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  • 5 Sterne

    8 von 11 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Judith S., 29.07.2022

    Als eBook bewertet

    Zutiefst berührendes Schicksal einer ukrainischen Familie
    Der deutsche Titel erinnerte mich beim ersten Hinschauen an Heinrich Heine, Denk ich an Deutschland in der Nacht…, ich las den Klappentext und wusste, dieses Buch muss ich lesen. Ich habe es nicht bereut, aber es hat mich tief betroffen gemacht.
    Die amerikanische Originalausgabe hat den Titel The Memory Keeper of Kyiv, der Roman bewahrt tatsächlich die Erinnerung an die schändliche russische Aushungerungspolitik von Anfang der 1930er Jahre. Vor den Augen des Lesers entsteht eine für menschliche Dimensionen eigentlich nicht vorstellbare, katastrophale Situation. Stalin beschliesst die Vernichtung des ukrainischen Volkes auf die perfideste Weise, der Holodomor wird in der Ukraine als Genozid betrachtet. Wer dieses Buch gelesen hat, wird eher verstehen, warum noch heute, 90 Jahre nach dieser menschengemachten Hungersnot und den Millionen Toten abgrundtiefer Hass zwischen Ukrainern und Russen besteht. Wer dieses Buch gelesen hat, weiss dann auch, dass der Ausspruch „Die Zeit heilt alle Wunden“ nur eine leere Phrase ist.
    Der Roman beginnt 2004, wir lernen Cassie kennen, eine junge Frau am seelischen Abgrund, die versucht, sich und ihr Töchterchen Birdie über die Runden zu bringen. Ein Jahr zuvor verlor Cassie ihren Ehemann und Birdie den Vater durch einen Autounfall. Birdie überlebt nur knapp, spricht seitdem kein einziges Wort. Cassie ist nicht in der Lage, zu arbeiten, sie ist Journalistin und findet keinen Zugang mehr zum Schreiben. In diese Situation platzt ihre Mutter mit der Nachricht, dass die Oma, genannt Bobby, Hilfe braucht. Cassie und Birdie ziehen also kurzerhand zur Grossmutter. Für Cassie beginnt eine neue Zeitrechnung. Es wird noch eine Weile dauern, bis sie sich öffnet, sie lernt den Feuerwehrmann Nick kennen, es beginnt eine Freundschaft, die sich auf sehr subtile Weise entwickelt. Beide haben etwas gemeinsam: ihre Vorfahren kamen aus der Ukraine nach Amerika. Nick jedoch ist derjenige, der die Sprache spricht und auch über die Vergangenheit und die Geschichte der Ukraine einiges weiss. Cassie hat zwar ab und an versucht, der Grossmutter einige Erinnerungen zu entlocken, aber diese verschloss sich wie eine Auster.
    Nun ist die Grossmutter nicht nur alt, sie ist auch krank, es macht sich eine Art Verwirrtheit und beginnender Demenz bemerkbar. Cassie findet merkwürdige Zettel, entdeckt ein Tagebuch, alles Ukrainisch, und sie entdeckt Lebensmittel an den merkwürdigsten Stellen. Nick hilft ihr, zuerst die Zettel und später die Tagebuchaufzeichnungen zu entschlüsseln. Es wird langsam deutlich, was die Grossmutter – als Katja – in ihrer Jugend erleiden musste.
    Die zweite Ebene des Romans geht zurück in die Ukraine der frühen 1930er Jahre. Der Leser lernt ein fröhliche, funktionierende Bauernfamilie kennen: Katja, ihre Eltern, ihre Schwester Alina, die Nachbarn und deren Söhne Pawlo und Kolja. Die Schwestern werden die beiden Brüder heiraten, aber das Leben steht schon unter einem schlechten Stern. Stalin hat seine „Aktivisten“ in die Ukraine geschickt, um insbesondere Getreide zu requirieren, er will eine Kollektivierung durchsetzen, die auf Widerstand stösst. Aber Widerstand erweist sich als tödlich, viele Menschen werden deportiert, die verbleibenden Bauern müssen für die Kolchosen schuften und erhalten von Monat zu Monat weniger zu essen. Sie werden einfach ausgehungert. Das von Cassie und Nick entzifferte Tagebuch bringt diese Perfidie zu Tage. Cassie ist kaum in der Lage, diese Enthüllungen zu ertragen. Hinzu kommt ihre selbstauferlegte Schuld ihrem verstorbenen Ehemann gegenüber, sie wagt nicht, sich neu zu verlieben und einem neuen Leben zu öffnen. Es ist ein schwieriger Prozess, den sie durchläuft, Nick versucht ihr diesen Weg zu erleichtern, aber er braucht viel Geduld. Fast nebenbei gelingt es ihm, Birdie zum Sprechen zu bringen. Die Kleine blüht auf in seiner Gegenwart, aber sie entwickelt auch zur Uroma Bobby ein liebevolles Verhältnis.
    Der Roman wechselt von Kapitel zu Kapitel Ort und Zeit, in jedes Kapitel findet man sofort hinein, die Autorin bringt den Leser dazu, mitzudenken, mitzufiebern, mitzuleiden. Je mehr Katja erleiden muss, umso schwerer fiel mir das Lesen, die schrecklichen Schilderungen der Hungersnot und ihre Auswirkungen auf jeden Menschen sind schwer zu ertragen. Die Verluste, die Katja erträgt und die trotz allem nicht aufgibt, mit der selbst auferlegten Pflicht, Halya, die Tochter ihrer ermordeten Schwester, zu retten, durchzieht das Buch.
    Das Buch hat einen klaren, gut lesbaren Stil, aus meiner Sicht eine sehr gute adäquate Übersetzung. Ich habe das Buch auch in der Originalausgabe, der Stil, das Gefühl und die immer spürbare Trauer sind wunderbar wiedergegeben im Deutschen. Die beiden Übersetzer Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher haben einen tollen Job gemacht.
    Über die vielen geschilderten Ereignisse und den Fortgang der Geschichte muss sich jeder Leser selbst ein Bild machen, für mich waren die letzten Seiten sehr emotional, das möchte ich niemandem vorher erzählen.
    Ich würde mir wünschen, dass dieses Buch auch als Warnung gelesen wird, welche Grausamkeiten in der Ukraine durch den russischen Krieg heute verübt werden oder noch geplant sind. Wer dieses Buch gelesen und verstanden hat, kann die Parallelen deutlich sehen: die Ukraine soll wieder unterworfen werden.
    Ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit! Danke an Erin Litteken.

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  • 5 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Alais, 25.08.2022

    Als Buch bewertet

    Ein mitreissender, sehr emotionaler Roman
    In zwei Handlungssträngen (der eine beginnt 2004 in den USA, der andere 1929 in der Ukraine) erzählt die Autorin eine packende Familiengeschichte, in der es um die ganz grossen Themen im Leben wie Liebe und Verlust, Gewalt, Trauer, Neuanfang, Elternschaft, Resilienz und Hoffnung, vor allem aber um ein besonders düsteres Kapitel in der Geschichte Europas geht: den Holodomor, eine Massenhungersnot, die mit voller und in schlimmster Absicht von Stalin in der Ukraine ausgelöst wurde ...
    Dieses Buch mit seinen zwei sehr unterschiedlichen und doch miteinander verflochtenen Handlungssträngen hat mich von der ersten Zeile an mitgerissen und es immer wieder geschafft, mich mitten ins Herz zu treffen.
    Dabei war es vor allem der Handlungsstrang in der Vergangenheit, der mich tief berührte und einen (wenn auch bitteren) Erkenntnisgewinn bot. Von der Darstellung einer ersten Liebe bis zur Mutterschaft gelingen der Autorin immer wieder packende Schilderungen, die sehr authentisch und lebensnah wirken. Ich muss leider zugeben, dass ich zuvor nichts über den Holodomor (eine absichtlich ausgelöste Massenhungersnot) wusste, so traf mich das volle Ausmass des Grauens der weiteren Entwicklung der Ereignisse vollkommen unvorbereitet. Und da die Autorin nicht nur Schriftstellerin ist, sondern auch Historikerin, ist wohl davon auszugehen, dass sie den historischen Hintergrund gut recherchiert hat ... Dabei wirft sie keinen kühlen, geschichtswissenschaftlichen Blick auf die Geschichte, sondern verarbeitet die Thematik in einer sehr emotionalen und oft sehr persönlich wirkenden Erzählung – auch wenn es sich um eine fiktive Erzählung und keineswegs um ihre Familiengeschichte handelt, hat sich die Autorin doch unter anderem von den Erzählungen und Erlebnissen ihrer aus der Ukraine stammenden Grossmutter inspirieren lassen.
    Der drastischen, einprägsamen Schilderung des Holodomors stellt die Autorin den helleren Handlungsstrang der "Gegenwart" (2004) entgegen, der unter anderem eine fürchterlich kitschige, sich munter Klischees bedienende Liebesgeschichte enthält, auf die ich gut hätte verzichten können, die mich aber auch nicht weiter störte. Auch die Themen Traumatisierung und Neuanfang finden hier wieder ihren Platz, besonders spannend aber war für mich die Zusammenführung beider Handlungsstränge ...
    Ein Buch, das mich tief berührt und vieles gelehrt hat.

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  • 4 Sterne

    3 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lia48, 27.08.2022

    Als Buch bewertet

    CN: Armut, Hungersnot, Mord, Tod, Verlust, Trauer, viele Leichen, Kannibalismus

    „Die Trauer hatte sie so weit heruntergezogen, dass es ihr nicht gelungen war, wieder ganz aus diesem Loch herauszukommen. Jetzt war Melancholie ihr steter Begleiter, und das liess keinen Raum für andere Gefühle. Sie hüllte sie voll und ganz ein, innerlich wie äusserlich, und lag ihr bitter auf der Zunge wie der Geschmack der Löwenzahnblätter, die ihr inzwischen so vertraut waren.“

    INHALT:
    Seit Henrys Unfall mit Todesfolge, versucht Cassie, so gut es geht, ihren Alltag zu bewältigen.
    Ihre 5-jährige Tochter Birdie spricht seitdem kein einziges Wort mehr.
    Sie beide ziehen zu Cassies Grossmutter Bobby, um diese nach ihrem Krankenhausaufenthalt etwas unter die Arme zu greifen. Aber eigentlich unterstützen sie sich gegenseitig.
    Zumindest blüht Birdie unter den Geschichten und gemeinsamen häuslichen Aktivitäten regelrecht auf.
    Bobby selbst hat sich verändert. Immer öfter führt sie Selbstgespräche auf Ukrainisch und versteckt Lebensmittel. Auch der Name „Alina“ taucht immer wieder auf. Was hat es mit ihr auf sich?
    Über ihre Vergangenheit hat die Grossmutter nie gesprochen. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an früher…

    1929: Katja wächst behütet in einem Dorf nahe Kiew auf. Sie ist verliebt in Pawlo und dieser in sie. Auch die Schwester scheint ihr Glück gefunden zu haben.
    Doch die Zeiten im Land ändern sich. Stalin möchte die Kollektivierung der Landwirtschaft vorantreiben. Denn das Land ist fruchtbar, die Ernte, vor allem Getreide soll exportiert werden.
    Die Bolschewiken marschieren ein und werben zunächst dafür, sich der Kolchose (landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) anzuschliessen. Doch sie rufen auch dazu auf, die Kulaken (selbständige Bauern, die sich nicht dem Kollektiv anschliessen & scheinbar etwas mehr Geld haben) zu vernichten.
    Plötzlich werden Menschen, die sich dem System gegenüber negativ äussern, verschleppt oder erschossen. Abgaben müssen erfolgen. Immer mehr Menschen werden nach Sibirien deportiert.
    Die anderen werden enteignet, der Besitz wird verstaatlicht und sie alle müssen hart arbeiten und haben kaum zu essen. Immer mehr Menschen sterben.
    Es ist der Beginn einer grossen Hungersnot, welche in der Geschichte der Ukraine noch lange verschwiegen und verleugnet werden soll…


    MEINUNG:
    Es fällt mir nicht leicht, dieses Buch zu bewerten. Denn ja, es gab ein paar Dinge, die mir weniger gefallen haben, zumindest im Zeitstrang der Gegenwart, welcher sich rund um Cassie dreht. Da ging es mir anfangs alles ein bisschen zu schnell, die Handlung wirkte auf mich etwas zu platt, die Protagonistin hatte wenig Ecken und Kanten und die Liebesgeschichte war sehr vorhersehbar und ein bisschen kitschig.
    Doch mit der Zeit, als Cassie sich immer mehr mit der Geschichte ihrer Grossmutter befasste, gewann sie etwas mehr an Tiefe und ich habe zumindest ihre Recherchen mit Interesse verfolgt.

    Nun aber zu dem Punkt, welcher ungemein für das Buch spricht:
    Habt ihr schon einmal vom „Holodomor“ gehört? Übersetzt bedeutet der Begriff „Tötung durch Hunger“ und meint eine grosse Hungersnot von 1932 bis 1933 in der Sowjetukraine. Diese wurde absichtlich dadurch herbeigeführt, dass Stalin die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft veranlasste und die Bauern enteignete. Wer Widerstand leistete, hatte kaum eine Chance zu überleben. Viele Menschen wurden deportiert oder gleich umgebracht.
    Die Nahrungsmittel wurden alle exportiert, bis die Leute selbst nichts mehr zu essen hatten. Daran starben in der Ukraine etwa 4 Mio. Menschen. Die Leute waren verzweifelt, es kam manchmal sogar zum Kannibalismus.
    Lange wurde diese Hungersnot verschwiegen (laut Internet bis zur Spätzeit der Sowjetunion Ende der 1980er-Jahre!), selbst in den Medien; die Leute hatten Angst vor den Folgen, andere verleugneten sie komplett.
    Stalin hat die Kollektivierung anscheinend gut verkaufen können. „Niemand wollte glauben, dass der, Brotkorb Europas‘ ausgehungert wurde.“
    Walter Duranty von der „New York Times“ beispielsweise bekam sogar den Pulitzerpreis, für seine stalinismusfreundliche Berichterstattung zu diesem Thema.
    Schrecklich, was damals geschehen ist, welches Leid damit verbunden war und wie viele dem zum Opfer gefallen sind. Und umso schlimmer ist es, dass den Ukrainern aktuell erneut so vieles genommen und so viel Leid zugefügt wird…
    Immer wieder habe ich mir manche Begriffe und Hintergründe der politischen Lage dazu online genauer angeschaut und habe manches dazugelernt.
    Den Vergangenheitsteil im Buch, mit der Geschichte um Katja, fand ich unglaublich bewegend und eindrücklich. So viele Tote. Überall Leichen. So viel Hunger. So viel Kälte. Das war nicht einfach zu lesen. Und doch fand ich es so wichtig und wertvoll, mich mit den damaligen Ereignissen und der politischen Situation auseinanderzusetzen! Auch um die aktuelle Situation im Land nochmals aus einem anderen Blickwinkel zu sehen…
    Man erkennt wieder, wie dankbar man sein kann, für das, was man hat...

    Die Stimmung im Buch ist durch die Thematik überwiegend bedrückend. Ich war schon etwas erschrocken, wie vielen Leichen allein Katja begegnete.
    Vielleicht war es daher gar nicht so schlecht, dass der Gegenwartsstrang so viel lockerer war und es da den einen oder anderen sehr unwahrscheinlichen positiven Zufall gab...

    FAZIT: Auch wenn mir der Gegenwartsstrang etwas zu flach blieb, konnte mich die Geschichte um Katja in den 1930ern unglaublich für sich einnehmen. Sie hat mir eindrücklich gezeigt, wie schrecklich der „Holodomor“ - die grosse, von Stalin bewusst herbeigeführte Hungersnot in der Sowjetukraine – war. Ich bin froh, das Buch gelesen zu haben, um etwas über diesen historischen Aspekt der Ukraine zu erfahren, welcher lange verschwiegen und verleugnet wurde. Das Schicksal der Ukrainer wirkt nach dem Lesen noch lange in einem nach… 4-4,5/5 Sterne.

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    holdesschaf, 04.10.2022

    Als Buch bewertet

    Erschreckend, ergreifend, lesenswert
    Die junge Katja wächst zusammen mit ihrer Schwester auf dem Bauernhof der Eltern in der Ukraine auf. Beide sind verliebt, es fehlt ihnen an nichts. Doch im Jahr 1929 kommen Stalins Männer in das beschauliche Dorf, um die Bauern zu überzeugen, ihren Besitz aufzugeben und in der Kolchose zu arbeiten. Zunächst lässt es sich auch ausserhalb des Kollektivs noch gut leben, doch der Druck wird immer grösser und schöne Stunden werden von schrecklichen Ereignissen überschattet, bis es schliesslich nur noch ums nackte Überleben geht

    2004 zieht Cassie nach einem Schicksalsschlag widerwillig mit ihrer Tochter bei ihrer ukrainischen Grossmutter ein, die immer mehr in die Vergangenheit abdriftet, Essen im Garten versteckt und ihre Enkelin Alina nennt. Doch wer ist das? Da die Grossmutter keine Worte für die Ereignisse der Vergangenheit findet, soll Cassie ihr Tagebuch lesen. Ein freundlicher Nachbar dient als Übersetzer...

    Das Cover zeigt ein Weizenfeld soweit das Auge reicht und nimmt so direkten Bezug auf die Ukraine, die als Europas Brotkorb bezeichnet wird. Die Farben erinner ein weinig an die ukrainische Flagge. Am Himmel kommt eine Bedrohung auf die beschauliche Ruhe zu. Damit passt das Cover hervorragend zu dieser aufwühlenden Geschichte, die in zwei Zeitebenen erzählt wird. Zum einen geht es um Cassie, deren Mann gestorben ist und die nicht weiss, wie sie für sich und ihre Tochter in die Zukunft blicken soll. Ihr Leben steht in einer Arte Warteschleife, aus der sie allein nicht herauskommt. Dabei vernachlässigt sie ein bisschen auch ihre Tochter. Trotzdem ist Cassie eine sympathische Figur, deren Schmerz man nachempfinden kann. Sie ist aber auch misstrauisch, vor allem gegenüber dem netten Nachbarn, der ihrer Oma schon länger hilft.

    Der Erzählstrang in der Vergangenheit beginnt mit zufriedenen, fröhlichen Menschen, Bauersleuten, die Stolz auf ihre Arbeit sind und auf das, was sie hervorbringt. Katja und ihre Schwester haben einander und beide sind verliebt, sehen eine wunderbare Zukunft vor sich. Doch diese Pläne zerstört das jähe Eindringen von Stalins Handlangern in die Dorfgemeinschaft. Sehr anschaulich schildert die Autorin den gewaltsamen Prozess der Kollektivierung. Aus Verlierern werden kurzfristig Gewinner, die alle quälen wollen, die sie als Schuldige für ihr Versagen ausgemacht haben. Die Brutalität kommt manchmal so überraschend, dass mir als Leser der Atem stockt. Und dann ist da dieser unbedingte Überlebenswille der Protagonistin und so viel Schmerz, Leid und auch Schuldgefühle, dass es schwer zu ertragen ist.

    Geschickt verknüpft die Autorin Vergangenheit und Gegenwart, um auf eine bessere Zukunft hoffen zu lassen. Zwar spielt auch die Liebe eine gewisse Rolle, doch diese ist zart und vorsichtig und viel weniger kitschig, als in vielen anderen Büchern. Sie spielt nur eine Nebenrolle. Viel wichtiger sind die geschichtlichen Hintergründe, die die Autorin im Nachwort erläutert und die Botschaft, die sie sendet. Mich hat das Leid im Buch schockiert, gleichzeitig war ich verblüfft, was Menschen ertragen können und was sie auf sich nehmen, um eine Zukunft zu haben. Grosse Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lesemaus 34, 15.08.2022

    Als Buch bewertet

    Inhalt:
    Als Katja in den 1930er in Kiew aufwächst, scheint die Welt es wirklich gut mit ihr zu meinen. Während sie mit ihrer Familie das glückliche Landleben einer kleinen Bauernfamilie lebt, findet sie in dem Jungen, den sie kennt, seit sie klein ist, die grosse Liebe. Doch während Hochzeiten anstehen und das Familienglück perfekt scheint wird Katjas Welt immer mehr von Stalins Politik getrübt und schon bald lassen sich die bittere Armut, der Hunger und der Tod nicht mehr verbergen. Alles soll dem Kollektiv unterworfen werden, doch schon bald müssen die Ukrainer feststellen, dass es um mehr geht, als Kommunismus, es geht um ihren Tod.

    Jahrzehnte danach, versuch Cassie, die selbst vom Schicksal gebeutelt wurde, die wohlgehütete ukrainischen Vergangenheit ihrer Grossmutter aufzuarbeiten, doch welches Grauen und welches Leben sich dahinter verbirgt scheint unbegreiflich.

    Meinung:
    Mit diesem Buch hat die Autorin Erin Litteken nicht nur eine fabelhaft erzählte Geschichte geschaffen, sie hat auch ein fiktives Zeitzeugnis der Ereignisse der 1930er Jahre in der Ukraine geschaffen, einer Zeit, die viel zu wenig Aufmerksamkeit in der historischen Aufarbeitung bekommen hat und das heute im Jahre 2022 geradezu frappierend aktuell ist und gerade deshalb so unheimlich schmerzt.

    Man muss definitiv sagen, dass die Stärke der Autorin darin besteht, das Schicksal in den Jahren rundum 1929ff. zu beschreiben, dieses wirkt so unglaublich authentisch und gut recherchiert, dass ich das Buch tatsächlich oft pausieren musste, da ich das Grauen kaum mehr ertragen konnte. So habe ich am Anfang oft noch bittere Tränen vergossen, zum Schluss war ich geschockt und emotional so aufgewühlt und betroffen, dass ich nicht einmal mehr zu einer Träne fähig war. Wenn ein Buch eine solche Emotionalität beim Leser auszulösen weiss, dann handelt es sich wirklich um grosse Literatur.
    Die Autorin schafft es die Historie der damaligen Zeit so plastisch, versiert und nah an den wirklich stark und lebendig gezeichneten Protagonisten zu erzählen, dass man sich mit ihnen in den 1930er Jahren wähnt und beinahe Angst davor hat, die nächste Seite umzublättern, natürlich schwingt dabei auch stets das aktuelle Tagesgeschehen, wie ein dunkler Schatten bei der Lektüre mit.

    Der andere Erzählstrang der Jahre rundum 2004 ist ebenfalls sehr schön erzählt, wenn auch nicht ganz so brillant, weiss aber dennoch durch viel Herz und Nahbarkeit, sowie liebenswerte Charaktere zu überzeugen.

    Für mich definitiv eines der besten Bücher des Jahres, welches es geschafft hat mir für eine solch wichtige Historie die Augen zu öffnen und dieses nahbar in mein Gedächtnis einzubringen.
    Eine Geschichte und ihre Charaktere, die ich sicherlich so schnell nicht vergessen werde und die eine festen Platz in meinem Leserherz bekommen haben!

    Fazit:
    Lesen!

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Magnolia, 29.07.2022

    Als eBook bewertet

    Ein sehr dunkles Kapitel der ukrainischen Geschichte bringt Erin Litteken ihren Lesern näher. „Denk ich an Kiew“ zeigt ein geschundenes Volk, das ehemals zur Sowjetunion gehörte und seit 1991 ein selbständiger Staat ist. Ein Volk, das nicht zur Ruhe kommt - die täglichen Nachrichten berichten von der aktuellen Tragödie der Ukraine. Das Leben schreibt die schlimmsten Geschichten, keine Kreatur ist so grausam wie der Mensch.

    In zwei Zeitebenen erzählt die Autorin einmal von Katja, Alina, Pawlo, Kolja und ihren Familien in den 1930er Jahren, sie leben in einem kleinen Ort nahe Kiew. Die zweite Zeitebene ist 2016 angesiedelt, in Illinois leben Bobby, Anna, Cassie, Birdie und Nick.

    Cassie zieht nach Henrys Unfalltod mit ihrer kleinen Birdie zu ihrer Grossmutter, alle nennen sie Bobby, deren Tagebuch mit vielen losen Zetteln darin auftaucht. Nick, ein Bekannter, kann das in ihrer Muttersprache geschriebene Tagebuch lesen. „Ruf ihn an“ ermuntert Bobby ihre Tochter Anna, er wird es übersetzen. Bobby kann das nicht mehr, es wäre zu hart, dies alles nochmal zu durchleben. Es ist ihr aber wichtig, dass Anna Bescheid weiss.

    Katja erzählt ihre Geschichte von der Ukraine in der Zeit, als die Bolschewiken alles an sich reissen, sie die Leute zwingen, sich den Kolchosen anzuschliessen. Sie und Alina, ihre Schwester, hatten eine glückliche Kindheit und jetzt, als junge Frauen, verlieren sie alles. Katja bekommt von Pawlo ein Tagebuch geschenkt und er ermuntert sie, alles festzuhalten. „Das Tagebuch, das Pawlo ihr geschenkt hatte, war mittlerweile fast voll, und es enthielt alles, was sie gesehen hatte, alles, was sie verloren hatte…“

    Die Hungersnot in den 1930er Jahren in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik war eine von höchster Stelle angeordnete. Stalins Ziel, die sowjetische Herrschaft in der Ukraine zu festigen, die Freiheit des einzelnen dagegen brachial zu unterdrücken, wurde gnadenlos vorangetrieben. Wer sich der Zwangskollektivierung entgegensetzte, wurde verhaftet. Sie hatten keine Wahl – ihr Besitz war nicht mehr der ihre, alles war Staatseigentum, jedes Getreidekorn, selbst die angefaulten Kartoffeln gehörten ihnen nicht. Bewaffnete Aktivisten waren eifrig bei der Sache, selbst enge Freude und Familienmitglieder wurden denunziert oder gleich an Ort und Stelle erschossen. Dem Holodomor fielen nach Studien geschätzt 3,9 Millionen Menschen zum Opfer, genauere Zahlen sind nicht mehr zu ermitteln.

    Die beiden Zeitebenen werden abwechselnd erzählt, wobei ich im Gestern noch viel mehr verhaftet war. Der Autorin ist es gelungen, all ihre Charaktere, ihre Pein, ihren Überlebenswillen und auch ihren Mut, „Verbotenes“ zu tun, so eindringlich zu schildern, dass ich das Buch nicht weglegen konnte. Ich konnte mich gut in sie hineinfühlen, es waren viele Bilder in meinem Kopf. Das Heute, Cassies Geschichte, war teils eine Liebesgeschichte ohne Tiefgang. Die Idee, sich dem geheimnisvollen Tagebuch als Bindeglied zu bedienen, hat dagegen sehr viel Charme.

    Erin Litteken hat ein erschütterndes Zeugnis eines heute fast vergessenen Genozids niedergeschrieben - ein Volk wird ganz gezielt ausgehungert.

    Die Geschichte wiederholt sich, den Ukrainern ist kein Frieden vergönnt. Ein Roman, der zutiefst erschüttert, der lange nachwirkt.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lena, 04.08.2022

    Als Buch bewertet

    Cassies Ehemann ist vor 14 Monaten bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen und seitdem spricht ihre fünfjährige Tochter Birdie nicht mehr. Beide sind in ihrer Trauer gefangen, weshalb Cassies Mutter Anna beschliesst, dass Cassie zurück in ihrer Heimat Illinois und zu ihrer Grossmutter Bobby ziehen soll, die immer seltsamer wird und erste Anzeichen von Demenz zeigt. Dort findet Cassie ein Tagebuch, dass sie jedoch nicht lesen kann, da es ihre Grossmutter auf Ukrainisch verfasst hat. Erst durch den hilfsbereiten Nachbar Nick, der selbst ukrainische Wurzeln hat und vor allem wieder in Birdies Leben mehr Freude bringt, wird Cassie gewahr, was ihre Grossmutter in der Ukraine während des Holodomor erleben musste.
    Der zweite Erzählstrang handelt von Katja und ihrer Familie, die in den 1930er-Jahren in einem Dorf in der Nähe von Kiew wohnten und Bauern waren. Sie werden der Kollektivierung unterworfen und gezwungen, der Kolchose beizutreten, nachdem jeder Widerstand zwecklos war und so viele Menschen in ihrer Umgebung getötet oder deportiert wurden. Katja hat ihrem Ehemann versprochen, alles in ihrem Tagebuch für ihre Nachkommen aufzuschreiben, was sie erleiden müssen, um die Erinnerungen am Leben zu erhalten.

    Beide Erzählstränge handeln von Verlust und Trauer und auch wenn man mit den jeweils betroffenen Figuren innig mitfühlen kann, erschüttert doch vor allem die Handlung in der Vergangenheit, die Jahre 1929 bis 1934, als die Sowjetunion die Bauern in der Ukraine zwangsweise kollektivierte und ihren Besitz verstaatlichte. Schon bevor Millionen von Menschen an Hunger starben, wurde all diejenigen, die sich nicht beugten oder gar zur Wehr setzten, deportiert oder direkt getötet. Ganze Familien wurden ausgelöscht und auch Katja musste miterleben, wie sie alles, was sie sich eigenhändig erwirtschaftet hatten, verloren und sich von geliebten Menschen trennen mussten.

    Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignissen macht die schreiende Ungerechtigkeit und die Grausamkeit in der Umsetzung wirtschaftlicher und politischer Ziele unfassbar wütend. So ist auch nachvollziehbar, dass Katja einfach nur vergessen wollte und weder ihrer Tochter noch ihrer Enkelin von ihrem Leben erzählte, bevor sie nach Amerika kam. Erst an ihrem Lebensende löst sie ihr Versprechen ein, die Tragödie durch ihr Tagebuch offenzulegen.

    Während der Erzählstrang in der Vergangenheit fast ausschliesslich schmerzhaft ist, setzt die Gegenwart im Frühsommer 2004 einen Gegenpol und schenkt Hoffnung bei der Aussöhnung mit der Vergangenheit, bei der Verarbeitung von Traumata und dem Mut, dem Leben eine zweite Chance zu geben.
    Auch wenn die positive Entwicklung etwas schnell und fast wie von allein voranschreitet, ist "Denk ich an Kiew" eine fesselnde Geschichte über Generationentraumata, Familiengeheimnisse und den Versuch, Frieden zu finden und gleichzeitig eine Geschichte über Liebe - die romantische Liebe und die zur Familie.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseratte1310, 08.08.2022

    Als Buch bewertet

    Ein Schicksalsschlag hat Cassie aus der Bahn geworfen. Sie ist gerade noch in der Lage, ihre Tochter Birdie zu versorgen. Da erleidet ihre Grossmutter Bobby einen Unfall und Cassies Mutter Anna drängt darauf, dass Cassie zu Bobby zieht. Das würde beiden helfen. Bobby hat nie über ihre Vergangenheit gesprochen, doch nun zeigt sie seltsame Verhaltensweisen. Ausserdem spricht sie von einer Alina. Cassie hat diesen Namen noch nie gehört. Sie möchte ihrer Grossmutter gerne helfen.
    Katja lebt mit ihrer Familie in dem kleinen Dorf Sonyaschnyky. Sie haben ihr Auskommen bis zu dem Tag, als Stalins Handlanger sie ins Kollektiv zwingen wollen. Ihr Besitz wird ihnen genommen und sie sollen für die Gemeinschaft arbeiten. Man nimmt ihnen erst ihr Land, ihr Vieh, ihre Ernte und die Saat, dann ihr Werkzeug und fordert immer höhere Steuern. Unvorstellbarer Hunger macht sich breit und das kleinste Vergehen wird entweder mit dem Tod oder durch Deportation nach Sibirien geahndet. Anfangs war Katja noch glücklich mit ihrem Pawlo, doch die Not wird immer schlimmer und immer mehr Menschen sterben. Auch Katja muss Verluste ertragen und bald weiss sie nicht mehr, wie sie weiterleben soll.
    Natürlich habe ich schon vom Holodomor gehört, doch es ist etwas anderes, wenn dieses Schreckliche am Schicksal von Menschen festgemacht wird. Auch wenn es in diesem Buch um fiktive Personen geht, so gab es doch ungeheuer viele Menschen, die das wirklich erlebt haben. Es ist schwer zu ertragen, wenn man darüber liest, und so habe ich das Buch auch öfter weglegen müssen.
    Auch Cassie hat ihr Päckchen zu tragen, doch neben dem Schicksal von Katja und ihrer Familie in der Ukraine ist dieser Teil des Romans eher etwas seicht.
    Trotzdem verbindet Katja und Cassie auch einiges. Beide müssen sie mit dem Verlust fertig werden und sich ins Leben zurückkämpfen; beide haben ein schlechtes Gewissen, dass sie ihr Leben weiterleben wollen. Ich konnte mit Katja und ihrer Familie fühlen, aber auch mit Cassie und ihrer Tochter. Bobby vergisst in der Gegenwart vieles, doch den Hunger und die Not von damals hat sie nicht vergessen und so versteckt sie wieder Lebensmittel. Es ist ihr aber nicht möglich, über das Erlebte zu sprechen und so bleibt nur ihr Tagebuch in ukrainischer Sprache, um Cassie von früher zu berichten.
    Ganz schrecklich fand ich es, dass die Menschen, mit den man in einer Gemeinschaft gelebt hat und befreundet war, sich dann plötzlich so schäbig verhalten haben, schlimmer noch als die Bolschewiki selbst. Schwer zu ertragen sind auch die Prallelen zur jetzigen Zeit, denn wieder wird den Menschen im Krieg alles genommen. Wieder schaut die Welt zu.
    Die Grausamkeiten in diesem Roman sind schwer zu ertragen und doch ist es wichtig, nicht zu vergessen. Ich kann diesen erschütternden Roman nur empfehlen.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    eight_butterflies, 13.08.2022

    Als Buch bewertet

    Katja lebt 1930 in der Ukraine als Stalin beginnt, die ukrainische Bevölkerung auszuhungern. Katjas Vater Tato sagt da: „Es ist jedes Mal dasselbe. Seit Jahrhunderten. Jeder will die fruchtbare Erde der Ukraine für sich, und niemand will sie den Ukrainern lassen.“ Auf diese Geschichte zurückgeblickt steht der Ukraine genau dieses Schicksal wieder bevor. „Stalins Plan, die verbliebenen Ukrainer durch Terror zu zwingen, sich ihm zu unterwerfen, schien genau so zu funktionieren, wie er es sich erhofft hatte.“ Holodomor. Millionen Ukrainer verhungern. In dieser Zeit spielt die berührende, schmerzhafte und tragische Geschichte rund um Katja, die ihr Leben ab 1930 in einem Tagebuch festhält. Plastisch sehe ich als Leserin die Ereignisse vor mir, mit aller Brutalität der Worte, die Erin Litteken gekonnt wählt und Emotionen erzeugt. Mitgefühl, Fassungslosigkeit, Entsetzen. Von der ersten Zeile an konnte ich beim Lesen mitfiebern und hoffen, hoffen, hoffen, dass es Katja schaffen wird. Unterstützt wird dies schriftstellerisch gekonnt durch eine zweite Zeitebene, die 2004 in den USA beginnt und die Aufarbeitung von Katjas Geschichte durch Cassie und ihre Familie zum Kern hat. Die ukrainischstämmige Grossmutter Bobby wird hier zur zentralen Figur und deren Lebensweisheiten finden auch in Cassies Leben Verankerung. Beide Zeitebenen sind geschickt miteinander verzahnt, teasern sich gegenseitig und ergeben am Ende eine gemeinsame Geschichte.
    Die Historie der Ukraine mit dem Holodomor und dann dem Zweiten Weltkrieg ist bewegend, was dieses Buch aufzeigt. Seit sich 2022 der russische Überfall auf die Ukraine einreiht, wird deutlich, dass der Slogan „Slawa Ukrajini“ mehr als das ist. Ehre der Ukraine und den Menschen, die eine solche Geschichte tragen. Es wird Zeit, dass man die Ukraine dem Volk der Ukrainer lässt, ganz so wie Tato es 1930 gemeint hat.
    Dieses Buch ist ein Muss in der heutigen Zeit und allen zu empfehlen, die näher in die ukrainische Geschichte eintauchen möchten, die sich für die Aufarbeitung der Verbrechen Stalins interessieren und die offen sind für menschliche Schicksale, gestern wie heute.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gisela E., 27.10.2022

    Als Buch bewertet

    Erschütternde Chronik von Angst und Tod

    In den 1930er Jahren lebt Katja sorgenlos in ihrem Dorf bei Kiew, mit den Gedanken an eine blühende Zukunft mit ihrem Freund aus Kindheitstagen. Jäh unterbrochen werden ihre unschuldigen Träume, als Stalins Handlanger die Dorfbewohner zwingen, dem Kollektiv beizutreten, und jeden erschiessen oder deportieren, der sich dagegen wehrt. Anfangs kann Katja zusammen mit ihrer Schwester ein kleines bisschen Glück geniessen, als sie beide die innigen Stunden der frisch Verheirateten geniessen. Doch der Schrecken nimmt zu und fordert bald schon persönliche Verluste. Jahrzehnte später entdeckt Cassie im Haus ihrer Grossmutter in Illinois ein Tagebuch. Bobby hat nie über ihre Vergangenheit in ihrer ukrainischen Heimat erzählt. Nun, am Ende ihrer Tage, überlässt sie ihrer Enkelin ihr Tagebuch aus jungen Jahren, das aus einer Zeit voller Angst und Tod erzählt.

    In zwei Zeitschienen erzählt die Autorin Erin Litteken aus der leidvollen Geschichte der Ukraine in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, als Russland die Ukraine, die „Brotkammer Europas“, bewusst aushungerte, um die Bevölkerung in die Kolchosen zu zwingen, sowie vom Leid einer jungen Frau, deren geliebter Ehemann bei einem Unfall starb. Es ist vor allem Katjas Geschichte, die mit voller Wucht einschlägt, wenn sie von Angst, Leid und Tod und vom Holodomor an der ukrainischen Bevölkerung erzählt. Dagegen wirkt Cassies Geschichte eher unbedeutend, sie verschwindet fast hinter Katjas Erzählung. Man spürt die Recherchen, die hinter Katjas Geschichte stehen; ihre Geschichte wirkt authentisch und ist äusserst realitätsnah erzählt. Die Publizierung einer solchen Erzählung während eines neuen Angriffs Russlands auf die Ukraine birgt auf politischer Ebene jede Menge Sprengstoff, was sicherlich mit den Absichten der Autorin übereinstimmt.

    Mich hat Katjas Geschichte aus ihrer ukrainischen Heimat zutiefst erschüttert, weiss ich doch, dass hinter dieser Erzählung jede Menge echtes Leid steht. Unbedingt möchte ich das Buch deshalb weiter empfehlen. Ich vergebe alle 5 möglichen Sterne.

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  • 5 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Goldie-hafi, 23.07.2022

    Als eBook bewertet

    Was für ein bewegendes Buch! Ich musste mich wirklich zwingen, es aus der Hand zu legen, sonst hätte ich es nicht verdauen können und in einer Nacht gelesen, egal wie spät es auch immer wäre. Die Geschichte erzeugt so einen Sog, dass es sehr schwierig ist, sich dem zu entziehen.
    Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt: zum einen in den 1930- ziger Jahren in der Ukraine unter stalinistischem Terror - hier erlebt der Leser die Geschichte von Katja, Alina und ihrer Familie mit einigen Höhen und vielen Tiefen - und der zweiten Strang spielt in Amerika in den 2000- sender Jahre - Cassie und ihre Tochter Birdie, die erste gefühlsverarmt, weil ihr Mann gestorben ist und ihre Tochter (Birdie) seit dem Tod des Vaters verstummt, müssen / wollen Cassies Grossmutter helfen, die immer mehr verwirrt ist, in ukrainischer Schrift Zettel schreibt, Vorräte hütet, sich vielleicht selbst gefährdet und allein nicht mehr in ihrem Zuhause zurechtkommt.
    Auch wenn die Ukraine jetzt aktueller ist als alles, doch was zu Josef Wissarionowitsch Dschughasschwilis Zeiten geschehen ist - der Holodomor - ist Geschichte und schlimme Geschichte. Das Verhungern von Zehntausenden wird in dem Buch beschrieben, so dass ich mich nicht entziehen konnte. Alles wirkt noch Generationen weiter, die Angst vor - ja vor was? - hier findet jede/r Leser eine eigene Antwort. Und ich mag mir nicht ausdenken, wie aktuell solche Geschichten heute wieder sind, was die Ukraine und Russland betrifft.
    Berührt hat mich auch das Vorwort der Autorin, die die Idee zum Buch hatte, bevor Putin in die Krim einfiel, dann Jahre brauchte, es zu schreiben und dann plötzlich die Geschichte sie überholte, der Krieg aktuell wurde, als das Buch fertig war. Was für eine Ironie, immer zu spät zu sein. Es ist für mich ein Highlight des Jahres und bewegend, traurig, gewaltig, herausfordernd, mutmachend und sowas von lesenswert!

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  • 5 Sterne

    cybergirl, 25.08.2022

    Als Buch bewertet

    Ein Buch das jeder lesen sollte

    Covertext:
    1929. Behütet und geliebt wächst Katja in einem Dorf bei Kiew auf. Ihre Familie ist nicht reich, kann sich aber von ihrer eigenen Hände Arbeit ernähren. Bis Stalins Handlanger die Dorfbewohner zwingen, dem Kollektiv beizutreten. Wer sich weigert, wird mitgenommen und nie wieder gesehen. Anfangs gibt es für Katja dennoch auch glückliche Stunden. Sie ist in den Nachbarssohn verliebt und ihre Schwester in dessen Bruder. Doch schon bald muss Katja sich jeden Tag Mut zusprechen, um weiterzumachen angesichts des Schreckens um sie herum.

    Jahrzehnte später entdeckt Cassie im Haus ihrer Grossmutter in Illinois ein Tagebuch. Nie hat diese über ihre ukrainische Herkunft gesprochen. Seit einiger Zeit aber verhält sie sich merkwürdig. Sie versteckt Lebensmittel und murmelt immer wieder einen Namen, den keiner aus ihrer Familie je gehört hat: Alina …

    „Denke ich an Kiew“ von Erin Litteken ist ein Buch das mich so berührt hat wie selten ein Buch zuvor.

    Die Geschichte hat zwei Zeitebenen.
    2004 flüchtet Cassie ins Haus ihrer Grossmutter um dort über den frühen Tod ihres Mannes hinwegzukommen.
    Ihre kleine Tochter spricht kaum noch so tief steckt sie in der Trauer.
    Die Grossmutter hingegen verhält sich immer seltsamer.
    Sie fängt an ukrainisch zu sprechen und Namen zu nennen die Cassie noch nie gehört hat.
    Auch Lebensmittel versteckt die Grossmutter, als ob sie einen Vorrat anlegen wollte.
    Von der ukrainischen Vergangenheit der Grossmutter weiss Cassie bis dahin nichts. Die Grossmutter hat nie davon erzählt.
    Da fällt Cassie ein Tagebuch der Grossmutter in die Hände.

    Die zweite Zeitebene erzählt aus dem Leben der Grossmutter in den frühen 1930er Jahren in der Ukraine.
    Man lernt Katja und ihre Familie kennen.
    Sie leben zwar in einfachen Verhältnissen sind aber eine glückliche Familie.
    Bis Stalins Handlanger in das Dorf eingefallen sind.
    Diese wollen den radikalen Kommunismus in der Ukraine mit aller Gewalt durchsetzten.
    Wer sich weigert dem Kollektiv beizutreten verschwindet auf Nimmerwiedersehen.
    Man kann sich die Grausamkeit kaum vorstellen die hier beschrieben wird.
    Gewalt und Hunger sind an der Tagesordnung.
    Die Schreckenstaten die an diesem Volk verübt werden sind kaum zu ertragen.
    Man kann gut verstehen, dass der Hass auf Russland bis heute Bestand hat.

    „In ihrem Roman „Denke ich an Kiew“ erzählt Erin Litteken eine Geschichte aus der Vergangenheit die zur Zeit aber wieder sehr aktuell ist.
    In einem Nachwort erzählt die Autorin, dass die Geschichte ihrer Urgrossmutter sie zu diesem Buch inspiriert hat.

    Ich muss sagen, ich habe bisher noch kein Buch mit Handlungsort Ukraine gelesen. Auch war mir vor dem Krieg nicht klar wie wichtig dieses Land für die Welternährung ist. Eine wahre Kornkammer.

    Erin Litteken beschreibt die Grausamkeiten die am ukrainischen Volk verübt wurden sehr eindringlich.
    Dabei ist die Geschichte gut verständlich und flüssig zu lesen.
    Man sollte allerdings ein Taschentuch in der Nähe haben.

    Ich finde das Thema ist heute so aktuell, dass das Buch eigentlich jeder lesen sollte.

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  • 5 Sterne

    Cynthia M., 22.08.2022

    Als eBook bewertet

    „Denk ich an Kiew“ ist für mich eines dieser Bücher, die fast schon unscheinbar daherkommen um einen dann vollständig umzuhauen. Ich hatte quasi keine Erwartungen an das Buch, was hauptsächlich neugierig, was dieses Buch vor dem Hintergrund der aktuellen und vergangener Ukrainekrisen zu sagen hat. Und ich hab gelitten, gebangt, gehofft und aufgeatmet.

    Zum Inhalt: Cassie hat nach dem Verlust ihres Mannes den Boden unter den Füssen und den Halt im Leben verloren. Sie zieht deswegen mit ihrer Tochter Birdie zurück zu ihrer Mutter und Grossmutter. Die in der Ukraine geborene Bobby wird langsam dement und kann auch nicht mehr allein für sich sorgen, da scheint das die beste Lösung. Doch in Bobbys Haus stösst Cassie auf ein Geheimnis, dass ihre Grossmutter all die Jahre bewahrt hat.

    Das Buch wird in zwei Zeitebenen erzählt, was mir immer richtig gut gefällt. So ist man als Leser direkt auch mit der Vergangenheit der Figuren verbunden. Während der Handlungsstrang der Gegenwart nur wenige Wochen zählt, zieht sich die Geschichte der Vergangenheit über Jahre, erzählt im Zeitraffer das Leben der Grossmutter in der Ukraine.

    Die Geschichte ist grausam, erschreckend und absolut niederschmetternd. Es ist eine Geschichte von Leid, Angst, Schmerz und Verlust. Durch das Schicksal der Grossmutter bekommt dieses schwarze Loch in der Geschichte der Ukraine einen greifbaren Rahmen. Die Geschichte entwickelt eine düstere Sogwirkung, die mich nicht losgelassen hat, immer in der Hoffnung das Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

    Und obwohl grausame Taten und erschreckende Ereignisse geschildert werden, hat das Buch einen sanften Unterton der Hoffnung. Es ist trotz der Gräueltaten sehr feinfühlig geschrieben. Trotz der bildhaften Beschreibungen des erlittenen Horrors, darf der Leser zu hoffen wagen, da er ja über Wissen aus dem Handlungsstrang der Gegenwart verfügt.

    Dieser zweite Handlungsstrang hilft, nicht den Halt zu verlieren. Er besticht mit fantastischem ukrainischen Essen,dass mir beim Lesen den Mund wässrig gemacht hat. Und mit Familie, dem füreinander da sein und der Hoffnung auf einen Neuanfang.

    Insgesamt war das Buch nicht, was ich erwartet hatte, es war so viel besser.

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  • 5 Sterne

    Barbara T., 02.10.2022

    Als Buch bewertet

    Aus der Geschichte lernen!

    Eine spannende Geschichtsstunde bietet Erin Litteken in ihrem Debütroman „Denk ich an Kiew“ an.
    Es ist die bewegende Geschichte von Katja, die in der Ukraine grossgeworden ist, dort die Liebe ihres Lebens kennengelernt hat und schliesslich ums Überleben kämpfen musste. Ihre ganze Lebensgeschichte hat sie in einem Tagebuch festgehalten, jedoch nie über das Erlebte gesprochen.

    Nach Jahren findet die Enkelin Cassie im Zimmer ihrer Grossmutter das geheimnisvolle, auf Ukrainisch geschriebene Buch. Nachdem Cassie merkt, dass ihre Bobby sich merkwürdig verhält: Lebensmittel versteckt, Cassie mit einer unbekannten Alina verwechselt, spricht sie die Grossmutter darauf an. Bobby schenkt Cassie ihr Tagebuch mit der Bitte es zu übersetzen und zu lesen. So erfährt Cassie die ganze Wahrheit über die schicksalhafte Vergangenheit ihrer Oma und lernt die tragische Geschichte der Ukraine vor dem 2. Weltkrieg kennen.

    In dieser bewegenden Geschichte bin ich versunken. Bobbys Lebensgeschichte erschüttert zutiefst – es ist gleichzeitig die Geschichte der Ukraine und ihrer Bevölkerung, die man unter Stalins Herrschaft zu Tode aushungern versuchte. Nicht alle haben den Holodomor überlebt, die Überlebenden -genau wie Bobby- konnten das Erlebte nicht vergessen und haben jahrelang darunter gelitten.

    Auch Cassie hat nach dem Unfallstod ihres Mannes lange mit ihrem Schicksal gehadert. Sehr feinfühlig und voller Empathie erzählt Erin Litteken über die Schicksale der Grossmutter und ihrer Enkelin; gekonnt verbindet sie die beiden Geschichten. Ihre Erzählung wirkt authentisch und weckt - besonders in Angesicht der aktuellen dramatischen Lage in Ukraine - tiefe Emotionen.

    Wunderschön ist auch das Cover des Buches mit einem Bild des reifen, goldgelben Getreide auf einem Feld und den heranziehenden, dunklen Gewitterwolken – ein Sinnbild des Landes in seiner tragischen Lage.
    Das Buch bekommt meine wärmste Empfehlung.

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  • 5 Sterne

    Eva G., 27.09.2022

    Als Buch bewertet

    Ich bin tief berührt und erschüttert...

    Ukraine 1929: Die junge Frau Katja wächst behütet in einem kleinen Dorf auf den ukrainischen Land auf. Sie arbeitet mit ihrer Schwester Alina auf dem Hof der Eltern mit. Dort bauen sie alles an, um sich selbst ein gutes Leben zu ermöglichen. Alles ändert sich aber mit dem Eindringen Stalins in die Ukraine und der Verstaatlichung sämtlicher landwirtschaftlicher Flächen und Geräte. Da längst nicht alle Menschen hinter Stalins Plänen standen, beginnt eine Schreckensherrschaft, die in einer grossen Hungersnot mündet...

    Illinois 2004: Cassie hat vor etwas über einem Jahr ihren Mann bei einem Autounfall verloren. Seither ist sie in ihrer Trauer gefangen und einzig ihre Tochter Birdie hilft ihr jeden Tag weiterzumachen. Doch auch Birdie ist seit dem Unfall verändert, denn sie spricht nicht mehr. Als Cassies Mutter Anna sie bittet, wieder in ihre alte Heimat zurückzukehren und bei der Pflege ihrer Grossmutter Bobby zu helfen, stimmt sie zu. In Bobbys Haus findet sie ein altes Tagebuch, das sie auf Bobbys Hilfe hin mit einem Nachbarn übersetzt und niederschreibt. Sie ist tief berührt von den Einträgen aus der Vergangenheit und kann manches kaum glauben...

    Erin Litteken hat in diesem Roman auch teilweise das Schicksal ihrer eigenen Bobby verarbeitet und viele wahre Begebenheiten aus deren Leben einfliessen lassen. So ist der Roman sehr authentisch und kann so den Leser fesseln und berühren.

    Sehr schnell war ich gefangen in der bewegenden Geschichte dieser starken jungen Frau, die diese schreckliche Zeit überlebt hat. Bisher wusste ich kaum etwas über den Holodomor, doch das, was ich nun erfahren habe, lässt mich nicht mehr los. Umso schrecklicher ist es, was den Ukrainern gerade wiederfährt... Dieser Roman sollte noch viel mehr Aufmerksamkeit bekommen, denn er behandelt einen Teil der Geschichte, der viel zu wenig Erwähnung findet.

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  • 5 Sterne

    gst, 13.08.2022

    Als Buch bewertet

    Spätestens seitdem die Russen die Getreideausfuhr aus der Ukraine verhindert haben, ist uns bewusst geworden, dass dort viel Getreide produziert wird. Das scheint schon vor knapp hundert Jahren so gewesen zu sein. Zumindest wenn man dem Inhalt dieses Buches glaubt. Dass während des Holodomor mehrere Millionen Menschen verhungerten, wird Josef Stalin zugeschrieben. Laut Wikipedia verfolgte er in den 1930er Jahren das politische Ziel, den ukrainischen Freiheitswillen zu unterdrücken und die sowjetische Herrschaft in der Ukraine zu festigen.


    Dieses Buch führt uns die damalige Zeit vor Augen und verursacht Gänsehaut. Allerdings beginnt die Geschichte viel später in Amerika. Die erst vor kurzem verwitwete Cassie soll zusammen mit ihrer Tochter zu ihrer Grossmutter Bobby umsiedeln, da diese immer merkwürdiger wird und nicht mehr allein wohnen kann. Zusammen mit einem hilfsbereiten jungen Nachbarn übersetzt sie das Tagebuch ihrer Oma und erfährt von den Grausamkeiten, denen die alte Frau im Laufe ihres Lebens ausgesetzt war.

    Russlands geschichtlicher Kampf um die Ukraine – fast wie heute

    Das Buch hat mich erschüttert. Denn bisher wusste ich nichts vom Holodomor und wozu uns Hunger treiben kann. Der Schreibstil ist angenehm zu lesen und erzählt auf zwei Zeitebenen. Die eine ist im heute angesiedelt, die andere spielt um 1930 in der Ukraine. Das Buch macht wütend auf die sowjetische Machtverfolgung. Die Autorin spricht so manches an, was wir aus den heutigen Nachrichten erfahren. Dabei entstand das Buch schon vor dem sowjetischen Einmarsch in die Ukraine. Erin Litteken wollte ursprünglich die Geschichte ihrer ukrainischen Grossmutter erzählen, entschied sich nach ihrer Recherche jedoch dafür, den Holodomor in Mittelpunkt dieses Romans zu stellen.


    Fazit: Ein lesenswertes Buch, da es viel Wissen über eine bei uns unbekannte Zeit vermittelt.

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  • 5 Sterne

    LindaRabbit, 26.08.2022

    Als Buch bewertet

    Slawa Ukrajini! Holodomor

    Stalin: Der Tod eines einzelnen Mannes ist eine Tragödie, der Tod von Millionen nur eine Statistik. Allein diese Aussage, dem Vorwort vorgestellt, des Massenmörders Stalin, das Vorwort der Autorin Erin Litteken, Nachfahrin einer geflüchteten Ukrainerin, bringt zum Weinen. Angesichts der aktuellen Situation so etwas von schrecklich! Stalin wird heute noch in Russland verehrt. Es gibt Museen, die ihn glorifizieren.

    Holodomor. Millionen Ukrainer verhungern. Vorsätzlich. Just zu dieser Zeit spielt die tragische Geschichte des Romans. Katja beschreibt diese Zeit ab 1930 in einem Tagebuch. Den Tod, die Suche nach Lebensmittel, die Ermordung der nahen Verwandten. Schmerzhaft, jede Seite ist voller Hoffnung und dem Schmerz.

    Erin Litteken erzeugt geschickt Emotionen mit ihrer Schreibe. Mitgefühl, Fassungslosigkeit, Entsetzen. Die zweite Zeitebene, 2004 in den USA, Cassie hat ihren Mann verloren und vegetiert mit ihrer sprachlosen Tochter Birdie. Doch dann beginnt die Aufarbeitung von Katjas Geschichte durch Cassie. Die ukrainischstämmige Grossmutter Bobby ist die zentrale Figur und ihre Weisheiten beeinflussen nun Cassies Leben. Beide Zeitebenen miteinander verflochten führen zum Heute. Neuer Lebensmut. Aus der Geschichte lernen...

    Das Umschlagsbild - der grünlich-blaue Himmel über dem gelben Weizenfeld - erinnert an die ukrainische Flagge, die jetzt überall, zumindest in meiner Heimatstadt, an den öffentlichen Gebäuden hängt.

    Über das Buch eine Rezension zu schreiben, ist auch ein politisches Statement gegen den Krieg, den Russland der Ukraine aufgezwungen hat. Es ist so unglaublich, dass russische Machthaber (einst ein kulturell hochstehendes Land) so etwas tun. Jeder russische Mensch und auch jede:r mit russischen Wurzeln muss gegen das, was Putin & Co machen, aktiv vorgehen.

    Slawa Ukrajini!

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  • 5 Sterne

    bücher_schnecke, 07.08.2022

    Als Buch bewertet

    Tod durch Hunger

    Es sind die 1930er Jahre. Katja wächst in einem Dorf bei Kiew auf. Der lange Arm Stalins hat, von der Sowjetunion aus, die Ukraine erreicht und hält sie mit eiserner Hand fest im Griff. Für Katja und ihre Familie beginnt damit nicht nur eine Zeit der Entbehrung, sondern des nackten Überlebens. Wer nicht dem Kollektiv beitritt, seinen Besitz und die Entscheidung über das eigene Leben aufgibt, wird als Verräter erschossen. Schon bald gibt es nichts mehr zu Essen. In der gesamten Ukraine sterben die Menschen zu Millionen.
    Dieses dunkle Kapitel der Geschichte kennen viele nicht. So auch Cassie, die Enkeltochter von Katja. Sie entdeckt viele Jahrzehnte später Aufzeichnungen ihrer Grossmutter. Sie beginnt, die Tagebucheinträge zu übersetzen und ist zutiefst betroffen.
    Dieser Roman hat mich unfassbar traurig und wütend gemacht. Ich fühlte mich beim Lesen gleichzeitig hilflos und ohnmächtig, angesichts der Grausamkeit in dieser Welt.
    Die Geschichte wiederholt sich, das ist eine der vielen schrecklichen Erkenntnisse dieses Romans. Aber es gibt auch Hoffnung. Das mag angesichts der Geschehnisse pathetisch klingen, aber Menschen sind stark. Sie machen immer weiter.
    "Du kannst immer noch ein Leben haben, auch wenn du denkst, dass nichts übrig ist, denn es gibt immer etwas, für das es sich lohnt zu leben."
    In einem beiliegenden Brief betont die Autorin, dass die Idee zu diesem Roman schon vor dem Einmarsch Russlands auf der Krim im Jahr 2014 entstanden ist.
    Dieses Buch ist die vielleicht schwerste Kost, die ich je gelesen habe. Gerade jetzt angesichts des Krieges in der Ukraine.
    Mein Fazit: Absolut lesenswert, aber auch sehr schwer zu verkraften.

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  • 5 Sterne

    Makama, 07.08.2022

    Als Buch bewertet

    HUNGER
    Von makama
    Katja und ihre Schwester wachsen in einem Dorf in der Nähe von Kiew auf. Sie sind reich, können aber von ihrer Hände Arbeit ernähren. Doch dann kommt Stalin - er zwingt die Menschen ins Kollektiv - und wer sich weigert wird erschossen oder depotiert....
    Anfangs geht es noch Katja und ihre Schwster sind in die Nachbarssöhne verliebt und dürfen sie heiraten.....
    Doch dann ändert sich alles ..... Katja muss stark sein und sich jeden Tag Mut zu sprechen um weiter zumachen, angesichts des grauenvollen Schreckens um sie herum ....
    2004 in den USA.... Cassie ist eine junge Witwe und kehrt mit ihrer kleinen Tochter zurück ins Haus ihrer Grossmutter, diese verhält sich merkwürdig ... spricht dauernd von einer Alina und hortet Lebensmittel. Doch dann findet sie ein Tagebuch.... Gibt das Aufschluss --- denn die alte Dame hat nie über ihre ukrainische Verganheit geprochen.
    Fazit und Meinung:
    Was für ein Buch .... es führt uns in die 30iger Jahre der Ukraine und ist erschreckend aktuell. Die staatlich verordnete Hungersnot hat Millionen Menschen das Leben gekostet .... sie sind neben vollen Getreide-Silos verhungert......
    Denkmäler erinnern noch heute daran. Vor einigen Jahren habe ich vor einem solchen gestanden.
    DIes Buch hat mich tief erschüttert, es ist zwar nur ein Roman -- aber was da beschrieben wurde ist wirklich passiert - und gerade jetzt muss die Ukraine wieder um ihre Unabhängigkeit kämpfen. Es darf nie vergessen werden, was damals passiert ist und es darf sich nicht wiederholen. Von mir gibt es volle 5 Sterne für dieses erschütternde Buch.

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  • 5 Sterne

    Bärbel K., 25.07.2022

    Als eBook bewertet

    Cassie und ihre Tochter Birdie, die seit dem Unfalltod ihres Vaters verstummt ist, leben in Wisconsin. Cassie gibt sich ihrer Trauer um Henry hin, nimmt nichts mehr um sich herum wahr. Bis ihre Mutter Anna sie bittet wieder in ihre alte Heimat zu ihrer Grossmutter zu ziehen, da diese in ihrem hohen Alter immer mehrwürdiger wird und Hilfe brauchen könnte. Cassie stimmt dem zögernd zu. Eine Entscheidung, die weitreichende Auswirkungen auf ihr weiteres Leben haben wird….
    Der Autorin gelingt es ganz wunderbar die Grausamkeiten der Stalin-Schergen so detailliert wie diese Grausam waren zu vermitteln, dass beim Lesen mein Mitgefühl mit den Gepeinigten und Trauernden von Seite zu Seite zunahm. Von Holodomor (Aushungerung) hatte ich bisher noch nie gehört. Dabei werden die Figuren so überzeugend lebensecht beschrieben, dass man sie einfach gernhaben muss. Z.B Bobby, die Grossmutter und Hauptfigur. Auch wenn ihre Gedanken altersbedingt immer wieder in ihre Vergangenheit abtauchen, so beobachtet sie ihre Enkelin doch sehr genau. Sieht Parallelen zu ihrem eigenen so leidvollen Schicksal. Feinfühlig gibt sie ihr Ratschläge, die nur jemand geben kann, der viel im Leben erlebt und ertragen hat. So erkennt auch Cassie in Laufe der Geschichte, dass Nick nicht Henry ist.
    Für mich ist das ein lebender Abriss mir bisher unbekannter Geschichte, der sehr bewegend geschrieben ist. Darum gibt es auch 5 Lese-Sterne und eine 100%ige Leseempfehlung.

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