginnt nämlich an einem ganz anderen Ort. Ein Häftling erzählt von seinen Fluchtgedanken, vom Leben in seiner Gefängniszelle. Immer wieder durchbricht eben jener die doch recht spannende Geschichte über Shams Familie mit einzelnen Details zu seiner Gefangenschaft, seinen Schmerzen oder gar Beulen am Gesäss. Man weiss, dass irgendetwas geschehen sein muss, das den Protagonisten der Geschichte in die Zelle gebracht hat und so wartet man dann tatsächlich recht lange auf die Erklärung. Beinahe wirkte es dann für mich so, als wenn Khider gegen Ende des Romans noch schnell etwas Spannung aufbauen und die Verknüpfung mit den Gefangenschaftsabschnitten herstellen will. Ich persönlich hätte diese kurzen Kapitel auch nicht wirklich gebraucht, da sie in dieser Form (wenn überhaupt) nur einen kleinen Mehrwert bieten. Ähnlich erging es mir dann auch, als Khider den Fokus auf Shams Pubertät lenkt, sich auf ihn fokussiert und die ganze Familiensituation, die ich gerade in der ersten Hälfte so faszinierend und toll fand, beinahe vernachlässigt. Shams wird älter, ‘entdeckt’ das weibliche Geschlecht, geht in der Literatur förmlich auf, schreibt eigene Texte, trifft sich mit anderen und unterhält sich mit ihnen über einzelne literarische Texte und die Welt. An diesen Stellen habe ich mich dann oft gefragt, was denn nun mit seiner Schwester ist oder der Mutter und was der Vater gerade anstellen mag. Einige Seiten später weitet Khider seinen Blick wieder, aber vorher habe ich’s gänzlich vermisst und wurde mit anderen Informationen, der Literatur und anderen Charakteren ‘versorgt’. Und ja, diese zweite Hälfte war einfach nicht meins, ich mag keine Bücher in denen davon erzählt wird, wie Menschen Literatur vortragen oder wenn zahlreiche Charakter ausführlich vorgestellt werden, die bereits nach kurzer Zeit nicht mehr auftauchen. Khider hat für mich den Fokus verloren und wollte unbedingt noch von anderen Sachen erzählen und das fand ich in dieser Form irgendwie fehl am Platz. Ehrlich gesagt habe ich auch nicht erwartet, dass der “Palast der Miserablen” ein Name für einen Literaturclub darstellt und unter der Betrachtung, dass dieser Roman von dem ‘Palast’ handelt, ist gerade dieser Abschnitt dann doch recht kurz.

    .

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  • 4 Sterne

    Jenny V., 01.04.2020

    Als Buch bewertet

    „Nach diesem neuen Krieg gaben wir vollends die Hoffnung auf, es würde sich jemals etwas ändern oder gar verbessern. Wir wollten nicht mehr, wir konnten nicht mehr und waren einfach müde. Ein guter Tag für uns war einer, an dem die Dinge nicht schlimmer wurden, als sie es ohnehin bereits waren.“

    Inhalt

    Shams Hussein zieht mit seiner Familie von einem kleinen Dorf im Süden des Irak nach Bagdad. Der Vater möchte dort neu anfangen und sucht nach Perspektiven. Allerdings zeigt sich bald, dass nur die wohlhabenden Menschen eine Wahlmöglichkeit haben, für seine Familie endet der Traum alsbald im „Blechviertel“ – einer üblen Wohngegend, in dem jeder ums tägliche Überleben kämpft und mit Krallen sein Hab und Gut verteidigen muss. Shams und seine ältere Schwester Qamer müssen nach der Schule diverse Arbeiten erledigen, um den Lebensunterhalt mitzufinanzieren.

    Dennoch gelingt es ihnen, dass beste aus der Situation zu machen. Als Jugendlicher findet Shams schliesslich zu eine Gruppe Gebildeter, die sich in Privaträumen treffen und sich „Der Palst der Miserablen“ nennen. Dort erfährt er erstmals von Kunst und Literatur, die über das staatliche Reglement verfügbar ist, wenn auch illegal. Gemeinsam mit seinem Cousin, ebenfalls Mitglied der Gruppe, wagt er sich daran, verbotene Schriften zu verkaufen. Doch als eine der Mitgliederinnen ermordet wird, und sich zwei andere abseilen, zerfällt das wöchentliche Treffen und die Zurückgebliebenen, kämpfen abermals gegen Windmühlen.

    Shams beschliesst, sich nun ausschliesslich seinen Abiturprüfungen zu widmen, um irgendwann der Heimat den Rücken kehren zu können, doch nur ein falscher Flügelschlag führt ihn ins Verderben, aus dem es unter der politischen Gewaltherrschaft Saddam Husseins kein Entrinnen mehr gibt.

    Meinung

    Die Hoffnung auf ein friedliches Leben ist die grosse Thematik der Romane von Abbas Khider, einem irakischen Autor, der selbst wegen politischer Aktivitäten verhaftet wurde und aus dem Gefängnis fliehen musste. Insofern merkt man der Lektüre an, wie schwer es sein kann, einfach nur ein normales Leben zu führen, wenn die Umstände vor der Haustür nach Rache, Vergeltung und Krieg schreien und es überhaupt keine Rolle spielt, wie wenig man als Individuum mit all dem zu tun haben möchte.

    Sehr informativ und abwechslungsreich gestaltet er seinen aktuellen Roman. Ein Buch über das Erwachsenwerden unter der Gewaltherrschaft Saddam Husseins und der Ungleichheit der Bevölkerung innerhalb des eigenen Landes. Er schneidet dabei viele Probleme an, angefangen bei Armut, weiter zu fehlender Bildung und religiösem Fanatismus, bis hin zu ganz normalen Wünschen und Träumen eines Teenagers, der seinen Platz in der Welt sucht.

    Besonders gut gefallen hat mir die Innensicht der Familie, die trotz schwerer Zeiten, miserabler Lebensumstände und persönlicher Fehlentscheidungen dennoch immer zusammengehalten hat, Eltern die sich zugewandt sind und die Eigenheiten des anderen akzeptieren, Geschwister, die füreinander einstehen und sich den Rücken frei halten und Liebe sowie Offenheit auch in Situationen, wo andere Familien auseinanderbrechen, weil sie dem äusseren Druck nicht gewachsen sind.

    Gleichzeitig wird aber auch deutlich, wie schnell man durch persönliche Zuneigung ins Fadenkreuz der gesellschaftlichen Akzeptanz rücken kann, wie willkürlich das System an sich ist und wie radikal die exekutive Ausrichtung: Menschen verschwinden und tauchen nie wieder auf, Morde werden als Selbstmorde vertuscht und selbst das grosse Geld hilft nicht, die Willkür des Staates ausser Kraft zu setzen. Letztlich zersetzt sich der Staat von innen, weil keiner einen Sinn und Zweck in dem Gemeinschaftskonstrukt sieht, in dem ein kleines Vergehen, derart hohe Wellen schlägt, während organisierter Mord anstandslos hingenommen wird. Wer fliehen kann, tut das, wer nicht muss untergehen …

    Fazit

    Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen bedrückenden Roman, der aus Innensicht eines Heranwachsenden geschrieben wurde und nicht nur die Armut und das Leid der Bevölkerung aufgreift sondern ihren Alltag abbildet. Zwar ist die Geschichte insgesamt etwas handlungsarm und formuliert keine allgemeingültige Aussage, sie wirkt fast biografisch, denn Shams hat die Rolle des omnipotenten Erzählers inne, der nur wenig andere Perspektiven zulässt, der nur sein Leid und die familiären Sorgen erörtert. Doch Vieles ist gerade durch die Nähe zu den Betroffenen spürbar.

    Ausserdem bereitet es dem Leser keine Probleme vom Einzelschicksal eines Jungen, auf die verfahrene Situation eines ganzen Volkes zu schliessen. Die Schicksale werden einander ähneln, sind geprägt von Gewalt und Denunziation, vom alltäglichen Kampf und dem verzweifelten Hilferuf nach einem Ausweg, wie auch immer der aussehen mag. Insgesamt ein lesenswerter Gesellschaftsroman über die Strukturen eines Gewaltregimes und seine innere Zerstörungskraft – hat mir gefallen.

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  • 4 Sterne

    Miss.mesmerized, 15.02.2020

    Als Buch bewertet

    Shams Hussein wohnt mit seinen Eltern und der älteren Schwester Qamer im Süden des Irak. Auch wenn jahrelang Krieg mit dem Nachbarn Iran herrscht, bekommen sie davon nicht viel mit; ihr kleines Dorf liegt zwar nahe der Grenze, bleibt aber von den Kriegshandlungen verschont. Auch Shams Vater hat es als Soldat gut getroffen, kann er doch täglich bei der Familie übernachten. Als die Zeiten schlechter werden, beschliesst die Familie nach Bagdad zu ziehen. Sie kommen zunächst bei Verwandten unter, bevor sie sich aus dem, was andere weggeworfen haben, eine Hütte auf der Mülldeponie eröffnen. Das neu entstehende Blechviertel floriert und Shams kann auch wieder zur Schule gehen. Durch seinen Cousin entdeckt er als Jugendlicher die Literatur und die Gefahr, die von dieser ausgeht. Worte können schlimmer sein als Taten und werden ebenso hart bestraft.

    Von Abbas Khider kenne ich bislang erst zwei autobiografische Bücher, „Der falsche Inder“, das seine Flucht nach Deutschland thematisiert und „Deutsch für alle“, in dem er seine Ankunft in der neuen Heimat und die Schwierigkeiten mit unserer Sprache amüsant in Anekdoten beschreibt. Mit „Palast der Miserablen“ kehrt er in seine Heimat zurück und zeigt das Land im Dauerkrieg aus der Perspektive eines Jungen, der das grosse Ganze nicht überblicken kann und so aus den einzelnen Mosaiksteinchen einen Sinn für sich konstruieren muss. Die Welt jenseits der Grenze seines Landes ist ihm fremd, doch plötzlich tun sich Türen auf und völlig neue Möglichkeiten scheinen sich zu eröffnen.

    Es ist schwer, diesen Roman zu fassen zu bekommen. Es beginnt in langsamem Tempo, das zum Alter des Jungen Shams passt. Die Beschreibungen lassen das Leben in der abgeschiedenen Region vor dem inneren Auge erscheinen, man kann sich kaum vorstellen, dass dies die 80er Jahre gewesen sein sollen. Auch die Ankunft in Saddam City ist geradezu unwirklich aus europäischer Perspektive, aber gerade deshalb sehr spannend zu lesen. Das Leben und die Gesellschaft folgen gänzlich anderen Regeln als unser Alltag, trotz der Härte hat man jedoch nicht den Eindruck als wenn die Menschen daran verzweifeln würden. Sie haben sich arrangiert mit der Situation der Entbehrungen und der Diktatur.

    Leider viel zu kurz kommen Shams literarische Initiierung und seine Treffen im „Palast der Miserablen“. Die Rolle der Literatur, auch gerade der Exilliteraten und die Unterwanderung des Regimes durch den heimlichen Verkauf von Büchern, das Erzählen von mehrdeutigen Geschichten – davon hätte ich gerne noch viel mehr gelesen. Schnell jedoch geht diese Episode zu Ende, brutal die Folter, kaum zu ertragen, auch wenn sich dies durch die Einschübe aus der Arrestzelle angekündigt hatte.

    Abbas Khider steht in gewisser Weise in der Tradition der orientalischen Geschichtenerzähler. Vieles erinnert mich auch an Rafik Schami, der ebenfalls in Deutschland Zuflucht gefunden hat und doch mit seinen Romanen immer wieder nach Syrien zurückkehrt. Beide sind hervorragende Erzähler, bei denen man den Schmerz um den Verlust der Heimat in jeder Zeile spüren kann. Für mich hätte das Thema und vor allem der Protagonist des „Palast der Miserablen“ noch mehr Potenzial gehabt, das Ende kam mir zu abrupt, noch nicht alles Erzählenswerte erschien mir erzählt.

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  • 5 Sterne

    yellowdog, 14.03.2020

    Als Buch bewertet

    Eine Jugend im Irak

    Abbas Khider ist ein auf Deutsch schreibender Autor, der im Irak geboren wurde. Seine Romane haben mich stets berührt. Seine neues auch.
    Palast der Miserablen ist meiner Meinung nach ein grosser Wurf. Der Autor erzählt vom Aufwachsen und Leben im Irak.
    Für die meisten von uns ist es eine fremde Welt. Dieses Buch erlaubt einen Einblick.

    Zu so einer Jugend im Irak gehören auch die menschenfeindliche Diktatur eine Sadam Hussein und die Bomben des Bush.
    Dann versucht die Familie von den Jungen Sham in Bagdad Fuss zu fassen. Das ist nicht einfach. Es wird auch ein gutes Portrait von Shams Vater und Mutter und seiner selbstbewussten Schwester.

    Das Buch erzählt ausserdem von leidvoller Gefangenschaft. Das sind düstere Abschnitte.
    Die Handlung wechselt zwischen diesen beiden Eckpunkten.

    Abbas Khider lässt sich Zeit beim Erzählen. Mit der Zeit entwickelt sich die Handlung und der Roman entfaltet sich. Man spürt, dass der Autor lange an dem Buch gearbeitet und alles gegeben hat.

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  • 5 Sterne

    raschke64, 06.04.2020

    Als Buch bewertet

    Irak: Shams lebt mit seiner Familie im Süden des Landes inmitten seines Stammes in einem einfachen Dorf. Alle sind mehr oder weniger arm, versuchen sich aber, bestmöglich durchzuschlagen. Trotzdem ist Shams Kindheit glücklich. Doch mit dem Krieg und dessen Folgen ändert sich das, der Vater beschliesst, mit der Familie nach Bagdad zu ziehen. Sie landen im Blechviertel, eine Art Slum.

    Mich hat das Buch beeindruckt. Ein Blick hinter die Kulissen in eine unbekannte Welt. Vom Irak bekam ich nur mit, was über den Krieg und das Embargo berichtet wurde. In dem Buch lernt man das Leben der eher einfachen Leute kennen. Wie viel sie auf sich nehmen, wie viel sie entbehren und wie sie trotzdem immer versuchen, etwas besser zu werden, um die Runden zu kommen. Man merkt, dass der Autor weiss, worüber er schreibt. Alles ist sehr authentisch, auch wenn die Figuren leicht distanziert beschrieben sind. Ich fand nur das (fast) offene Ende ein wenig schade, doch trotzdem hat mich das Buch sehr beeindruckt.

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  • 5 Sterne

    Claudia R., 18.03.2020

    Als Buch bewertet

    Von grossen und kleinen Träumen

    Die Hoffnung auf ein friedliches Leben führt Shams Hussein und seinen Eltern aus dem Süden des Landes nach Bagdad. Doch statt den erhofften Wohlstand finden sie sich bald in einem Blechviertel zwischen Müllbergen wieder. Das Land ist gebeutelt vom Wirtschaftsembargo der Welt gegen Saddam Hussein und so muss die Familie täglich um ihre Existenz kämpfen. Der Traum von einer glücklichen Kindheit ist schnell vorbei und Shams muss mit für die Familie sorgen, indem er u.a. Plastiktüten auf dem Basar verkauft oder Lasten trägt. Seine persönliche Zuflucht in der schwierigen Zeit sind Bücher. Doch die Gefahr, die daraus in diesem Land für ihn entstehen kann, sieht er nicht kommen.
    Der Autor schafft Figuren, die den Leser auch nach dem Lesen lange nicht loslassen. Er zeigt uns, wie wichtig Freiheit und der Kampf um diese ist. Seine literarischen Helden tragen ihre/seine reale Welt in unser Wohnzimmer und wollen mahnen und aufrütteln. Absolut empfehlenswert.

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  • 5 Sterne

    Leseratte, 04.03.2020

    Als Buch bewertet

    Der etwas andere Titel, das auffällige Cover sowie die Leseprobe sprachen mich sofort an und machten mich auf dieses Buch aufmerksam. Dieser Roman erzählt die beeindruckende Geschichte von Shams Hussein, einem Jungen der Träume hat wie jedes Kind. Seine Familie beschliesst vom Saddam Regime zu flüchten und zieht in der Hoffnung auf ein friedliches und besseres Leben nach Bagdad. Aber hier fängt kein erhofftes friedliches Leben sondern ein Leben in Armut und Bitterkeit an. In einer ruhigen und eingänglichen Sprache sowie einem flüssigen und angenehmen Schreibstil beschreibt uns Abbas Khider die deprimierende und zermürbende Atmosphäre. In den zwei Erzählsträngen schafft es Abbas Khider den Leser in eine fremde grausame Welt zu entführen, ohne anklagend zu erscheinen. Ein wunderbares Buch, dass ich gerne weiterempfehle.

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  • 4 Sterne

    Insta.amreading, 22.02.2020

    Als Buch bewertet

    Puh, schwere Kost.

    Abbas Khider schreibt mit voller Wucht und ohne Schnörkel in 2 Zeitebenen über den jungen Iraker Shams, der die ganze Brutalität des Regimes erlebt, der seine Freiheit als Vergessener im Foltergefängnis verliert, nie aber seinen Willen zu überleben. Immer, wenn man als Leser glaubt, es würde aufwärts gehen, z.B. eben beim "Palast der Miserablen" mit weiteren Literaturfreunden, gibt es zeitnah einen Rüchschritt, so wie einen Schlag in die Magengrube, der zu der atmosphärischen Schwere des Buches führt.

    Die Zeitebene in den Slums wird eigentlich ganz positiv erzählt, etwas kindlich naiv, geprägt von der Liebe zur Familie und zu Büchern, aber eben auch mit der Angst im Kopf, von der Geheimpolizei abgeholt zu werden.
    Die 2. Zeitachse im Gefängnis ist total bedrückend, mit kurzen, harten Abschnitten, sehr beklemmend geschrieben ... ob Shams Zeit abläuft?

    Ein sehr trauriger Roman, der mich emotional getroffen hat. Wenn man sich die Parallelen zum realen Leben des Autors vor Augen führt (inkl. eigener Haft) ist davon auszugehen, dass dieses Buch auch eine Art literarischer Reflektion eigener Erlebnisse mit der Diktatur sein könnte. Schonungslos, traurig, poetisch - mich hat das Buch sehr berührt, und gleichzeitig bin ich unendlich dankbar dafür, nie persönlich Krieg und/oder Diktatur erleben zu müssen.

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  • 2 Sterne

    SiWel, 17.02.2020

    Als Buch bewertet

    Anhand des Klappentextes und der Lp hatte ich mich richtig auf das Buch gefreut, leider habe ich nicht das bekommen was ich mir davon erhofft hatte.

    Shams Hussein lebt in dem von Saddam Hussein beherrschten Land und hofft auf ein friedvolleres Leben. Um dies zu erreichen zieht er mit seinen Eltern aus dem Süden des Landes nach Bagdad. Dort landen sie jedoch in einem Blechviertel neben dem Müllberg, wo sie versuchen weiterhin auf die Sonnenseite des Lebens zu gelangen.

    Es wird in zwei Erzählsträngen berichtet. Einmal aus Shams bisherigen Leben und einmal wo er bereits seit längerem im Gefängnis sitzt. Der Erzählstil plätschert die ganze Zeit nur so vor sich hin, ohne besondere Höhen und Tiefen. Das Leben dort, die Armut, das Miteinander, das Aussehen der Umgebung ist so beschrieben, dass hier wenig Raum für irgendwelche Emotionen bleibt. Man liest und liest und fragt sich wann denn da noch was kommt. Selbst die Charaktere sind hier sowas von fade dargestellt, da bleibt keine Möglichkeit für einen Sympathieträger.

    Schade, eigentlich ein Roman mit wahnsinnig viel Potenzial.

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  • 2 Sterne

    Kristin K., 02.03.2020

    Als Buch bewertet

    Der junge Iraker Shams Hussein ist ein Junge vom Land. Eigentlich glücklich mit seinem Leben, wünschen sich seine armen Eltern jedoch eine schönere Zukunft für Schams und seiner Schwester Qamer. Daher beschliessen sie nach Bagdad zu ziehen. Am Rand einer Müllhalde – dem sogenannten Blechviertel – bauen Sie sich ein neues Leben auf.

    Doch ist diese Leben unter dem Regime von Saddam Hussein in einer Stadt wie Bagdad wirklich so viel besser als auf dem Land? Wird Shams und seine Familie dort wirklich glücklich?

    Die Story an sich klingt sehr viel versprechend. Leider musste ich mich jedoch so durch die Seiten quälen. Die Charaktere und die ganze Geschichte waren sehr fade und langweilig.

    Auch der Schreibstil von Abbas Khider hat mir nicht wirklich zugesagt und mir hat persönlich bei diesem brisanten Thema die Tiefe gefehlt.
    Schade für ein Buch mit so einer, eigentlich, interessanten Geschichte.

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  • 2 Sterne

    rehlireh, 05.03.2020

    Als Buch bewertet

    Das buch von Abbas Khider „Palast der Miserablen“ hat sich für mich als nicht lesenswert ergeben.

    Es handelt von dem Leben Shams, eines Jungen aus dem Irak. Vorrangig liest man von seiner Vergangenheit, welche die Geschichte einer Kindheit und Jugend im Irak erzählt. Eine Zeit zwischen Krieg, Entbehrungen und auch Freudenmomenten.

    Wirklich mitgerissen wurde ich von dem Buch nicht. Ich wurde nicht abgeholt und für mich zog sich das Buch so dass ich Mühe hatte es bis zum Ende zu lesen. Es war weder mitreissend, noch packend oder poetisch - so wie das Buch angepriesen wird. Daher hat es meine Erwartungen auch nicht getroffen.

    Insgesamt ein Versuch der gescheitert ist. Da es sehr oberflächlich gehalten ist und nicht tiefer in die Thematik eingeht.

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  • 5 Sterne

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    EvelynM, 15.04.2020

    Als Buch bewertet

    In den Jahren des Irak-Iran-Krieges von 1980 bis 1988 erlebt Shams Hussein eine Kindheit in Armut, unter der Diktatur Saddams und der ständigen Angst vor Verfolgung und Inhaftierung. Seine Familie lebt in einer kleinen Dorfgemeinschaft, ist arm und hält sich mehr schlecht als recht über Wasser. Die Angst vor Repressalien durch die Regierung lässt alle verstummen und sie ergeben sich in ihr Schicksal. Einzig Shams Grossvater hat eine spitze Zunge und ein rabiates Wesen, was durchaus für die ganze Familie gefährlich werden könnte, denn hinter jedem Eck lauert Gefahr. Eines Tages zieht die Familie nach Saddam City, Bagdad, voller Hoffnung auf einen Neuanfang und ein besseres Leben. Doch diese Hoffnung mag sich nicht erfüllen, denn Shams lebt nun im s.g. Blechviertel, einem unwirtlichen Ort weit ausserhalb der eigentlichen Stadt. Mit Reparaturen von Dingen, die Shams Vater auf der Müllhalde findet und teil umfunktioniert und der Betätigung von Shams Mutter als „Hellseherin“ schlagen sie sich durch. Shams findet schliesslich Arbeit als Tütenverkäufer und entdeckt eines Tages Bücher im Gewimmel des Bazars – der Büchermarkt und ein kleiner Kreis an Literaturbegeisterte eröffnet Shams eine ganz neue Welt.
    Shams Kindheit ist nur ein Teil des Romans von Abbas Khider, der in Bagdad aufgewachsen ist. Eine Rahmenhandlung stellt Shams Zeit im Gefängnis in den Mittelpunkt bis am Ende die beiden Erzählstränge zueinander führen und den Leser mit einem diffusen Kribbeln im Nacken zurück lässt.


    „Alle haben Angst in diesem Land der unterirdischen Kerker.“ Dieser Satz hat sich sofort in mein Gedächtnis eingegraben!
    In den Slums von Bagdad in den Jahren des Irak-Iran-Krieges (1980 – 1988) und nicht nur dort beherrscht Angst das Leben vieler Menschen, die täglich ums Überleben kämpfen. Abbas Khider erzählt die Geschichte von Shams Hussein mit einer solchen Sprachgewalt, dass er mich von Anfang an fest im Griff hatte. Und das im besten Sinne! Die Dörfer „Herzliche Hölle“ und das „Inder-Dorf“ entbehren nicht einer gewissen Komik, aber aufgrund der Verhältnisse im Land bleibt einem hier das Lachen schon mal im Halse stecken. Abbas Khider beschönigt nichts in seinem Roman und es liegt keinerlei Pathos über Shams Leben.
    Eindrücklich und mit einem klaren Blick auf sein Heimatland beschreibt er eine einfache Dorfgemeinschaft, die nicht viel Abwechslung in ihrem Zusammenleben hat, so dass sie sich gerne bei Fackeln und Kerzenschein mit alten, historischen Geschichten die Zeit vertreiben. Besonders bedrückend empfinde ich die Beschreibungen zur „Regierung“ von Saddam und wie hier auch die Kinder sofort mit einbezogen wurden und der Dienst an der Waffe nicht nur ein grossartiges Abenteuer für die Jungs, sondern auch eine Pflicht für den Führer und sein Land war. »Wir sind Pioniere. Gott, Heimat und Führer. Wir sind Pioniere. Mit ganzer Seele und unserem Blut opfern wir uns für dich, oh Saddam. Wir sind Pioniere.« Das Blechviertel und der „Palast der Miserablen“ könnten nicht unterschiedlicher sein und Shams bewegt sich zwischen beiden „Orten“ hin und her, wobei stets eine dunkle Wolke über ihm zu schweben scheint. Unwillkürlich fragte ich mich, wie lange das noch gut gehen kann. Diese Frage blieb nicht unbeantwortet und doch traf mich das Ende mit einer Wucht, die ich nicht erwartet habe.
    Man mag Shams für naiv und wirklichkeitsfremd halten, wie er sich über ein selbstgebautes „Haus“ im Blechviertel und einen Fernseher im „Café“ freut. Doch wie würde es den Lesern und Leserinnen wohl ergehen, wenn sie unter solch einfachen, eingeschränkten und gefährlichen Umständen aufgewachsen wären!? Bei mir wirkt Shams Geschichte noch lange nach und ich habe ihn lieb gewonnen - auch wenn er letztlich seiner Naivität erlegen ist, hat er doch alles für ihn Mögliche getan, um ein besseres Leben zu führen.

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  • 5 Sterne

    5 von 12 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Billbo, 20.02.2020

    Als Buch bewertet

    Die Geschichte spielt zur Zeit Saddam Husseins. Hier wird ein Land porträtiert, dass noch immer nicht zur Ruhe gekommen ist. Ein Land, das von einem Krieg in den nächsten gerät. Die Familie von Shams flieht aus dem Süden des Iraks nach Bagdad. In der Hoffnung auf Sicherheit und ein besseres Leben. Die Enttäuschung lässt nicht lange auf sich warten. Hoffnungslosigkeit, Hunger, Armut, wenig Perspektive. Und doch schafft Shams es, sein Abitur zu erlangen. Entweder Schule oder Militär. Die Wahl fällt nicht schwer.

    Abbas Khider war mir bislang unbekannt. Doch nun hat er einen Fan mehr. Natürlich hatte ich schon von Golfkrieg, Irak und Saddam Hussein gehört, doch was ich hier zu lesen bekam, hat mich doch erschreckt und sehr bewegt.
    Auch wenn sein Roman fiktiv ist, beruht er doch auf autobiografischen Erlebnissen. Sein zuweilen aufkeimender Sarkasmus entlockte mir hin und wieder sogar ein Schmunzeln. Bei all der Gräuel muss man das wahrscheinlich auch.
    Man muss immer aufpassen was man sagt, steht immer mit einem Bein im Gefängnis. Die Spitzel sind überall. Ein einziges Auf und Ab von Hoffnung und Angst. Erzählt wird das Ganze in zwei verschiedenen Handlungssträngen. Und das Ende des Romans ist einfach nur schockierend. Aber gelungen! Bravo!

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  • 5 Sterne

    2 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke O., 03.03.2020

    Als Buch bewertet

    Ein Leben voller Entbehrungen im Irak
    Der Junge Shams Hussein lebt mit seiner Schwester und seinen Eltern in einem kleinen Dorf im Südirak und bekommt dort die Auswirkungen des Saddam-Regimes bereits zu spüren. Nach einer gescheiterten Rebellion gegen den Diktator wird das Leben immer unerträglicher, so dass die Familie beschliesst, alles aufzugeben und nach Bagdad zu ziehen, in der Hoffnung auf ein friedlicheres Leben. Doch sie kommen vom Regen in die Traufe, denn nachdem sie vorerst bei Bekannten unterkommen, was aber auf Dauer nicht in Frage kommt, bauen sie sich eine Blechhütte nahe der Müllkippe im 'Blechviertel'. Das Leben bleibt entbehrungsreich trotz ständiger Bemühungen der ganzen Familie, der Armut zu entkommen. Aber auch politisch wird die Lage immer bedrohlicher, und besonders Shams bekommt dies aus nächster Nähe mit. Er hat kaum Zeit für Hobbys, da er neben der Schule, die ihn vor dem Soldatwerden bewahren soll, auch ständig Geld verdienen muss. Sein einziger Lichtblick als junger Mensch sind Treffen mit literatur- und kunstbegeisterten jungen Leuten und die zahlreichen Bücher, die er verschlingt, um seiner eintönigen und grauen Welt zu entkommen. Die jungen Leute treffen sich im 'Palast der Miserablen', ein privater Salon, und hier bekommt Shams Einblicke politischer und kultureller Art, die vorher von ihm ferngehalten wurden und zu denen seine Familie keinen Zugang fand.
    In einem zweiten Erzählstrang befindet sich ein Häftling zunächst in einer 6-Mann-Zelle unter schlimmsten Bedingungen, zieht dann um in eine Einzelzelle auf einer Krankenstation, wo es ihm zunächst relativ gut geht, da er genug zu essen bekommt, die Zelleneinrichtung komfortabler ist und er auch medizinisch behandelt wird, da er starke Beschwerden hat. Aber plötzlich fällt der Strom aus, die Versorgung wird reduziert und er vegetiert vor sich hin......
    Das Buch hat mir tiefe Einblicke in das Leben im Irak unter Saddam gegeben, was ich mir so auch gewünscht hatte, so dass ich nach der Lektüre sehr zufrieden bin. Was für ein entbehrungsreiches Leben, und trotzdem immer wieder das ÜBERleben! In unserer westlichen Konsumgesellschaft kann man sich schwer vorstellen, welche beängstigenden und bedrohlichen Situationen ein Mensch durchstehen kann....für uns ist es unvorstellbar, unter solch ärmlichen Bedingungen und unter ständigem politischen Druck zu leben.
    Die Atmosphäre des Buches ist niederdrückend und trotzdem keimt immer wieder Hoffnung auf, und in meinen Augen hat Abbas Khider dies in seinem Roman gut zum Ausdruck gebracht. Es war immer eine gewisse Spannung da, man fragte sich oft: wie geht es denn nun weiter? Auch im zweiten, deutlich knapperen Erzählstrang, war ich gespannt, was den Häftling als nächstes erwartet. Und am Ende schliesst sich auch der Kreis der beiden Handlungsstränge.
    Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich. Der Autor benutzt eine einfache Sprache, ohne Verschnörkelungen, was meiner Meinung nach aber gut zum Inhalt passt, denn auch das geschilderte Leben ist bescheiden, sogar armselig und auf jeden Fall schmucklos. Auch die grausamen Foltermethoden verdienen keine ausgeschmückte Sprache.
    Shams Hussein ist mir sympathisch, denn er ist familienzugewandt, sensibel, ausdauernd, verantwortungsvoll und hilfsbereit, was unter den geschilderten Lebensumständen nicht selbstverständlich ist. Ganz besonders gefällt mir sein Mut, sich auch mal gegen die diktatorischen Gesellschaftsregeln zu stellen.
    Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, es hat meine Erwartungen erfüllt und verdient aus meiner Sicht die volle Sternewertung.

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  • 5 Sterne

    1 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Inge W., 29.04.2020

    Als Buch bewertet

    Lebendig geschrieben und voller unvergesslicher Figuren – vom einem meisterhaften Geschichtenerzähler Abbas Khider.
    Shams Hussein ist ein ganz normaler Junge mit ganz normalen Träumen. Der Traum jedoch zerschellt zwischen riesigen Müllbergen. In der Hoffnung auf ein friedlicheres Leben ziehen seine Eltern mit ihm und seiner Schwester aus dem Süden des Landes nach Bagdad. Bald wohnen sie im Blechviertel neben einem riesigen Müllberg. Es sind die Jahre des Wirtschaftsembargos gegen das von Saddam Hussein beherrschte Land. Aus dem Streben nach einer besseren Zukunft wird schnell ein Leben in existenzieller Not. Shams hat keine Zeit zum Erwachsenwerden: Er arbeitet als Plastiktütenverkäufer am Basar, als Busfahrergehilfe, als Lastenträger. Und er liebt Bücher. Das einzige was ihm im Elend bleibt, ist das Lesen. In einer Zeit jedoch, in der ein falsches Wort den Tod bedeuten kann, begibt er sich damit in eine Welt, deren Gefahren er nicht kommen sieht, denn unter Saddam Husseins Regime kann ein falsches Buch sehr gefährlich sein. Eindringlich, aber mit viel Leichtigkeit erzählt der Autor die Geschichte eines Jungen aus den Slums von Bagdad bis zu dem Moment, in dem sein Leben für immer auseinanderfällt. Abbas Khider verbindet das Tragische mit dem Komischen, das Groteske mit dem Alltäglichen, die Exotik des Orients mit den Lebenserfahrungen eines Jungen. Er beeindruckt durch seinen ungeschönten Blick und die Beiläufigkeit, mit der er vom Elend wie von Wundern erzählt. Ein persönlicher, höchst lebendiger Roman voll unvergesslicher Figuren. Abbas Khider verbindet das Tragische mit dem Komischen, das Groteske mit dem Alltäglichen, die Exotik des Orients mit den Lebenserfahrungen eines Jungen der keine Zeit zum Erwachsenwerden hat. Er beeindruckt durch seinen ungeschönten Blick und die Beiläufigkeit, mit der er vom Elend wie von Wundern erzählt. Hochaktuell und auch zeitlos präsentiert sich Abbas Khider neuer Roman. So ein Buch findet man nicht oft im Leben! Eine wunderbare Kombination aus toller Sprache, bewegenden Bildern und einer ganz besonderen Erzählweise! Ein wirklich toller Titel, der die aktuelle Bildungsthematik realistisch darstellt und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt. Sehr gelungen und zum Nachdenken anregend...und sehr lesenswert, ein Roman mit humanitärem Anliegen!

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