Leben (ePub)
Ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2013
«Wann passiert es schon, dass einem die Verlängerung des eigenen Lebens angeboten wird?»
Der Anruf kommt um kurz nach zwei. Ein junger, sterbenskranker Mann geht ans Telefon, und eine Stimme sagt: Wir haben ein passendes Spenderorgan für Sie. Auf diesen...
Der Anruf kommt um kurz nach zwei. Ein junger, sterbenskranker Mann geht ans Telefon, und eine Stimme sagt: Wir haben ein passendes Spenderorgan für Sie. Auf diesen...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Leben (ePub)“
«Wann passiert es schon, dass einem die Verlängerung des eigenen Lebens angeboten wird?»
Der Anruf kommt um kurz nach zwei. Ein junger, sterbenskranker Mann geht ans Telefon, und eine Stimme sagt: Wir haben ein passendes Spenderorgan für Sie. Auf diesen Anruf hat er gewartet, diesen Anruf hat er gefürchtet. Soll er es wagen, damit er weiter da ist für sein Kind? Er nimmt seine Tasche und lässt sich ins Berliner Virchow-Klinikum fahren.
Von der Geschichte und Vorgeschichte dieser Organtransplantation handelt «Leben»: von den langen Tagen und Nächten im Kosmos Krankenhaus neben den wechselnden Bettnachbarn mit ihren Schicksalen und Beichten - einem Getränkehändler etwa, der heimlich seine Geliebte besucht, oder einem libanesischen Fleischer, der im Bürgerkrieg beide Brüder verlor. Beim Zuhören bemerkt er zum ersten Mal, dass auch er schon ein Leben hinter sich hat. Und da, in seinem weissen Raumschiff Krankenbett, unterwegs auf einer Reise durch Erinnerungs- und Sehnsuchtsräume, kreisen die Gedanken: Wen hat er geliebt? Für wen lohnt es sich zu leben? Und welcher Mensch ist gestorben, so dass er weiter leben kann, möglicherweise als ein anderer als zuvor?
David Wagner hat ein berührendes, nachdenklich stimmendes, lebenskluges Buch über einen existentiellen Drahtseilakt geschrieben. Ohne Pathos und mit stilistischer Brillanz erzählt er vom Lieben und Sterben, von Verantwortung und Glück - vom Leben, das der Derwisch eine Reise nennt.
«David Wagner berührt die ganz grossen Fragen. Was heisst es, auf der Welt zu sein? Was ist das Leben?»
Dirk Knipphals, die tageszeitung
Der Anruf kommt um kurz nach zwei. Ein junger, sterbenskranker Mann geht ans Telefon, und eine Stimme sagt: Wir haben ein passendes Spenderorgan für Sie. Auf diesen Anruf hat er gewartet, diesen Anruf hat er gefürchtet. Soll er es wagen, damit er weiter da ist für sein Kind? Er nimmt seine Tasche und lässt sich ins Berliner Virchow-Klinikum fahren.
Von der Geschichte und Vorgeschichte dieser Organtransplantation handelt «Leben»: von den langen Tagen und Nächten im Kosmos Krankenhaus neben den wechselnden Bettnachbarn mit ihren Schicksalen und Beichten - einem Getränkehändler etwa, der heimlich seine Geliebte besucht, oder einem libanesischen Fleischer, der im Bürgerkrieg beide Brüder verlor. Beim Zuhören bemerkt er zum ersten Mal, dass auch er schon ein Leben hinter sich hat. Und da, in seinem weissen Raumschiff Krankenbett, unterwegs auf einer Reise durch Erinnerungs- und Sehnsuchtsräume, kreisen die Gedanken: Wen hat er geliebt? Für wen lohnt es sich zu leben? Und welcher Mensch ist gestorben, so dass er weiter leben kann, möglicherweise als ein anderer als zuvor?
David Wagner hat ein berührendes, nachdenklich stimmendes, lebenskluges Buch über einen existentiellen Drahtseilakt geschrieben. Ohne Pathos und mit stilistischer Brillanz erzählt er vom Lieben und Sterben, von Verantwortung und Glück - vom Leben, das der Derwisch eine Reise nennt.
«David Wagner berührt die ganz grossen Fragen. Was heisst es, auf der Welt zu sein? Was ist das Leben?»
Dirk Knipphals, die tageszeitung
Lese-Probe zu „Leben (ePub)“
Leben von David Wagner... mehr
Kurz nach Mitternacht komme ich nach Hause. Das Kind ist bei seiner Mutter, die Freundin nicht da, ich bin allein in der Wohnung. Im Kühlschrank finde ich ein angebrochenes Glas Apfelmus, beginne zu löffeln und schaue dabei in die Zeitung, die noch auf dem Küchentisch liegt, ich lese etwas über Mücken und die Frage, warum sie bei Regen nicht von den fallenden Tropfen erschlagen werden. Noch bevor ich genau verstanden habe, wie sie überleben, kratzt mich etwas im Hals. Habe ich mich verschluckt? An Apfelmus?
Ich stehe auf, gehe ins Bad, sehe in den Spiegel und finde nichts Besonderes, alles wie immer, ich bin ein wenig blaß vielleicht. Weil ich nun aber schon im Badezimmer bin, will ich mir auch die Zähne putzen, ich will ja bald ins Bett - spüre im selben Augenblick aber, daß ich mich gleich übergeben muß. Ich drehe mich um, beuge mich über die Badewanne, da schwappt es schon aus mir heraus. Als ich die Augen öffne, wundere ich mich über das viele Blut in der Wanne. Langsam läuft es Richtung Abfluß.
Ich weiß, was das bedeutet. B., mein Arzt, der mich seit meinem zwölften Lebensjahr behandelt, hat mich oft genug, seit Jahren schon, gewarnt. Ich weiß, daß die Ösophagusvarizen, die Krampfadern in meiner Speiseröhre, geplatzt sind, ich weiß, daß ich nun nach innen blute und nicht ohnmächtig werden darf, ich muß den Notarzt rufen. Trotzdem überlege ich, ich überlege sehr langsam, mit einem Taxi in die Klinik zu fahren, entscheide mich dann aber doch für den Notarzt. Im Spiegel sehe ich, daß ich noch bleicher geworden bin, gehe das Telefon suchen und finde es im Arbeitszimmer auf dem Schreibtisch. Es gelingt mir tatsächlich, den falschen Notruf zu wählen, ich wähle eins-eins-null und höre eine Stimme sagen: Für einen Rettungswagen müßten Sie schon die eins-eins-zwei anrufen. Ich lege auf und frage mich, ob das ein Zeichen war. Soll ich lieber zu Hause bleiben? Ist es vielleicht übertrieben, einen Krankenwagen zu rufen? Ich warte eine Minute, das Telefon in der Hand, und sage mir dann, daß ich hier besser nicht verbluten sollte, nächste Woche, noch sind Osterferien, ist das Kind ja wieder da. Also wähle ich, das geht ganz leicht, die Tasten liegen nebeneinander, eins-eins-zwei. Eine freundlichere Stimme meldet sich und sagt, ich solle die Wohnungstür öffnen und offen lassen - ich entschließe mich jedoch dazu, Schuhe und Mantel wieder anzuziehen und dem Arzt entgegenzugehen. Ich weiß ja, hier kann er nichts für mich tun, ich muß ins Krankenhaus.
Ich begegne dem Notarzt und den beiden Rettungssanitätern im Treppenhaus, grüße und sage: Ich bin's, ich muß in die Klinik, und merke gleich, sie halten mich für einen Simulanten, sie haben die Badewanne nicht gesehen. Im Krankenwagen, ich sitze auf dem Transportstuhl, Rücken in Fahrtrichtung, weiß der Arzt nichts mit mir anzufangen, er sieht sich meinen Notfall- und den Organspendeausweis an. Ich sage, ich muß ins Virchow, Charité Campus Virchow, berichte von meiner Autoimmunhepatitis, der Zirrhose, den Ösophagusvarizen und dem Überdruck in den Gefäßen vor meiner kranken Leber, ich spreche und spreche, da spüre ich wieder etwas im Hals. Eine Hand bekomme ich noch vor den Mund, doch das Blut schießt schon mit solcher Gewalt aus mir heraus, daß ich den halben Wagen vollspritze. Eine Szene wie in einem Splatterfilm, über die ich lachen könnte, nur daß hier leider kein Kunstblut spritzt. Der Notarzt, mein Blut läuft ihm über beide Brillengläser, wirkt erschrocken. Er legt mir einen Zugang und gibt Kochsalzlösung, der Wagen fährt endlich an. Kurze Zeit später, ich sehe die Wipfel der Straßenbäume und die Sterne über mir - warum, wundere ich mich, hat dieser Rettungswagen nun kein Dach mehr - , muß ich mich wieder übergeben. Im Liegen treffe ich nur halb in die durchsichtige Tüte, die mir hingehalten wird, das meiste geht daneben, schwappt auf den Boden, und ich weiß, wird diese Blutung nicht schnell gestoppt, bin ich bald tot.
Indikation: Anamnestisch bekannte gastrointestinale Blutung. Anamnestisch bekannte Varizenerkrankung.
Medikation: 100 mg i. v. Propofol.
Befund: Im unteren Drittel des Ösophagus sind vier Varizenstränge von mehr als 5 mm Durchmesser zu sehen (Varizen ragen 50 % des Lumendurchmessers vor bzw. berühren sich, Grad III). An der Minorseite reichen die Varizen bis unterhalb der Kardia. Auf den Varizen red colour signs. Es liegt eine aktive Blutung vor. Der Magen ist mit Koageln gefüllt, unzureichende Beurteilung.
Therapie: In einer Höhe von 34 cm bis 39 cm von der Zahnreihe werden sechs Gummibandligaturen gesetzt, die Blutung kommt unter endoskopischer Therapie zum Stillstand.
1
Ich wache auf und weiß nicht, wo ich bin. Ein Schlauch steckt in meiner Nase, frische, kühle Luft, Bergluft mit Beigeschmack, strömt in mich herein. Ein halbvereister Waldbach gluckert zwischen hohen Tannen, weißgefrorene Gräser glitzern in der Sonne - offenbar male ich mir ein Kalenderbild aus. Ich höre Gestöhne und ein Stimmendurcheinander, höre es tropfen und rauschen und spüre eine Hand an meinem linken Oberarm, sie packt zu, ja, halt mich, halt mich fest - und läßt dann doch wieder los. Es ist keine Hand, merke ich bald, es ist ein automatisches Blutdruckmeßgerät mit einer Manschette, die sich jede Viertelstunde aufbläst, den Blutdruck mißt, ihn aufzeichnet und dann wieder erschlafft. Hört sich an, als puste jemand in eine Luftmatratze. Auf dieser Luftmatratze treibe ich aufs Meer.
2
Sie stehen am Ufer und winken. Sie warten auf mich, sie haben sich eingefunden, meine Mutter, meine Großmutter, Rebecca, Alexandra, mein Großvater in Uniform und meine Urgroßeltern, die ich nicht auf den ersten Blick erkenne, weil ich sie nie zuvor gesehen habe. Sie sind gekommen, um mich zu begrüßen, sie stehen am Strand und winken, ja, tatsächlich, ich höre sie schon rufen, sie rufen: Willkommen, da bist du ja - dann aber bricht eine größere Welle und wirft mich nicht auf den Strand, wie ich es erwartet hatte, nein, eine Unterströmung zieht mich wieder hinaus aufs Meer, weit hinaus, rasch verliere ich das Ufer aus den Augen.
3
Ich öffne die verkrusteten Augen, alles ist verschwommen. Ein Raum voller Farbflecken - das aber, fällt mir ein, könnte daran liegen, daß ich meine Brille nicht trage. Keine Ahnung, wo die geblieben ist. Einige Dinge kann ich trotzdem erkennen, ich muß die Augen nur leicht zusammenkneifen: Rechts befindet sich ein Fenster, links eine Tür, die Tür steht offen. Sehr viele Apparate um mich herum, Kabel, drei oder vier Monitore, ich höre ein Piepen. Kommandozentrale? Mir gefällt mein Raumschiff, ich bin so leicht, schwerelos, ich kann fliegen.
4
Hell ist es oben über der Stadt, ich schwebe und schaue hinab. Ich sehe und weiß auf einmal alles wieder, ich habe nichts vergessen. Die Flachdächer der Klinik, die weißen Kiesel, der Kanal, das Kraftwerk und die Gleise, all das kann ich sehen, ich liege, ich fliege über der Stadt - erst nach Minuten, Stunden oder Tagen muß ich zurück in meine Haut, in dieses Bett.
5
Ach was, ich liege nicht auf dem Friedhof, ich liege nicht in der Erde. Es wird hell und dann wieder dunkel. Ich liege in einem Bett im Krankenhaus, in einem Bett auf Rädern, ich kann hinausgeschoben werden. Drehe ich meinen Kopf, sehe ich den Himmel. Heute ist er weiß, kahle Birkenzweige hängen in den Vordergrund. Das Fenster ist gekippt, die kalte Luft riecht frisch und süß, ich höre Vögel, sie tschilpen vielversprechende Geräusche. Ein Sonnenstrahl bricht durch die Wolkendecke, auf der anderen Seite des Geländes, hinter der roten Ziegelmauer, jenseits der Seestraße, liegt, ich war schon dort, ein Friedhof.
6
Mir wird der Rücken gewaschen, mir werden die Zähne geputzt. Ich muß nichts tun, ich muß nur liegen. Ich muß nicht einmal essen, eine Schwester bringt mir Astronautennahrung, Flüssigmahlzeiten, die alles enthalten, was ein Körper braucht. Der Astronautentrunk schmeckt nach Banane. Und nun weiß ich es, weiß ich es ganz genau: Dieses Zimmer ist wirklich mein Raumschiff, und ich bin unterwegs zum Mars. Mindestens bis zum Mars. Das müßte selbst bei einer günstigen Konstellation der Umlaufbahnen fast ein Jahr dauern. Oder länger. Ich stelle mich darauf ein, ich bleibe.
7
Meine Brille ist wieder da. Ich setze sie auf, schaue mich um und setze sie wieder ab. Ich glaube, ich möchte das alles nicht so genau sehen.
8
Ich frage nach B. und höre, er sei nicht da, er habe Urlaub. Ein Gastroenterologe kommt ins Zimmer und berichtet, wie es gelungen ist, die Varizenblutung zu stoppen. Es wurde endoskopisch ligiert, das heißt, mir wurde ein Schlauch in die blutende Speiseröhre geschoben, in dem Schlauch befand sich eine Apparatur, durch die sich Gummiclips auf die geplatzten Krampfadern setzen ließen, so wurden die blutenden Krampfadern abgeklemmt. Ich hatte Glück, es gibt diese Technik noch nicht lange. Noch vor zwanzig Jahren war bei solchen Blutungen nicht viel zu machen. Ich habe ein paar Liter Blut verloren, mein Hämoglobinwert ist schlecht, und die Leberwerte, das liegt auch an dem Eiweißschock nach so viel Blut im Magen, sind noch schlechter. Aber ich lebe.
9
Ein Patient, ich kann ihn nicht sehen, höre ihn aber durch die offene Tür, beschwert sich, daß in den Zimmern keine Uhren hängen. Er will beobachten, wie schnell oder wie langsam die Zeit vergeht. Ob sie überhaupt noch vergeht? Und wenn ja, in welche Richtung? Ich bin mir da nicht mehr so sicher.
10
Von der Intensivstation werde ich auf die Gastro, die gastroenterologische Normalstation, verlegt. Hier liegen, ich muß bald darüber lachen, die Gastronomen. Einen Vormittag lang, dann wird er entlassen, liegt ein Koch mit mir im Zimmer, ihm folgt ein Kellner. Der Kellner zählt mir alle Ost- Berliner Schütten auf: Truxa Bierbar, Bornholmer Hütte, Metzer Eck, Oderkahn und Trümmerkutte - die war damals in der Kastanienallee Ecke Oderberger Straße, in dem Haus, in dem sich heute der Kopierladen befindet, seiner Erzählung nach eine Absturzkneipe. Er war Ober im Operncafé, und als Ober des Operncafés, in der DDR waren Kellner mächtige Menschen, konnte er überall saufen. Umsonst. Na ja, das rächt sich heute, sagt er.
Der Kellner darf nach Hause, nun liegt ein Fleischer neben mir. Der Fleischer ist fünfundvierzig Jahre Fleischer gewesen, ganz schön lange, ganz schön viel Wurst. Ja, wir hatten immer gut zu essen, sagt er, gehungert haben wir nie. Die letzten zehn Jahre habe die Arbeit ihm allerdings nicht mehr viel Spaß gemacht, die Fleischerei, in der er vierundzwanzig Jahre beschäftigt gewesen sei, habe schließen müssen, danach habe er in einer Wurstfabrik gearbeitet. Das Zeug, das er da hergestellt habe, also, privat habe er das nicht essen wollen. Letztes Jahr sei er sechzehn Wochen auf Station gewesen. Er hat es schon mit vielen ausgehalten, wir lassen uns in Ruhe.
11
Eine der Schwestern kommt ins Zimmer und sagt, der Transport sei da. Ich muß zur Sonographie, darf aber liegenbleiben. Wie weitläufig die Klinik ist. Kilometerlange Korridore, fast alle Gebäude sind miteinander verbunden, unter der Erde gibt es Bettenautobahnen. Das Krankenhausbett ist eigentlich ein Fahrzeug, es hat vier Räder, es ist ein Krankenwagen, ich liege und gleite dahin, werde über lange Flure gefahren und in einen Aufzug geschoben. Ich denke an einen Einkaufswagen, dann an einen Kinderwagen, heute schiebt mich ein Afrikaner. Im Aufzug und im Durchgang unter der Mittelallee, über uns die Wurzeln der Kastanien, singt er vor sich hin. Ich frage ihn, was er singe und was es für eine Sprache sei. Eine Sprache der Elfenbeinküste, sagt er, und als ich weiter nachfrage, erzählt er, er sei in Paris geboren, im 19. Arrondissement, Frankreich und die Franzosen könne er aber, obwohl er selbst Franzose sei, nicht leiden. Er habe achtzehn Jahre dort gelebt, das reiche ihm, für immer, sagt das alles auf Französisch.
Habe ich nicht einmal in Paris gewohnt, in Barbès, rechts des Boulevard Rochechouart, und bin jeden Tag über den Markt der Goutte d'Or gegangen? Ich liege, er schiebt. Ich würde ihn gern fragen, traue mich allerdings nicht, ob ihm schon mal ein Patient gestorben ist, unterwegs.
12
Bin ich vielleicht doch schon tot? Geht mich das alles gar nichts an? Schaue ich nur noch zu? Vielleicht träume ich diese Gegenwart bloß, und Jenseits heißt, in einem Bett zu liegen und sich an Episoden seines Lebens erinnern zu müssen, ob ich will oder nicht. Gestern oder vorgestern war meine Beerdigung, vielleicht ist sie aber auch erst heute. Oder morgen.
13
Im Zimmer komme ich wieder an den Tropf, ich höre ihn nicht, sehe ihn bloß tropfen und schaue ihm dabei zu.
14
Der Fleischer erzählt, er habe früher hundertfünfundfünfzig Kilo gewogen, habe halt immer gern gegessen, immer schön Haxe, schön Bierchen, das habe er jetzt davon, eine Fettleber, nu warte ick uff eene neue. Er hat Aszites, schleppt immer zwei Bierkästen Flüssigkeit in seinem Bauch herum, ächzt sich aus dem Bett, immerhin, er kann noch aufstehen. Na ja, sagt er, braucht man sich och keene Langspielplatte mehr koofen.
Der Satz geht mir im Kopf herum. Soll ich mir noch eine Langspielplatte kaufen? Lohnt sich das noch? Wie lange dauert es, bis das Kind alt genug ist? Und wie lange, ich verstehe Langspielplatte auf einmal ganz wörtlich, habe ich mir eigentlich schon keine Platte, keine LP mehr gekauft? LP war einmal eine wichtige, sehr vertraute Abkürzung, wer sich LPs kaufte, damals, als Musik noch gekauft wurde, war fast schon erwachsen, LP-Käufer verstanden etwas von Musik, hatten die Phase, in der sie sich bloß für einzelne Hits begeisterten und Singles kauften, schon hinter sich. Eine LP kostete Geld, viel Geld, fast einen Monat Taschengeld.
15
Besucher bringen Blumen mit, bald sieht es aus wie in einem Blumenladen. Oder wie auf einer Beerdigung. Nach draußen, auf den Flur vor die Tür, werden die Sträuße zur Nacht nicht mehr gestellt, als Kind habe ich das im Krankenhaus noch erlebt. Die Schwester, die ich danach frage, antwortet, sie hätten genug zu tun, außerdem sei es gar nicht nötig. Solange, was viel wichtiger sei, hin und wieder gelüftet werde, bekomme jeder Patient genug Sauerstoff.
16
Das Kind kommt mich nicht besuchen, seine Mutter meint, es solle mich nicht so sehen. Sie hat nicht unrecht, ich möchte mich so auch nicht sehen.
Copyright © 2013 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Kurz nach Mitternacht komme ich nach Hause. Das Kind ist bei seiner Mutter, die Freundin nicht da, ich bin allein in der Wohnung. Im Kühlschrank finde ich ein angebrochenes Glas Apfelmus, beginne zu löffeln und schaue dabei in die Zeitung, die noch auf dem Küchentisch liegt, ich lese etwas über Mücken und die Frage, warum sie bei Regen nicht von den fallenden Tropfen erschlagen werden. Noch bevor ich genau verstanden habe, wie sie überleben, kratzt mich etwas im Hals. Habe ich mich verschluckt? An Apfelmus?
Ich stehe auf, gehe ins Bad, sehe in den Spiegel und finde nichts Besonderes, alles wie immer, ich bin ein wenig blaß vielleicht. Weil ich nun aber schon im Badezimmer bin, will ich mir auch die Zähne putzen, ich will ja bald ins Bett - spüre im selben Augenblick aber, daß ich mich gleich übergeben muß. Ich drehe mich um, beuge mich über die Badewanne, da schwappt es schon aus mir heraus. Als ich die Augen öffne, wundere ich mich über das viele Blut in der Wanne. Langsam läuft es Richtung Abfluß.
Ich weiß, was das bedeutet. B., mein Arzt, der mich seit meinem zwölften Lebensjahr behandelt, hat mich oft genug, seit Jahren schon, gewarnt. Ich weiß, daß die Ösophagusvarizen, die Krampfadern in meiner Speiseröhre, geplatzt sind, ich weiß, daß ich nun nach innen blute und nicht ohnmächtig werden darf, ich muß den Notarzt rufen. Trotzdem überlege ich, ich überlege sehr langsam, mit einem Taxi in die Klinik zu fahren, entscheide mich dann aber doch für den Notarzt. Im Spiegel sehe ich, daß ich noch bleicher geworden bin, gehe das Telefon suchen und finde es im Arbeitszimmer auf dem Schreibtisch. Es gelingt mir tatsächlich, den falschen Notruf zu wählen, ich wähle eins-eins-null und höre eine Stimme sagen: Für einen Rettungswagen müßten Sie schon die eins-eins-zwei anrufen. Ich lege auf und frage mich, ob das ein Zeichen war. Soll ich lieber zu Hause bleiben? Ist es vielleicht übertrieben, einen Krankenwagen zu rufen? Ich warte eine Minute, das Telefon in der Hand, und sage mir dann, daß ich hier besser nicht verbluten sollte, nächste Woche, noch sind Osterferien, ist das Kind ja wieder da. Also wähle ich, das geht ganz leicht, die Tasten liegen nebeneinander, eins-eins-zwei. Eine freundlichere Stimme meldet sich und sagt, ich solle die Wohnungstür öffnen und offen lassen - ich entschließe mich jedoch dazu, Schuhe und Mantel wieder anzuziehen und dem Arzt entgegenzugehen. Ich weiß ja, hier kann er nichts für mich tun, ich muß ins Krankenhaus.
Ich begegne dem Notarzt und den beiden Rettungssanitätern im Treppenhaus, grüße und sage: Ich bin's, ich muß in die Klinik, und merke gleich, sie halten mich für einen Simulanten, sie haben die Badewanne nicht gesehen. Im Krankenwagen, ich sitze auf dem Transportstuhl, Rücken in Fahrtrichtung, weiß der Arzt nichts mit mir anzufangen, er sieht sich meinen Notfall- und den Organspendeausweis an. Ich sage, ich muß ins Virchow, Charité Campus Virchow, berichte von meiner Autoimmunhepatitis, der Zirrhose, den Ösophagusvarizen und dem Überdruck in den Gefäßen vor meiner kranken Leber, ich spreche und spreche, da spüre ich wieder etwas im Hals. Eine Hand bekomme ich noch vor den Mund, doch das Blut schießt schon mit solcher Gewalt aus mir heraus, daß ich den halben Wagen vollspritze. Eine Szene wie in einem Splatterfilm, über die ich lachen könnte, nur daß hier leider kein Kunstblut spritzt. Der Notarzt, mein Blut läuft ihm über beide Brillengläser, wirkt erschrocken. Er legt mir einen Zugang und gibt Kochsalzlösung, der Wagen fährt endlich an. Kurze Zeit später, ich sehe die Wipfel der Straßenbäume und die Sterne über mir - warum, wundere ich mich, hat dieser Rettungswagen nun kein Dach mehr - , muß ich mich wieder übergeben. Im Liegen treffe ich nur halb in die durchsichtige Tüte, die mir hingehalten wird, das meiste geht daneben, schwappt auf den Boden, und ich weiß, wird diese Blutung nicht schnell gestoppt, bin ich bald tot.
Indikation: Anamnestisch bekannte gastrointestinale Blutung. Anamnestisch bekannte Varizenerkrankung.
Medikation: 100 mg i. v. Propofol.
Befund: Im unteren Drittel des Ösophagus sind vier Varizenstränge von mehr als 5 mm Durchmesser zu sehen (Varizen ragen 50 % des Lumendurchmessers vor bzw. berühren sich, Grad III). An der Minorseite reichen die Varizen bis unterhalb der Kardia. Auf den Varizen red colour signs. Es liegt eine aktive Blutung vor. Der Magen ist mit Koageln gefüllt, unzureichende Beurteilung.
Therapie: In einer Höhe von 34 cm bis 39 cm von der Zahnreihe werden sechs Gummibandligaturen gesetzt, die Blutung kommt unter endoskopischer Therapie zum Stillstand.
1
Ich wache auf und weiß nicht, wo ich bin. Ein Schlauch steckt in meiner Nase, frische, kühle Luft, Bergluft mit Beigeschmack, strömt in mich herein. Ein halbvereister Waldbach gluckert zwischen hohen Tannen, weißgefrorene Gräser glitzern in der Sonne - offenbar male ich mir ein Kalenderbild aus. Ich höre Gestöhne und ein Stimmendurcheinander, höre es tropfen und rauschen und spüre eine Hand an meinem linken Oberarm, sie packt zu, ja, halt mich, halt mich fest - und läßt dann doch wieder los. Es ist keine Hand, merke ich bald, es ist ein automatisches Blutdruckmeßgerät mit einer Manschette, die sich jede Viertelstunde aufbläst, den Blutdruck mißt, ihn aufzeichnet und dann wieder erschlafft. Hört sich an, als puste jemand in eine Luftmatratze. Auf dieser Luftmatratze treibe ich aufs Meer.
2
Sie stehen am Ufer und winken. Sie warten auf mich, sie haben sich eingefunden, meine Mutter, meine Großmutter, Rebecca, Alexandra, mein Großvater in Uniform und meine Urgroßeltern, die ich nicht auf den ersten Blick erkenne, weil ich sie nie zuvor gesehen habe. Sie sind gekommen, um mich zu begrüßen, sie stehen am Strand und winken, ja, tatsächlich, ich höre sie schon rufen, sie rufen: Willkommen, da bist du ja - dann aber bricht eine größere Welle und wirft mich nicht auf den Strand, wie ich es erwartet hatte, nein, eine Unterströmung zieht mich wieder hinaus aufs Meer, weit hinaus, rasch verliere ich das Ufer aus den Augen.
3
Ich öffne die verkrusteten Augen, alles ist verschwommen. Ein Raum voller Farbflecken - das aber, fällt mir ein, könnte daran liegen, daß ich meine Brille nicht trage. Keine Ahnung, wo die geblieben ist. Einige Dinge kann ich trotzdem erkennen, ich muß die Augen nur leicht zusammenkneifen: Rechts befindet sich ein Fenster, links eine Tür, die Tür steht offen. Sehr viele Apparate um mich herum, Kabel, drei oder vier Monitore, ich höre ein Piepen. Kommandozentrale? Mir gefällt mein Raumschiff, ich bin so leicht, schwerelos, ich kann fliegen.
4
Hell ist es oben über der Stadt, ich schwebe und schaue hinab. Ich sehe und weiß auf einmal alles wieder, ich habe nichts vergessen. Die Flachdächer der Klinik, die weißen Kiesel, der Kanal, das Kraftwerk und die Gleise, all das kann ich sehen, ich liege, ich fliege über der Stadt - erst nach Minuten, Stunden oder Tagen muß ich zurück in meine Haut, in dieses Bett.
5
Ach was, ich liege nicht auf dem Friedhof, ich liege nicht in der Erde. Es wird hell und dann wieder dunkel. Ich liege in einem Bett im Krankenhaus, in einem Bett auf Rädern, ich kann hinausgeschoben werden. Drehe ich meinen Kopf, sehe ich den Himmel. Heute ist er weiß, kahle Birkenzweige hängen in den Vordergrund. Das Fenster ist gekippt, die kalte Luft riecht frisch und süß, ich höre Vögel, sie tschilpen vielversprechende Geräusche. Ein Sonnenstrahl bricht durch die Wolkendecke, auf der anderen Seite des Geländes, hinter der roten Ziegelmauer, jenseits der Seestraße, liegt, ich war schon dort, ein Friedhof.
6
Mir wird der Rücken gewaschen, mir werden die Zähne geputzt. Ich muß nichts tun, ich muß nur liegen. Ich muß nicht einmal essen, eine Schwester bringt mir Astronautennahrung, Flüssigmahlzeiten, die alles enthalten, was ein Körper braucht. Der Astronautentrunk schmeckt nach Banane. Und nun weiß ich es, weiß ich es ganz genau: Dieses Zimmer ist wirklich mein Raumschiff, und ich bin unterwegs zum Mars. Mindestens bis zum Mars. Das müßte selbst bei einer günstigen Konstellation der Umlaufbahnen fast ein Jahr dauern. Oder länger. Ich stelle mich darauf ein, ich bleibe.
7
Meine Brille ist wieder da. Ich setze sie auf, schaue mich um und setze sie wieder ab. Ich glaube, ich möchte das alles nicht so genau sehen.
8
Ich frage nach B. und höre, er sei nicht da, er habe Urlaub. Ein Gastroenterologe kommt ins Zimmer und berichtet, wie es gelungen ist, die Varizenblutung zu stoppen. Es wurde endoskopisch ligiert, das heißt, mir wurde ein Schlauch in die blutende Speiseröhre geschoben, in dem Schlauch befand sich eine Apparatur, durch die sich Gummiclips auf die geplatzten Krampfadern setzen ließen, so wurden die blutenden Krampfadern abgeklemmt. Ich hatte Glück, es gibt diese Technik noch nicht lange. Noch vor zwanzig Jahren war bei solchen Blutungen nicht viel zu machen. Ich habe ein paar Liter Blut verloren, mein Hämoglobinwert ist schlecht, und die Leberwerte, das liegt auch an dem Eiweißschock nach so viel Blut im Magen, sind noch schlechter. Aber ich lebe.
9
Ein Patient, ich kann ihn nicht sehen, höre ihn aber durch die offene Tür, beschwert sich, daß in den Zimmern keine Uhren hängen. Er will beobachten, wie schnell oder wie langsam die Zeit vergeht. Ob sie überhaupt noch vergeht? Und wenn ja, in welche Richtung? Ich bin mir da nicht mehr so sicher.
10
Von der Intensivstation werde ich auf die Gastro, die gastroenterologische Normalstation, verlegt. Hier liegen, ich muß bald darüber lachen, die Gastronomen. Einen Vormittag lang, dann wird er entlassen, liegt ein Koch mit mir im Zimmer, ihm folgt ein Kellner. Der Kellner zählt mir alle Ost- Berliner Schütten auf: Truxa Bierbar, Bornholmer Hütte, Metzer Eck, Oderkahn und Trümmerkutte - die war damals in der Kastanienallee Ecke Oderberger Straße, in dem Haus, in dem sich heute der Kopierladen befindet, seiner Erzählung nach eine Absturzkneipe. Er war Ober im Operncafé, und als Ober des Operncafés, in der DDR waren Kellner mächtige Menschen, konnte er überall saufen. Umsonst. Na ja, das rächt sich heute, sagt er.
Der Kellner darf nach Hause, nun liegt ein Fleischer neben mir. Der Fleischer ist fünfundvierzig Jahre Fleischer gewesen, ganz schön lange, ganz schön viel Wurst. Ja, wir hatten immer gut zu essen, sagt er, gehungert haben wir nie. Die letzten zehn Jahre habe die Arbeit ihm allerdings nicht mehr viel Spaß gemacht, die Fleischerei, in der er vierundzwanzig Jahre beschäftigt gewesen sei, habe schließen müssen, danach habe er in einer Wurstfabrik gearbeitet. Das Zeug, das er da hergestellt habe, also, privat habe er das nicht essen wollen. Letztes Jahr sei er sechzehn Wochen auf Station gewesen. Er hat es schon mit vielen ausgehalten, wir lassen uns in Ruhe.
11
Eine der Schwestern kommt ins Zimmer und sagt, der Transport sei da. Ich muß zur Sonographie, darf aber liegenbleiben. Wie weitläufig die Klinik ist. Kilometerlange Korridore, fast alle Gebäude sind miteinander verbunden, unter der Erde gibt es Bettenautobahnen. Das Krankenhausbett ist eigentlich ein Fahrzeug, es hat vier Räder, es ist ein Krankenwagen, ich liege und gleite dahin, werde über lange Flure gefahren und in einen Aufzug geschoben. Ich denke an einen Einkaufswagen, dann an einen Kinderwagen, heute schiebt mich ein Afrikaner. Im Aufzug und im Durchgang unter der Mittelallee, über uns die Wurzeln der Kastanien, singt er vor sich hin. Ich frage ihn, was er singe und was es für eine Sprache sei. Eine Sprache der Elfenbeinküste, sagt er, und als ich weiter nachfrage, erzählt er, er sei in Paris geboren, im 19. Arrondissement, Frankreich und die Franzosen könne er aber, obwohl er selbst Franzose sei, nicht leiden. Er habe achtzehn Jahre dort gelebt, das reiche ihm, für immer, sagt das alles auf Französisch.
Habe ich nicht einmal in Paris gewohnt, in Barbès, rechts des Boulevard Rochechouart, und bin jeden Tag über den Markt der Goutte d'Or gegangen? Ich liege, er schiebt. Ich würde ihn gern fragen, traue mich allerdings nicht, ob ihm schon mal ein Patient gestorben ist, unterwegs.
12
Bin ich vielleicht doch schon tot? Geht mich das alles gar nichts an? Schaue ich nur noch zu? Vielleicht träume ich diese Gegenwart bloß, und Jenseits heißt, in einem Bett zu liegen und sich an Episoden seines Lebens erinnern zu müssen, ob ich will oder nicht. Gestern oder vorgestern war meine Beerdigung, vielleicht ist sie aber auch erst heute. Oder morgen.
13
Im Zimmer komme ich wieder an den Tropf, ich höre ihn nicht, sehe ihn bloß tropfen und schaue ihm dabei zu.
14
Der Fleischer erzählt, er habe früher hundertfünfundfünfzig Kilo gewogen, habe halt immer gern gegessen, immer schön Haxe, schön Bierchen, das habe er jetzt davon, eine Fettleber, nu warte ick uff eene neue. Er hat Aszites, schleppt immer zwei Bierkästen Flüssigkeit in seinem Bauch herum, ächzt sich aus dem Bett, immerhin, er kann noch aufstehen. Na ja, sagt er, braucht man sich och keene Langspielplatte mehr koofen.
Der Satz geht mir im Kopf herum. Soll ich mir noch eine Langspielplatte kaufen? Lohnt sich das noch? Wie lange dauert es, bis das Kind alt genug ist? Und wie lange, ich verstehe Langspielplatte auf einmal ganz wörtlich, habe ich mir eigentlich schon keine Platte, keine LP mehr gekauft? LP war einmal eine wichtige, sehr vertraute Abkürzung, wer sich LPs kaufte, damals, als Musik noch gekauft wurde, war fast schon erwachsen, LP-Käufer verstanden etwas von Musik, hatten die Phase, in der sie sich bloß für einzelne Hits begeisterten und Singles kauften, schon hinter sich. Eine LP kostete Geld, viel Geld, fast einen Monat Taschengeld.
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Besucher bringen Blumen mit, bald sieht es aus wie in einem Blumenladen. Oder wie auf einer Beerdigung. Nach draußen, auf den Flur vor die Tür, werden die Sträuße zur Nacht nicht mehr gestellt, als Kind habe ich das im Krankenhaus noch erlebt. Die Schwester, die ich danach frage, antwortet, sie hätten genug zu tun, außerdem sei es gar nicht nötig. Solange, was viel wichtiger sei, hin und wieder gelüftet werde, bekomme jeder Patient genug Sauerstoff.
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Das Kind kommt mich nicht besuchen, seine Mutter meint, es solle mich nicht so sehen. Sie hat nicht unrecht, ich möchte mich so auch nicht sehen.
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Autoren-Porträt von David Wagner
David Wagner, geboren 1971, studierte Literatur und Kunstgeschichte in Bonn, Paris und Berlin. Nach zahlreichen Auslandsaufenthalten lebt er als freier Autor und Journalist in Berlin. Buchveröffentlichungen, Auszeichnungen u.a. mit dem Alfred-Döblin-Stipendium und dem Walter-Serner-Preis. David Wagner lebt in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: David Wagner
- 2013, 1. Auflage, 288 Seiten, Deutsch
- Verlag: Rowohlt Verlag GmbH
- ISBN-10: 3644028117
- ISBN-13: 9783644028111
- Erscheinungsdatum: 22.02.2013
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eBook Informationen
- Dateiformat: ePub
- Grösse: 0.79 MB
- Ohne Kopierschutz
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Rezension zu „Leben (ePub)“
"Es gibt nichts, was David Wagners Blicks nicht würdig wäre." -- Judith Schalansky, Die Welt "The Proust-inspired West German stylist." -- Nora Fitzgerald, The New York Times
"David Wagners Büchern ist etwas gemeinsam, das man ein Bewusstsein für die Vergänglichkeit, für das Verschwinden von Dingen und Menschen nennen könnte. Dieses Bewusstsein schlägt sich nicht etwa in Sentimentalität nieder, sondern in einer Genauigkeit des Blicks." -- Wiebke Porombka, die tageszeitung
"David Wagner wagt sich an die elementaren Seiten des Seins. Woher kommen wir? Wohin gehen wir?" -- Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung
"David Wagner berührt die ganz großen Fragen. Was heißt es, auf der Welt zu sein? Was ist das Leben?" -- Dirk Knipphals, die tageszeitung
"David Wagner versteht es, die Zeit zu dehnen, neu zu vermessen und seinen Erzähler eine Erinnerungskaskade nach der anderen in Gang setzen zu lassen." -- Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel
"LEBEN von David Wagner ist das literarische Ereignis des Frühjahrs. Das Buch ist in all seinem Raffinement und seiner Beschreibungskunst die organische Fortschreibung eines Werks, das bereits zu den bemerkenswertesten der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur zählte. Doch jetzt hat David Wagners Schreibvermögen ein neues Niveau erreicht." -- Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Pressezitat
«Leben» ... ist das literarische Ereignis des Frühjahrs. Das Buch ist in all seinem Raffinement und seiner Beschreibungskunst die organische Fortschreibung eines Werks, das bereits zu den bemerkenswertesten der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur zählte.
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