Ludendorff (PDF)
Erich Ludendorff (1865-1937) war eine der Schlüsselfiguren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Als gefeierter Generalissimus des Ersten Weltkriegs und Erfinder des »totalen Kriegs«, als Ikone der völkischen Bewegung...
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Erich Ludendorff (1865-1937) war eine der Schlüsselfiguren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Als gefeierter Generalissimus des Ersten Weltkriegs und Erfinder des »totalen Kriegs«, als Ikone der völkischen Bewegung und ideologischer Wegbereiter des Nationalsozialismus.
Kein anderer deutscher Militär hat eine Machtfülle besessen wie General Ludendorff im Ersten Weltkrieg. Das Kriegsrecht ermöglichte ihm die Einflussnahme auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens, auf Wirtschaft, Propaganda und Besatzungspolitik. Sein innenpolitisches Ziel für die Zeit nach dem »Endsieg« war eine Militärdiktatur. In der Aussenpolitik träumte er von einem »Imperium Germaniae«, seine völkischen Motive verband er - lange vor den verbrecherischen Plänen der Nationalsozialisten - mit der radikalen Vorstellung eines »totalen Kriegs«.
So war es nur folgerichtig, dass Ludendorff nach dem Ersten Weltkrieg eine führende Rolle in republikfeindlichen und chauvinistischen Kreisen spielte und aktiv am Hitler-Putsch beteiligt war. Die von ihm zu verantwortenden strategischen und politischen Fehlentscheidungen, seine Umdeutung der Kriegsniederlage Deutschlands in die sogenannte »Dolchstosslegende« - all das macht Ludendorff neben Hindenburg und Hitler zu einer der deutschen Verhängnisgestalten des 20. Jahrhunderts.
Nachdem es den Mittelmächten in der zweiten Hälfte des Jahres 1916 gelungen war, den Großoffensiven der Entente standzuhalten, rechneten beide Seiten infolge der allgemeinen Ermattung für das Jahr 1917 mit dem Ende der Kämpfe. In Deutschland stritt man leidenschaftlich, ob das Reich das Schlachtfeld nur als Sieger verlassen oder ob gegebenenfalls in einen Verständigungsfrieden eingewilligt werden dürfe.
Es ging dabei nicht nur um die Kriegsziele, sondern auch um politische Konzessionen, welche für die Einhaltung des »Burgfriedens« der Arbeiterschaft gemacht werden sollten, kurzum: Die Kriegszieldiskussion von 1914 drohte wieder aufzuflammen, und die Wahlrechtsdebatte warf schon ihre Schatten voraus. Bald zeichnete sich ab, daß der Reichskanzler und die Dritte Oberste Heeresleitung sowohl hinsichtlich der genannten als auch anderer wichtiger Themen unterschiedliche Positionen vertraten und die im gemeinsamen Gegensatz zu Falkenhayn geschmiedete Allianz zu zerbrechen drohte.
Der Chef des Geheimen Zivilkabinetts, Rudolf von Valentini, registrierte Anfang November 1916 eine »höchst gespannte Stimmung« innerhalb der Führungsriege, »verursacht durch schwere Differenzen zwischen Bethmann und der Obersten Heeresleitung «.1 Bei der Tragweite der zur Entscheidung anstehenden Probleme mußte es zum offenen Konflikt kommen. Dieser sollte dem Kaiserreich im Juli 1917 seine schwerste Systemkrise bescheren. Im Grundsatz ging es bei der Auseinandersetzung um den Primat von politischer oder militärischer Führung, im Konkreten um die Macht entweder für Bethmann Hollweg oder für Ludendorff.
Den Kristallisationspunkt des Konflikts bildete die Diskussion um den unbeschränkten U-Boot-Krieg gegen Handelsschiffe und die damit verbundene Möglichkeit eines Kriegseintritts der USA . Zweimal
Danach befürchtete der Kanzler, daß der verschärfte U-Boot-Krieg »eine Art Kreuzzug gegen Deutschland zur Folge haben könnte. Es sei wie ein nochmaliger Entschluß zum Kriege.«3 Und für den oft der Großmannssucht gescholtenen Wilhelm II. stellte die Entscheidung für den »U-Boot-Vernichtungskrieg « gar die »schwerste Entscheidung seines Lebens« dar.4 Das Ziel, welches Kaiser und Reichskanzler mit ihrer Politik verfolgten, war klar: Der auf den Einsatz drängenden Marineleitung5 sollte die Möglichkeit eröffnet worden, unter Mißachtung der allgemein anerkannten seerechtlichen Bestimmungen – insbesondere der Londoner Deklaration über das Prisenrecht – feindliche Schiffe, gleichgültig welcher Bauart, ohne vorherige Warnung zu torpedieren.
Der Entschluß wurde 1916 aus demselben Grund getroffen wie 1915: die am 2. November 1914 von Großbritannien verhängte Blockade der deutschen Nordseehäfen, durch die Deutschland allmählich von der Zufuhr ausländischer Waren abgeschnitten wurde. Um ihre Politik zu legitimieren, bediente sich die Regierung in London eines völkerrechtlich keineswegs unumstrittenen Mittels: der schrittweisen Aufhebung des gängigen Unterschieds zwischen absoluter Konterbande (Waffen, Munition etc.) und relativer Konterbande (Lebensmittel, Kleidung etc.).7 Auf die Industrieproduktion und die Ernährungslage der Bevölkerung in Deutschland hatte der Handelskrieg katastrophale Auswirkungen.8 Dennoch hatte der Reichskanzler sich in den ersten Kriegsjahren jeweils nach wenigen Wochen zur Einstellung der U-Boot-Angriffe entschlossen
- Autor: Manfred Nebelin
- 2011, 752 Seiten, Deutsch
- Verlag: Penguin Random House
- ISBN-10: 3641545730
- ISBN-13: 9783641545734
- Erscheinungsdatum: 11.04.2011
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