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Das Gegenteil eines Menschen (ePub)

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»Wenn der Mensch schlecht war und ich gut sein wollte, musste ich irgendwie zusehen, dass ich das Gegenteil eines Menschen war.«
Wie ist es um unsere Fähigkeit bestellt, die grossen Fragen unserer Zeit anzugehen? Klimawissenschaftlerin Ida treibt genau...
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Kommentar zu "Das Gegenteil eines Menschen"
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    5 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    alekto, 19.08.2022

    Ein starkes Debüt voll philosophischer Betrachtungen über Identität, Bewusstsein und das Verhältnis von Mensch zu Natur

    Die 29jährige Klimatologin Ida lebt nach Abschluss ihres Studiums, das einst vor ihrem Wechsel mit mehreren Semestern Politologie begonnen hat, in Amsterdam. Sie verbringt die freie Zeit bis zum Beginn ihres dreimonatigen Praktikums in den Alpen mit Nichtstun und ihrer Freundin Robin, die über den italienischen Schriftsteller Giacomo Leopardi promoviert. Ihr Praktikum wird Ida im Rahmen eines Projekts absolvieren, das sich mit der Sprengung eines in die Jahre gekommenen Staudamms, dessen Betrieb sich nicht mehr rentiert, in Norditalien nahe der Schweizer Grenze befasst.

    "Das Gegenteil eines Menschen" ist der gelungene Debütroman von Lieke Marsman. In überwiegend sehr kurzen Kapiteln werden Szenen aus dem Leben von Protagonistin Ida geschildert. Manche dieser Kapitel beinhalten auch nur Idas Gedankengänge zu einem Thema.
    Dabei lernte ich Ida kennen, die ein eigenartiges Kind gewesen ist. Mit acht Jahren war eines ihrer Einschlafrituale sich vorzustellen ihr Lieblingsgemüse - also eine Gurke - zu sein, indem sie versuchte mit ihrem Körper die Form einer Gurke nachzustellen und sämtliche ihrer Alltagsemotionen auszublenden. Denn Gurken können nicht fühlen. Als Ida elf war, wollte sie lieber ein Tisch sein, da sie der Tisch im Wohnzimmer ihrer calvinistischen Nachbarn beeindruckt hatte. Und in der sechsten Klasse entdeckte sie ihre Begeisterung für die Alpenflora, nach deren seltenen Besonderheiten sie in der Bücherei recherchierte, die sie dann in einem Referat in der Schule vorstellte.
    Mit ihrem schwarzen Haar und ihrer Abneigung zu reisen, scheint Ida eher ihrem Vater zu ähneln. Ihre als Rentnerin so reiselustige Mutter ist da ganz anders. Als Studentin war ihre Mutter so kämpferisch, dass sie die einzige Frau gewesen ist, die sich in die erste Reihe der Studentenproteste traute. Von ihrer Mutter erfährt Ida als Mädchen, dass "der Mensch durch und durch schlecht sei". Fortan unternimmt die junge Ida eher bescheidene Versuche, "das Gegenteil eines Menschen zu sein", wenn sie auf Händen läuft, tagelang schweigt oder versucht so stramm wie ein junger Mann zu laufen.
    Die erwachsene Ida ist nicht unbedingt das, was ich eine sympathische Person nennen würde. Für mich war es schwierig einen Zugang zu ihr zu finden. Nachdem Ida sich wiederholt eingebildet hat krank zu sein, sucht sie nun in regelmässigen Abständen eine Therapeutin auf. Sie scheint nicht nur ein Hypochonder zu sein, sondern auch an Paranoia zu leiden. Und wenn sie betrunken ist, verhält sie sich peinlich und macht ihrer Freundin Robin eifersüchtige Szenen. Dabei ist sich Ida selbst bewusst, dass sie versucht Robin so wie ihre vorherigen Freundinnen an sich zu binden, indem sie ihr ein schlechtes Gewissen macht.

    Bei Lieke Marsman sind Poesie und eine faktenbasierte, zahlenorientierte Erzählweise kein Widerspruch. So hat mich der poetische Beginn "Ein Morgen", dem man anmerkt, dass die Autorin zuvor bereits Lyrik veröffentlicht hat, an Texte von Raoul Schrott erinnert. Was aber das Staudamm-Projekt in den Alpen betrifft, an dem Ida mitwirkt, listet Marsman die Jahre der Staudamm Katastrophen in Italien samt der Anzahl an Todesfällen auf und schildert in detaillierter Weise an einem konkreten Beispiel, welche genauen Mengen an Wassermassen zum Unglück führten.
    Mir gefällt die ungewöhnliche Art, in der "Das Gegenteil eines Menschen" erzählt wird. Dessen experimentelle Abschnitten habe ich als besonders stark empfunden. So beinhaltet ein Kapitel ein Streitgespräch zwischen Robin und Ida, aus dessen Dialog aber nur Robins Sätze wiedergegeben sind. Interessant fand ich auch das "Reise-Mitmachbuch (bei extremer Hitze)", das sich wohl tatsächlich für den nächsten Sommerurlaub anbieten würde, oder ein eingebundenes Interview mit Joni Mitchell (auf Englisch).

    Relevante Kommentare zum Klimawandel ergeben sich aus dem Kontext der beruflichen Profession von Protagonistin Ida, die Klimatologin ist, und werden oft in Form von geschickt eingebundenen Zitaten - etwa aus dem Buch "Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima" von Idas Heldin Naomi Klein - geliefert. Dabei schreckt die Autorin aber auch vor kontroversen Themen nicht zurück, beispielsweise dass der Kampf gegen den Klimawandel mit dem Verzicht auf Kinder beginnt (siehe "Die Welt ohne uns" von Alan Weisman).
    Die in "Das Gegenteil eines Menschen" wiedergegebenen Zitate habe ich insgesamt als abwechslungsreich und interessant empfunden, da diese vom dänischen Philosophen Kierkegaard, über Kant bis hin zu Duras reichen. Im Anhang werden diese von einem detaillierten Quellenverzeichnis abgerundet. Spannend waren für mich auch die nacherzählten Geschichten. Denn etwa das Atraḫasis-Epos, das eine der ältesten schriftlich erhaltenen Mythen darstellt, die vom Gott Enlil erzählt und die Vorlage für die Arche Noah Geschichte bildete, war mir neu.
    Der oft ungewöhnliche Blickwinkel, den Marsman darlegt, hat mich zum Nachdenken gebracht. So setzte sich die Autorin etwa damit auseinander, wie einfach es sei, sich im Alltäglichen zu verlieren (frei nach Kierkegaard) oder warum Nachrichten eine entspannende Wirkung haben können, da das "beste Mittel gegen Beunruhigung noch mehr Beunruhigung" sei.

    In seinen philosophischen Auseinandersetzungen - etwa zur Konsistenz des selbstidentischen Bewusstseins und der Meinung des französischen Mathematikers Pascal dazu - erinnerte mich "Das Gegenteil eines Menschen" an Romane von Raphaela Edelbauer. Und in den Kapiteln, die aus Essays beispielsweise zur verbesserten Sichtbarkeit von Heterosexualität bestehen, konnte ich Parallelen zum "Duft der Blumen bei Nacht" von Leila Slimani sehen. Wo sich Slimani mit Identität, Literatur und Kunst auseinandersetzt, befasst sich Marsman mit Identität, Literatur, Philosophie und Natur (Klimawandel).
    "Das Gegenteil eines Menschen" ist für mich der stärkste Debütroman, den ich in diesem Jahr gelesen habe. Dabei hätte ich jedoch den so dramatischen Schlusspunkt dieses Romans ohne dessen letzte drei Kapitel als noch eindrucksvoller empfunden. Denn zuvor war für mich die Liebesgeschichte zwischen Ida und Robin ein eher schwächeres Element in einem sonst so überzeugenden Roman, bis diese eine für mich vollkommen überraschende, starke Wendung genommen hat.

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