Über Grenzen hinweg
Transnationale politische Gewalt im 20. Jahrhundert
Terroristische Netzwerke operieren global, »foreign fighters« schliessen sich dem »Islamischen Staat« an und kehren teilweise wieder in ihre westlichen Ursprungsländer zurück. Anhand von Fallstudien aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts bietet dieses Buch...
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Klappentext zu „Über Grenzen hinweg “
Terroristische Netzwerke operieren global, »foreign fighters« schliessen sich dem »Islamischen Staat« an und kehren teilweise wieder in ihre westlichen Ursprungsländer zurück. Anhand von Fallstudien aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts bietet dieses Buch eine theoriegestützte Annäherung an das Phänomen grenzüberschreitender politischer Gewalt, wobei es erstmals überhaupt den Aspekt der Transnationalität selbst ins Zentrum rückt. Was sind die Ursachen und Triebkräfte von Transnationalisierungsprozessen? Wie beeinflusst Transnationalität die Akteure, Formen und Ausübung von politischer Gewalt? Und mit welchen Methoden können Historiker transnationale Strukturen und Prozesse untersuchen?
Lese-Probe zu „Über Grenzen hinweg “
Transnationale politische Gewalt: Grundriss eines neuen historischen ForschungsfeldsAdrian HänniEinleitungAm 21. April 2019, dem Ostersonntag, wurde Sri Lanka jäh von brutaler Gewalt erschüttert. Bei mehr oder weniger gleichzeitig verübten, koordinierten Selbstmordanschlägen auf drei Kirchen und drei Luxushotels verloren über 250 Menschen ihr Leben, weitere 500 wurden verletzt. Als Organisation hinter den Anschlägen wurde rasch die sri-lankische islamistische Gruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) ausgemacht.Die international wenig bekannte Organisation hatte sich offenbar in den letzten drei Jahren als Gegenreaktion gegen die starke Zunahme extremistischer und mitunter auch gewalttätiger buddhistischer Gruppen gebildet. 2018 musste die Regierung Sri Lankas nach Mob-Attacken gegen Muslime sogar einen landesweiten Notstand ausrufen. Experten rieben sich verwundert die Augen. Wie konnte die NTJ, deren Gewaltrepertoire sich bislang anscheinend auf Vandalismus gegen Buddha-Statuen beschränkt hatte, eine solch komplexe Anschlagserie durchführen, die einiges an taktischer Expertise und finanziellen Mitteln abverlangte?Die folgenden Tage brachten etwas Klärung. Der Islamische Staat (IS) übernahm die Verantwortung für das Massaker. Später erschien zudem ein Video mit IS-Oberhaupt Abu Bakr al-Baghdadi, in dem einer der führenden Attentäter einen Treueeid auf den IS ablegt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit hatte letzterer die Militanten des NTJ logistisch, mit taktischer Beratung und möglicherweise militärischer Ausbildung unterstützt. Da Muslime in Sri Lanka in den letzten fünf Jahren häufig von buddhistisch-extremistischen Gruppen angegriffen wurden und die Gewalt der NTJ zuvor gegen buddhistische Ziele gerichtet war, könnte der IS auch die Auswahl der Ziele - christliche Kirchen und Touristen - beeinflusst haben. Die Hintergründe der Selbstmordanschläge werden noch im Detail zu recherchieren sein. Die Bluttat ruft aber in jedem Fall eindringlich in Erinnerung, welche
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Bedeutung Transnationalität bei der Manifestation von politischer Gewalt zukommen kann.Transnationale politische Gewalt hat in den letzten Jahren immer wieder die Schlagzeilen dominiert. Der IS und andere gewalttätige jihadistische Gruppen gehörten dabei nicht nur zu den brutalsten Akteuren, sie fanden in der öffentlichen Diskussion auch besonders viel Aufmerksamkeit. In einem Aufsatz von bemerkenswerter analytischer Klarheit hat Martha Crenshaw die verschiedenen transnationalen Elemente aufgeschlüsselt: Als Bürgerkriegsakteure im Nahen Osten, in Afrika und in Asien führen jihadistische Gruppen terroristische Gewalt in Nachbarländern und im Westen durch, sie rekrutieren foreign fighters und inspirieren bisweilen lone actors in westlichen Gesellschaften zu Gewaltakten. Ausserdem gehen sie transnationale Koalitionen ein, die weit voneinander entfernt liegende lokale Konflikte miteinander verknüpfen, besonders augenscheinlich etwa die verschiedenen »al-Qaida-Ableger« ab den späten 2000er Jahren und die »Provinzen« des IS ausserhalb von Irak und Syrien ab 2014. Schliesslich überqueren jihadistische Gruppen nationalstaatliche Grenzen, um in Ländern mit geschwächter Zentralgewalt sichere Rückzugsgebiete zu finden. Einige gewalttätige Akteure mit islamistischer Ideologie handeln zunächst im nationalen oder gar lokalen Rahmen und entschliessen sich zum Teil erst nach Jahren des bewaffneten Kampfes für eine Transnationalisierungsstrategie. Beispielhaft ist Boko Haram, eine zunächst nichtgewalttätige, politisch-religiöse Organisation, die ab 2009 einen bewaffneten Aufstand im Nordosten Nigerias führte. Im Jahr 2014 begann Boko Haram in Kamerun, Tschad und dem Niger Anschläge zu planen. Diese Nachbarstaaten Nigerias hatten von der Afrikanischen Union ein Mandat erhalten, die Ausbreitung der jihadistisch mobilisierten Gewalt einzudämmen. 2015 kam es zu einem weiteren Transnationalisierungsschritt. Boko Haram schwor dem Islamischen Staat Treue und erhielt vom IS in der Folge prop
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Inhaltsverzeichnis zu „Über Grenzen hinweg “
InhaltTransnationale politische Gewalt: Grundriss eines neuen historischen Forschungsfelds7Adrian HänniTransnationale Gewaltgemeinschaften in Barcelona vor dem Bürgerkrieg (1893-1936)65Florian Grafl»Ein Brückenkopf des Deutschtums in Südost?«: Die Schwarze Reichswehr in Österreich (1919-1922)91Florian WenningerEin Instrument ungarischer Aussenpolitik?: Die österreichischen Heimwehren als Akteure in transnationalen rechtsradikalen Netzwerken in den späten 1920er Jahren125Ibolya MurberGegenterror und politische Gewalt im »Musterprotektorat« Dänemark: Die Petergruppe als hochmobiles Gewaltunternehmen (1943-1945)151Martin GöllnitzZwischen Solidarität, Gewalt und Repression: Schweizer Unterstützung für die algerische Unabhängigkeitsbewegung181Lucas FedererRadikal und transnational: Politische Gewalt von Exilkroaten in der Bundesrepublik Deutschland in den 1960er Jahren205Matthias ThadenTerrorismus, Propaganda und Diplomatie: Die Kampagne eines arabisch-palästinensischen Gewaltnetzwerks in der Schweiz (1969/70)231Daniel RickenbacherTransnationale Lernerfahrungen militanter Organisationen am Beispiel der Bewegung 2. Juni259Max GedigZwischen persönlicher Schuld und praktischem Internationalismus: Die transnationalen Verflechtungen der Revolutionären Zellen281Robert WolffDie Organisation Internationaler Revolutionäre: Eine transnationale Schaltstelle der Gewalt mit Schweizer Rückhalt307Vojin Sasa VukadinovicDie transnationalen Aktivitäten der Hisbollah329Michel WyssEnglish Abstracts359Autorinnen und Autoren367
Autoren-Porträt
Adrian Hänni, Dr. phil., ist Dozent für Politikgeschichte an der FernUni Schweiz und Visiting Scholar an der Georgetown University in Washington DC. Daniel Rickenbacher, Dr. phil., ist Assistent und Lehrbeauftragter am Seminar für Nahoststudien der Universität Basel. Thomas Schmutz ist Doktorand an der Universität Zürich und an der University of Newcastle in Australien.
Bibliographische Angaben
- 2022, 2., aktualisierte Aufl., 371 Seiten, Masse: 13,8 x 20,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Herausgegeben: Adrian Hänni, Daniel Rickenbacher, Thomas Schmutz
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593516454
- ISBN-13: 9783593516455
- Erscheinungsdatum: 07.04.2022
Pressezitat
»Bei 'Über Grenzen hinweg' [handelt es sich] um einen wichtigen Forschungsbeitrag, der bislang kaum bekannte Aspekte der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts nicht nur lesbar aufbereitet, sondern auch ein besseres Verständnis aktueller Phänomene eröffnet.« Thomas Riegler, Sehepunkte, 15.05.2020
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