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  • 5 Sterne

    5 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lilli33, 10.02.2022 bei bewertet

    Sehr amüsant, aber mit ernstem Hintergrund

    Inhalt:
    September 2019: Michael Hartung, ein unscheinbarer, glückloser Besitzer einer mehr schlecht als recht gehenden Videothek in Berlin, ergreift seine Chance, als sie ihm geboten wird. Der westdeutsche Journalist Alexander Landmann hat seinen Namen ausgegraben, als er auf der Suche nach einer genialen Story zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls war. Vor 36 Jahren verhalf Hartung, der damals bei der Reichsbahn arbeitete, 127 Menschen zur Flucht nach West-Berlin. Allerdings tat er dies unwillentlich und unbewusst. Doch Landmann baut ihn zum Helden auf, und Hartung spielt mit, wird dabei aber immer mehr zum Spielball von Medien und Politik. Und als er sich schliesslich verliebt, will er am liebsten allen die Wahrheit sagen, doch das ist gar nicht so einfach …

    Meine Meinung:
    Nach dem Genuss dieses Buches ist Maxim Leo ein Name, den ich mir definitiv merken werde. Ich kannte den Autor bisher nicht, aber mit „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ konnte er mich absolut begeistern.

    Mit ein wenig Satire, ein wenig Ironie und ein wenig Ernsthaftigkeit nimmt Leo so manches Vorurteil von Ost nach West und umgekehrt sowie etliche Klischees auf die Schippe. Presseleute, Politiker und Historiker bekommen ihr Fett weg. Dies ist sehr amüsant zu lesen, lässt aber auch den nötigen Ernst nicht vermissen. Es ist einfach eine absolut gelungene Mischung.

    Dazu trägt auch viel der sympathische Held Hartung bei, an dessen Seite man beim Lesen diese kuriose Story erlebt. Man kann sich dabei sehr leicht in diesen anfangs etwas trantütig wirkenden, später immer sympathischeren Helden hineinversetzen und seine Gründe für manche abstruse Handlung nachvollziehen. Sein Charakter ist sehr tiefgründig angelegt und wird liebevoll beschrieben. Auch die anderen Figuren sind gut ausgearbeitet.

    Der Schreibstil ist locker, aber nicht zu einfach und lässt sich mit grossem Vergnügen lesen.

    Fazit:
    Tolle Story + toller Schreibstil = Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke S., 07.02.2022

    Held spielen ist ganz schön schwer

    „Eine Fliege landete auf Hartungs Arm und riss ihn aus seinen Gedanken. Na ja, Gedanken. Es war eher so eine Art Wachkoma, in das er manchmal fiel, wenn er hinter dem Tresen sass und wartete. Na ja, warten. Als würde er ernsthaft damit rechnen, dass heute noch irgendwas in seinem Laden passierte. Die Wahrheit war, dass er mit gar nichts rechnete. Hartung konnte stundenlang so dasitzen, umgeben vom herrlichen Nichts.“, gilt für Michael Hartung, der genügsam in den Tag lebt und versucht, sich mehr schlecht wie recht mit den Einnahmen seiner Videothek, die ihm sein Kumpel aufs Auge gedrückt hat, über Wasser zu halten. Seine Laune ist nicht die beste, „Keine Ahnung, was ihn gerade mehr runterzog, das beschissene Herbstwetter oder Karin, die mit ihm Schluss gemacht hatte. Oder dieser Brief, in dem die Immobilienverwaltung mitteilte, dass die Mietschulden für die Videothek bis Ende des Monats zu begleichen seien. Ja, wovon sollte er denn die blöde Miete bezahlen?“, als er Besuch von Journalist Landmann bekommt, der darauf hofft, in Hartung, der laut alten Stasi Unterlagen die Weichen für eine spektakuläre Flucht mittels Bahn gestellt hat, einen Helden für eine grosse Story gefunden zu haben.

    Als Leser darf man mit verfolgen, wie nun Hartung ungewollt und eigentlich auch zu Unrecht, denn, »Klar habe ich in dieser Nacht nicht ganz vorschriftsmässig gehandelt. Aber das war ein dummes Versehen, eine Verkettung widriger Umstände, wie man so sagt. Keine geplante Sache.“, von Landmann zum Helden der Nation gemacht wird, wie er in die ganze Geschichte rutscht, lockt ihn anfangs doch die Kohle, die ihm für die Ladenmiete fehlt, welche Ausmasse die Story annimmt, eine Rede vor dem Bundestag ist nur ein Beispiel dafür, und welche Probleme sich durch die Lügenmärchen, die zwangsläufig entstehen, für ihn ergeben. Was sagt sein Gewissen, wie kann er mit der Lüge, mit der Angst aufzufliegen umgehen, und was passiert, wenn er sein Herz an eine Frau verliert, die seinerzeit in dem Zug in die Freiheit sass, bei dem er die Weiche gestellt hat, und der gegenüber er eigentlich auch ehrlich sein will? Vor allem wenn zusätzlich für sie gilt, »Ich bin Prozessanwältin, ich sehe, wenn Menschen, die darin keine Übung haben, lügen. Ausserdem stimmt die emotionale Logik nicht.«. Das wird natürlich nicht verraten.

    Der pointierte, witzige und unterhaltsame Sprachstil des Autors macht einfach Spass und so konnte ich beim Lesen ganz oft schmunzeln. Angelegt ist die Geschichte einige Wochen vor dem 30jährigen Jubiläum anlässlich des Falls der Mauer, dreht sich um eine spektakuläre Flucht aus der ehemaligen DDR und Maxim Leo bringt hier einige Klischees, aber auch immer noch bestehende Vorurteile und Misslagen zwischen Ost und West äusserst lebhaft und kurzweilig aufs Tapet. Er hat mich aber nicht nur zum Schmunzeln, sondern auch immer wieder mit Aussagen, die er seinen Mitspielern in den Mund legt, wie »Ach Freiheit, hören Sie doch auf mit diesem Quatsch! Ich weiss, das hört sich gut an, aber wer will denn wirklich frei sein? Warum arbeiten die Menschen ewig lange im selben Betrieb? Warum heiraten sie? Warum schaffen sie sich einen kleinen Garten an, in den sie dann jedes verdammte Wochenende fahren? Warum buchen sie ihr Ferienhaus an der Ostsee immer schon ein Jahr im Voraus? Weil sie frei sein wollen? Der Mensch braucht Routine, er will sich nicht ständig entscheiden müssen, er will sich nicht infrage stellen. Freiheit ist anstrengend, Freiheit ist Arbeit, genau wie Demokratie. Es sind tolle Begriffe, aber ich würde denken, zwei Drittel der Bürger, auch im Westen, können damit in Wahrheit nicht viel anfangen. Sie sind froh, wenn jemand für sie entscheidet, auch weil sie dann immer jemanden haben, auf den sie sauer sein können. Ansonsten wollen die Leute ihre Ruhe haben und sich auf die Bundesliga und ihren nächsten Yogakurs konzentrieren.« oder auch „Das könnt ihr euch ja gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn man in so einer Diktatur leben muss! Wobei ich manchmal denke, dass ihr auch in einer Diktatur lebt, in der Diktatur eurer Smartphones und Likes, in der Diktatur eurer falschen Freunde!“ ,immer wieder zum Grübeln gebracht.

    Michael Hartung war mir von Anfang an sympathisch. Er ist ein typischer Anti Held, den man wegen seiner einfachen, eigentlich ehrlichen Art einfach gern haben muss. Die Tatsache, dass ich mitverfolgen konnte, wie er in die Geschichte rutscht, wie er leidet, hat mich richtig mitleben lassen. Ich habe gefiebert, habe gehofft, dass er sich für die Wahrheit entscheidet, dass er Paulas Herz gewinnen kann und dass Alles ein gutes Ende findet. Ich konnte mich stets in Hartung hineinversetzen. Es war stets klar nachvollziehbar, warum er wie handelt, das hat der Autor wirklich grandios gezeichnet. Auch die anderen Darsteller, allen voran Landmann, den erfolgsgetriebenen Journalisten, Paula, die sich so nach Ehrlichkeit und Sicherheit sehnt oder auch Herr Wischnewsky, für den die Erinnerungskultur über alles geht, sind äusserst authentisch, lebendig und gelungen gezeichnet.

    Alles in allem, spreche ich für den Held vom Bahnhof Friedrichsstrasse gerne eine Leseempfehlung aus und ende mit diesem Zitat, mit dem auch ich für ein mehr an Miteinander werben möchte, »Ich schätze, dass schick gepflasterte Fusswege nicht ausreichen, um einen Menschen glücklich zu machen. Vor allem wenn ihm ständig erklärt wird, wie dankbar er für all das sein sollte.« »Aber was muss man denn tun, um einen Ostdeutschen glücklich zu machen?« »Es ist wie in einem Liebesfilm«, sagte Hartung, »es geht vor allem um das Gefühl. Das Gefühl, akzeptiert zu werden. Das Gefühl, dazuzugehören. Vielleicht sollte man damit beginnen, nicht mehr von den Ostdeutschen und den Westdeutschen zu sprechen.“

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    lisbethsalander, 19.02.2022

    Eine wirklich originelle Geschichte

    Als geborener Wessi, vor 20 Jahren in den sogenannten Osten gezogen, hier mittlerweile sehr glücklich lebend, mag ich Ost-West-Geschichten, egal welcher Art sehr, noch dazu, wenn sie so gekonnt inszeniert sind, wie "Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse", das neuste Werk von Maxim Leo. Unser Protagonist Michael Hartung, erfolgloser Videothekenbesitzer aus Ostberlin hat im Jahr 1983 als Stellwerksmeister bei der Bahn arbeitend eine Weiche so gestellt, dass der entsprechende Zug mit 127 Insassen "versehentlich" in den Westen fuhr und so diesen Menschen die Flucht ermöglichte. Von dieser Geschichte erfährt Journalist Alexander Landmann aus Hamburg zufällig durch eine Stasiakte und wittert hier die ganz grosse Sensation. Hartung, die Hauptperson der Story, anfangs noch skeptisch, biegt sich doch der Autor die Ereignisse und die Wahrheit so zurecht wie er sie braucht, kommt nach und nach auf den Geschmack, als er merkt, dass sich mit der eigentlich ungewollten Berühmtheit auch ein mehr als willkommener Geldregen verbindet, den er für seine Mietschulden mehr als gut gebrauchen kann. Erst als er auf eine junge Frau stösst, die als Kind in besagtem Zug sass, und die sein Herz berührt, möchte Hartung gerne am liebsten alle Unklarheiten wieder zurecht rücken. Maxim Leo hat hier in einem mehr als flüssigen Schreibstil einen unglaublich abwechslungsreichen, gut unterhaltenden Roman geschrieben, der Klischees von Ossis und Wessis karikiert, und beweist, dass alle die angeblichen guten oder schlechten Eigenschaften eigentlich nur menschlich sind. Ausserdem kommt man als Leser zur Schlussfolgerung, dass die Geschichtsschreibung immer nur aus der Sicht der Verfasser richtig erscheinen mag, ein fast schon philosophisches Thema! Die Geschichte kommt so leicht und locker daher und ist dabei doch trotzdem voller Tiefgang mit ihren nicht nur authentisch skizzierten, sondern auch zutiefst menschlichen Charakteren! Ein grossartiges Buch, das von mir die volle Punktzahl und eine absolute Leseempfehlung erhält!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Readaholic, 24.02.2022

    Die Geister, die ich rief
    Kurz vor dem 30jährigen Jahrestags des Mauerfalls recherchiert der Hamburger Journalist Alexander Landmann in alten Stasi-Akten und gräbt eine abenteuerliche Geschichte aus: Michael Hartung, der damals bei der Deutschen Reichsbahn für die Weichenstellung der S-Bahnzüge am Stellwerk Friedrichstrasse zuständig war, soll am 12. Juli 1983 durch das Freischalten einer Weiche allein dafür verantwortlich sein, dass in dieser Nacht ein mit 127 Personen besetzter S-Bahnzug ungehindert in den Westen durchfahren konnte. Landmann wittert die grosse Story und sucht Hartung auf, der mittlerweile Besitzer einer ziemlich heruntergekommenen Videothek in Ostberlin ist. Zunächst will Hartung nichts von ihm wissen, schon gar nicht davon, ein Held zu sein, denn in Wirklichkeit war in jener Nacht lediglich ein Bolzen beim Stellen der Weiche abgebrochen. Als Landmann ihn durch ein grosszügiges Honorar für ein Interview lockt, beschliesst Hartung mitzuspielen, doch bald nimmt die Geschichte vom Helden vom Bahnhof Friedrichstrasse solche Ausmasse an, dass er sie nicht mehr steuern kann. Die Talkshows reissen sich um ihn, Buch und Film sind geplant und Hartung soll am Jahrestag des Mauerfalls eine Rede im deutschen Bundestag halten. Alles wächst ihm über den Kopf. Möglicherweise hätte er seinen Ruhm und den damit einhergehenden Geldfluss sogar genossen, wäre da nicht Paula, die ihn eines Tages anspricht und in die er sich umgehend verliebt. Paula war als Kind mit ihren Eltern in eben jener S-Bahn, die sie in den Westen brachte und somit ihr Leben veränderte. Hartung will sie nicht anlügen, doch für die Wahrheit scheint es längst zu spät…
    Maxim Leo ist mit diesem humorvollen und satirischen Roman ein ganz wunderbares Buch über die deutsche Wiedervereinigung und die Vorurteile von Ossis und Wessis geschrieben. Was ist schon Geschichte? Hat nicht jeder ein eigenes Bild davon, was Geschichte (und Wahrheit) ist? Mit viel Humor und Sprachwitz widmet er sich fast schon philosophischen Themen, doch im Vordergrund steht immer der sympathische Michael Hartung, der niemals ein Held sein wollte und in diese Rolle hineingedrängt wurde. Das Buch hat mir kurzweilige und vergnügliche Lesestunden bereitet. 5 Sterne und absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Ursula U., 14.03.2022

    Michael Hartung möchte ein ruhiges, bescheidenes Leben führen, mit seinem Freund Bernd Bier trinken und alte Filme gucken. Nach vielen beruflichen Fehlschlägen ist er nun, im Jahr 2019, Inhaber einer Videothek. Wie nicht anders zu erwarten, steht er vor der Insolvenz. Gerade zu diesem Zeitpunkt hat der erfolglose Journalist Alexander Landmann die Hintergründe einer Flucht vor über 30 Jahren aus Ostberlin ausfindig gemacht. In einem Zug vom Bahnhof Friedrichstrasse gelangten über 100 Menschen aus dem Osten die Flucht in den Westen Berlins. Und Michael Hartung war der Eisenbahner, der die Weiche gestellt hat. Michael selbst weiss, dass war nur seiner Stümperhaftigkeit zu verdanken, es war keine geplante Aktion und fast alle aus versehen Geflüchtete kehrten wieder in die DDR zurück. Für die Presse war es nun ein gefundenes Fressen. Und für Michael gab es Geld und Ruhm, seine Tochter meldete sich wieder bei ihm. Und er traf auf Paula, die als Kind im Zug sass und in die er sich verliebte. Dafür konnte man schon ein wenig lügen. Irgendwann wird die Geschichte schon vergessen werden. Doch dem war nicht so, immer mehr anfragen kamen, ein Buch, ein Film und dann sogar eine Rede vor dem Bundestag sollten folgen. Wie konnte er nur aus dieser falschen Geschichte wieder herauskommen?
    Sehr lebensnah und mit einem sehr guten Schreibstil versehen erleben wir die Geschichte eines ganz normalen Mannes, der zum Helden stilisiert wird. Seine Ängste und Untersicherheit, sein Wunsch nach Glück und Bestätigung, seine Tochter endlich richtig kennenzulernen und die Liebe seines Lebens zu behalten. Die Unterschiede in der Sichtweise der Menschen aus Ost und West, das Zuhören können, sind ein grosses Thema in diesem fiktiven Roman. Trotz, oder gerade wegen, aller Gegensätzlichkeiten gut zusammen zu leben werden hier zur Sprache gebracht.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gisela E., 09.05.2022

    Überraschend zum Helden ernannt

    Michael Hartung betreibt eher erfolglos eine Videothek, als er im September 2019 Besuch von einem Journalisten erhält, der über eine spektakuläre Massenflucht vom Bahnhof Friedrichstrasse aus recherchiert: Damals gelangten 127 Menschen aus der DDR in einem S-Bahnzug in den Westen. Hartung hat damals als Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstrasse gearbeitet. Nie wieder hat er sich mit den damaligen Geschehnissen auseinandergesetzt. Nun aber, nach Zahlung eines ordentlichen Honorars, bestätigt er die Geschichte – und wird quasi über Nacht zu einem Helden. Damit beginnt eine ganz neue Karriere für Hartung – als Held, der überall gefeiert werden soll. Und Hartung beginnt, sich in einem Dickicht aus Lügen zu verheddern.

    Michael Hartung, der Held wider Willen, der sich eigentlich schon in einem ereignislosen Leben eingerichtet hatte, erhält die einmalige Chance, zu Geld zu kommen und mit seiner Tochter die Beziehung zu erneuern. Sehr pointiert beschreibt der Autor Maxim Leo, wie sich die Geschichte der heldenhaften Rettung von 127 DDR-Bürgern aufbauscht, wie Hartung den Verlockungen anheimfällt, wenn er die erwartungsvollen Fragen der Medien beantwortet, die ihn als Held feiern wollen. Und wie Hartung damit ein Lügengebäude aufbaut, in dem er sich zunehmend weniger wohl fühlt. Das ist sehr nachvollziehbar erzählt, als Leser fiebert man mit Hartung mit, während nach und nach die verschiedenen Aspekte der damaligen Geschehnisse aufgeblättert werden. Man fragt sich, ob Hartung je einen Ausweg aus seinem Lügengebäude finden wird.

    Diese satirische Geschichte über einen Helden wider Willen hat mich sehr gut unterhalten können. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe alle 5 möglichen Sterne.

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  • 5 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nicole K., 10.06.2022

    Held der Zeit

    Das Cover dieses Buch ist schön gestaltet und hat mich gleich neugierig gemacht. Eines Tages steht der Journalist Landmann vor ihm und nennt ihn einen Helden. Videothekenbesitzer Michael Hartung wird unfreiwillig in eine Geschichte gezogen. Hartung will erst keine Auskunft geben aber das Geld ist doch verlockend. Es geht um eine Flucht von 127 Menschen aus der DDR. Hartung war zu der Zeit Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstrasse. Als die Geschichte seinen Lauf nimmt, kennt jeder Hartung und feiert Ihn als Held. Dieses Buch wurde so toll geschrieben das man sich sofort in die Geschichte reinversetzt fühlt. Ist die Geschichte einmal ausgesprochen ist sie schwierig diese wieder zu bereinigen. Das Buch hat nur 300 Seiten und ich hätte mir mehr gewünscht. Von mir gibt es aber trotzdem volle Punktzahl und eine absolute Lese- und Kaufempfehlung.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Luise_Dez, 15.02.2022

    Der Autor Maxim Leo, erzählt in seinem neuen Roman „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“, eine rasante und ungemein vergnügliche fiktive Hochstaplergeschichte.

    Inhalte:
    Im September 2019 bekommt Michael Hartung, erfolgloser Videothekenbesitzer, Besuch von einem Journalisten. Der recherchiert über eine spektakuläre Massenflucht aus der DDR, bei der 127 Menschen in einem S-Bahnzug am Bahnhof Friedrichstrasse in den Westen gelangten. Der Journalist hat Stasi-Akten entdeckt, aus denen hervorgeht, dass Hartung, der früher als Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstrasse gearbeitet hat, die Flucht eingefädelt haben soll. Hartung dementiert zunächst, ist aber nach Zahlung eines ordentlichen Honorars und ein paar Bieren bereit, die Geschichte zu bestätigen. Schliesslich war er noch nie bedeutend, noch nie ein Held, und wenn es nun mal so in den Akten steht …

    Meine Meinung:
    Hartung übernimmt von Markus die Videothek „Moviestar“ als ihm dieser versicherte, diese sei eine Goldmine und er würde ihm ein Leben lang dankbar sein. Doch Hartung verliert und wird Opfer des technischen Fortschritts.

    Der Journalist Landmann ist auf der Suche nach einer spektakulären Story zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls und stösst bei seinen Recherchen auf den Namen von Michael Hartung. Schnell ist für ihn klar, er muss für ein Interview zu Hartung und als dieser erst einmal ausweicht, lockt ihn letztendlich die Zahlung eines ordentlichen Honorars. Schnell macht Landmann eine grosse Story daraus und vermarktet seinen ostdeuchten Helden perfekt. Er wird von der Presse, der Werbewirtschaft und der Politik regelrecht belagert und ist mit dieser Situation völlig überfordert und hadert immer mehr, vor allem, da er mit Paula unerwartet die Frau seines Lebens getroffen hat und ihr, wie auch seiner Tochter, ebenfalls die etwas modifizierte Wahrheit aufgetischt hat.

    Im Herzen bleibt er derselbe, der er immer war, er hat nie nach viel Geld oder Ruhm gestrebt und will doch nur sein altes Leben zurück. Doch ein Rückzug, gestaltet sich schwieriger als gedacht.

    Dem Autor sind seine Charaktere herrlich gelungen, der einfältige Held wider Willen, der Journalist, der seine grosse Chance wittert, ebenso wie die plötzlich durch den neuen Star am Himmel der ehemaligen DDR-Bürger bedrohten altbewährten Zeitzeugen, denen nicht mehr die Gunst der Politik zufliegt. Medien und Politbetrieb bekommen auch ihr Fett ab, denn sie sind es letztlich, denen der Mensch hinter der Geschichte egal ist, die nur ihre eigenen Interessen verfolgen, wer oder was dabei auf der Strecke bleibt, ist relativ egal.

    Mit leichtem Humor, gewürzt mit einer Brise Ironie und ein wenig Ernsthaftigkeit nimmt der Autor so manches Vorurteil zwischen Ost- und Westdeutsche sowie etliche Klischees auf die Schippe.

    Fazit:
    Der Autor hat für mich einen sehr guten unterhaltsamen fiktiven Roman geschrieben, der mich mit seinem Helden, sehr gut unterhalten hat. Insgesamt, sind alle Charaktere herrlich gelungen und hervorragend in die Geschichte eingebunden.
    Von mir eine klare Leseempfehlung.

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Stifftante, 15.02.2022

    Das hatte sich Michael Hartung wohl auch anders vorgestellt. Held sein, einfach so. Geld verdienen, ohne was zu tun. Michael Hartung, Held dieser Geschichte, denkt sich das genauso. Nach anfänglichem Zögern, gibt er schliesslich nach. Der Besitzer einer Videothek, kann endlich seinen finanziellen Aussenständen nachkommen und der Journalist Alexander Landmann, braucht dringend mal wieder eine gute Story. Und plötzlich, ist nichts mehr wie es war. Er wollte doch nur, ein bisschen vom Kuchenstück und nun dreht sich die ganze Presse um ihn. Naiv wie er ist, hat er erst mal mitgemacht, aber so ein Rummel um seine Person ?
    30 Jahre nach dem Mauerfall noch immer die Frage, welches System war besser ? Wie weit geht man, für Ruhm, Anerkennung und Geld ? Gibt es ein besser oder schlechter oder vielleicht doch nur ein anders ?
    Nach der Leseprobe, habe ich einen Roman erwartet, der das Thema witzig auf`s Korn nimmt. Natürlich ist die Ost-West Geschichte, ein ernsthaftes und schwieriges Thema. Trotzdem hatte ich mir etwas mehr Leichtigkeit gewünscht. Vielleicht gibt es aber auch einen tieferen Sinn, der sich mir nicht erschlossen hat.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Helena H., 09.02.2022

    „Warum lasen die Menschen Bücher? Warum gingen sie ins Kino oder ins Theater? Doch nicht, weil sie die Wahrheit wollten. Sie wollten träumen, sich in den Geschichten der anderen wiedererkennen. Und er, Hartung, half ihnen dabei.“

    Wir befinden uns in Berlin 2019, nur wenige Wochen vor dem 30. Jahrestag des Mauerfalls. Michael Hartung, ein ehemaliger Schranken- und Weichenwärter bei der Deutschen Reichsbahn, betreibt eine Videothek. In Zeiten von unzähligen Streamingdiensten eine denkbar schlechte Idee, doch Hartung und der techniologische Fortschritt stehen seit jeher auf Kriegsfuss: Jede Tätigkeit, der er im Laufe seines Lebens nachgeht, wird über kurz oder lang von der Technik überholt. Die Mietschulden werden immer grösser, denn bis auf einige Leute aus der Nachbarschaft und einige Typen aus dem Viertel, die es schick finden, weiterhin die alte Kulturtechnik der DVD zu nutzen, kommt niemand in seinen Laden. Doch sein Leben soll eine jähe Wende erfahren, als eines Tages ein Journalist des Nachrichtenmagazins »Fakt« auftaucht, der bei seinen Recherchen auf Hartungs Stasiakte gestossen ist und eine grosse Story hinter der legendären Flucht am Bahnhof Friedrichstrasse am 12. Juli 1983 wittert. Obwohl Hartung damals nur durch ein Missgeschick 127 DDR-Bürgern zur Flucht in den Westen verhalf, ist er für gutes Geld bereit, die Wahrheit um der Geschichte willen etwas auszuschmücken. Nicht ahnen kann er, welche Wellen der publizierte Artikel schlägt und welch schwerwiegende Konsequenzen seine unbedachte Entscheidung nach sich ziehen wird.

    Maxim Leo ist mit „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ ein äusserst charmanter, geistreicher und unterhaltsamer Roman gelungen. Michael Hartung, ein einfacher Mann und Held wider Willen ist eine charismatische Figur, mit der sich jeder Leser identifizieren kann – auch wenn er zuweilen etwas zu eloquent in Anbetracht seiner Vita und seiner zu Anfang skizzierten Persönlichkeit daherkommt. Aber auch die anderen Figuren, in deren Innensicht wir eintauchen dürfen, sind durch und durch menschlich und authentisch. Da haben wir den Reporter Alexander Landmann, der Anfang der 70er Jahre als Kind mit seinen Eltern und Geschwistern von Kasachstan nach Deutschland kam, und der immer härter als seine Landsleute für Anerkennung kämpfen musste. Als er über Nacht mit seiner Geschichte über Michael Hartung berühmt wird, setzt er alles daran, um vom Sockel der Ehre nicht wieder runtergestossen zu werden. Des weiteren lernen wir Harald Wischnewsky kennen, ebenfalls ehemaliger DDR-Bürger, dabei aber auch verdienter Bürgerrechtler und ehemaliger Revolutionär, der für das Verteilen von Flugblättern eine dreijährige Gefängnisstrafe absitzen musste. Er soll die Gedenkrede zum 30. Jahrestag des Mauerfalls halten, doch als mit Hartung plötzlich ein neuer Held – ein neues Gesicht mit einer originellen, unverbrauchten Geschichte! – auf der Bildfläche erscheint und an seiner Statt für diese Aufgabe ausgewählt wird, beschliesst Wischnewsky diese Demütigung nicht auf sich sitzen zu lassen und Genaueres über diesen äusserst ominösen Hartung herauszufinden. „Ihn nervte die Art, wie mit diesem Typen umgegangen wurde. Wie unwichtig die komplette Geschichte dieses komplett verschwundenen Landes war. Eigentlich waren sie doch beide nur Statisten, Argumentationsfutter der anderen. Und obwohl er das alles schon immer irgendwie gewusst hatte, so war doch die Rolle, die man ihm diesmal zudachte, so erniedrigend, dass er einfach nicht weiter mitmachen konnte.“ Behilflich soll Wischnewsky dabei der gebürtige Thüringer Holger Röslein sein, Leiter des »Dokumentationszentrum Unrechtstaat DDR«, dessen Eltern mit ihm in den Westen geflohen sind als er drei Jahre alt war. Röslein gilt als der grosse Stasi-Jäger und trifft beim Fall Hartung schnell auf eine vielversprechende Fährte. „Als gelernter Historiker wusste Röslein, dass es die Geschichtsvermittlung leichter machte, wenn man einen guten Helden hatte. Aber so ein Held, der musste lange reifen, der brauchte eine ordentliche Portion Charisma und vor allem eine wirklich gute Story. […] Die Ostdeutschen, das war Röslein mit den Jahren klar geworden, hatten kein Helden-Talent. Sie waren zu bescheiden, zu naiv, zu ehrlich. Ihnen fehlte schlicht der Ehrgeiz, der Narzissmus, die ikonische Lässigkeit.“

    Unterdessen gibt Michael Hartung Interviews und rührt als Hauptgast in einer live übertragenen Talkshow ein Millionenpublikum mit seiner (erfundenen) Geschichte zu Tränen. Nach den Beweggründen für sein waghalsiges Handeln am 12. Juli 1983 befragt, erzählt Hartung von seiner ersten grossen Liebe, einer Balletttänzerin, die von einer grossen Karriere am Broadway träumte, und der er zur Flucht in den Westen verhalf, damit sie ihren Traum verwirklichen konnte. [An dieser Stelle erklärt sich auch das Buchcover von „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“, auf dem eine filigrane Ballerina in einem Zugabteil zu sehen ist.] Hartung ahnt nicht, dass sich eine Frau die Sendung ansieht, die damals im Alter von vierzehn Jahren mit ihren Eltern in dem Zug nach Westen sass. Paula ist Prozessanwältin und leidet unter einem Fluchttrauma, das sie mit Hilfe von Hartung zu bewältigen hofft. Als die beiden sich näher kommen und eine Liebesbeziehung miteinander eingehen, muss Hartung sich entscheiden: Wählt er die Liebe und die Wahrheit oder den Ruhm und die Lüge?

    „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ ist trotz seiner Leichtigkeit und Eleganz ein äusserst komplexer Roman. Er rüttelt gekonnt an den festgefahrenen Denkmustern und Klischees von Ost und West, sodass der Leser am Ende der Lektüre idealerweise seine eigenen Ansichten mit einem Fragezeichen versieht. Auch Fragestellungen philosophischer Natur kommen nicht zu kurz: »Wir legen uns selbst die Vergangenheit zurecht […] Denken Sie doch nur daran, wie wir mit unserer persönlichen Geschichte umgehen. Was wir vergessen und woran wir uns erinnern. Gibt es einen einzigen Menschen, der seine Vergangenheit schonungslos ehrlich betrachtet? Ganz ähnlich ist es mit der grossen Geschichte, auch das geht es darum, woran sie Mehrheit einer Gesellschaft sich erinnern will. Sie kennen doch sicher den berühmten Satz ›Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.‹ […] Letztlich, Herr Hartung, wird die Geschichte immer von den Siegern geschrieben.“

    „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ ist eine tragi-komische Geschichte mit einem zufriedenstellenden Ende – was in Anbetracht der angelegten Geschichte keine leichte Aufgabe war. Denn schliesslich soll der äusserst charismatische Held der Geschichte nicht scheitern, gleichzeitig soll aber auch die Wahrheit über die Lüge siegen.

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  • 5 Sterne

    Lilli33, 10.02.2022 bei bewertet

    Inhalt:
    September 2019: Michael Hartung, ein unscheinbarer, glückloser Besitzer einer mehr schlecht als recht gehenden Videothek in Berlin, ergreift seine Chance, als sie ihm geboten wird. Der westdeutsche Journalist Alexander Landmann hat seinen Namen ausgegraben, als er auf der Suche nach einer genialen Story zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls war. Vor 36 Jahren verhalf Hartung, der damals bei der Reichsbahn arbeitete, 127 Menschen zur Flucht nach West-Berlin. Allerdings tat er dies unwillentlich und unbewusst. Doch Landmann baut ihn zum Helden auf, und Hartung spielt mit, wird dabei aber immer mehr zum Spielball von Medien und Politik. Und als er sich schliesslich verliebt, will er am liebsten allen die Wahrheit sagen, doch das ist gar nicht so einfach …

    Meine Meinung:
    Nach dem Genuss dieses Buches ist Maxim Leo ein Name, den ich mir definitiv merken werde. Ich kannte den Autor bisher nicht, aber mit „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ konnte er mich absolut begeistern.

    Mit ein wenig Satire, ein wenig Ironie und ein wenig Ernsthaftigkeit nimmt Leo so manches Vorurteil von Ost nach West und umgekehrt sowie etliche Klischees auf die Schippe. Presseleute, Politiker und Historiker bekommen ihr Fett weg. Dies ist sehr amüsant zu lesen, lässt aber auch den nötigen Ernst nicht vermissen. Es ist einfach eine absolut gelungene Mischung.

    Dazu trägt auch viel der sympathische Held Hartung bei, an dessen Seite man beim Lesen diese kuriose Story erlebt. Man kann sich dabei sehr leicht in diesen anfangs etwas trantütig wirkenden, später immer sympathischeren Helden hineinversetzen und seine Gründe für manche abstruse Handlung nachvollziehen. Sein Charakter ist sehr tiefgründig angelegt und wird liebevoll beschrieben. Auch die anderen Figuren sind gut ausgearbeitet.

    Der Schreibstil ist locker, aber nicht zu einfach und lässt sich mit grossem Vergnügen lesen.

    Fazit:
    Tolle Story + toller Schreibstil = Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Tanja G., 11.05.2022

    Michael Hartung war nie ein Held und liebt seine Arbeit im Moviestar. Eines Tages steht ein Journalist vor ihm und will ihn zu seiner Heldentat befragen, als er Menschen nach Westberlin fahren liess. Hartung will am Anfang davon nichts wissen, doch dann kommt er auf den Geschmack, was es bedeutet berühmt zu sein und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

    Hartung ist mir von Anfang an sympathisch: Ein liebenswerter Looser, der nicht mehr viel vom Leben erwartet. Auch seine Freunde sind einzigartige Originale. Der Journalist ist nur auf dem Ruhm aus und ich fand ihn nicht sehr sympathisch.
    Da ich noch sehr jung die Wiedervereinigung miterlebt habe, war das für mich natürlich noch einmal sehr spannend, wie es früher in der DDR zuging und auch die berühmte Ostalgie wird hier wieder sichtbar.

    Da mich der Schreibstil sehr gefeselt hat und das ganze Buch gewisse tragische Elemente aber auch humoristische Elemente beinhaltet, war es sehr angenehm zu lesen und ich habe mit Hartung natürlich mitgezittert. Schön war, dass er zum Ende hin erkannt hat, was wirklich wichtig im Leben ist.

    Ein wirklich gelungenes Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann.

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  • 4 Sterne

    Julia L., 06.05.2022 bei bewertet

    Wie man eine Geschichte erzählt

    Geschichte schreibt sich leider nicht von selbst. Wie sehr sie im Nachhinein verfälscht wird oder wie ihr Grundtenor klingt, hängt immer von demjenigen ab, der sie niederschreibt.

    Diese Erfahrung macht auch Hartung, als ein Journalist bei ihm auftaucht und ihn über einen bestimmten Abend vor der Wende interviewen möchte. Den Abend, an dem Hartung einen Bolzen an der Weiche im Stellwerk Friedrichstrasse abbrach und so einem Zug voller Menschen die Flucht in den Westen ermöglichte.

    Was als Unfall begann wird dank eines Zeitungsartikels plötzlich zur organisierten Massenflucht und Hartung ungewollt zum Helden. Der macht das beste aus der Situation...

    Maxim Leo greift in seinem Roman so manche Themen auf, Geschichtsfälschung und Interpretation von Zeitdokumenten, modernes Heldentum und streut sogar ein bisschen Liebe dazu.

    Allem voran konzentriert er sich aber auf das Thema Ost-West, mit all seinen Vorurteilen. Viele davon kennt man, mit einigen ist man aufgewachsen, manche davon bekommt man heute noch zu hören. Das wird auf die Dauer vielleicht ein wenig ermüdend.

    Mit Hartung hat der Autor aber gleichzeitig einen Helden auf Augenhöhe geschaffen. Der Mann hatte nicht immer Glück im Leben, ist aber auch kein Vollversager. Eigentlich ist er sogar ziemlich klug und dazu noch nicht vollkommen gewissenlos, hat aber nie wirklich etwas aus sich machen können. Das macht ihn nahbar und seine Erlebnisse und Entscheidungen nachvollziehbar, wenn auch nicht immer sympathisch.

    Insgesamt liest sich das Buch flott, macht ein Stückchen Geschichte erlebbar und lässt einen auch einen winzigen Blick hinter deutsche Politikkulissen werfen.

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  • 4 Sterne

    leseratte1310, 23.04.2022 bei bewertet

    Die Zeiten ändern sich und Videotheken sind nicht mehr so gefragt. Auch die von Michael Hartung lief nie gut, aber die Streaming-Dienste machen es ihm noch schwerer. Als dann ein Journalist bei ihm auftaucht und ihn als den Verantwortlichen für eine Massenflucht erkannt haben will, bestätigt Hartung nach einigem Zögern diese spektakuläre Geschichte, die nichts anderes ist als eine Lüge. So wird er unverhofft in allen Medien zum Helden. Doch dann trifft er Paula, die damals dabei war. Er verliebt sich und er muss aus diesem Lügengespinst wieder herausfinden.
    Maxim Leo hat einen angenehmen Erzählstil. Die Geschichte wird aus der Erzähler-Sicht beschrieben, so dass man ganz nah an dem Protagonisten dran ist. Es ist auch gut dargestellt, wie es den Medien immer nur darum geht, die reisserischste Schlagzeile zu haben und damit den Umsatz zu erhöhen.
    Michael Hartungs Leben ist noch nie besonders erfolgreich verlaufen. Angefangen hatte er einmal bei der Bahn und danach die unterschiedlichsten Jobs gemacht, doch nichts lief gut und war von Dauer. Er weiss genau, dass die Geschichte des Journalisten nicht stimmt, doch dann lässt er sich darauf ein. Für ihn ist es so etwas wie ein Spiel und er ahnt nicht, welche Kreise die Geschichte ziehen wird. Es lohnt sich für Hartung, doch als er aus der Sache aussteigen will, begreift er, dass das nicht so einfach ist.
    Es ist eine satirische Geschichte über einen ungewollten Helden. Sie hat mich gut unterhalten.

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  • 5 Sterne

    Helena H., 09.02.2022 bei bewertet

    „Warum lasen die Menschen Bücher? Warum gingen sie ins Kino oder ins Theater? Doch nicht, weil sie die Wahrheit wollten. Sie wollten träumen, sich in den Geschichten der anderen wiedererkennen. Und er, Hartung, half ihnen dabei.“

    Wir befinden uns in Berlin 2019, nur wenige Wochen vor dem 30. Jahrestag des Mauerfalls. Michael Hartung, ein ehemaliger Schranken- und Weichenwärter bei der Deutschen Reichsbahn, betreibt eine Videothek. In Zeiten von unzähligen Streamingdiensten eine denkbar schlechte Idee, doch Hartung und der techniologische Fortschritt stehen seit jeher auf Kriegsfuss: Jede Tätigkeit, der er im Laufe seines Lebens nachgeht, wird über kurz oder lang von der Technik überholt. Die Mietschulden werden immer grösser, denn bis auf einige Leute aus der Nachbarschaft und einige Typen aus dem Viertel, die es schick finden, weiterhin die alte Kulturtechnik der DVD zu nutzen, kommt niemand in seinen Laden. Doch sein Leben soll eine jähe Wende erfahren, als eines Tages ein Journalist des Nachrichtenmagazins »Fakt« auftaucht, der bei seinen Recherchen auf Hartungs Stasiakte gestossen ist und eine grosse Story hinter der legendären Flucht am Bahnhof Friedrichstrasse am 12. Juli 1983 wittert. Obwohl Hartung damals nur durch ein Missgeschick 127 DDR-Bürgern zur Flucht in den Westen verhalf, ist er für gutes Geld bereit, die Wahrheit um der Geschichte willen etwas auszuschmücken. Nicht ahnen kann er, welche Wellen der publizierte Artikel schlägt und welch schwerwiegende Konsequenzen seine unbedachte Entscheidung nach sich ziehen wird.

    Maxim Leo ist mit „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ ein äusserst charmanter, geistreicher und unterhaltsamer Roman gelungen. Michael Hartung, ein einfacher Mann und Held wider Willen ist eine charismatische Figur, mit der sich jeder Leser identifizieren kann – auch wenn er zuweilen etwas zu eloquent in Anbetracht seiner Vita und seiner zu Anfang skizzierten Persönlichkeit daherkommt. Aber auch die anderen Figuren, in deren Innensicht wir eintauchen dürfen, sind durch und durch menschlich und authentisch. Da haben wir den Reporter Alexander Landmann, der Anfang der 70er Jahre als Kind mit seinen Eltern und Geschwistern von Kasachstan nach Deutschland kam, und der immer härter als seine Landsleute für Anerkennung kämpfen musste. Als er über Nacht mit seiner Geschichte über Michael Hartung berühmt wird, setzt er alles daran, um vom Sockel der Ehre nicht wieder runtergestossen zu werden. Des weiteren lernen wir Harald Wischnewsky kennen, ebenfalls ehemaliger DDR-Bürger, dabei aber auch verdienter Bürgerrechtler und ehemaliger Revolutionär, der für das Verteilen von Flugblättern eine dreijährige Gefängnisstrafe absitzen musste. Er soll die Gedenkrede zum 30. Jahrestag des Mauerfalls halten, doch als mit Hartung plötzlich ein neuer Held – ein neues Gesicht mit einer originellen, unverbrauchten Geschichte! – auf der Bildfläche erscheint und an seiner Statt für diese Aufgabe ausgewählt wird, beschliesst Wischnewsky diese Demütigung nicht auf sich sitzen zu lassen und Genaueres über diesen äusserst ominösen Hartung herauszufinden. „Ihn nervte die Art, wie mit diesem Typen umgegangen wurde. Wie unwichtig die komplette Geschichte dieses komplett verschwundenen Landes war. Eigentlich waren sie doch beide nur Statisten, Argumentationsfutter der anderen. Und obwohl er das alles schon immer irgendwie gewusst hatte, so war doch die Rolle, die man ihm diesmal zudachte, so erniedrigend, dass er einfach nicht weiter mitmachen konnte.“ Behilflich soll Wischnewsky dabei der gebürtige Thüringer Holger Röslein sein, Leiter des »Dokumentationszentrum Unrechtstaat DDR«, dessen Eltern mit ihm in den Westen geflohen sind als er drei Jahre alt war. Röslein gilt als der grosse Stasi-Jäger und trifft beim Fall Hartung schnell auf eine vielversprechende Fährte. „Als gelernter Historiker wusste Röslein, dass es die Geschichtsvermittlung leichter machte, wenn man einen guten Helden hatte. Aber so ein Held, der musste lange reifen, der brauchte eine ordentliche Portion Charisma und vor allem eine wirklich gute Story. […] Die Ostdeutschen, das war Röslein mit den Jahren klar geworden, hatten kein Helden-Talent. Sie waren zu bescheiden, zu naiv, zu ehrlich. Ihnen fehlte schlicht der Ehrgeiz, der Narzissmus, die ikonische Lässigkeit.“

    Unterdessen gibt Michael Hartung Interviews und rührt als Hauptgast in einer live übertragenen Talkshow ein Millionenpublikum mit seiner (erfundenen) Geschichte zu Tränen. Nach den Beweggründen für sein waghalsiges Handeln am 12. Juli 1983 befragt, erzählt Hartung von seiner ersten grossen Liebe, einer Balletttänzerin, die von einer grossen Karriere am Broadway träumte, und der er zur Flucht in den Westen verhalf, damit sie ihren Traum verwirklichen konnte. [An dieser Stelle erklärt sich auch das Buchcover von „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“, auf dem eine filigrane Ballerina in einem Zugabteil zu sehen ist.] Hartung ahnt nicht, dass sich eine Frau die Sendung ansieht, die damals im Alter von vierzehn Jahren mit ihren Eltern in dem Zug nach Westen sass. Paula ist Prozessanwältin und leidet unter einem Fluchttrauma, das sie mit Hilfe von Hartung zu bewältigen hofft. Als die beiden sich näher kommen und eine Liebesbeziehung miteinander eingehen, muss Hartung sich entscheiden: Wählt er die Liebe und die Wahrheit oder den Ruhm und die Lüge?

    „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ ist trotz seiner Leichtigkeit und Eleganz ein äusserst komplexer Roman. Er rüttelt gekonnt an den festgefahrenen Denkmustern und Klischees von Ost und West, sodass der Leser am Ende der Lektüre idealerweise seine eigenen Ansichten mit einem Fragezeichen versieht. Auch Fragestellungen philosophischer Natur kommen nicht zu kurz: »Wir legen uns selbst die Vergangenheit zurecht […] Denken Sie doch nur daran, wie wir mit unserer persönlichen Geschichte umgehen. Was wir vergessen und woran wir uns erinnern. Gibt es einen einzigen Menschen, der seine Vergangenheit schonungslos ehrlich betrachtet? Ganz ähnlich ist es mit der grossen Geschichte, auch das geht es darum, woran sie Mehrheit einer Gesellschaft sich erinnern will. Sie kennen doch sicher den berühmten Satz ›Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.‹ […] Letztlich, Herr Hartung, wird die Geschichte immer von den Siegern geschrieben.“

    „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ ist eine tragi-komische Geschichte mit einem zufriedenstellenden Ende – was in Anbetracht der angelegten Geschichte keine leichte Aufgabe war. Denn schliesslich soll der äusserst charismatische Held der Geschichte nicht scheitern, gleichzeitig soll aber auch die Wahrheit über die Lüge siegen.

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  • 5 Sterne

    Michael F., 16.02.2022

    Held wider Willen?
    "Glücklich das Land, das Helden hat!", ruft Andrea, Schüler von Galileo Galilei, in dem gleichnamigen Schauspiel von Bertolt Brecht aus.
    "Glücklich das Land, das keine Helden nötig hat!", erwidert Galilei.
    Damit ist das Thema von Maxim Leos neuem Roman "Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse" umrissen: Braucht das Land Helden, und wenn ja, welche?
    Die Geschichte beginnt im Jahr 1983. Michael Hartung arbeitet bei der Reichsbahn in Ostberlin. Bei der Wartung einer Weiche bricht er versehentlich einen Sicherheitsbolzen ab, verschiebt die Reparatur aber zunächst einmal und geht nach Hause. Die Weiche ist damit blockiert und lässt sich nicht mehr verstellen. Es ist allerdings eine ganz besondere Weiche: Sie öffnet den Weg für die Fahrt nach West-Berlin (in der Tat gehörte das S-Bahn-System von ganz Berlin zur Ostberliner Reichsbahn - Zügen in West-Berlin, die repariert werden mussten, wurden über den Bahnhof Friedrichstrasse nach Ost-Berlin geleitet und wieder zurück). Und tatsächlich fährt - so die Fiktion - am Abend eine S-Bahn mit 127 Passagieren nach West-Berlin. 127 Passagieren begehen also unfreiwillig Republikflucht. Die Mehrheit kehrt wieder freiwillig nach Ost-Berlin zurück, einige aber bleiben im Westen.
    Michael Hartung wird von der Stasi verhaftet und mehrere Tage verhört, dann aber wieder freigelassen weil deutlich wurde, dass er sich nicht als Fluchthelfer betätigt hat. Seinen Job verliert er, weil ein neues Weichensystem eingeführt und er somit überflüssig wird. Wegrationalisiert wird er dann auch in den folgenden Jahren in verschiedenen anderen Berufen, bis er sich im Jahr 2017 eine Videothek aufschwätzen lässt, die zunächst gut läuft, jetzt aber auch vor dem Aus statt, da Streaming-Dienste sie überflüssig machen.
    Michael Hartung ist also der geborene Looser.
    Dieses Schicksal droht auch dem Journalisten Axel Landmann. Das Magazin mit dem sprechenden Namen "Fakt", für das er arbeitet, verliert ständig Leser, Arbeitsplätze sind massiv bedroht, wenn nicht ein Sensationscoup gelingt. Da stösst Landmann auf die Stasi-Akte von Michael Hartung und wittert die Chance für eine Story: Einfacher Arbeiter ermöglicht selbstlos 127 Menschen die Flucht aus der Diktatur der DDR.
    Landmann besucht Hartung, der zunächst abstreitet, willentlich als Fluchthelfer agiert zu haben. Dann aber lässt er sich von Landmann mittels eines für ihn hohen Geldbetrages überreden, die Ereignisse so darzustellen, dass er die Weiche absichtlich blockiert hat, um die S-Bahn in den Westen zu leiten.
    Ab hier nimmt die Geschichte Fahrt auf: Landmann baut systematisch Hartung zu einem Medien- und Politik-Star auf: Alle Zeitungen berichten über ihn, er wird in Talkshows eingeladen, der Bundespräsident empfängt ihn und schlägt ihn vor, die Gedenkrede im Bundestag zum 30-jährigen Jubiläums des Mauerfalls zu halten. Und mit jeder Frage, die ihm gestellt wird, verstrickt sich Michael Hartung in das Netz seiner Lügen.
    Es wird deutlich: Der Roman ist eine Satire. Er nimmt den Medienbetrieb, den politischen Betrieb, die Jubiläumsfeier zum Gedenken an den Mauerfall, in die Jahre gekommene Bürgerrechtler und selbst die Stasi aufs Korn. Maxim Leo tut das sachkundig und gekonnt, immerhin ist er selbst Journalist. Und er tut das auf sehr amüsante Weise, sodass seine Satire zwar nicht sehr bissig ist, aber äusserst unterhaltsam.
    Köstlich die Parodie der Talk-Show, in der neben Hartung auch Katharina Witt auftritt mit ihrer "Prinzessinnen-Frisur", eine subtile Anspielung auf ihr unrühmliches Verhalten während der DDR-Diktatur. Amüsant auch die Selbstironie: Landmann schreibt ein Buch über das Leben von Michael Hartung und hofft, mit seinem Buch in die Bestsellerlisten zu kommen. Und auch Los schreibt ein Buch über Hartung....
    Anrührend gestaltet ist die Begegnung von Hartung mit Michail Gorbatschow. Dieser legt seine riesigen Hände auf die Unterarme von Hartung und begrüsst ihn mit den Worten "Dobryy den',Gospodin Hartung".
    Allerdings gibt es einen zweiten Handlungsstrang, der sich der Satire entzieht: Hartung lernt eine Frau kennen und lieben, die als 14-Jährige mit ihren Eltern in der S-Bahn gesessen hat und deren Eltern entschieden haben, im Westen zu bleiben. Auf sehr ernsthafte Weise geht es hier um traumatische Erlebnisse der Vergangenheit, um Vertrauensverlust und den Versuch, Vertrauen wiederzugewinnen.
    Maxim Los gelingt es, die Figuren lebensnah und für die Leserin/den Leser völlig nachvollziehbar zu gestalten. Der Erzähler kann in das Innere der Personen blicken, gibt aber nicht zu viel vor, sodass genügend Spielraum für die Leserin/den Leser bleibt, sich selbst in die Figuren einzuführen. Die Sprache des Romans ist frei von Pathos und präzise in den Beschreibungen von Figuren und Örtlichkeiten.
    Und der Roman bietet Stoff, sich über eine Reihe von Problemen Gedanken zu machen: Wie funktioniert unsere Medienlandschaft? Wie gehen wir mit dem Gedenken an den Fall der Diktatur in der DDR um, wie mit den "Helden" der Bürgerrechtsbewegung? Wie hoch ist der Stellenwert der Wahrheit? Kann man verspieltes Vertrauen wiedergewinnen?
    Das alles macht den Roman sehr lesenswert bzw. auch hörenswert: Eingesprochen von dem grossartigen Schauspieler Peter Kurth bietet er sieben Stunden wahren Hörgenuss. Kurth liest mit viel Understatement und erweckt doch die Figuren zum Leben.

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  • 5 Sterne

    maria luise z., 15.02.2022 bei bewertet

    Der Autor Maxim Leo, erzählt in seinem neuen Roman „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“, eine rasante und ungemein vergnügliche fiktive Hochstaplergeschichte.

    Inhalte:
    Im September 2019 bekommt Michael Hartung, erfolgloser Videothekenbesitzer, Besuch von einem Journalisten. Der recherchiert über eine spektakuläre Massenflucht aus der DDR, bei der 127 Menschen in einem S-Bahnzug am Bahnhof Friedrichstrasse in den Westen gelangten. Der Journalist hat Stasi-Akten entdeckt, aus denen hervorgeht, dass Hartung, der früher als Stellwerksmeister am Bahnhof Friedrichstrasse gearbeitet hat, die Flucht eingefädelt haben soll. Hartung dementiert zunächst, ist aber nach Zahlung eines ordentlichen Honorars und ein paar Bieren bereit, die Geschichte zu bestätigen. Schliesslich war er noch nie bedeutend, noch nie ein Held, und wenn es nun mal so in den Akten steht …

    Meine Meinung:
    Hartung übernimmt von Markus die Videothek „Moviestar“ als ihm dieser versicherte, diese sei eine Goldmine und er würde ihm ein Leben lang dankbar sein. Doch Hartung verliert und wird Opfer des technischen Fortschritts.

    Der Journalist Landmann ist auf der Suche nach einer spektakulären Story zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls und stösst bei seinen Recherchen auf den Namen von Michael Hartung. Schnell ist für ihn klar, er muss für ein Interview zu Hartung und als dieser erst einmal ausweicht, lockt ihn letztendlich die Zahlung eines ordentlichen Honorars. Schnell macht Landmann eine grosse Story daraus und vermarktet seinen ostdeuchten Helden perfekt. Er wird von der Presse, der Werbewirtschaft und der Politik regelrecht belagert und ist mit dieser Situation völlig überfordert und hadert immer mehr, vor allem, da er mit Paula unerwartet die Frau seines Lebens getroffen hat und ihr, wie auch seiner Tochter, ebenfalls die etwas modifizierte Wahrheit aufgetischt hat.

    Im Herzen bleibt er derselbe, der er immer war, er hat nie nach viel Geld oder Ruhm gestrebt und will doch nur sein altes Leben zurück. Doch ein Rückzug, gestaltet sich schwieriger als gedacht.

    Dem Autor sind seine Charaktere herrlich gelungen, der einfältige Held wider Willen, der Journalist, der seine grosse Chance wittert, ebenso wie die plötzlich durch den neuen Star am Himmel der ehemaligen DDR-Bürger bedrohten altbewährten Zeitzeugen, denen nicht mehr die Gunst der Politik zufliegt. Medien und Politbetrieb bekommen auch ihr Fett ab, denn sie sind es letztlich, denen der Mensch hinter der Geschichte egal ist, die nur ihre eigenen Interessen verfolgen, wer oder was dabei auf der Strecke bleibt, ist relativ egal.

    Mit leichtem Humor, gewürzt mit einer Brise Ironie und ein wenig Ernsthaftigkeit nimmt der Autor so manches Vorurteil zwischen Ost- und Westdeutsche sowie etliche Klischees auf die Schippe.

    Fazit:
    Der Autor hat für mich einen sehr guten unterhaltsamen fiktiven Roman geschrieben, der mich mit seinem Helden, sehr gut unterhalten hat. Insgesamt, sind alle Charaktere herrlich gelungen und hervorragend in die Geschichte eingebunden.
    Von mir eine klare Leseempfehlung.

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  • 5 Sterne

    Miss.mesmerized, 10.02.2022

    Michael Hartungs ruhiges Leben in seiner Videothek wir nachhaltig gestört, als der Journalist Landmann im Herbst 2019 in seinem Laden auftaucht. Akribisch hat dieser die Stasi-Akten durchforstet und ist dort auf ein spektakuläres Ereignis gestossen, das bis dato von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde: am 12. Juni 1983 gelangen 127 DDR-Bürger mit einer S-Bahn in den Westen, weil eine Weiche am Bahnhof Friedrichstrasse falsch gestellt war. Genau diese Weiche hatte Hartung damals verantwortet. Für seine Hilfe zur Flucht wurde er in einem berüchtigten Foltergefängnis zwei Monate lang malträtiert, um die Hintermänner offenzulegen, doch er schwieg beharrlich und nahm alles auf sich. Ganz so war es zwar nicht, aber bevor Hartung den Reporter stoppen kann, ist die Geschichte in der Welt und er pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung der ostdeutsche Held, auf den alle gewartet haben.

    Maxim Leo porträtiert die Geschichte eines einfachen Mannes, der wider Willen zum nationalen Helden wird und machtlos zusehen muss, wie eine kleine Lüge, mehr eine Unstimmigkeit, sich ihren Weg bahnt und nicht mehr aufgehalten werden kann. Er gerät in die Maschinerie der Presse und Öffentlichkeit, geniesst den Ruhm auch ein wenig, doch das schlechte Gewissen plagt ihn. Und das ist es auch, was ihn letztlich zum Helden macht. Eine humorvolle Tour de Farce mit einem gänzlich untypischen Protagonisten, der die Geschichte jedoch grossartig trägt.

    Hartung lebt völlig ambitionslos, wenn auch bescheiden, in seinem Kiez. Die Videothek läuft nicht mehr gut seit es Streamingdienste gibt, weshalb er auch mit der Miete im Verzug ist. Da kommt ihm das Geld, das im Landmann für seine Geschichte bietet, gerade recht. Dieser hört die Geschichte, die er hören will, die ihm selbst Renommee einbringen wird und so ist das ungleiche Gespann schnell in einer Erzählung gefangen, die sie nach all der öffentlichen Aufmerksamkeit weiterspinnen müssen. Landmann vermarktet seinen ostdeutschen Helden perfekt, doch dieser hadert zunehmend, vor allem, da er mit Paula unerwartet die Frau seines Lebens getroffen hat und ihr, wie auch seiner Tochter, ebenfalls die etwas modifizierte Wahrheit aufgetischt hat. Im Herzen bleibt er derselbe, der er immer war, er hat nie nach viel Geld oder Ruhm gestrebt und will doch nur sein altes Leben zurück.

    Die Figuren sind herrlich gelungen, der einfältige Held wider Willen, der Journalist, der seine grosse Chance wittert, ebenso wie die plötzlich durch den neuen Star am Himmel der ehemaligen DDR-Bürger bedrohten altbewährten Zeitzeugen, denen nicht mehr die Gunst der Politik zufliegt. Medien und Politbetrieb bekommen auch ihr Fett ab, denn sie sind es letztlich, denen der Mensch hinter der Geschichte egal ist, die nur ihre eigenen Interessen verfolgen, wer oder was dabei auf der Strecke bleibt, ist relativ egal.

    Ein wundervoller fiktionaler Beitrag zur deutsch-deutschen Geschichte, der humorvoll nicht nur die Unzulänglichkeiten des Antihelden, sondern auch von uns allen offenlegt.

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  • 5 Sterne

    pw, 10.02.2022

    Helden werden von anderen gemacht

    Der Hauptheld dieses Romans, Michael Hartung, hat zunächst zwar ein Problem, aber geht recht phlegmatisch damit um. So ist er eben – ein ruhiger Zeitgenosse, der mir als Leserin von Anfang an sympathisch ist.

    Michael Hartung hat ein finanzielles Problem, das existenziell zu werden droht. Aber anstelle sich darüber aufzuregen oder sich irgendetwas zu überlegen, sucht er einfach einen alten Film aus und lenkt sich damit ab. Irgendwie sieht er sich als Technologieverlierer – kein Wunder als Inhaber einer Videothek in Zeiten von Streaming-Diensten.

    Als dann ein Reporter bei ihm auftaucht, weil der nach Durchforsten alter Stasi-Akten Michael Hartung als Helden sieht, der 1983 einen S-Bahn-Zug vom Bahnhof Friedrichstrasse in den Westen umgeleitet und damit 127 Menschen zur Flucht aus der DDR verholfen haben soll, nimmt eine sehr witzige Geschichte voller Hochstapelei und Flunkerei ihren Lauf. In der Tat hatte Michael Hartung durch eine Verkettung unglücklicher – oder glücklicher? – Umstände einen Anteil daran, jedoch war das ein Zufall.

    Die Sache wird natürlich, je weiter sie voranschreitet, immer verzwickter und spannender. Das Buch ist recht witzig geschrieben und ich empfand es als Wohlfühllektüre. Der Autor versteht es, interessante lebensechte Charaktere zu entwickeln. Das liegt wohl an seinem lebendigen Schreibstil, der sich den einzelnen Personen anpasst. Ich habe jede Szene wie einen Film vor mir sehen können, dabei mit den handelnden Personen empfunden und alles sehr genossen.

    Es war von Anfang bis Ende spannend und ich konnte mich in fast alle „Mitspieler“ hineinversetzen. Für mich war alles besonders gut vorstellbar, weil ich die meisten Orte der Handlung kenne. Aber ich denke, dass das nur ein kleiner Zusatzeffekt ist. Für Ortsfremde ist diese Lektüre bestimmt genauso unterhaltsam.

    Aus diesem Roman kann man eines lernen: Historische Darstellungen sind oftmals verfremdet. Wie so etwas funktionieren kann, sieht man an dieser fiktiven Geschichte. Das ist aber nicht so schlimm, wenn es allen in den Kram passt. So werden Helden oftmals erst von anderen gemacht.

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  • 5 Sterne

    petra w., 12.01.2022

    Michael Hartung ist ein Held wider Willen. Eigentlich ist er ein Mann der immer wenn er auf der Erfolgsspur ist, von der Zukunft überholt wird. Jetzt hat er einen kleinen Videoladen und lebt mehr schlecht als recht davon. Eines Tages steht der Journalist Landmann vor ihm und nennt ihn einen Helden. Er hat alte Berichte ausgegraben in dem von einer Massenflucht aus der DDR geschrieben wird, mit Hartung als Helden. Der streitet erst alles ab, es sei nicht so gewesen, wird aber von der Überzeugung des Journalisten und dem vielen Geld korrumpiert, auch einmal jemand zu sein zu dem aufgeschaut wird, eben ein Held sein. Alle Welt will den Helden erleben, dreissig Jahre nach der Wende braucht es etwas Neues zum Feiern. Ein neues Gesicht, ein Ostdeutsches mit Bedeutung.
    Der Autor beschreibt die Umstände so detailliert, das man das Gefühl hat in der besagten Nacht dabei gewesen zu sein. Dann wieder erzählt er die Lebensumstände der Figuren ganz nebenbei. Die Aktionen des Journalisten bekommen einen noch anderen Touch. Es ist das Spiel mit den Erzählstilen das die Menschen lebendig macht. Niemand beklagt sich über sein Schicksal, es ist eben so, fertig. Aber Träumen ist erlaubt, von einem anderen Leben, von was wäre wenn. Dazu ein feiner Humor der sich vor allem zwischen den Zeilen zeigt, oder wenn man sich die Situation bildlich vorstellt.
    Diese Art ein Lachen einzustellen habe ich auch in anderen Büchern des Autors gefunden, es ist besonders, nicht laut sondern verschwörerisch, geheimnisvoll, ein Lächeln wie, wir beide verstehen und wissen mehr als die Protagonisten.
    Gleichzeitig fordert der Autor mich und andere Leser auf, seht über euren Tellerrand, geht auf den anderen zu, versucht mal es mit seinen Augen zu sehen, probiert mal seine/ihre Meinung aus. Sagt nicht, die aus dem Osten oder auch, die aus dem Westen. So verschieden sind wir nicht. Die im Osten sind ja nicht aus Papua Neuguinea wir sprechen eine Sprache haben über lange Zeit die gleiche Kultur gehabt. Wir sind ein Volk von Helden und solchen die es gern wären.

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