Strasse ins Glück
Aufruhr im irischen Städtchen Rossmore: Der Schatz des Ortes, die angeblich wundertätige Quelle der Heiligen Anna, soll einer Straße weichen. Vor allem Neddy, auf dessen Land die Straße gebaut werden soll, ist ratlos. Da kommt ihm die Liebe zur Hilfe.
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Aufruhr im irischen Städtchen Rossmore: Der Schatz des Ortes, die angeblich wundertätige Quelle der Heiligen Anna, soll einer Straße weichen. Vor allem Neddy, auf dessen Land die Straße gebaut werden soll, ist ratlos. Da kommt ihm die Liebe zur Hilfe.
Strasse ins Glück von Maeve Binchy
LESEPROBE
Jedes Jahram sechsundzwanzigsten Juli strömten die Menschen aus nah und fern herbei, umzu beten und die Quelle mit Girlanden und Blumen zu schmücken. Und so sicherwie das Amen in der Kirche wurde Kaplan Flynn jedes Jahr wieder gebeten, einpaar Worte zu sagen, was ihm stets grösstes Kopfzerbrechen bereitete. Er konnte diesen Leuten schlecht erklären, dass es an Götzenverehrunggrenzte, wenn sich Hunderte von Gläubigen zu einer Heiligenstatue durchschlugen, von der bereits die Farbe abblätterte und diein einer feuchten Grotte neben einer alten Quelle mitten im Forst von Whitethorn lag.
SeinenRecherchen nach verlor sich die Erinnerung an die heilige Anna und ihren Mann,den heiligen Joachim, weit im Dunkel der Geschichte. Höchstwahrscheinlichverwoben sich ihre Gestalten mit den Erzählungen über Hannah aus dem AltenTestament, die nach langer Kinderlosigkeit den Knaben Samuel gebar. Was immerdie heilige Anna zu ihren Lebzeiten vor rund zweitausend Jahren auch getanhaben mochte, eines sicher nicht: Sie war nie bis nach Rossmorein Irland gekommen und hatte nie im Wald eine heilige Quelle gesucht und gefunden,die seitdem nie mehr versiegt war. So viel zumindest war gesichert.
Aberversuchte man, das den Menschen in Rossmoreklarzumachen, handelte man sich grössten Ärger ein. Und so stand der Pfarrerjedes Jahr wieder da, leierte einen unverfänglichen Absatz des Rosenkranzesherunter und hielt eine kleine Moral11 predigt über guten Willen, Toleranz undfreundlichen Umgang mit seinen Nachbarn, die zumeist auf taube Ohren stiess Auchohne sich mit der heiligen Anna und ihrer Glaubwürdigkeit befassen zu müssen,hatte Kaplan Flynn seiner Ansicht nach schon genügend Sorgen. Die Gesundheitseiner Mutter liess zusehends zu wünschen übrig, und der Tag rückte rapide näher,an dem sie nicht länger allein würde leben können. Seine Schwester Judy hatte ihm geschrieben und mitgeteilt, dass er - Brian - sichdurchaus für ein eheloses Leben entschieden haben mochte, sie jedoch nicht.Alle ihre Arbeitskollegen seien entweder verheiratet oder schwul;Partnervermittlungen hätten ihrer Erfahrung nach nichts als Psychopathen imAngebot, und bei Abendkursen lernte man nur depressive Versager kennen. Alsowerde auch sie zu der Quelle bei Rossmore pilgern,hatte sie angekündigt, und die heilige Anna bitten, sich für sie einzusetzen.
Dann war danoch sein Bruder Eddie, der seine Frau Kitty und die vier Kinder verlassen hatte,um sich selbst zu finden. Brian hatte Eddie - der sich mittlerweile bei Naomi,zwanzig Jahre jünger als seine Frau, eingenistet hatte - besucht und dafür nurwenig Dank geerntet. »Nur weil du kein normaler Mann bist, heisst das noch langenicht, dass alle anderen ein Keuschheitsgelübde ablegen müssen «, hatte Eddiegehöhnt und ihm ins Gesicht gelacht. Brian Flynn hatte einen unendlichenÜberdruss verspürt. Seiner Ansicht nach war er ein normaler Mann. Natürlichhatte er Frauen begehrt, aber er hatte eine Abmachung getroffen, die im Momentnoch besagte, dass er, wenn er Priester sein wollte, auf Ehe, Kinder und ein normalesFamilienleben verzichten müsse.
Doch einesTages würde sich diese Regel ändern, wie Kaplan Flynn sich selbst immer wiedergut zuredete. Nicht einmal der Vatikan konnte tatenlos zusehen, wenn so vieleseiner Kollegen das Priesteramt wegen einer Vorschrift niederlegten, die vonden Menschen und nicht von Gott gemacht war. Zu Jesus Lebzeiten waren alleApostel verheiratet gewesen; erst viel später hatte man die Spielregelnverändert. Ausserdem würden die vielen Skandale in der katholischen Kirchesicher auch den restriktiven konservativen Kardinälen zu Bewusstsein bringen,dass im einundzwanzigsten Jahrhundert Reformen unausweichlich waren.
DieMenschen respektierten die Kirche und ihre Geistlichen nicht mehr zwangsläufig.Im Gegenteil. Heutzutage fühlten sich nur noch wenige junge Männer zumPriesteramt berufen. Als Einzige in ihrer Diözese hatten Brian Flynn und JamesO Connor acht Jahre zuvor die Priesterweihe empfangen. Und James O Connor hattedie Kirche mittlerweile wieder verlassen, aus Empörung darüber, dass man einenälteren Priester, der sich an Kindern vergangen hatte, nicht nur geschützt,sondern auch zugelassen hatte, dass er sich durch Vertuschung seiner Tateneiner Therapie oder einer Strafe entzog.
Noch warBrian Flynn der Kirche treu, wenn auch nur halbherzig. Seine Mutter hatte vergessen,wer er war, sein Bruder verachtete ihn, und jetzt machte sich seine Schwester Judyaus London auch noch auf den Weg zu dieser heidnischen Quelle undbeabsichtigte, sicherheitshalber am Namenstag der Heiligen zu kommen. Der fürKaplan Flynns Pfarrei zuständige Stadtpfarrer war ein sanfter, älterer Herr,Kanonikus Cassidy, der den jungen Vikar immer sehr für seine harte Arbeitlobte. »Ich halte durch, solange ich kann, Brian, bis man dich für alt genughält, dass sie dir die Gemeinde anvertrauen«, sagte Kanonikus Cassidy oft. Ermeinte es gut mit ihm und wollte Kaplan Flynn die Demütigung ersparen, einenarroganten und schwierigen Stadtpfarrer vor die Nase gesetzt zu bekommen.
Manchmalfragte sich Brian Flynn jedoch, ob es nicht besser wäre, der Natur ihren Laufzu lassen und Kanonikus Cassidy in einem Heim für ältere Geistlicheunterzubringen und sich irgendjemanden, ganz gleich, wen, zu holen, der ihn beiseinen seelsorgerischen Pflichten unterstützte.
In denletzten Jahren hatte der Zulauf zum Gottesdienst zugegebenermassen merklich nachgelassen.Aber die Leute mussten immer noch das Sakrament der Taufe und der Kommunionempfangen; sie wollten die Beichte ablegen, wollten heiraten und mussten beerdigtwerden.
Dochmanchmal - so wie letzten Sommer, als ihm ein polnischer Priester zur Seitegestellt worden war - konnte sich Brian Flynn des Gedankens nicht erwehren,dass er allein doch besser zurechtkam. Der polnische Priester hatte Wochendamit zugebracht, Kränze für die heilige Anna und ihre Quelle zu flechten.
Es war nochnicht lange her, da hatte Flynn die Schülerinnen der St.-Ita-Grundschulegefragt, ob sie sich vorstellen könnten, Nonne zu werden, wenn sie erwachsenwaren. Keine unvernünftige Frage an einer katholischen Mädchenschule. DieSchülerinnen hatten ihn nur verdutzt angesehen; keine schien zu wissen, was erdamit meinte. Schliesslich hatte eine von ihnen begriffen. »Sie meinen, wie indem Film Sister Act?«
Kaplan Flynnhatte das Gefühl, dass sich die Welt definitiv am Abgrund befand. So manches Mal,wenn er morgens erwachte, erstreckte sich wiederum ein neuer Tag sinnlos langund verwirrend vor ihm.
© Droemer Knaur Verlag
Übersetzung:Gabriela Schönberger
- Autor: Maeve Binchy
- 2008, 460 Seiten, Masse: 14,8 x 21,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Dtsch. v. Gabriela Schönberger
- Übersetzer: Gabriela Schönberger
- Verlag: Knaur
- ISBN-10: 3426662698
- ISBN-13: 9783426662694
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