Wolfsmale / Inspektor Rebus Bd.3
Roman
John Rebus von Scotland Yard hilft seinen Londoner Kollegen, einen Serienmörder zu stellen. Dabei ist zunächst nicht klar, wer ihm mehr zu schaffen macht: Die englischen Kollegen, mit denen er sich ständig reibt, oder der wahnsinnige Mörder, der nur der "Wolfman" genannt wird...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Wolfsmale / Inspektor Rebus Bd.3 “
John Rebus von Scotland Yard hilft seinen Londoner Kollegen, einen Serienmörder zu stellen. Dabei ist zunächst nicht klar, wer ihm mehr zu schaffen macht: Die englischen Kollegen, mit denen er sich ständig reibt, oder der wahnsinnige Mörder, der nur der "Wolfman" genannt wird...
Klappentext zu „Wolfsmale / Inspektor Rebus Bd.3 “
Chief Inspector Rebus auf Dienstreise in London. Als Experte für Serienmörder soll Rebus bei der Suche nach dem wahnsinnigen "Wolfman" helfen, einem Serienkiller, der seine Opfer grausam entstellt und auf ihnen tiefe Bisswunden hinterlässt. Doch die Londoner Kollegen sind wenig begeistert über die Hilfestellung aus dem Norden - und machen dem eigenbrötlerischen Rebus fast genauso zu schaffen wie der intelligente Mörder, der den Ermittlern einfach keine brauchbare Spur hinterlässt ...Dank seiner Expertise auf dem Gebiet der Serienmorde wird Chief Inspector John Rebus, dem wundervollen Serienhelden von Ian Rankin, dem melancholischen Cop mit so einigen Ecken und Kanten, nach London gerufen. Diesen Ausflug verdankt er seinen "Profiler"-Qualitäten, Serienmörder durch Aufdecken ihres Verhaltens, des "Modus operandi", zu stellen. Nur allzu verständlich, dass seine Londoner Kollegen nicht so begeistert sind, jemanden vor die Nase gesetzt zu bekommen, der anscheinend alles besser weiss und der diesen starken Akzent aus dem Norden mitbringt. Noch dazu haben sie es in Rebus mit einem eigenbrötlerischen Kauz zu tun, der auch mal in puncto Dienstvorschrift Fünfe gerade sein lässt. Für Zündstoff zwischen den Kollegen ist gesorgt. Aber um Vorurteile zwischen Engländern und Schotten aus dem Weg zu räumen, ist er nicht gekommen. Seine Mission heisst, einen Serienmörder zu stellen: In London geht der "Wolfman" um. Seinen Spitznamen hat er sich nicht nur damit verdient, dass sein erstes Opfer in der Wolf Street gefunden wurde. Sondern, viel schlimmer und grausamer: Er "reisst" seine Opfer regelrecht, allen ist gleich, dass sie tiefe - menschliche - Bisswunden tragen. Rebus gräbt sich in das kranke Wesen des Täters ein, und nicht zuletzt durch die Tipps einer attraktiven Psychologen gelingt es ihm, die Fährte des Mörders aufzunehmen...
"Großbritanniens bester Kriminalschriftsteller!" -- Scotland on Sunday
"Ausnahmslos alle Romane aus der Rebus-Reihe sind einfach großartig!" -- The Times
"Rebus ist der Detektiv-Typ, den ein abgrundtiefer Kriminalfall gepaart mit einem guten moralischen Rätsel inspiriert." -- The New York Times
"Ausnahmslos alle Romane aus der Rebus-Reihe sind einfach großartig!" -- The Times
"Rebus ist der Detektiv-Typ, den ein abgrundtiefer Kriminalfall gepaart mit einem guten moralischen Rätsel inspiriert." -- The New York Times
Lese-Probe zu „Wolfsmale / Inspektor Rebus Bd.3 “
Die Schreckenskammer"Kein schöner Anblick."
Detective Inspector George Flight sah sich um und fragte sich, ob der Sergeant wohl die Leiche oder die Umgebung gemeint hatte. Man konnte über den Wolfsmann sagen, was man wollte, auf jeden Fall war er nicht wählerisch, was die Örtlichkeiten anging. Diesmal war es ein Pfad an einem Flussufer. Nicht dass Flight den Lea je als richtigen "Fluss" betrachtet hätte. Es war ein Ort, an den Einkaufswagen kamen, um zu sterben, ein Streifen Wasser, der auf einer Seite von Marschland gesäumt wurde und auf der anderen von Industriegelände und Flachbauten. Anscheinend konnte man am Lea entlang von der Themse bis rauf nach Edmonton gehen. Der schmale Fluss lief wie eine gesprenkelte schwarze Ader vom Osten Zentrallondons bis in die nördlichsten Regionen der Hauptstadt und noch weiter. Ein grosser Teil der Londoner wusste nicht mal, dass er existierte.
George Flight kannte ihn jedoch genau. Er war in Tottenham Hale aufgewachsen, nicht weit vom Lea entfernt. Sein Vater hatte auf dem befahrbaren Teil des Flusses geangelt, zwischen den Schleusen Stonebridge und Tottenham. Er selbst hatte als Kind auf dem Marschland Fussball gespielt, mit seiner Clique im hohen Gras heimlich Zigaretten geraucht und auf dem Ödland auf der anderen Seite des Flusses, gleich gegenüber der Stelle, an der er gerade stand, an der ein oder anderen Bluse oder dem ein oder anderen BH herumgefummelt.
Er war häufig diesen Pfad entlangspaziert. Es war ein beliebter Ort an warmen Sonntagnachmittagen. Es gab Pubs direkt am Fluss, wo man draussen stehen, ein Pint trinken und dabei die Sonntagssegler in ihren Booten beobachten konnte. Aber in der Nacht benutzten nur Betrunkene, Leichtsinnige und Mutige diesen einsamen und schlecht beleuchteten Pfad. Betrunkene, Leichtsinnige, Mutige ... und die Anwohner. Jean Cooper war eine Anwohnerin. Seit der Trennung von ihrem Mann hatte sie mit ihrer Schwester in einer kleinen, erst kürzlich erbauten Siedlung in der Nähe des
... mehr
Treidelpfads gewohnt. Sie arbeitete in einem Wein- und Spirituosenladen auf der Lea Bridge Road und hatte um sieben Uhr frei. Der Uferpfad war der kürzeste Weg nach Hause.
Ihre Leiche war um Viertel vor zehn von zwei jungen Männern gefunden worden, die auf dem Weg zu einem der Pubs waren. Sie waren zur Lea Bridge Road zurückgelaufen und hatten einen vorbeifahrenden Polizeiwagen angehalten. Danach lief alles rein routinemässig wie von selbst. Der Polizeiarzt kam und wurde von Detectives der Polizeiwache Stoke Newington in Empfang genommen, die, als sie den Modus operandi erkannten, Flight verständigten.
Als er eintraf, herrschte am Tatort kontrollierte Betriebsamkeit. Man hatte die Leiche identifiziert, die unmittelbaren Anwohner befragt und die Schwester gefunden. Beamte von der Spurensicherung diskutierten mit einigen Leuten von der Rechtsmedizin. Der Bereich um die Leiche war abgesperrt worden, und niemand durfte das Band überschreiten, ohne vorher einen Plastikschutz über Schuhe und Haare zu ziehen. Zwei Fotografen machten eifrig Aufnahmen im Licht tragbarer Lampen, die von einem Generator ganz in der Nähe gespeist wurden. Neben dem Generator stand ein Einsatzwagen, wo ein weiterer Fotograf versuchte, seine blockierte Videokamera zu reparieren.
"Das liegt an diesen billigen Bändern", klagte er. "Man meint, man hätte ein Schnäppchen gemacht, und dann stellt man fest, dass sie irgendwo eine Macke haben oder verdreht sind."
"Dann kauf doch keine billigen Bänder", hatte Flight ihm geraten.
"Danke, Sherlock", hatte der Kameramann giftig geantwortet, bevor er wieder anfing, die Bänder zu verfluchen, den Verkäufer der Bänder und den Marktstand des Verkäufers auf der Brick Lane. Er hatte die Bänder erst heute gekauft.
Inzwischen hatten sich die Kriminaltechniker über ihre Vorgehensweise geeinigt und näherten sich mit Klebeband, Schere und einem Stapel grosser Plastikbeutel bewaffnet der Leiche. Dann begannen sie ganz vorsichtig, die Leiche "abzukleben", in der Hoffnung, Haare und Fasern von der Kleidung abheben zu können. Flight sah ihnen aus einem gewissen Abstand zu. Die tragbaren Lampen tauchten den Tatort in ein gleissendes Licht, sodass sich Flight, der ein Stück weiter weg im Dunkeln stand, ein bisschen wie ein Theaterbesucher vorkam, der ein Schauspiel betrachtet. Man musste, weiss Gott, Geduld für diesen Job haben. Alles musste streng nach Vorschrift und mit äusserster Genauigkeit erledigt werden. Er selbst war noch nicht an die Leiche herangekommen. Dazu würde er später Gelegenheit haben. Vielleicht erst viel später.
Die Heulerei ging schon wieder los. Sie kam aus einem Ford Sierra der Polizei, der auf der Lea Bridge Road parkte. Die Schwester von Jean Cooper wurde auf der Rückbank des Wagens von einer Polizistin getröstet. Man flösste ihr heissen süssen Tee ein, während sie genau wusste, dass sie ihre Schwester nie mehr lebend wiedersehen würde. Aber das war noch nicht das Schlimmste. Flight wusste, dass das Schlimmste erst noch kommen würde, wenn die Schwester Jean offiziell im Leichenschauhaus identifizieren musste.
Dabei war Jean Cooper ganz einfach zu identifizieren gewesen. Ihre Handtasche hatte offenkundig unberührt neben ihr auf dem Pfad gelegen. Darin waren Briefe und ihre Hausschlüssel mit einem Adressanhänger. Flight musste immer wieder an diese Hausschlüssel denken. Eigentlich nicht besonders schlau, eine Adresse an die Schlüssel zu hängen. Aber dafür war es jetzt eh zu spät. Zu spät, um an Verbrechensverhütung zu denken. Das Weinen ging von neuem los, ein lang gezogenes, klagendes Heulen, das sich in den orangefarben glühenden Himmel über dem Lea und seinem Marschland erhob.
Flight sah zu der Leiche, dann verfolgte er den Weg zurück, den Jean von der Lea Bridge Road genommen hatte. Sie war noch keine fünfzig Meter gegangen, als sie überfallen wurde. Knapp fünfzig Meter von einer gut beleuchteten und belebten Hauptverkehrsstrasse entfernt, weniger als zwanzig Meter von der Rückseite einer Reihe von Wohnungen. Doch die Strassenlampe, die diesen Abschnitt des Pfades beleuchten sollte, war kaputt (wahrscheinlich würde die Stadt es jetzt endlich schaffen, sie zu reparieren); so drang nur wenig Licht aus den jeweils erleuchteten Wohnungen herüber. Also durchaus dunkel genug für den Zweck. Dunkel genug für einen heimtückischen Mord.
In diesem frühen Stadium konnte er nicht sicher sein, dass es der Wolfsmann gewesen war, nicht absolut und ohne jeden Zweifel sicher. Aber er konnte es spüren, wie die betäubende Wirkung einer Spritze in seinen Knochen. Das Terrain passte. Die Stichwunden, von denen ihm berichtet worden war, schienen zu passen. Und der Wolfsmann hatte sich knapp weniger als drei Wochen ruhig verhalten. Drei Wochen, während derer die Spur kalt wie Stein geworden war, so kalt wie ein Kanalpfad. Der Wolfsmann war dieses Mal allerdings ein Risiko eingegangen, indem er am späteren Abend zuschlug anstatt mitten in der Nacht. Es könnte ihn jemand gesehen haben. Gezwungen, rasch zu fliehen, hatte er möglicherweise eine Spur hinterlassen. Bitte, Gott, lass ihn eine Spur hinterlassen haben. Flight rieb sich den Magen. Die Würmer waren fort, von Säure zersetzt. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich gelassen, absolut gelassen.
"Entschuldigung." Die Stimme klang gedämpft, und Flight trat beiseite, um den Taucher durchzulassen. Es folgte ein weiterer Taucher. Beide hielten starke Taschenlampen in der Hand. Flight beneidete die Polizeifroschmänner nicht um ihren Job. Der Fluss war dunkel, giftig und kalt und hatte höchstwahrscheinlich die Konsistenz dicker Suppe. Aber er musste jetzt abgesucht werden. Wenn dem Mörder aus Versehen etwas in den Lea gefallen war oder wenn er sein Messer in den Fluss geworfen hatte, musste das so schnell wie möglich gefunden werden. Bei Tagesanbruch könnte es bereits im Schlick oder im umhertreibenden Müll verschwunden sein. Sie konnten sich einfach nicht erlauben, zu warten. Also hatte er die Suche angeordnet, sobald er die Nachricht erhalten hatte, noch bevor er sein warmes, gemütliches Zuhause verliess, um an den Tatort zu eilen. Seine Frau hatte ihm den Arm getätschelt. "Versuch, nicht zu spät zurück zu sein." Beide wussten, dass die Worte nichts zu bedeuten hatten.
Er beobachtete, wie der erste Froschmann ins Wasser glitt, und starrte fasziniert hin, als das Wasser durch die Taschenlampe zu leuchten anfing. Der zweite Taucher folgte dem ersten ins Wasser und war gleich darauf ebenfalls verschwunden. Flight sah prüfend in den Himmel. Eine dicke Wolkendecke hing reglos über ihm. Laut Wetterbericht sollte es am frühen Morgen regnen. Dann würden Fussabdrücke und Wäschefasern, Blutflecken und Haare in dem aufgeweichten Boden versinken. Mit etwas Glück könnten sie die erste Spurensuche am Tatort ohne den Einsatz von Plastikzelten beenden.
"George!"
Flight drehte sich um, um den Neuankömmling zu begrüssen. Es war ein Mann Mitte Fünfzig, gross, mit ausgemergelten Gesichtszügen, die von einem breiten Grinsen gemildert wurden, zumindest so breit, wie es das lange schmale Gesicht erlaubte. Er trug eine grosse schwarze Tasche in der linken Hand, und streckte die rechte Flight entgegen. Neben ihm ging eine gut aussehende Frau in Flights Alter. Das heisst, wenn er sich recht erinnerte, war sie genau einen Monat und einen Tag jünger als er. Sie hiess Isobel Penny und war, euphemistisch ausgedrückt, die "Assistentin" und "Sekretärin" des ausgemergelten Mannes. Dass sie ausserdem seit acht oder neun Jahren miteinander schliefen, war etwas, worüber niemand so recht redete, doch Isobel hatte es Flight erzählt, einzig und allein aus dem Grund, weil sie in der Schule in derselben Klasse gewesen und seitdem immer in Kontakt geblieben waren.
"Hallo, Philip", sagte Flight und schüttelte dem Pathologen die Hand.
Philip Cousins war nicht irgendein staatlicher Pathologe, er war der beste staatliche Pathologe. Sein Ruf basierte auf fünfundzwanzig Jahren Arbeit, fündundzwanzig Jahren, in denen - soweit Flight wusste - der Mann sich "kein einziges Mal geirrt hatte". Cousins' Auge fürs Detail und seine unglaubliche Hartnäckigkeit hatten dafür gesorgt, dass er mehrere Dutzend Mordfälle geknackt oder zumindest bei der Lösung geholfen hatte - von Würgemorden in Streatham bis zur Vergiftung eines Regierungsbeamten auf den Westindischen Inseln. Leute, die ihn nicht kannten, fanden, er sähe wie ein typischer Pathologe aus, mit seinen dunkelblauen Anzügen und kalten bleichen Gesichtszügen. Sie konnten nichts von seiner Schlagfertigkeit, seinem Humor und seiner Güte wissen, nicht ahnen, wie er angehende Mediziner in seinen überfüllten Vorlesungen begeisterte. Flight war mal in einer dieser Vorlesungen gewesen. Es ging um Arteriosklerose, und er hatte gelacht, wie schon seit Jahren nicht mehr.
"Ich dachte ihr beide wärt in Afrika", sagte Flight jetzt und küsste Isobel zur Begrüssung flüchtig auf die Wange.
Cousins seufzte. "Das waren wir auch, aber Penny hat Heimweh gekriegt." Er redete sie immer mit ihrem Nachnamen an. Sie versetzte ihm einen spielerischen Schlag auf den Unterarm.
"Du Lügner!" Dann sah sie Flight mit ihren hellblauen Augen an. "Es war Philip", sagte sie. "Er konnte es ohne seine Leichen nicht aushalten. Der erste anständige Urlaub, den wir seit Jahren hatten, und er sagt, er langweilt sich. Kannst du dir das vorstellen, George?"
Flight schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich bin jedenfalls froh, dass ihr hier seid. Sieht aus wie ein weiteres Opfer des Wolfsmanns."
Cousins blickte über Flights Schulter zu der Stelle, wo die Fotografen immer noch eifrig fotografierten, und die Kriminaltechniker, die immer noch mit ihren Klebestreifen hantierten, hockten herum wie Fliegen, die sich gern auf der Leiche niederlassen würden. Er hatte die ersten drei Opfer des Wolfsmanns untersucht, und eine solche Kontinuität war hilfreich für einen Fall. Nicht nur, weil er wusste, wonach er suchen musste, was charakteristisch für den Wolfsmann war, sondern weil ihm auch alles auffallen würde, was nicht mit den anderen Mordfällen übereinstimmte, alles, was auf eine Abweichung vom Modus operandi hindeuten könnte - beispielsweise eine andere Waffe oder ein neuer Einstichwinkel. In Flights Kopf setzte sich das Bild des Wolfsmanns Stück für Stück zusammen, aber Cousins war der Mann, der ihm zeigen konnte, wo welches Stück hinpasste.
"Inspector Flight?"
"Ja?" Ein Mann in einer Tweedjacke kam näher. Er hatte mehrere Taschen bei sich, und ein uniformierter Constable trottete hinter ihm her. Er setzte das Gepäck ab und stellte sich vor.
"John Rebus." Flights Gesicht blieb ausdruckslos. "Inspector John Rebus." Eine Hand schoss auf ihn zu, Flight nahm sie und spürte, wie sein Griff kräftig erwidert wurde.
"Ach ja", sagte er. "Sie sind wohl gerade angekommen?" Er sah bedeutungsvoll auf das Gepäck. "Wir haben Sie erst morgen erwartet, Inspector."
"Als ich in King's Cross ankam, hab ich davon gehört ..." Rebus wies mit dem Kopf zu dem beleuchteten Treidelpfad. "Also hab ich gedacht, ich komm gleich hierher."
Flight nickte und tat so, als sei er mit den Gedanken woanders. In Wirklichkeit versuchte er, Zeit zu gewinnen, um mit dem starken Akzent des Schotten klarzukommen. Einer der Kriminaltechniker war aus der Hocke aufgestanden und kam auf sie zu.
"Hallo, Dr. Cousins", sagte er, bevor er sich Flight zuwandte. "Wir sind so gut wie fertig, falls Dr. Cousins einen Blick darauf werfen will." Flight sah zu Philip Cousins, der ernst nickte.
"Komm mit, Penny."
Flight wollte ihnen folgen, doch dann fiel ihm der Neuankömmling wieder ein. Er wandte sich erneut John Rebus zu, wobei sein Blick sofort von Rebus' Gesicht zu dessen auffallend rustikalem Jackett schweifte. Der Mann sah aus wie der schottischen Fernsehserie "Dr. Finlay's Casebook" entsprungen. Jedenfalls wirkte er auf diesem städtischen Treidelpfad mitten in der Nacht völlig fehl am Platz.
"Möchten Sie einen Blick darauf werfen?", bot Flight grosszügig an. Er bemerkte, dass Rebus ohne jede Begeisterung nickte. "Okay, dann lassen Sie Ihr Gepäck einfach hier stehen."
Die beiden Männer folgten Cousins und Isobel in ein paar Metern Abstand. Flight deutete auf die beiden. "Dr. Philip Cousins", sagte er. "Sie haben vermutlich schon von ihm gehört." Rebus schüttelte bedächtig den Kopf. Flight starrte ihn an, als sei Rebus gerade daran gescheitert, aus einer Reihe von Briefmarken die mit der Queen herauszufinden. "Oh", sagte er kühl. Dann zeigte er erneut mit dem Finger. "Und das ist Isobel Penny, Dr. Cousins' Assistentin."
Als sie ihren Namen hörte, wandte sich Isobel ihnen zu und lächelte. Sie hatte ein hübsches Gesicht, mädchenhaft rund und mit glänzenden Wangen. Äusserlich war sie das genaue Gegenteil ihres Begleiters. Obwohl sie gross war, war sie recht kräftig - Rebus' Vater hätte sie vermutlich als stattlich bezeichnet -, und sie hatte im Gegensatz zu Cousins' kränklichem Teint eine gesunde Gesichtsfarbe. Rebus konnte sich nicht erinnern, je einem wirklich gesund aussehenden Pathologen begegnet zu sein. Er nahm an, das kam daher, dass sie so viel Zeit bei künstlichem Licht verbrachten.
Inzwischen waren sie bei der Leiche angekommen. Als Erstes bemerkte Rebus, dass jemand eine Videokamera auf ihn richtete. Doch die Kamera schwenkte rasch wieder zu der Leiche zurück. Flight unterhielt sich mit einem der Kriminaltechniker. Keiner sah den anderen an, sondern beide blickten konzentriert auf die Klebebandstreifen, die vorsichtig von der Leiche abgehoben worden waren und die der Techniker nun in der Hand hielt.
"Ja", sagte Flight, "die brauchen noch nicht ins Labor geschickt zu werden. In der Pathologie werden noch mal Klebestreifen benutzt." Der Mann nickte und ging weiter. Vom Fluss kam ein Geräusch. Rebus drehte sich um und beobachtete, wie ein Froschmann aus dem Wasser auftauchte, sich umsah und wieder verschwand. Er kannte eine ähnliche Gegend in Edinburgh, einen Kanal, der im Westen der Stadt zwischen Parks, Brauereien und Flächen von Ödland verlief. Dort hatte er einmal in einem Mordfall ermitteln müssen. Die zerschundene Leiche eines Landstreichers war unter einer Strassenbrücke gefunden worden, mit einem Fuss im Kanal. Der Mörder war leicht zu finden gewesen, ein anderer Landstreicher, ein Streit um eine Dose Cider. Das Gericht hatte auf Totschlag entschieden, aber es war kein Totschlag gewesen. Es war Mord. Rebus würde das niemals vergessen.
"Ich glaube, wir sollten die Hände jetzt sofort einpacken", sagte Dr. Cousins gerade im satten Tonfall der Grafschaften um London. "Ich sehe sie mir in der Pathologie genauer an.""Da hast du Recht", sagte Flight und ging los, um noch weitere Plastikbeutel zu holen. Rebus beobachtete den Pathologen bei der Arbeit. In einer Hand hielt er einen kleinen Kassettenrecorder, in den er von Zeit zu Zeit sprach. Isobel Penny hatte mittlerweile einen Block hervorgeholt und zeichnete ein Bild von der Leiche.
Ihre Leiche war um Viertel vor zehn von zwei jungen Männern gefunden worden, die auf dem Weg zu einem der Pubs waren. Sie waren zur Lea Bridge Road zurückgelaufen und hatten einen vorbeifahrenden Polizeiwagen angehalten. Danach lief alles rein routinemässig wie von selbst. Der Polizeiarzt kam und wurde von Detectives der Polizeiwache Stoke Newington in Empfang genommen, die, als sie den Modus operandi erkannten, Flight verständigten.
Als er eintraf, herrschte am Tatort kontrollierte Betriebsamkeit. Man hatte die Leiche identifiziert, die unmittelbaren Anwohner befragt und die Schwester gefunden. Beamte von der Spurensicherung diskutierten mit einigen Leuten von der Rechtsmedizin. Der Bereich um die Leiche war abgesperrt worden, und niemand durfte das Band überschreiten, ohne vorher einen Plastikschutz über Schuhe und Haare zu ziehen. Zwei Fotografen machten eifrig Aufnahmen im Licht tragbarer Lampen, die von einem Generator ganz in der Nähe gespeist wurden. Neben dem Generator stand ein Einsatzwagen, wo ein weiterer Fotograf versuchte, seine blockierte Videokamera zu reparieren.
"Das liegt an diesen billigen Bändern", klagte er. "Man meint, man hätte ein Schnäppchen gemacht, und dann stellt man fest, dass sie irgendwo eine Macke haben oder verdreht sind."
"Dann kauf doch keine billigen Bänder", hatte Flight ihm geraten.
"Danke, Sherlock", hatte der Kameramann giftig geantwortet, bevor er wieder anfing, die Bänder zu verfluchen, den Verkäufer der Bänder und den Marktstand des Verkäufers auf der Brick Lane. Er hatte die Bänder erst heute gekauft.
Inzwischen hatten sich die Kriminaltechniker über ihre Vorgehensweise geeinigt und näherten sich mit Klebeband, Schere und einem Stapel grosser Plastikbeutel bewaffnet der Leiche. Dann begannen sie ganz vorsichtig, die Leiche "abzukleben", in der Hoffnung, Haare und Fasern von der Kleidung abheben zu können. Flight sah ihnen aus einem gewissen Abstand zu. Die tragbaren Lampen tauchten den Tatort in ein gleissendes Licht, sodass sich Flight, der ein Stück weiter weg im Dunkeln stand, ein bisschen wie ein Theaterbesucher vorkam, der ein Schauspiel betrachtet. Man musste, weiss Gott, Geduld für diesen Job haben. Alles musste streng nach Vorschrift und mit äusserster Genauigkeit erledigt werden. Er selbst war noch nicht an die Leiche herangekommen. Dazu würde er später Gelegenheit haben. Vielleicht erst viel später.
Die Heulerei ging schon wieder los. Sie kam aus einem Ford Sierra der Polizei, der auf der Lea Bridge Road parkte. Die Schwester von Jean Cooper wurde auf der Rückbank des Wagens von einer Polizistin getröstet. Man flösste ihr heissen süssen Tee ein, während sie genau wusste, dass sie ihre Schwester nie mehr lebend wiedersehen würde. Aber das war noch nicht das Schlimmste. Flight wusste, dass das Schlimmste erst noch kommen würde, wenn die Schwester Jean offiziell im Leichenschauhaus identifizieren musste.
Dabei war Jean Cooper ganz einfach zu identifizieren gewesen. Ihre Handtasche hatte offenkundig unberührt neben ihr auf dem Pfad gelegen. Darin waren Briefe und ihre Hausschlüssel mit einem Adressanhänger. Flight musste immer wieder an diese Hausschlüssel denken. Eigentlich nicht besonders schlau, eine Adresse an die Schlüssel zu hängen. Aber dafür war es jetzt eh zu spät. Zu spät, um an Verbrechensverhütung zu denken. Das Weinen ging von neuem los, ein lang gezogenes, klagendes Heulen, das sich in den orangefarben glühenden Himmel über dem Lea und seinem Marschland erhob.
Flight sah zu der Leiche, dann verfolgte er den Weg zurück, den Jean von der Lea Bridge Road genommen hatte. Sie war noch keine fünfzig Meter gegangen, als sie überfallen wurde. Knapp fünfzig Meter von einer gut beleuchteten und belebten Hauptverkehrsstrasse entfernt, weniger als zwanzig Meter von der Rückseite einer Reihe von Wohnungen. Doch die Strassenlampe, die diesen Abschnitt des Pfades beleuchten sollte, war kaputt (wahrscheinlich würde die Stadt es jetzt endlich schaffen, sie zu reparieren); so drang nur wenig Licht aus den jeweils erleuchteten Wohnungen herüber. Also durchaus dunkel genug für den Zweck. Dunkel genug für einen heimtückischen Mord.
In diesem frühen Stadium konnte er nicht sicher sein, dass es der Wolfsmann gewesen war, nicht absolut und ohne jeden Zweifel sicher. Aber er konnte es spüren, wie die betäubende Wirkung einer Spritze in seinen Knochen. Das Terrain passte. Die Stichwunden, von denen ihm berichtet worden war, schienen zu passen. Und der Wolfsmann hatte sich knapp weniger als drei Wochen ruhig verhalten. Drei Wochen, während derer die Spur kalt wie Stein geworden war, so kalt wie ein Kanalpfad. Der Wolfsmann war dieses Mal allerdings ein Risiko eingegangen, indem er am späteren Abend zuschlug anstatt mitten in der Nacht. Es könnte ihn jemand gesehen haben. Gezwungen, rasch zu fliehen, hatte er möglicherweise eine Spur hinterlassen. Bitte, Gott, lass ihn eine Spur hinterlassen haben. Flight rieb sich den Magen. Die Würmer waren fort, von Säure zersetzt. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich gelassen, absolut gelassen.
"Entschuldigung." Die Stimme klang gedämpft, und Flight trat beiseite, um den Taucher durchzulassen. Es folgte ein weiterer Taucher. Beide hielten starke Taschenlampen in der Hand. Flight beneidete die Polizeifroschmänner nicht um ihren Job. Der Fluss war dunkel, giftig und kalt und hatte höchstwahrscheinlich die Konsistenz dicker Suppe. Aber er musste jetzt abgesucht werden. Wenn dem Mörder aus Versehen etwas in den Lea gefallen war oder wenn er sein Messer in den Fluss geworfen hatte, musste das so schnell wie möglich gefunden werden. Bei Tagesanbruch könnte es bereits im Schlick oder im umhertreibenden Müll verschwunden sein. Sie konnten sich einfach nicht erlauben, zu warten. Also hatte er die Suche angeordnet, sobald er die Nachricht erhalten hatte, noch bevor er sein warmes, gemütliches Zuhause verliess, um an den Tatort zu eilen. Seine Frau hatte ihm den Arm getätschelt. "Versuch, nicht zu spät zurück zu sein." Beide wussten, dass die Worte nichts zu bedeuten hatten.
Er beobachtete, wie der erste Froschmann ins Wasser glitt, und starrte fasziniert hin, als das Wasser durch die Taschenlampe zu leuchten anfing. Der zweite Taucher folgte dem ersten ins Wasser und war gleich darauf ebenfalls verschwunden. Flight sah prüfend in den Himmel. Eine dicke Wolkendecke hing reglos über ihm. Laut Wetterbericht sollte es am frühen Morgen regnen. Dann würden Fussabdrücke und Wäschefasern, Blutflecken und Haare in dem aufgeweichten Boden versinken. Mit etwas Glück könnten sie die erste Spurensuche am Tatort ohne den Einsatz von Plastikzelten beenden.
"George!"
Flight drehte sich um, um den Neuankömmling zu begrüssen. Es war ein Mann Mitte Fünfzig, gross, mit ausgemergelten Gesichtszügen, die von einem breiten Grinsen gemildert wurden, zumindest so breit, wie es das lange schmale Gesicht erlaubte. Er trug eine grosse schwarze Tasche in der linken Hand, und streckte die rechte Flight entgegen. Neben ihm ging eine gut aussehende Frau in Flights Alter. Das heisst, wenn er sich recht erinnerte, war sie genau einen Monat und einen Tag jünger als er. Sie hiess Isobel Penny und war, euphemistisch ausgedrückt, die "Assistentin" und "Sekretärin" des ausgemergelten Mannes. Dass sie ausserdem seit acht oder neun Jahren miteinander schliefen, war etwas, worüber niemand so recht redete, doch Isobel hatte es Flight erzählt, einzig und allein aus dem Grund, weil sie in der Schule in derselben Klasse gewesen und seitdem immer in Kontakt geblieben waren.
"Hallo, Philip", sagte Flight und schüttelte dem Pathologen die Hand.
Philip Cousins war nicht irgendein staatlicher Pathologe, er war der beste staatliche Pathologe. Sein Ruf basierte auf fünfundzwanzig Jahren Arbeit, fündundzwanzig Jahren, in denen - soweit Flight wusste - der Mann sich "kein einziges Mal geirrt hatte". Cousins' Auge fürs Detail und seine unglaubliche Hartnäckigkeit hatten dafür gesorgt, dass er mehrere Dutzend Mordfälle geknackt oder zumindest bei der Lösung geholfen hatte - von Würgemorden in Streatham bis zur Vergiftung eines Regierungsbeamten auf den Westindischen Inseln. Leute, die ihn nicht kannten, fanden, er sähe wie ein typischer Pathologe aus, mit seinen dunkelblauen Anzügen und kalten bleichen Gesichtszügen. Sie konnten nichts von seiner Schlagfertigkeit, seinem Humor und seiner Güte wissen, nicht ahnen, wie er angehende Mediziner in seinen überfüllten Vorlesungen begeisterte. Flight war mal in einer dieser Vorlesungen gewesen. Es ging um Arteriosklerose, und er hatte gelacht, wie schon seit Jahren nicht mehr.
"Ich dachte ihr beide wärt in Afrika", sagte Flight jetzt und küsste Isobel zur Begrüssung flüchtig auf die Wange.
Cousins seufzte. "Das waren wir auch, aber Penny hat Heimweh gekriegt." Er redete sie immer mit ihrem Nachnamen an. Sie versetzte ihm einen spielerischen Schlag auf den Unterarm.
"Du Lügner!" Dann sah sie Flight mit ihren hellblauen Augen an. "Es war Philip", sagte sie. "Er konnte es ohne seine Leichen nicht aushalten. Der erste anständige Urlaub, den wir seit Jahren hatten, und er sagt, er langweilt sich. Kannst du dir das vorstellen, George?"
Flight schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich bin jedenfalls froh, dass ihr hier seid. Sieht aus wie ein weiteres Opfer des Wolfsmanns."
Cousins blickte über Flights Schulter zu der Stelle, wo die Fotografen immer noch eifrig fotografierten, und die Kriminaltechniker, die immer noch mit ihren Klebestreifen hantierten, hockten herum wie Fliegen, die sich gern auf der Leiche niederlassen würden. Er hatte die ersten drei Opfer des Wolfsmanns untersucht, und eine solche Kontinuität war hilfreich für einen Fall. Nicht nur, weil er wusste, wonach er suchen musste, was charakteristisch für den Wolfsmann war, sondern weil ihm auch alles auffallen würde, was nicht mit den anderen Mordfällen übereinstimmte, alles, was auf eine Abweichung vom Modus operandi hindeuten könnte - beispielsweise eine andere Waffe oder ein neuer Einstichwinkel. In Flights Kopf setzte sich das Bild des Wolfsmanns Stück für Stück zusammen, aber Cousins war der Mann, der ihm zeigen konnte, wo welches Stück hinpasste.
"Inspector Flight?"
"Ja?" Ein Mann in einer Tweedjacke kam näher. Er hatte mehrere Taschen bei sich, und ein uniformierter Constable trottete hinter ihm her. Er setzte das Gepäck ab und stellte sich vor.
"John Rebus." Flights Gesicht blieb ausdruckslos. "Inspector John Rebus." Eine Hand schoss auf ihn zu, Flight nahm sie und spürte, wie sein Griff kräftig erwidert wurde.
"Ach ja", sagte er. "Sie sind wohl gerade angekommen?" Er sah bedeutungsvoll auf das Gepäck. "Wir haben Sie erst morgen erwartet, Inspector."
"Als ich in King's Cross ankam, hab ich davon gehört ..." Rebus wies mit dem Kopf zu dem beleuchteten Treidelpfad. "Also hab ich gedacht, ich komm gleich hierher."
Flight nickte und tat so, als sei er mit den Gedanken woanders. In Wirklichkeit versuchte er, Zeit zu gewinnen, um mit dem starken Akzent des Schotten klarzukommen. Einer der Kriminaltechniker war aus der Hocke aufgestanden und kam auf sie zu.
"Hallo, Dr. Cousins", sagte er, bevor er sich Flight zuwandte. "Wir sind so gut wie fertig, falls Dr. Cousins einen Blick darauf werfen will." Flight sah zu Philip Cousins, der ernst nickte.
"Komm mit, Penny."
Flight wollte ihnen folgen, doch dann fiel ihm der Neuankömmling wieder ein. Er wandte sich erneut John Rebus zu, wobei sein Blick sofort von Rebus' Gesicht zu dessen auffallend rustikalem Jackett schweifte. Der Mann sah aus wie der schottischen Fernsehserie "Dr. Finlay's Casebook" entsprungen. Jedenfalls wirkte er auf diesem städtischen Treidelpfad mitten in der Nacht völlig fehl am Platz.
"Möchten Sie einen Blick darauf werfen?", bot Flight grosszügig an. Er bemerkte, dass Rebus ohne jede Begeisterung nickte. "Okay, dann lassen Sie Ihr Gepäck einfach hier stehen."
Die beiden Männer folgten Cousins und Isobel in ein paar Metern Abstand. Flight deutete auf die beiden. "Dr. Philip Cousins", sagte er. "Sie haben vermutlich schon von ihm gehört." Rebus schüttelte bedächtig den Kopf. Flight starrte ihn an, als sei Rebus gerade daran gescheitert, aus einer Reihe von Briefmarken die mit der Queen herauszufinden. "Oh", sagte er kühl. Dann zeigte er erneut mit dem Finger. "Und das ist Isobel Penny, Dr. Cousins' Assistentin."
Als sie ihren Namen hörte, wandte sich Isobel ihnen zu und lächelte. Sie hatte ein hübsches Gesicht, mädchenhaft rund und mit glänzenden Wangen. Äusserlich war sie das genaue Gegenteil ihres Begleiters. Obwohl sie gross war, war sie recht kräftig - Rebus' Vater hätte sie vermutlich als stattlich bezeichnet -, und sie hatte im Gegensatz zu Cousins' kränklichem Teint eine gesunde Gesichtsfarbe. Rebus konnte sich nicht erinnern, je einem wirklich gesund aussehenden Pathologen begegnet zu sein. Er nahm an, das kam daher, dass sie so viel Zeit bei künstlichem Licht verbrachten.
Inzwischen waren sie bei der Leiche angekommen. Als Erstes bemerkte Rebus, dass jemand eine Videokamera auf ihn richtete. Doch die Kamera schwenkte rasch wieder zu der Leiche zurück. Flight unterhielt sich mit einem der Kriminaltechniker. Keiner sah den anderen an, sondern beide blickten konzentriert auf die Klebebandstreifen, die vorsichtig von der Leiche abgehoben worden waren und die der Techniker nun in der Hand hielt.
"Ja", sagte Flight, "die brauchen noch nicht ins Labor geschickt zu werden. In der Pathologie werden noch mal Klebestreifen benutzt." Der Mann nickte und ging weiter. Vom Fluss kam ein Geräusch. Rebus drehte sich um und beobachtete, wie ein Froschmann aus dem Wasser auftauchte, sich umsah und wieder verschwand. Er kannte eine ähnliche Gegend in Edinburgh, einen Kanal, der im Westen der Stadt zwischen Parks, Brauereien und Flächen von Ödland verlief. Dort hatte er einmal in einem Mordfall ermitteln müssen. Die zerschundene Leiche eines Landstreichers war unter einer Strassenbrücke gefunden worden, mit einem Fuss im Kanal. Der Mörder war leicht zu finden gewesen, ein anderer Landstreicher, ein Streit um eine Dose Cider. Das Gericht hatte auf Totschlag entschieden, aber es war kein Totschlag gewesen. Es war Mord. Rebus würde das niemals vergessen.
"Ich glaube, wir sollten die Hände jetzt sofort einpacken", sagte Dr. Cousins gerade im satten Tonfall der Grafschaften um London. "Ich sehe sie mir in der Pathologie genauer an.""Da hast du Recht", sagte Flight und ging los, um noch weitere Plastikbeutel zu holen. Rebus beobachtete den Pathologen bei der Arbeit. In einer Hand hielt er einen kleinen Kassettenrecorder, in den er von Zeit zu Zeit sprach. Isobel Penny hatte mittlerweile einen Block hervorgeholt und zeichnete ein Bild von der Leiche.
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Autoren-Porträt von Ian Rankin
Ian Rankin, geboren 1960, ist Grossbritanniens führender Krimiautor, und seine Romane sind aus den internationalen Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken. Ian Rankin wurde unter anderem mit dem Gold Dagger, dem Edgar Allan Poe Award und dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Ian Rankin lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Edinburgh.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ian Rankin
- 2001, 313 Seiten, Masse: 12,5 x 18,1 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Schlootz, Ellen
- Übersetzer: Ellen Schlootz
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442446090
- ISBN-13: 9783442446094
Rezension zu „Wolfsmale / Inspektor Rebus Bd.3 “
»Rebus ist der Detektiv-Typ, den ein abgrundtiefer Kriminalfall gepaart mit einem guten moralischen Rätsel inspiriert.«
Kommentar zu "Wolfsmale / Inspektor Rebus Bd.3"
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