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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseratte1310, 06.01.2024

    Als eBook bewertet

    Es ist eine ganz besondere Verbindung zwischen Lev und Kato, eine Verbindung, die Lev nicht gewollt hatte und der er doch nicht entkommen konnte. Nach einem Unfall kann Lev nicht laufen und ist in seinem Zimmer, in seinem Bett gefangen. Kato soll ihm die Hausaufgaben bringen. Sie ist eine Aussenseiterin – in der Schule und im Dorf. Doch sie kommt jeden Tag zu Lev und es entsteht eine Freundschaft. Später suchen beide ihren eigenen weg und während es Kato in die Ferne zieht, bleibt Lev dort, wo er schon immer war. Aber die Verbindung bleibt über die Postkarten, die Kato von ihrer Reise schickt. Und dann kommt eine Karte aus Zürich: „Wann kommst du?“ Sie treffen sich wieder und die Freundschaft ist immer noch da.
    Es ist eine ungewöhnliche Erzählweise, welche die Autorin Iris Wolff hier nutzt. Die Geschichte beginnt mit Kapitel Neun und geht immer weiter zurück in die Vergangenheit, zurück in die Kindheit von Lev. Aber es ist nicht nur Levs Geschichte, es ist auch Katos Geschichte. Iris Wolff erzählt meisterhaft, poetisch und einfühlsam. Sie verwebt die Erinnerungen von Lev mit den politischen Verhältnissen im Rumänien unter Ceaușescu, der Öffnung der Grenzen und den Traditionen der Menschen.
    Lev und Kato sind sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Sie nutzt die erste Gelegenheit, um aufzubrechen, frei zu sein und Neues zu erleben. Lev ist eher zögerlich, gibt vor, dass ihn doch einiges zurückhält. Als er nach Katos Abreise eine Fahrradtour macht, mit seinen Brüdern im Wald oder des Militärdienstes im Tunnel arbeitet, immer wieder zieht es ihn zurück nach Hause. Ob Lev und Kato wohl auch Freunde geworden wären, wenn es Levs Unfall nicht gegeben hätte?
    Aber auch die anderen Personen sind gut beschrieben und prägend für die Entwicklungen von Lev. Die Menschen um Lev herum wundern sich, dass Lev bleibt. Es braucht erst die Karte mit Katos Frage, die ihn dazu bringt, sein Umfeld zu verlassen.
    Mir hat dieser ruhig erzählte Roman um eine besondere Freundschaft sehr gut gefallen.

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  • 4 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bücherfreundin, 06.01.2024

    Als Buch bewertet

    Tiefgründiger Roman über eine Freundschaft
    Der Klett-Cotta Verlag hat "Lichtungen", den neuen Roman der mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichneten Autorin Iris Wolff, veröffentlicht.

    Das Buch erzählt über einen Zeitraum von 20 Jahren die Geschichte von Lev und Kato, die im kommunistischen Rumänien aufwachsen. Lev ist 11 Jahre alt und für längere Zeit ans Bett gefesselt. Damit er nicht zu viel Schulstoff versäumt, kommt seine Mitschülerin Kato, die in der Schule von allen gemieden wird, regelmässig mit den Hausaufgaben zu ihm. Lev ist darüber anfangs wenig begeistert, jedoch entsteht zwischen beiden im Laufe der Zeit eine tiefe Freundschaft. Mit Öffnung der europäischen Grenzen geht Kato Jahre später gemeinsam mit dem Hamburger Tom, der mit dem Fahrrad nach Siebenbürgen gekommen ist, in den Westen. Ihren Lebensunterhalt finanziert sie mit Strassenmalereien. Fünf Jahre lang schickt sie Lev gezeichnete Postkarten von ihren verschiedenen Stationen. Ihre letzte Karte kommt aus Zürich und enthält nur einen kurzen Satz: "Wann kommst du?".

    Das Besondere an der Geschichte ist, dass sie rückwärts erzählt wird. Sie beginnt mit Kapitel 9 und endet mit dem ersten Kapitel. Diese Erzählweise war für mich sehr gewöhnungsbedürftig und irritierend, und das blieb so während der ersten Hälfte. Dann löste sich der Knoten, und ich habe den zweiten Teil des Buches sehr gern gelesen, weil mir die Figuren nicht mehr fremd waren, sich nach und nach die Vergangenheit auffächerte und ich dadurch Antworten auf meine Fragen bekam.

    Die berührende Geschichte über eine besondere Freundschaft ist in wunderschöner und poetischer Sprache zählt. Wir erleben Lev und Kato als Kinder und die Umstände, die zu Levs längerer Krankheit geführt haben, begleiten den jungen Mann als Waldarbeiter und während seiner harten Militärzeit. Die Autorin skizziert die Charaktere sehr bildhaft und authentisch und beschreibt fesselnd ihr Leben. Dabei hat mir besonders gut die Schilderung des rumänischen Alltags mit seinen Sitten und Gebräuchen gefallen. Auch die politischen Verhältnisse werden dem Leser sehr eindrücklich vermittelt. 

    Das aussergewöhnliche Buch, das den Leser vom Jetzt in die Vergangenheit führt, hat mir sehr gut gefallen - Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    Ruth L., 07.02.2024

    Als Buch bewertet

    Eine leise aber intensive Geschichte
    Mit ihrem fünften Roman ist der 1977 in Hermannstadt in Siebenbürgen geborenen Autorin wieder ein grosser Wurf gelungen. Obwohl sie schon seit 1985 in Deutschland lebt, siedelt sie ihre Geschichten im Land ihrer Kindheit an , im Banat und in Siebenbürgen.
    Erzählt wird hier die Geschichte von Lev und Kato. Eine innige Freundschaft besteht seit Kindheitstagen zwischen ihnen. Mit elf Jahren war Lev wegen einer rätselhaften Lähmung seiner Beine wochenlang ans Bett gefesselt und Kato brachte ihm täglich die Hausaufgaben.
    Aufgewachsen sind sie im Maramuresch, einer ländlichen, waldreichen Gegend im Norden Rumäniens, Kato ohne Mutter und mit einem trinkenden Vater und Lev ohne Vater. Der kam bei einem Bergrutsch ums Leben, als Lev gerade mal fünf Jahre alt war .
    Es ist eine Kindheit und Jugend im Rumänien unter Ceausescu. Viele träumen vom Weggehen, von einem Leben in Freiheit. Und als 1989 endlich der Eiserne Vorhang fällt, ergreift Kato die nächstbeste Möglichkeit zum Aufbruch in den Westen. Doch der Kontakt zwischen den beiden reisst nicht ab. Aus jedem Land, in dem sie einige Zeit wohnt und sich ihren Lebensunterhalt durch Strassenmalerei verdient, schickt sie Lev eine selbstgemalte Postkarte. Und als sie ihn nach fünf Jahren fragt „ Wann kommst du?“ , da macht sich Lev auf nach Zürich. Nach einigen Wochen quer durch Europa, kehren sie gemeinsam nach Rumänien zurück.
    Für ihre Geschichte hat Iris Wolff eine ungewöhnliche Erzählweise gewählt: Sie erzählt sie rückwärts, d.h. sie beginnt mit Kapitel „ Neun“ und endet mit Kapitel „ Eins“. Dabei wählt sie entscheidende Episoden aus, Geschehnisse, zwischen denen jeweils einige Jahre liegen. Das sorgt für Spannung beim Leser und erfordert einiges Mitdenken. Dabei wird erfreulicherweise längst nicht alles auserzählt, sondern Iris Wolff lässt Leerstellen und vertraut dem Leser.
    Nach und nach gewinnen so die einzelnen Figuren Konturen, Verbindungen und Beziehungen zwischen ihnen werden hergestellt und es wird verständlich, was sie zu denen werden liess, die sie sind. So sind nicht nur die Unterschiede im Charakter - da die unerschrockene und freiheitsliebende Kato, hier der sensible und zögerliche Lev - massgeblich für ihr Verhalten. Im Verlaufe der Lektüre wird deutlich, was Lev geprägt hat, warum er nach Liebe und Beständigkeit sucht, musste er doch schon früh traumatische Verluste erleben.
    Themen wie Freundschaft und Liebe und die fliessenden Grenzen davon werden in Variationen durchgespielt, ebenso wie Fragen nach Herkunft, Wurzeln und Identität.
    Im Vielvölkerstaat Rumänien finden sich verschiedene Volksgruppen, Sprachen und Kulturen, die im Verlaufe der Geschichte neben- und miteinander existiert haben. So hat sich Levs Grossvater Ferry irgendwann dafür entschieden , Österreicher zu sein. „ Er sei als Österreicher in dieses Jahrhundert gestartet und, obwohl er sich geographisch nicht vom Fleck bewegt hatte, Rumäne geworden, dann Ungar“ und nun weist ihn sein Pass wieder als Rumäne aus. Doch jahrelanges vergebliches Warten auf die Ausreisepapiere lassen ihn die Flucht über die grüne Grenze nach Wien antreten. Aber ist er nun dort angekommen, wo er hingehört? Diese Frage muss Ferry verneinen. „ Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender.“
    Lev dagegen, mit einer siebenbürgischen Mutter, einem rumänischen Vater und einem Grossvater mit österreichischen Vorfahren, verweigert sich einer Einordnung und Vereinnahmung.
    Die grosse Geschichte wird an vielen kleinen Details aufgezeigt und spiegelt sich im Schicksal der Protagonisten.
    So beschreibt die Autorin anschaulich das Klima von Lähmung und Misstrauen während der Diktatur und welche Auswirkungen auf Menschen und Landschaften die Öffnung des Eisernen Vorhangs hatten. Während die einen nichts mit der so sehnlichst erhofften Freiheit anfangen konnten, beginnt der Exodus der anderen. Verwaiste Dörfer, verfallene Kirchen, heruntergekommene Wohnblocks und stillgelegte Fabriken zeugen davon.
    Nicht nur mit ihrer Sprachmacht überzeugt Iris Wolff. Sie beschwört Landschaften und Stimmungen, schafft Atmosphäre und Bilder, die in Erinnerung bleiben, ist gleichzeitig präzise und poetisch. Sprache selbst wird auch von ihr thematisiert. In der Schweiz begreift Lev „ Seine Herkunft war in seinem Akzent, war ihm eingenäht in Kleidung und Schuhe.“ Und das vertraute Rumänisch zwischen Lev und Kato weckt Erinnerungen an früher.
    Die Reflexionen über Erinnerungen führen zu den titelgebenden „ Lichtungen“. „ Etwas blieb, und etwas ging verloren, manches schon im Augenblick des Geschehens,…Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“
    „ Lichtungen“ ist eine leise, aber intensive Geschichte, mit seiner ungewöhnlichen Struktur und seiner besonderen Sprache von hohem literarischen Niveau. Ein wunderbares Buch, das unbedingt einer Zweitlektüre bedarf. Ob man dann von hinten beginnen möchte und die Geschichte chronologisch aufrollen will oder ob man die gewählte Erzählform beibehält und sie nun mit dem gewonnenen Wissen intensiver liest, steht jedem frei. Auf jeden Fall ist „ Lichtungen“ ein Roman, der viel Stoff zur Reflexion bietet und sich somit bestens für Lesekreise eignet.

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  • 5 Sterne

    Niko, 12.02.2024

    Als Buch bewertet

    "Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender"
    Ein ganz besonderes Buch, erzählt in einer ganz zärtliche Sprache

    „Lichtungen“ von Iris Wolff ist ein wunderbarer Roman, zart, poetisch und herausfordernd zugleich.

    Durch einzelne Episoden lernen wir die Protagonisten Lev und Kato kennen. Die Geschichte beginnt in der Gegenwart, Kato trifft im Westen wieder Lev, nachdem sie mehrere Jahre getrennt waren. Ihnen verbindet eine sehr lange Freundschaft.

    Die Geschichte wird rückwärts erzählt und auch die Kapitel sind umgekehrt nummeriert. Wir lernen Lev und Kato besser kennen, verstehen langsam ihre Beziehung und erleben die Atmosphäre Siebenbürgens/Rumäniens in den 80er und 90er Jahren.

    Lev stammt aus einer ethnisch gemischten Familie mit deutschen und rumänischen Wurzeln. Doch er fühlt sich seinem Wohnort verbunden und möchte das Land nicht verlassen, auch wenn es andere überrascht. Kato, die schon immer eine Aussenseiterin war, braucht mehr Freiheit und verlässt Rumänien so schnell wie möglich. Lev und Kato bleiben weiterhin über Postkarten in Kontakt. Bis Kato eines Tages Lev in einer Postkarte fragt, wann er kommt.

    Iris Wolff erzählt die Geschichte poetisch, bildgewaltig und sehr einfühlsam. Um die besondere Atmosphäre zu schaffen, verwendet die Autorin viele Metaphern. Sehr viele Szenen werden treu genau beschrieben, manche werden nur angedeutet. Die Metaphern unterstützen das Geschehen im Buch sehr gut und geben das Gefühl, dass man alles miterleben darf.

    Das Buch lässt sich in drei Hauptabschnitte unterteilen. Im ersten Abschnitt treffen wir Lev und Kato und es wird mehr über die Gegenwart erzählt. Im zweiten Abschnitt konzentriert sich die Autorin stärker auf das Leben unter dem Ceaușescu-Regime. Das Leben war nicht einfach, je älter man war, desto mehr Erfahrung hatte man. Es werden viele Dinge erwähnt, die einen grossen Einfluss auf Rumänien hatten, Tschernobyl, Militärdienst, Forstarbeiten, die Kontrolle von Menschen in grauen Anzügen, die Notwendigkeit, sich von bestimmten Menschen fernzuhalten, um nicht selber unter Kontrolle zu geraten, usw. Der dritte und letzte Abschnitt beantwortet viele Fragen und klärt viele Hintergründe auf. Am Ende wird noch viel mehr über Lev erzählt.

    Wenn ich zuerst dachte, es wäre ein Buch über Lev und Kato und ihre Freundschaft, wurde mir klar, dass es sich tatsächlich um ein Buch über Lev, Zugehörigkeit und die vielen Verluste handelt, die ein Mensch in einem Leben erleiden kann, und ein Buch über das, was uns Menschen am Leben halten kann.

    Es gibt auch viele interessante Nebencharaktere im Buch.

    Meiner Meinung nach ist Bunica eine typische Figur aus Ceausescus Rumänien. Man ist ruhig und lernt ständig, in einer Welt zu leben, in der man selten die Wahrheit erfährt. Die Wahrheit und der Stand der Dinge werden immer erst am eigenen Leib erfahren. Bunica hat viel erlebt und weiss viel mehr als man denkt. Das Leben unter Ceaușescus Regime war nicht einfach. Bunica weiss jetzt, mit welchen Menschen man den Kontakt meiden sollte, und sie weiss auch, dass man ständig überwacht wird – all das zu wissen, war eigentlich während des Ceaușescu-Regimes eine Voraussetzung. Bunica kennt die richtige Antworten und bringt Lev das auch bei.

    Ferry ist eine weitere Nebenfigur, der mehr Tiefe verliehen wird. Er fühlt sich wegen Levs Unfall schuldig und ist deshalb nicht mehr so ​​präsent in Levs Leben. Ferry möchte Rumänien verlassen, weil er das Gefühl hat, woanders hinzugehören. Leider erfährt er, wie schwierig es ist, Rumänien auf einem legalen Weg zu verlassen.

    Der Schreibstil ist poetisch und bildhaft, man sieht unvergessliche Bilder, die in einfachen Worten beschrieben wurden. Und doch ist das Buch insgesamt herausfordernd. Die Geschichte wird rückwärts und in einzelnen Episoden erzählt, die wie kleine Lichtungen wirken und uns immer mehr Einblick in das Leben im Rumänien der 80er und 90er Jahre geben, wo wir eine Handvoll Charaktere kennenlernen.

    Dieses Buch ist keine leichte Lektüre. Durch die vielen Metaphern und das rückwärts Erzählen ist das Buch etwa anspruchsvoll aber vielleicht das ist was dem Buch viel mehr Wert gibt. Mit einer poetische und sehr zärtliche Sprache erzählt die Autorin über Gefühle wie Zugehörigkeit, Familie, Freundschaft, Verluste und das Leben selbst. Ein Buch, das sich ganz bestimmt lohnt, gelesen zu werden.

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  • 5 Sterne

    Adele, 29.01.2024

    Als Buch bewertet

    Ein zarter und poetischer Blick auf eine Freundschaft und das Aufwachsen im kommunistischen Rumänien

    Zart und poetisch erzählt Iris Wolff in Lichtungen die Geschichte von Lev und seiner besten Freundin Kato, die gemeinsam im Vielvölkerstaat Rumänien unter Ceaușescu aufwachsen. Die Handlung beginnt im Diesseits mit einem Besuch Levs bei Kato in Zürich. Hierhin hat es sie nach einer langen Radreise mit verschiedensten Stationen durch Europa von Rumänien aus verschlagen. Die Wiederbegegnung ist geprägt von einer eigentümlichen Stimmungs- und Gefühlslage, zwischen Distanz und doch absoluter Nähe, zwischen Freundschaft und Fremdheit, zwischen Suchen und Erkennen und nicht zuletzt einem Gefühl von Heimat und Liebe zwischen zwei Menschen, die genau dies füreinander sind, jeder Entfernung und Erlebnisse zum Trotz.

    Wie es zu dieser Freundschaft kam, welche Höhen und Tiefen, Geschichte die beiden teilen, wird im folgenden im Roman in rückwärtiger Chronologie erzählt. Dies ist ein interessanter Ansatz der Autorin, der immer wieder hohe Konzentration erfordert, denn der Rahmen und Hintergrund einer Handlung, um sie richtig zu deuten, ergibt sich oft erst in späteren respektive früheren Kapiteln in der Chronologie der Ereignisse.

    Die zunächst unwahrscheinliche Freundschaft der beiden zeichnet sich durch ein unsichtbares Band aus, das sie auch über Herausforderungen und Entfernungen aneinander hält, absolutes Vertrauen schafft und spendet, und jede Zeit überdauert. Iris Wolff schafft es mit ihrer Sprache, dass man dieses Band, die Intimität und Vertrautheit, die eine solche Freundschaft bedeuten, fast beim Lesen spürt.

    Neben dem Thema Freundschaft spielt auch die Frage nach Zugehörigkeit eine zentrale Rolle. Zugehörigkeit nicht nicht nur im zwischenmenschlichen Sinne, sondern gerade im Vielvölkerstaat Rumänien auch zu einer Nation. Die wechselvolle Geschichte des Landes verläuft hier an mehreren Bruchlinien mitten durch Levs Familie. Und so gelingt es der Autorin die komplexen Gefühle und Spannungslinien, die eine ganze Nation prägen, in Lev und seiner Familie zu extrahieren und uns so ein Bild und insbesondere auch ein Gefühl dafür zu geben, was ein Aufwachsen unter diesen Bedingungen bedeutet - für die Gesellschaft, Familien, aber auch und insbesondere für das einzelne Individuum.

    Ich fand es sehr eindrücklich, wie die Autorin auch immer wieder die Stimmung in der rumänischen Gesellschaft in verschiedenen Epochen einfängt. Den Alltag im staatssozialistischen System mit allen Einschränkungen und Herausforderungen - das Schlangestehen, der Rückzug ins Private, die Spitzel, die Ausreiseanträge, der Tauschhandel etc. Das Primat des Pragmatismus im System steht hier im grösstmöglichen Gegensatz zur poetischen Sprache in der die Autorin diesen einfängt. Später im Postkommunismus eine verbreitete Stimmung zwischen absoluter Stagnation und Perspektivlosigkeit im Land, vermischt mit und verstärkt von einem Aufbruch und Verschwinden von immer mehr Menschen, die das Land verlassen, ein besseres Leben suchen.

    Lichtungen ist ein unglaublich poetischer Roman über Freundschaft, Zugehörigkeit und das Aufwachsen im Kommunismus. Heimat, das wird mit der Freundschaft von Lev und Kato im Roman deutlich, ist nicht nur die Landschaft oder ein Ort, es sind genauso die Menschen, die wir lieben.

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  • 5 Sterne

    Frederike Z., 15.01.2024

    Als Buch bewertet

    Zärtlich und unendlich behutsam zeichnet Iris Wolff in „Lichtungen“ die Bande einer Freundschaft, die von den Jahreszeiten geformt wurde, aber noch die kältesten Winter überdauert hat. Lev und Kato kennen sich bereits seit ihrer Kindheit, gingen gemeinsam zur Schule. Sie ist ein Samstagskind, wie ihre Mutter sagte, neugierig und klug, doch in den Augen der anderen eine Aussenseiterin. Kato hatte einen eigenen Zugang zur Welt, erfuhr sie mit ihren Sinnen, ihrer Fantasie, um dem Jetzt zu entfliehen, denn ihr Vater war Alkoholiker, ihre Mutter nicht mehr da; wann immer möglich, war sie bei Lev zu Hause, um dem Zorn des Vaters zu entfliehen. Lev hingegen ist still und pflichtbewusst, bedacht mit seinen Worten und Handlungen; ein Beobachter. Einer, der bleibt, der festhält an Erinnerungen. An Gefühlen. An drei Worten, die ein Anfang, ein Aufbruch sein können. 
    .
    Zunächst nur vage Pinselstriche, Schattenwurf auf weissem Papier, gibt Iris Wolff Lev und Kato und ihrer Umgebung immer mehr Tiefe, Konturen, Merkmale, die sie besonders machen - den suchenden, unsicheren Blick; lockig-glattes Haar; raue Gebirgszüge, karges Land. Beginnend in der Gegenwart, fernab ihrer beider Heimat, bewegt sich die Handlung der Vergangenheit entgegen, in die Maramuresch im Norden Rumäniens. Szenen eines Lebens ziehen vorbei: Grenzen verändern ihre Linienführung, aus einem Land wird ein anderes, aus einer Staatsform eine andere. Angst weicht Erleichterung, Krankheit wird zu Gesundheit, Menschen kommen, bleiben - und sie gehen, flüchten, träumen von einem besseren Leben, von Freiheit, von Geborgenheit. Welchen Sinn und Zweck haben Grenzen, haben Staatsangehörigkeit in diesen Zeiten?
    .
    Es ist magisch, wie geschickt Iris Wolff die einzelnen Versatzstücke aufeinander aufbaut, mit dem Innen und Aussen, der Dynamik zwischen Lev und Kato, ihrer Familie und ihrer Umwelt spielt, und vermeintliche Lücken in der Erzählung, sind sie für die handelnden Personen bereits bekannt, mit jedem Schritt der Vergangenheit entgegen schliesst. Die Geschichte entwickelt so eine ganz besondere Dramaturgie, die ich bis dahin noch nicht in der Form erlebt habe: unaufgeregt und subtil, aber doch so kraftvoll, unterschwellig drängend, vorantreibend. Einfach richtig gut. Jeder Atemzug, jedes Wort ist poetisch, wärmend, legt sich wohltuend um Herz und Seele. Und dort behalte ich Lev und Kato, ihre Geschichte, diese zarte Flamme tiefer Freundschaft.

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  • 5 Sterne

    katikatharinenhof, 21.01.2024

    Als Buch bewertet

    Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden (Sören Kierkegaard)

    Es sind nur drei Worte, die das Leben von Lev vollkommen aus der Bahn werfen. "Wann kommst du ?" weckt Erinnerungen und intensive Gefühle an eine Zeit, in der Freundschaft das höchste Gut und absolut unerschütterlich gewesen ist. Aber diese Worte sind auch der Startschuss für einen Rückblick auf das eigene Leben und was daraus geworden ist...


    Ich bin durch eine Empfehlung von einer sehr lieben Freundin auf das Buch aufmerksam geworden und weiss, wenn sie nur lobende Worte für einen Roman findet, dass sich dahinter ein echtes Juwel verbirgt. Schon nach wenigen Seiten muss ich feststellen, dass hier nicht nur ein Juwel, sondern ein echter Buchschatz vor den Lesenden liegt, der mit einer unglaublich poetischen Sprache regelrecht bezirzt und am Bücherhimmel strahlt.

    Iris Wolff ist - im positiven Sinne - eine Menschenfängerin, der es gelingt, mit ihren seelenvollen Worten ein dicht gewebtes Netz aus Lebenserfahrungen, Erinnerungen und politischer Vergangenheit über ihre Leser;innen zu werfen, um sie damit in ihre Geschichte hineinzuziehen.

    "Lichtungen" ist ein aussergewöhnliches Buch, das von Angst, Narben, physischen und geografischen Grenzen und dem wunderbaren Geschenk einer Freundschaft erzählt und die Möglichkeit beinhaltet, die Auswirkungen von Entscheidungen und Einflüssen im Hier und Jetzt zu kennen, um ihre Entstehung, ihren Ursprung im rückwärts gerichteten Blick deuten und verstehen zu können.

    Wolff vermittel das Gefühl, eins mit ihren Figuren zu sein, sodass Entscheidungen mitgetragen werden und der ein oder andere schwierige Moment selbst schmerzhaft nachempfunden wird. Das wichtigste aber ist, dass die grössten Botschaften und Emotionen zwischen den Zeilen stehen und so von der Leserschaft unterschiedlich wahrgenommen werden - je nach dem, wie stark sich der/die Einzelne auf das Buch und seine Handlung einlässt. Es ist eine Kunst, Worte, die nicht gesagt oder geschrieben sind, zum Ausdruck zu bringen und damit Emotionen zu erzeugen.

    Ein aussergewöhnliches Leseerlebnis, das sich definitiv vom Mainstream abhebt - und das nicht nur, weil es mit Kapitel 9 statt mit Kapitel eins beginnt.

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  • 5 Sterne

    Meany, 19.01.2024

    Als Buch bewertet

    Bäume sterben wachsend

    Diese bewegende Geschichte einer jungen Liebe in Rumänien irritiert schon zu Beginn durch seine Anlage: sie wird nämlich rückwärts erzählt. Das ist nicht ganz ungewöhnlich und hat Mahlke mit dem "Archipel" den Deutschen Buchpreis eingebracht, erfordert aber verstärkte Konzentration beim Leser. Warum mutet die Autorin uns so etwas zu?

    Es ist wie ein Graben nach Wurzeln, die Zeit steht wie eine Last im Raum. Man wird nicht weitergetrieben durch die Spannung "Wie geht es weiter?", sondern durch das Rätsel "Warum verhält sich alles so, wie es ist?".

    Dies alles entwickelt Wolff in poetischen Bildern, Momentaufnahmen, wie Holzschnitte aneinandergesetzt. Wenn man ganz genau hinschaut und die Motive über die Episoden hinweg verfolgt, wie z.B. den Schlüssel und das Fahrrad, erkennt man bedeutungsschwangere Subtilitäten. Während man wie im Countdown Kapitel an Kapitel reiht, hat man das Gefühl, in einen Trichter zu fallen, weil sich die gesellschaftlichen Verhältnisse immer mehr verengen, je weiter man in die Vergangenheit gelangt.

    Das hängt stark mit der politischen Verfassung Rumäniens zusammen, von der man aber nur indirekt erfährt, inwieweit sie sich auf die privaten Beziehungen auswirkt, z.B. die Flucht des Grossvaters nach Österreich. In diesem Rahmen entwickelt sich die Verbindung von Kato und Lev bis zum Happy End am Anfang, ein Auf und Ab zwischen Nähe und Distanz. Sehr konzentriert beschreibt Wolff nur das Wesentliche, oft aber auch das nur in Andeutungen, mit viel Raum für die eigenen Gedanken der Leser. Stark beeindruckt hat mich das Kapitel mit Levs Läuterung im Wald.

    Würde man dasselbe Leben in der gewohnten Reihenfolge darstellen, gewönne der Leser bald den Eindruck, die Personen, die er aufwachsen sieht, zu kennen. So bleibt jederzeit ein Stück Fremdheit, das nachdenklich macht.

    Das ist alles andere als ein Schmöker zum Verschlingen, sondern ein anspruchsvolles Buch für nachdenkliche Leser, das man sich Wort für Wort auf der Zunge zergehen lassen muss.

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  • 5 Sterne

    nicigirl85, 08.02.2024

    Als Buch bewertet

    Titel: Eine Verbindung fürs Leben?

    Iris Wolff hatte mich zuletzt mit "Die Unschärfe der Welt" begeistern können, so dass ich nicht anders konnte als zu ihrem aktuellen Bestsellertitel zu greifen.

    In der Geschichte geht es um Lev und Kato, die gegensätzlicher kaum sein könnten und dennoch verbindet sie ein Ereignis aus ihrer Kindheit. Werden die politischen Veränderungen um sie herum dafür sorgen, dass ihre Verbindung einreisst?

    Das Besondere an dem Roman ist wohl, dass wir mit dem Ende starten und die Handlung quasi rückwärts erzählt wird. Wir beginnen mit Kapitel 9 und enden mit der 1.

    Was direkt wieder auffiel beim Lesen der ersten Sätze war die besondere Sprache und das Gespür für eine einfühlsame Erzählweise. Irgendwie trifft sie da bei mir einen Nerv, dass ich mich enorm wohl und umschmeichelt fühle, auch wenn das Geschilderte vielleicht mitunter harter Tobak ist.

    Des Weiteren lässt die Autorin genug Raum für eigene Überlegungen und Spekulationen, denn es verwundert durchaus, dass Lev einst ewig ans Bett gefesselt war nach einem Unfall und als Erwachsener davon nichts mehr zu spüren ist. Und auch die Freundschaft zwischen den Beiden und was vielleicht hätte intensiver sein können, schwebt immer so ein bisschen mit im Raum.

    Gut gefallen hat mir zudem, dass man Einblicke in das Leben der Menschen in Rumänien bekommt, wo nicht im Überfluss gelebt wird wie in Grossteilen Europas. Das stimmt nachdenklich.

    Frau Wolff hat hiermit wieder einmal bewiesen, dass es nicht vieler Worte bedarf, um zu berühren und zu fesseln. Ich konnte sehr gut in die Geschichte eintauchen und den Alltagsstress mal für ein paar Stunden vergessen.

    Fazit: Eine gefühlvolle Geschichte, die mir enorm gefallen hat. Klare Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    LindaRabbit, 05.03.2024

    Als Buch bewertet

    Lev & Kato

    „Lass uns keine Sätze mit 'früher' beginnen.“ Obwohl es ihm einen Stich versetzte, gab er ihr recht. Es gab ein Früher, in dem sie fast alles voneinander gewusst hatten, und das, was jetzt war, musste sich den Vergleich damit gefallen lassen. Das war schwer genug.

    Rumänien, noch während der Zeit des Regimes. Kato flieht in Westen und schickt Lev immer fantasievolle Postkarten. Bis die eine kommt 'wann kommst du?' Denn das Regime war besiegt und auch er, Lev, durfte nun reisen. Zwischen Kato und Lev existiert eine besondere Beziehung seit ihren Jugendtagen. Auf dem Weg zu Kato besucht Lev seinen Grossvater in Wien. Ferry teilt die Menschen in vier Kategorien ein - Heilige und Verrückte, Kluge und Idioten.
    Er könnte Recht haben, der Grossvater.

    Ein grossartiger Schreibstil! Sehr poetisch. Das ist Literatur! Keine leichte Lese, ein dünnes Buch, trotzdem schnell gelesen, trotz der nicht leichten Lese. Weil die Kapitel intensiv sind. Eigentlich könnte ständig daraus zitiert werden, jede Menge von zitierfähigen Passagen, voller Lebenslust und -gier. Die Kapitel laufen rückwärts, angefangen mit Kapitel neun. Kapitel eins ist sehr kurz... und intensiv.

    Aufregendes Umschlagsbild, sehr schön gemacht mit dem Vogel (die im Text erwähnte Amsel? Eher nicht). Kato hat auch viele Vogelzeichnungen angefertigt. Auch ein sehr gutes Sinnbild – gefangen?

    Die Autorin ist in Hermannstadt, Siebenbürgen, geboren. Kennt also die geografische, kulturelle und politische Situation aus eigener Erfahrung. Sie schreibt gut und ich möchte gerne weiteres von ihr lesen!

    Lichtungen, Iris Wolff, Klett – Cotta Verlag, erscheint 2024

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  • 5 Sterne

    dj79, 24.01.2024

    Als Buch bewertet

    Da ich durch die Lektüre von „Die Unschärfe der Welt“ Iris Wolff noch in guter Erinnerung hatte, wollte ich selbstverständlich auch ihren neuen Roman lesen. „Lichtungen“ begleitet die seit Kindertagen bestehende Freundschaft zwischen Lev und Kato. An den beiden skizziert die Autorin die Herausforderungen des Lebens in Rumänien zu Zeiten Ceaușescus wie auch nach der Öffnung der sozialistischen Staaten. Die harte Lebenswirklichkeit der Diktatur wird abgelöst durch etwas Neues, das allerdings nicht weniger herausfordernd ist. Abwanderung Richtung Westen ist die Folge. So lichten sich nicht nur die Wälder, in denen Lev als Waldarbeiter tätig ist, sondern auch die umliegenden Dörfer, weil es kaum noch etwas gibt, das die Menschen in Rumänien hält.

    Die Aufbereitung der Story hat mich fasziniert. Die Sprache der rückwärts erzählten Geschichte habe ich als eher reduziert empfunden. Doch gerade das Reduzierte und die recht grossen Sprünge auf der Zeitachse liessen für mich einen besonderen Reiz entstehen. Sie schaffen Raum für eigene Gedanken und Interpretationen. In diesem Zusammenhang ist es bestimmt hilfreich, wenn man grob in der osteuropäischen Geschichte zu Hause ist, damit man die gesetzten Hinweise nicht verpasst. Obwohl Isis Wolffs Stil vom Standard abweicht, fiel es mir nicht schwer, ihr zu Folgen. Viele Erlebnisse von Lev und Kato konnte ich nicht nur inhaltlich, sondern auch auf der emotionalen Ebene sehr gut nachvollziehen.

    Iris Wolff hat mich mitgenommen in ihre Welt wie auf eine Reise. Am Ende kam es mir vor, als wäre ich selbst Teil der Geschichte gewesen.

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  • 5 Sterne

    meerblick, 17.03.2024

    Als Buch bewertet

    Dieser Roman -Lichtungen- von Iris Wolff hat mich von der ersten Seite an begeistert. Er ist in seinem Aufbau ungewöhnlich gestaltet, denn die Autorin setzt uns Leser bereits zu Beginn ihrer Geschichte über die aktuelle Lebenssituation der beiden Schulfreunde Lev und Kato in Kenntnis. Er, Lev, besucht Kato in Zürich als er eine Ansichtskarte von ihr mit den Worten "Wann kommst du endlich?" erhält. Lev und Kato sind im diktatorisch regierten Ceausescu Regime, in Rumänien, aufgewachsen. Während Kato den Spitzelstaat bereits in sehr jungen Jahren verlässt und ihr Glück anderswo in der Welt sucht, bleibt Lev der rumänischen Heimat, einem kleinen Dorf, verhaftet und sucht dort seinen Weg als Waldarbeiter. Die beiden Aussenseiter der Schulgemeinschaft verband eine Freundschaft, die in den pubertären Jahren einseitig von Lev als weitaus mehr gedeutet wurde. Nun trifft er seine grosse Liebe wieder und er will sich erinnern, erzählen von vergangener Zeit. Doch Katos Interesse in Erinnerungen zu schwelgen, ist nicht gegeben.
    Die Autorin scheibt sehr einfühlsam, mit starken Worten Lebensgeschichten, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Für sie sind Erinnerungen über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Der immerwährende Konflikt im Vielvölkerstaat zog sich hinein bis in die kleinste Zelle des Landes, die Familie, und zermürbte die Seelen der Menschen, die ein grosses Bedürfnis nach Freiheit und Ungezwungenheit verspürten.
    Ein wunderbarer Roman mit Herz und viel Verstand geschrieben zur Freude für uns Lesende.

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  • 5 Sterne

    Angelika T., 14.01.2024

    Als Buch bewertet

    Berührende Lebenslinien, vom Schicksal verwoben

    Lev und Kato wachsen in einem kleinen Dorf zu Ceausescus Zeiten auf. In den Grossfamilien reicht es zum Leben, dafür mangelt es an Zeit und Liebe für die Kinder. Als Lev ans Bett gefesselt wird, ist es die Lehrerin, die ihm Kato mit den Aufgaben nach Hause schickt. Kato ist klug und hegt Träume, die Lev völlig fremd sind. Als es eines Tages plötzlich möglich ist, sich die Träume zu erfüllen, trennen sich die Wege der beiden Freunde.

    „Lichtungen“ ist ein ganz besonderes Buch. Iris Wolff versteht es, eine Geschichte zu erzählen, die voller ungesagter Worte ist, die Saiten zum Klingen bringt, das Innere berührt und tiefes Mitgefühl und Verständnis erzeugt. Es sind die Lebensumstände und die Zeit, in der die beiden aufwachsen, die dann auch für die unterschiedlichen Lebenswege sorgt. Und doch überwindet Freundschaft, ja Liebe, Zeit und Grenzen.
    Auf ungewöhnliche Weise rückblickend erzählt, darf man die Entwicklung der beiden jungen Menschen mit erleben. Es erfordert Aufmerksamkeit, den Begebenheiten zu folgen und je tiefer man in die Vergangenheit eintaucht, desto klarer werden die Entscheidungen. Und doch bestimmt das Schicksal irgendwie die Wege.
    Mir fehlen tatsächlich die Worte, um das Buch korrekt zu beschreiben, denn es erzählt eine Geschichte mit einem ganz eigenen Sog, sie macht betroffen und demütig, aber auch zufrieden und ruhig. Ich denke, man muss es einfach selbst lesen und das besondere Timbre wirken lassen! Mir hat es ausgezeichnet gefallen.

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  • 5 Sterne

    Milagro, 07.01.2024

    Als Buch bewertet

    Hier sprach mich gleich alles an: Klappentext, Cover und Titel! Ich habe die Lektüre wirklich genossen. Diese Geschichte ist anders, zwei Menschen treffen sich nach einer längeren Zeit in Zürich, sie schreibt ihm einfach nur "wann kommst Du" , wie romantisch und vielversprechend ist ein solcher Start. Ihre Geschichte wird dann rückblickend erzählt, was für mich ungewöhnlich war, ich hatte mich tatsächlich erst nach 80 Seiten daran gewöhnt!
    Lev und Kato kennen sich schon seit ihrer Schulzeit, ausgerechnet sie, das stille Mädchen, das stets abseits steht, bringt ihm die Aufgaben seit er langwierig erkrankt die Zeit im Bett verbringen muss. Ihr jeweiliges Leben in Rumänien ist nicht unbedingt leicht, die gesellschaftliche und politische Situation wird sehr gut dargestellt. Die Protagonisten wirken authentisch, sie sind lebendig und berühren den Leser wie Freunde. Dadurch, dass die Geschichte rückwärts erzählt wird, ergeben sich Erklärungen für Umstände und Situationen erst nach und nach. Die Geschichte liest sich trotz der ungewohnten Erzählweise sehr gut, eben so, als blättere sich das Leben nach und nach auf, wie in einem Gespräch. Mir haben die Personen gefallen, ich mochte sie sehr gern, Lev und Kato , Levs Grossvater und seine Mutter, allesamt sehr eindrucksvolle Persönlichkeiten. Aber auch die Nebenfiguren bleiben ausdrucksstark, insgesamt ergibt sich ein realistisches Bild. Ich denke, ich werde diese Geschichte nochmals lesen, rückwärts dann, so bleibt sie weiterhin spannend.

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  • 5 Sterne

    Isabell R., 21.01.2024

    Als Buch bewertet

    »Lev mochte ihre Stimme, ihr Lächeln, und er begann, sich vorzunehmen, sie [Kato] zum Lachen zu bringen. Es gelang fast immer, und einmal fragte sie ihn, nachdem sie gemeinsam über etwas gelacht hatten, warum er nicht mehr laufen könne.« (S. 211)

    Wundervoll poetisch erzählt die Autorin Iris Wolff in ihrem neuen Roman »Lichtungen« in neun Kapiteln angefangen in der Gegenwart und von dort immer weiter in die Vergangenheit blickend die Beziehung zwischen Lev und Kato. Ebenso wie ihre vorherigen Romane ist auch das Setting in diesem Roman in Siebenbürgen und erzählt neben der Geschichte um die beiden Protagonist*innen ganz nebenbei von der Kultur, Traditionen und Lebensweisheiten aus dieser Region Rumäniens. Lev und Kato treffen sich als Erwachsene wieder und in Rückblenden erfahren wir als Lesende immer mehr Details über diese wundervolle Freundschaft, die in der gemeinsamen Kindheit begann.

    »»Du bist der einzige Freund, den ich habe.« [Kato] »Es würde funktionieren«, sagte er leise. Wie weh es tat, dass sie nicht daran glaubte.« S.120 💔

    Der Roman besticht für mich durch die wunderschöne Sprache und Erzählweise der Autorin, die subtile, ruhige und poetische Art und Weise wie alle Details — auch die Schreckliche — erzählt werden und der Zusammenhalt erlebt wird. Nach diesem poetischen, gefühlvollen, sprachgewandten und schönen Roman möchte ich unbedingt noch weitere Bücher der Autorin lesen.

    Grosse Herzensempfehlung für diesen Roman 🐦‍⬛💜

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  • 5 Sterne

    AnnaMagareta, 01.01.2024

    Als Buch bewertet

    Eine Reise in die Vergangenheit

    „Lichtungen“ ist ein Roman voller Erinnerungen der in Freiburg im Breisgau lebenden Autorin Iris Wolf.

    Die Handlung beginnt mit Kapitel neun in der Gegenwart und wird rückwärts erzählt. Das bleibt jedoch nicht die einzige Besonderheit in diesem Buch.

    Lev und Kato sind zwei sehr unterschiedliche Charaktere, deren Leben sie in der Kindheit zufällig zusammengeführt hat. Zwischen ihnen entsteht eine Verbindung, die auch anhält als es Kato nach der Öffnung der europäischen Grenzen in den Westen verschlägt. Nach Jahren erreicht Lev eine Karte von Kato, die ihn zum Aufbrechen bewegt.

    Die Handlung besteht aus Erinnerungen, in denen neben dem Leben der Protagonisten auch das politische Zeitgeschehen Europas verwoben ist. Historische Fakten, geschichtlich gewachsene Traditionen und Fiktion werden hier gekonnt miteinander verflochten.
    Auch wenn hier Lev und Kato stets im Vordergrund stehen, sind die übrigen Charaktere ebenso wichtig und bezeichnend.

    Der Schreibstil von Iris Wolf ist sehr ruhig und angenehm zu lesen. Es gibt Sätze, die voller Poesie stecken und solche, die zum Nachdenken anregen. Hier wurde wirklich jedes Wort mit bedacht gesetzt.

    Mir gefiel dieser tiefgreifende Roman, der deutlich macht, was einen Menschen ausmacht, wie er von seiner Vergangenheit geformt und zu dem wird, was er ist, sehr gut, so dass ich weitere Werke der Autorin lesen möchte.

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  • 5 Sterne

    Hanne, 03.01.2024

    Als Buch bewertet

    Bildhafter berührender Sprachstil - Der Roman beschreibt in einer Rückschau die Beziehung zwischen Lev und Kato, die in Rumänien gross werden. Als der elfjährige Lev für mehrere Wochen nicht zur Schule gehen kann, weil er nicht laufen kann, versorgt Kato ihn mit den Hausaufgaben. Anfangs ist Lev davon nicht sehr angetan. Aber im Laufe der Zeit wird ihr Verhältnis immer vertrauter.

    Während Lev in Rumänien bleibt, verlässt Kato ihre Heimat und bereist Westeuropa. Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Strassenmalerin. Kato schickt Lev selbst gezeichnete Postkarten von den Orten, wo sie sich gerade aufhält. In Zürich treffen sich beide wieder.

    Die Kapitel des Buchs sind wie ein Countdown nummeriert, von "Neun" (Gegenwart) bis "Eins". Jedem Kapitel ist ein Zitat in verschiedenen Sprachen vorangestellt (die deutschen Übersetzungen der Zitate befinden sich am Buchende).

    Mich hat der bildhafte Schreibstil der Autorin schnell in seinen Bann gezogen. Es gelingt ihr, Gefühlszustände und Ereignisse anschaulich und nachvollziehbar zu beschreiben. Man taucht tief in die Gedanken der Personen und in die Geschehnisse des Romans ein.

    Fazit: Dieser Roman ist sehr vielschichtig und berührend. Die Wortwahl ist phasenweise sehr poetisch und/oder philosophisch. Beim Lesen kam mir des öfteren der Spruch "Verstehen kann man das Leben oft nur rückwärts, doch leben muss man es vorwärts" in den Sinn.

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  • 5 Sterne

    Philo, 01.02.2024

    Als Buch bewertet

    Das wunderschöne Cover - so federleicht passend zur Geschichte. Der Klappentext erzählt die Geschichte um Lev und Kato von Beginn an, das Buch aber ist in den Kapiteln neun bis eins rückwärts geschrieben, was mich zunächst irritiert hat und viel Konzentration und Aufmerksamkeit beim Lesen erfordert hat. Ich habe am Ende das gesamte Buch noch einmal von Kapitel eins bis neun gelesen, und plötzlich war alles stimmig. Die Protagonisten waren mir bereits an Herz gewachsen, aber jetzt konnte ich zeitlich alles ganz wunderbar einordnen. Der Schreibstil der Autorin ist so poetisch und einfühlsam, dass es eine Freude ist, dieses Buch zu lesen. Die Freundschaft zwischen Kato und Lev ist etwas ganz besonderes. Sie kennen sich seit Kindertagen und eine starke Bindung entsteht zwischen den beiden, als Kato die Schulaufgaben zu Lev bringen soll, der wegen einer Verletzung das Bett hüten muss. Die Achtung und Gefühle, die Lev Kato entgegenbringt, haben mich sehr bewegt. Beide sind in Rumänien aufgewachsen, und als sich schliesslich die Grenzen öffnen, sucht Kato die Freiheit im Westen, während Lev in seiner Heimat verbleibt. Erst eine Postkarte von Kato mit der Frage "Wann kommst du?" rüttelt Lev auf und er macht sich auf den Weg zu Kato.

    Meine Leseempfehlung für dieses Buch. Es ist etwas ganz besonderes und wird mich noch lange begleiten.

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  • 5 Sterne

    Bookflower173, 15.01.2024

    Als Buch bewertet

    Wunderschön geschriebene und tiefgründige Geschichte!

    In diesem Roman wird die besondere Freundschaft zwischen Kato und Lev rückwärts erzählt. Lev war als Schüler lange krank und Kato war diejenige, die ihm die Unterrichtsmaterialien gebracht hat. Es entstand eine besondere Freundschaft, die Lev Jahre später nach Zürich bringt, wo er Kato wiedersieht.

    Iris Wolff hat mich mit ihrem Schreibstil schon in anderen Romanen begeistert. Auch in diesem Buch verleiht ihre poetische und künstlerische Sprache der Geschichte eine ganz besondere Note. Ihre Kunst, in die kleinsten Details des Lebens so eine intensive Bedeutung zu packen, ist wirklich bemerkenswert. In jedem Satz steckt so vieles an Emotionen, an Unausgesprochenem.

    Dass wir erst aus der Retrospektive erfahren, wie die besondere Freundschaft entstanden ist, finde ich spannend! Teilweise musste ich mich deshalb aber etwas konzentrieren, um die vielen Zeitsprünge richtig zu erfassen und einzuordnen. Das Buch ist beruhigend und lässt einen wohlfühlen. Das Thema Freundschaft wird facettenreich und besonders entfaltet!

    Fazit:
    Iris Wolff schreibt auf eine ganz besondere Art und Weise, die jede Seite verzaubert und auch unaufgeregten Geschichten viel Intensität verleiht. Man kann sich auch in diesem Buch sehr leicht versinken lassen und die Geschichte geniessen!

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  • 5 Sterne

    Leseratte, 13.01.2024

    Als Buch bewertet

    Ein zartes und wunderschön gezeichnetes Cover - eingebettet ein Roman der sich vom Ende bis zum Anfang erlesen lässt - d.h. der beim Ende mit Kapitel 9 beginnt und sich bis Kapitel 1 erstreckt, daran musste ich mich erst gewöhnen. Die ersten beiden Kapitel gaben noch Rätsel auf, doch der flüssige Schreibstil und die poetische, fast liebevolle Sprache vereinfachten das immer weiter lesen. Und es hat sich gelohnt. Je weiter ich mich in die Vergangenheit lese, um so genauer werden die gewonnenen Eindrücke. Die Autorin versteht es mich als Leserin zu fesseln. In gut 250 Seiten begegne ich Lev samt seiner grossen Familie. Ebenso bekomme ich Einblicke in seine Freundschaften, seine Erlebnisse in der Vergangeheit, seine Ängste und seine eine grosse Liebe, die mir immer vertrauter wird. Ich lerne den Vielvölkerstaat Rumänien mal von einer ganz anderen Seite kennen. Zu wenig weiss man von diesem wunderschönen Land und seinen Menschen. Und gerade dies macht diesen Roman besonders lesenswert.
    Fazit: Unbedingt lesenswert, weil hier Momente in Sprache eingebettet werden.

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