Tag und Nacht und auch im Sommer
Erinnerungen
Mit viel Witz und Selbstironie schildert Frank McCourt die 30 Jahre als Lehrer in den Klassenzimmern von New York.
lieferbar
versandkostenfrei
Bisher Fr. 15.50
Taschenbuch -4%
Fr. 14.90
inkl. MwSt.
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Tag und Nacht und auch im Sommer “
Mit viel Witz und Selbstironie schildert Frank McCourt die 30 Jahre als Lehrer in den Klassenzimmern von New York.
Klappentext zu „Tag und Nacht und auch im Sommer “
Frank McCourts Erinnerungen an seine Jahre als LehrerDreissig Jahre lang hat Frank McCourt, der Amerikaner mit der unglücklichen irischen katholischen Kindheit, in New Yorker Schulen unterrichtet. Jetzt erzählt er, was er von seinen insgesamt zwölftausend Schülern gelernt hat - als Lehrer, als Geschichtenerzähler, als Schriftsteller. Ein Buch, wie man es liebt, aber selten findet: voll Witz und Charme, voll Verzweiflung, Ironie und Lebensweisheit.
Lese-Probe zu „Tag und Nacht und auch im Sommer “
Tag und Nacht und auch im Sommer von Frank MccourtLESEPROBE
PROLOG
Verstünde ich etwas von Sigmund Freud und Psychoanalyse, könnte ich all meine Sorgen und Nöte auf meine unglückliche Kindheit in Irland zurückführen. Diese unglückliche Kindheit nahm mir meine Selbstachtung, löste Anfälle von Selbstmitleid aus, lähmte mein Gefühlsleben, machte aus mir einen reizbaren und neidischen Menschen ohne Respekt vor Autorität, verlangsamte meine Entwicklung, ließ meine Beziehungen zum anderen Geschlecht verkümmern, hinderte mich, im Leben voranzukommen, und machte mich, beinahe, unfähig zu jedem normalen menschlichen Umgang. Es ist ein Wunder, daß ich überhaupt Lehrer werden und Lehrer bleiben konnte, und ich muß mir die Bestnote dafür geben, daß ich die vielen Jahre in den Klassenzimmern von New York überlebt habe. Es sollte einen Orden für Menschen geben, die eine unglückliche Kindheit überlebt haben und Lehrer geworden sind, und ich sollte ganz oben stehen auf der Liste der Anwärter auf diesen Orden einschließlich etwaiger Bänder für negative Spätfolgen.
Ich könnte Schuld zuweisen. Die unglückliche Kindheit kommt nicht von ungefähr. Sie wird herbeigeführt. Es gibt dunkle Mächte. Wenn ich denn Schuld zuweisen soll, so tue ich es im Geiste der Vergebung. In diesem Sinn vergebe ich den Folgenden: Papst Pius XII., den Engländern im allgemeinen und König George VI. im besonderen, Kardinal MacRory, der Irland regierte, als ich ein Kind war, dem Bischof von Limerick, für den offenbar alles und jedes Sünde war, Eamon De Valera, dem ehemaligen Premierminister (Taoiseach) und Staatspräsidenten von Irland. De Valera war ein halbspanischer Gälisch-Fanatiker (spanische Zwiebel in irischem Eintopf), der die Lehrer in ganz
... mehr
Irland anwies, uns die Muttersprache einzubleuen und die angeborene Neugier auszutreiben. Er bescherte uns viele unglückliche Stunden. Er war vollkommen gleichgültig gegenüber den schwarzen und blauen Striemen, die der Stock des Schulmeisters auf diversen Teilen unserer jungen Körper hinterließ. Desgleichen vergebe ich dem Priester, der mich aus dem Beichtstuhl jagte, als ich mich zu den Sünden der Selbstbefleckung und des Diebstahls von Pennies aus der Börse meiner Mutter bekannte. Er sagte, ich ließe keine aufrichtige Reue erkennen, schon gar nicht in fleischlichen Dingen. Und obwohl er damit den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, brachte er durch seine Weigerung, mir die Absolution zu erteilen, meine Seele derart in Gefahr, daß er für meine ewige Verdammnis verantwortlich gewesen wäre, wenn mich vor der Kirche ein Lastwagen überfahren hätte. Ich vergebe diversen rabiaten Schulmeistern, daß sie mich an den Haaren aus der Bank gezogen und mich regelmäßig mit Zeigestab, Riemen oder Rohrstock durchgewalkt haben, wenn ich über Fragen zum Katechismus stolperte oder nicht im Kopf 937 durch 739 teilen konnte. Von meinen Eltern und anderen Erwachsenen hörte ich nur, das sei alles zu meinem Besten. Ich vergebe ihnen ihre himmelschreiende Heuchelei und frage mich, wo sie heute sein mögen. Im Himmel? In der Hölle? Im Fegefeuer (wenn es das noch gibt)?
Ich kann sogar mir selbst vergeben, obwohl ich immer wieder stöhnen muß, wenn ich auf verschiedene Phasen meines Lebens zurückblicke. War ich ein Esel! Diese albernen Ängste! Diese Dummheiten! Dieses Zaudern und Herumstolpern!
Aber dann schaue ich noch mal genauer hin. Ich habe Kindheit und Jugend damit zugebracht, mein Gewissen zu erforschen und festzustellen, daß ich mich permanent im Zustand der Sünde befand. Das war der Drill, die Gehirnwäsche, die Konditionierung, und die verbot jede Selbstzufriedenheit, zumal bei Angehörigen der Sünderklasse.
Jetzt ist es, glaube ich, an der Zeit, mir wenigstens eine Tugend gutzuschreiben: Hartnäckigkeit. Nichts so Glanzvolles wie Ehrgeiz, Begabung, Verstand oder Charme, aber doch das einzige, was mich durch die Tage und Nächte getragen hat.
F. Scott Fitzgerald hat gesagt, ein amerikanisches Leben habe keinen zweiten Akt. Er hat einfach nicht lange genug gelebt. In meinem Fall hat er nicht recht behalten.
In den dreißig Jahren, die ich an New Yorker High Schools unterrichtet habe, nahm niemand außer meinen Schülern die geringste Notiz von mir. Außerhalb der Schule war ich unsichtbar. Dann schrieb ich ein Buch über meine Kindheit und wurde der Held der Stunde. Ich hoffte, das Buch würde den McCourt-Kindern und -Enkelkindern die Familiengeschichte nahebringen. Ich hoffte, daß sich vielleicht ein paar hundert Exemplare verkaufen würden und ich Einladungen von Lesezirkeln bekäme. Statt dessen eroberte es auf Anhieb die Bestsellerlisten und wurde in dreißig Sprachen übersetzt. Ich war verblüfft. Das Buch war mein zweiter Akt.
In der Welt der Bücher bin ich ein Spätzünder, ein Nachzügler, ein Frischling. Mein erstes Buch, Die Asche meiner Mutter, erschien 1996, als ich sechsundsechzig war, das zweite, Ein rundherum tolles Land, 1999, da war ich neunundsechzig. In dem Alter kann man von Glück sagen, wenn man überhaupt noch den Bleistift halten kann. Neue Freunde von mir (die ich meinem Aufstieg in die Bestsellerlisten verdanke) hatten in ihren Zwanzigern ihre ersten Bücher geschrieben. Jungspunde.
Aber was hat Sie denn so lange abgehalten?
Ich habe unterrichtet, das hat mich so lange abgehalten. Nicht an einem College oder einer Universität, wo man jede Menge Zeit fürs Schreiben oder für andere Zerstreuungen hat, sondern an vier verschiedenen öffentlichen High Schools in New York City. (Ich kenne Romane über das Leben von Universitätsprofessoren, die mit außerehelichen Liebschaften und akademischen Grabenkämpfen so beschäftigt waren, daß man sich fragt, wo sie da noch ein paar Unterrichtsstunden hineinquetschen konnten.) Wenn man täglich fünf Klassen unterrichtet, fünf Tage die Woche, ist es unwahrscheinlich, daß man sich am Feierabend mit einem klaren Kopf zu Hause hinsetzt und unsterbliche Prosa schmiedet. Nach einem Schultag mit fünf Klassen ist der Kopf randvoll vom Radau im Klassenzimmer.
Ich hätte nie gedacht, daß Die Asche meiner Mutter auch nur auf das geringste Interesse stoßen würde, aber als das Buch auf den Bestsellerlisten erschien, wurde ich ein Liebling der Medien. Ich wurde viele hundertmal fotografiert. Ich war eine geriatrische Novität mit irischem Akzent. Ich wurde für Dutzende von Blättern interviewt. Ich lernte Gouverneure, Bürgermeister, Schauspieler kennen. Ich wurde dem ersten Präsidenten Bush und seinem Sohn, dem Gouverneur von Texas, vorgestellt. Ich schüttelte Präsident Clinton und Hillary Rodham Clinton die Hand. Ich lernte Gregory Peck kennen. Ich war beim Papst und küßte seinen Ring. Sarah, Herzogin von York, interviewte mich. Sie sagte, ich sei ihr erster Pulitzerpreisträger. Ich erwiderte, sie sei meine erste Herzogin. Sie sagte, oh, und fragte den Kameramann, haben Sie das? Haben Sie das? Ich wurde für einen Hörbuch-Grammy nominiert und hätte beinahe Elton John kennengelernt. Die Menschen sahen mich mit ganz anderen Augen an als früher. Ah, Sie haben doch dieses Buch geschrieben, sagten sie, hier entlang bitte, Mr. McCourt, oder, kann ich Ihnen irgend etwas Gutes tun, irgend etwas? Eine Frau in einem Café kniff die Augen zusammen und sagte, ich hab Sie im Fernsehen gesehen. Sie müssen ein wichtiger Mann sein. Wer sind Sie? Könnte ich ein Autogramm haben? Man hörte mir zu. Man fragte mich nach meiner Meinung über Irland, Bindehautentzündung, Trunksucht, Zähne, Bildung, Religion, Jugendangst, William Butler Yeats, Literatur im allgemeinen. Welche Bücher lesen Sie diesen Sommer? Welche Bücher haben Sie dieses Jahr gelesen? Katholizismus, Schriftstellerei, Hunger. Ich sprach vor Versammlungen von Zahnärzten, Rechtsanwälten, Augenärzten und, natürlich, Lehrern. Ich bereiste die Welt, als Ire, als Lehrer, als Autorität für Unglück und Elend jeder Art, ein Leuchtturm der Hoffnung für Senioren allerorten, die schon immer ihre Lebensgeschichte erzählen wollten.
© Btb Verlag
Übersetzung: Rudolf Hermstein
Ich kann sogar mir selbst vergeben, obwohl ich immer wieder stöhnen muß, wenn ich auf verschiedene Phasen meines Lebens zurückblicke. War ich ein Esel! Diese albernen Ängste! Diese Dummheiten! Dieses Zaudern und Herumstolpern!
Aber dann schaue ich noch mal genauer hin. Ich habe Kindheit und Jugend damit zugebracht, mein Gewissen zu erforschen und festzustellen, daß ich mich permanent im Zustand der Sünde befand. Das war der Drill, die Gehirnwäsche, die Konditionierung, und die verbot jede Selbstzufriedenheit, zumal bei Angehörigen der Sünderklasse.
Jetzt ist es, glaube ich, an der Zeit, mir wenigstens eine Tugend gutzuschreiben: Hartnäckigkeit. Nichts so Glanzvolles wie Ehrgeiz, Begabung, Verstand oder Charme, aber doch das einzige, was mich durch die Tage und Nächte getragen hat.
F. Scott Fitzgerald hat gesagt, ein amerikanisches Leben habe keinen zweiten Akt. Er hat einfach nicht lange genug gelebt. In meinem Fall hat er nicht recht behalten.
In den dreißig Jahren, die ich an New Yorker High Schools unterrichtet habe, nahm niemand außer meinen Schülern die geringste Notiz von mir. Außerhalb der Schule war ich unsichtbar. Dann schrieb ich ein Buch über meine Kindheit und wurde der Held der Stunde. Ich hoffte, das Buch würde den McCourt-Kindern und -Enkelkindern die Familiengeschichte nahebringen. Ich hoffte, daß sich vielleicht ein paar hundert Exemplare verkaufen würden und ich Einladungen von Lesezirkeln bekäme. Statt dessen eroberte es auf Anhieb die Bestsellerlisten und wurde in dreißig Sprachen übersetzt. Ich war verblüfft. Das Buch war mein zweiter Akt.
In der Welt der Bücher bin ich ein Spätzünder, ein Nachzügler, ein Frischling. Mein erstes Buch, Die Asche meiner Mutter, erschien 1996, als ich sechsundsechzig war, das zweite, Ein rundherum tolles Land, 1999, da war ich neunundsechzig. In dem Alter kann man von Glück sagen, wenn man überhaupt noch den Bleistift halten kann. Neue Freunde von mir (die ich meinem Aufstieg in die Bestsellerlisten verdanke) hatten in ihren Zwanzigern ihre ersten Bücher geschrieben. Jungspunde.
Aber was hat Sie denn so lange abgehalten?
Ich habe unterrichtet, das hat mich so lange abgehalten. Nicht an einem College oder einer Universität, wo man jede Menge Zeit fürs Schreiben oder für andere Zerstreuungen hat, sondern an vier verschiedenen öffentlichen High Schools in New York City. (Ich kenne Romane über das Leben von Universitätsprofessoren, die mit außerehelichen Liebschaften und akademischen Grabenkämpfen so beschäftigt waren, daß man sich fragt, wo sie da noch ein paar Unterrichtsstunden hineinquetschen konnten.) Wenn man täglich fünf Klassen unterrichtet, fünf Tage die Woche, ist es unwahrscheinlich, daß man sich am Feierabend mit einem klaren Kopf zu Hause hinsetzt und unsterbliche Prosa schmiedet. Nach einem Schultag mit fünf Klassen ist der Kopf randvoll vom Radau im Klassenzimmer.
Ich hätte nie gedacht, daß Die Asche meiner Mutter auch nur auf das geringste Interesse stoßen würde, aber als das Buch auf den Bestsellerlisten erschien, wurde ich ein Liebling der Medien. Ich wurde viele hundertmal fotografiert. Ich war eine geriatrische Novität mit irischem Akzent. Ich wurde für Dutzende von Blättern interviewt. Ich lernte Gouverneure, Bürgermeister, Schauspieler kennen. Ich wurde dem ersten Präsidenten Bush und seinem Sohn, dem Gouverneur von Texas, vorgestellt. Ich schüttelte Präsident Clinton und Hillary Rodham Clinton die Hand. Ich lernte Gregory Peck kennen. Ich war beim Papst und küßte seinen Ring. Sarah, Herzogin von York, interviewte mich. Sie sagte, ich sei ihr erster Pulitzerpreisträger. Ich erwiderte, sie sei meine erste Herzogin. Sie sagte, oh, und fragte den Kameramann, haben Sie das? Haben Sie das? Ich wurde für einen Hörbuch-Grammy nominiert und hätte beinahe Elton John kennengelernt. Die Menschen sahen mich mit ganz anderen Augen an als früher. Ah, Sie haben doch dieses Buch geschrieben, sagten sie, hier entlang bitte, Mr. McCourt, oder, kann ich Ihnen irgend etwas Gutes tun, irgend etwas? Eine Frau in einem Café kniff die Augen zusammen und sagte, ich hab Sie im Fernsehen gesehen. Sie müssen ein wichtiger Mann sein. Wer sind Sie? Könnte ich ein Autogramm haben? Man hörte mir zu. Man fragte mich nach meiner Meinung über Irland, Bindehautentzündung, Trunksucht, Zähne, Bildung, Religion, Jugendangst, William Butler Yeats, Literatur im allgemeinen. Welche Bücher lesen Sie diesen Sommer? Welche Bücher haben Sie dieses Jahr gelesen? Katholizismus, Schriftstellerei, Hunger. Ich sprach vor Versammlungen von Zahnärzten, Rechtsanwälten, Augenärzten und, natürlich, Lehrern. Ich bereiste die Welt, als Ire, als Lehrer, als Autorität für Unglück und Elend jeder Art, ein Leuchtturm der Hoffnung für Senioren allerorten, die schon immer ihre Lebensgeschichte erzählen wollten.
© Btb Verlag
Übersetzung: Rudolf Hermstein
... weniger
Autoren-Porträt von Frank McCourt
Frank McCourt wurde 1930 in Brooklyn in New York als Kind irischer Einwanderer geboren, wuchs in Limerick in Irland auf und kehrte 1949 nach Amerika zurück. Dreissig Jahre lang hat er an New Yorker High Schools unterrichtet. Für sein erstes Buch, "Die Asche meiner Mutter", 1996 erschienen, erhielt er den Pulitzerpreis, den National Book Critics Circle Award und den L.A. Times Book Award. Frank McCourt verstarb im Juli 2009. Hermstein, RudolfRudolf Hermstein, geb. 1940, studierte Sprachen in Germersheim und ist der Übersetzer von u.a. William Faulkner, Allan Gurganus, Doris Lessing, Robert M. Pirsig und Gore Vidal. Er wurde mit dem Literaturstipendium der Stadt München sowie mehrfach mit Stipendien des Deutschen Übersetzerfonds ausgezeichnet.
Bibliographische Angaben
- Autor: Frank McCourt
- 2008, 331 Seiten, Masse: 11,6 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Rudolf Hermstein
- Verlag: BTB
- ISBN-10: 3442737508
- ISBN-13: 9783442737505
- Erscheinungsdatum: 04.09.2008
Rezension zu „Tag und Nacht und auch im Sommer “
"Das beste Buch McCourts - ein hinreissendes Werk autobiographischer Erzählkunst."
Pressezitat
"So steht am Ende dieses an Geschichte und Geschichten unglaublich reichen Buches die schlichte Erkenntnis: Frank McCourt zu lesen macht glücklich." marie claire
Kommentare zu "Tag und Nacht und auch im Sommer"
0 Gebrauchte Artikel zu „Tag und Nacht und auch im Sommer“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 2Schreiben Sie einen Kommentar zu "Tag und Nacht und auch im Sommer".
Kommentar verfassen