Das schönste Paar (DVD)

„Das schönste Paar“ aus dem Jahr 2018 ist ein deutsches Drama des 1974 geborenen Regisseurs und Drehbuchautors Sven Taddicken (z.B. „Emmas Glück“ – 2006, „Gleissendes Glück“ – 2016), das sich mit den Nachwirkungen einer tiefen seelischen Verletzung und dem Versuch, sie zu bewältigen auseinandersetzt.

Liv und Malte Brinkmann (Luise Heyer, etwa „Der Junge muss an die frische Luft“ - 2018, “Einmal bitte alles“ - 2017 und Maximilian Brückner, z. B. „Hindafing“, „Der Mordanschlag“ - 2018, „Zwischen Himmel und Hölle“ - 2017) verbringen einen traumhaft harmonischen, unbelasteten Urlaub auf Mallorca, bis sie eines Nachts von drei Heranwachsenden überfallen werden. Sie führen davor und trotz der psychischen Belastungen auch danach eine liebevolle, innige, stabile Beziehung. Doch dann sieht Malte zwei Jahre nach dem Ereignis den Haupttäter (Leonard Kunz) zufällig wieder und ihr Leben gerät ins Schlingern…

Was löst diese erneute Konfrontation mit dem grausamen Vorfall und das Aufreissen der Wunden, die gerade im Begriff waren, leidlich zu heilen, in den beiden aus, was geschieht mit Malte, Liv und was wird mit und aus der Ehe des sympathischen Lehrerehepaars mit positiver Einstellung und Ausstrahlung und Wärme?

Ziemlich bald muss der Zuschauer durch eine heftige, schwer auszuhaltende Szene durch, die die brutale, erniedrigende Vergewaltigung Livs zeigt, die Malte nicht verhindern kann. Die Einstufung als FSK-16-Film ist daher angezeigt.

Von Heyer und Brückner herausragend differenziert und präsent gespielt erleben wir, wie beide ringen: mit sich, dem Partner, dem Schicksal und mit der Entscheidung, auf welche Weise sie mit der unerwarteten, neuen Situation umgehen sollen. Dabei denken und reagieren Liv und Malte zumeist gegensätzlich, was die zerstörerische, in Gang gesetzte Dynamik noch befeuert.

Taddicken legt seine Geschichte klug an und lässt sie sich mit feinen, kaum merklichen Wendungen und reduzierten Dialogen entwickeln, erklärt psychologisch stimmig, feinsinnig und nachvollziehbar, aber ohne jede Übertreibung das Spektrum an Gemütszuständen seiner Figuren, das von Schock über Schmerz, Verletztheit, Scham, Ohnmacht bis zu rasender Wut und kochenden Rache- bzw. Vergeltungsgedanken, Zweifeln und Verzweiflung, Schuldzuweisungen mit Entfremdung des Paares und zunehmender innerer Leere sowie dem sehnlichen Wunsch nach Normalität reicht.

„Das schönste Paar“ ist ein eindrückliches, schmerzliches, aber nicht emotional erdrückendes, kraftvolles und zugleich sensibles Drama über den Kampf eines traumatisierten Paares um seine Liebe, das ausser durch grossartige Schauspieler damit besticht, unter anderem dank der bemerkenswerten unterlegten Musik vielschichtige und realistische Stimmungen zu erzeugen.

Das Publikum fühlt, leidet und kämpft mit Liv und Malte und wünscht ihnen, dass ihre grosse Liebe die Herausforderungen, Erschütterungen und Brüche übersteht, dass sie sich und einander (wieder) finden mögen. Deswegen ist dieser Film auch eine Denk- und (Mit)Empfindens-Anordnung für den Zuschauer, der sich permanent selbst befragen kann, wie er in einer vergleichbaren Lage fühlen und handeln würde.

Für mich stellt „Das schönste Paar“ ein starkes deutsches Filmkleinod dar, das packt und nahegeht, anspruchsvoll und bereichernd und daher volle fünf Sterne wert ist!