Spielunterbrechung
Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen
'Der Fussball ist ein faszinierender Mikrokosmos, in vielerlei Hinsicht aber auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ausgehend von seinen persönlichen Erfahrungen im Profifussball schlägt Oliver Bierhoff Brücken zu Themen wie Hierarchien, Solidarität,...
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Produktinformationen zu „Spielunterbrechung “
Klappentext zu „Spielunterbrechung “
'Der Fussball ist ein faszinierender Mikrokosmos, in vielerlei Hinsicht aber auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ausgehend von seinen persönlichen Erfahrungen im Profifussball schlägt Oliver Bierhoff Brücken zu Themen wie Hierarchien, Solidarität, Konkurrenz, Erfolgsdruck und Kommerzialisierung, aber auch Migration und Verantwortung. In diesem Buch geht es Oliver Bierhoff um Perspektivwechsel, Toleranz und Offenheit für verschiedene Wege und Sichtweisen, um ein Ziel zu erreichen.
Lese-Probe zu „Spielunterbrechung “
Spielunterbrechung von Oliver BierhoffFußball - Mikrokosmos und Spiegelbild der Gesellschaft
Spielunterbrechung: Das ist kein Wort, das Fußballfans gern hören. In meinen Jahren als Spieler und Manager jedoch habe ich festgestellt: Der Sinn oder Unsinn einer Spielunterbrechung hängt davon ab, aus welcher Perspektive man sie betrachtet und was man daraus macht. Wenn wir die Rolle des Zuschauers verlassen und zum Akteur werden, ist eine Spielunterbrechung eine äußerst produktive Angelegenheit.
Als früherer Spieler und heutiger Manager der deutschen Fußballnationalmannschaft habe ich Spielunterbrechungen über die Jahre immer mehr zu schätzen gelernt - nicht nur auf dem Fußballfeld. Während des Spiels gibt eine Unterbrechung Spielern und Trainer die Möglichkeit, durchzuschnaufen, sich vom hohen Tempo des Spiels zu erholen. Man hat Zeit, sich untereinander auszutauschen, Gedanken zu sammeln, zu analysieren und taktische Korrekturen vorzunehmen. Meist ist eine durch Foulspiel begründete Spielunterbrechung auf dem Platz zu kurz. Mehr als ein schnelles Zurufen ist da selten möglich.
Fußballspieler kennen aber auch noch andere Formen der Spielunterbrechung, die dem Denken mehr Raum geben. Das sind zum Beispiel die Ruhephasen bei internationalen Turnieren, wenn innerhalb kürzester Zeit Spiel auf Spiel folgt. Die Ruhe nach dem Spiel, allein auf dem Zimmer oder mit den Kollegen am Tisch. Aber auch die Phasen nach einer Sperre oder Verletzung, durch die man kurzfristig aus dem Alltag mit der Mannschaft herausgerissen wird. Diese Pausen außerhalb des Spielfelds geben den Spielern und allen anderen Beteiligten Zeit zum Nachdenken und Reflektieren.
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Manchmal sind diese Unterbrechungen sehr einschneidend, etwa wenn es darum geht, dass der Verein gewechselt wird oder die Karriere aufgrund von Alter oder einer massiven physischen Verletzung beendet werden muss. Auch diese Spielunterbrechungen ermöglichen es den Spielern, sich aus dem hohen Tempo und der Alltagsroutine auszuklinken.
Das Leben eines Profifußballers ist von der Notwendigkeit ständiger Präsenz und schneller Leistungssteigerung geprägt. Das bringen die hohen Anforderungen und Ansprüche der Vereine, Medien, Sponsoren, der Öffentlichkeit und - nicht zu vergessen - des Freundes- und Familienkreises mit sich. Allein die Folgen dieses Drucks können freiwillige und unfreiwillige Auszeiten herbeiführen. Leider werden freiwillige Pausen meist noch als Schwächen in diesem »harten Männergeschäft« betrachtet.
Es gibt also verschiedene Spielunterbrechungen: Auf manche würden wir lieber verzichten, andere sehnen wir regelrecht herbei. Eins aber gilt für jede Spielunterbrechung: Sie wird wertvoll, wenn wir sie zu nutzen wissen. Wenn wir uns die richtigen Fragen stellen und herausfinden, was wir aus ihr lernen können.
Ich habe in meiner Zeit als Spieler selbst Spielunterbrechungen erlebt. Und ich habe gelernt, sie zu nutzen. Durch sie habe ich Zeit gehabt zu verstehen, wie ich und meine Umwelt funktionieren, wie ich mich verhalte und was ich in bestimmten Situationen selbst verbessern oder zumindest verändern kann. Wäre ich nicht hin und wieder stehen geblieben oder zum Stehenbleiben gezwungen worden - ich hätte mich nicht umschauen können. Und ich hätte nicht erkennen können, was um mich herum passierte. Dabei habe ich interessante Beobachtungen gemacht und gelernt, Zusammenhänge besser zu verstehen. Ich konnte meine persönlichen Erfahrungen leichter einordnen und habe daraus wichtige Schlüsse gezogen. In Bezug auf manche Themen habe ich durch Spielunterbrechungen sogar meine Einstellung geändert. Das ist wie beim Training. Die Trainingslehre sagt uns, dass der Körper nach einer intensiven Belastung Pausen zur Regeneration und Entwicklung auf eine nächste Stufe braucht. Das Gleiche gilt für den Geist. In unserer heutigen schnelllebigen Zeit mit ständigen Eindrücken, Herausforderungen und Aktivitäten kommen wir geistig selten zur Ruhe. Wann kann sich der Kopf erholen?
Viele Menschen fragen mich, was ich damals, 1996, beim Golden Goal gefühlt habe. Die enttäuschende Antwort ist: gar nichts. Ich war voll auf mein Spiel konzentriert, und hinterher waren die Gefühle so intensiv, dass ich sie erst einige Tage später verarbeiten konnte. In der Spielunterbrechung des Urlaubs, fern von intensiven Eindrücken, die mich davon abgehalten hätten. Alles braucht seine Zeit.
Heute bin ich davon überzeugt, dass es wichtig ist, sich Zeit zu nehmen und diese Auszeiten gezielt zu nutzen. Sie geben unseren Ideen Raum zu reifen. Sie verleihen unseren Entscheidungen die nötige Klarheit.
Spielunterbrechungen können Ausgangspunkt für neue Perspektiven sein. Und diese neuen Sichtweisen und Überlegungen bedürfen einer offenen, toleranten und vorurteilsfreien Geisteshaltung, was ich mit dem Untertitel »Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen« ausdrücken will.
»Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen« - das ist ein Satz, den ich gegenüber Mehmet Scholl geäußert habe. Mehmet hatte mich in der Kabine nach dem Europameisterschaftsfinale in London 1996 mal wieder auf den Arm genommen und mich bei meinen Spitznamen »Speedy« gerufen. Eine halbe Stunde zuvor hatten wir mit einem 2:1-Sieg gegen die Tschechische Republik den EM-Pokal gewonnen, nach 1972 und 1980 zum dritten Mal. Beide Tore erzielte ich, darunter das erste Golden Goal in der Fußballgeschichte.
»Speedy« nannte mich Mehmet, der für seine witzigen, oft ironischen Sprüche bekannt ist, zum ersten Mal beim Training. Eine Anspielung auf meine nicht allzu große Schnelligkeit. Wahrscheinlich hatte ich mal wieder einen Pass von ihm nicht erreicht. Und dann, nach dem Führungstreffer der Tschechen im EM-Finale 1996, war ich in der 69. Minute für - ja, Mehmet Scholl eingewechselt worden. Nach Erzählungen soll er über diese Auswechslung auf dem Weg zur Bank geschimpft haben wie ein Rohrspatz. Der Rest ist Geschichte. Und als wir uns am Ende in der Kabine freudig in den Armen lagen und er mich mal wieder spaßhaft »Speedy« nannte, gab ich ihm diese Antwort: »Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen.«
Trotz offensichtlicher Schwächen kann man also Erfolg haben. Denn es ist möglich, diese Schwächen mit anderen Fähigkeiten zu kompensieren. Etwa genau dort zu stehen, wo andere vielleicht erst noch schnell hinlaufen müssen. Das ist das Schöne am Fußball: Es haben bei ihm große und kleine, langsame und schnelle Spieler Erfolg, technisch versierte und solche, die vor Energie sprühen und am liebsten immer vorpreschen. Im Leben außerhalb des grünen Rasens ist es meiner Meinung nach nicht anders. Es gibt erfolgreiche Menschen, die eine Bilderbuchausbildung genossen haben und deren Weg vorgezeichnet war. Wenn man die Biographie von John F. Kennedy liest, entsteht der Eindruck, dass er einfach Präsident der USA werden musste. Andere wiederum erzielen größte Erfolge gegen alle Widerstände mit Autodidaktik, Visionen und unkonventionellen Methoden. Steve Jobs ist dafür ein gutes Beispiel. Mit seiner Leidenschaft für Technologie, Innovation und Design ist er ohne Studienabschluss zum Pop-Star des Silicon Valley aufgestiegen, spektakulär gescheitert, nur um bei Pixar mit »Toy Story« ein neues Zeitalter der Animationsfilme einzuleiten und nach seiner Rückkehr zu Apple unser aller Leben endgültig zu revolutionieren.
Bei einer Spielunterbrechung gilt es aber nicht nur darum innezuhalten und nachzudenken, sondern dies auch mit Toleranz und Offenheit für die verschiedenen Wege und Seiten des Lebens zu tun. Häufig urteilen wir schon im Voraus, ohne weitere Kenntnisse, bewerten, wie oder was jemand ist, wie er etwas macht oder erreicht. Nicht selten denken wir in Kategorien von Schwarz und Weiß, anstatt die vielen Schattierungen dazwischen zu sehen, die uns möglicherweise ganz anders urteilen lassen würden. Während der EM-Zeit 1996 erfuhr ich durch Mehmet und durch andere, dass die Grauzonen zwischen »Speedy« und dem Golden Goal wahrgenommen wurden. Ich hatte das Glück, dass ich durch meinen Erfolg Vorverurteilungen widerlegen konnte. Zumindest wurden sie hinterfragt.
So ist es oft, im Fußball wie im Leben: Unsere wichtigsten Lektionen müssen wir uns selbst erarbeiten. Mit unserer ganzen Persönlichkeit müssen wir uns dahinterklemmen, wenn wir Vorurteile überwinden und Veränderungen erreichen wollen. Doch ohne persönliche Beispiele, ohne die Impulse von anderen würde uns vieles verschlossen bleiben. Immer wieder habe ich festgestellt, dass sich meine Begegnungen und Erkenntnisse in der Welt des Fußballs auch auf mein Privatleben auswirkten. Insofern kann ich sagen: Der Fußball mit all seinen Facetten gilt für mich als Schule des Lebens.
Viele meiner Beobachtungen, Erfahrungen und Schlussfolgerungen habe ich aufgeschrieben. Diese Sammlung von Eindrücken und Gedankenspielen habe ich über die Jahre durch Zeitungsartikel und Zitate aus Büchern ergänzt, die meine Ansichten spiegelten oder auch erweiterten. Im Laufe der Zeit ist eine stattliche Anzahl von Notizen zusammen gekommen. Daraus ist dieses Buch entstanden, mit dem Anspruch, Impulse zu setzen - und zwar über den Fußball hinaus. Auch wenn ich in einigen Punkten deutlich Stellung beziehe und eine klare Meinung habe, bedeutet das nicht, dass es nicht auch eine andere Seite gäbe. Platon, der griechische Philosoph, schrieb in der Apologie des Sokrates: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Im Fußball können wir erleben, was alles möglich ist.
Keineswegs will ich endgültige Ansichten formulieren, denn so etwas gibt es nicht. Meine Überlegungen sollen Ausgangspunkte sein, Spielunterbrechungen für eigene Gedanken und Schlussfolgerungen.
Da der Profifußball seit nunmehr über 26 Jahre meine berufliche Heimat ist, spielt er naturgemäß eine wesentliche Rolle in diesem Buch. Oft als die wichtigste Nebensache der Welt tituliert, ist Fußball für mich und viele andere mehr als nur ein Spiel. Millionen von Menschen in Deutschland fiebern mit ihren Lieblingsvereinen und mit der Nationalmannschaft.
In diesem Buch möchte ich Sie dazu einladen, mehr über den Fußball zu erfahren, als normalerweise in den Medien publiziert wird. Denn hinter allem Glanz, Professionalismus und Leistungsstreben wird der Fußball von Menschen gelebt, die genauso funktionieren wie die meisten Menschen in diesem Land. Wenn ein Mario Gomez während der Europameisterschaft 2012 unter der Gürtellinie kritisiert und fertiggemacht wird, fühlt er sich genauso ungerecht behandelt wie ein Angestellter, der von seinem Chef gemobbt wird oder jemand, der vor der Belegschaft bloßgestellt wird. Da helfen ihm kein Starkult und auch kein hochdotierter Vertrag.
Vor allem wünsche ich mir, dass Sie sich bei der Lektüre dieses Buches auf die Sportart Fußball einmal aus einer ganz anderen Perspektive einlassen: auf den Fußball als Mikrokosmos, in dem sich viele Themen unserer Gesellschaft bündeln.
Doch taugt der Fußball tatsächlich als Spiegelbild der Gesellschaft? Ist er wirklich ein Mikrokosmos, der für Analogien zum »normalen« Leben herhalten kann? Ich glaube ja, wenn wir ihn sachlich betrachten und uns von den oberflächlichen Schlagzeilen und Stammtischparolen weg bewegen. Denn letztendlich kommt im Fußball eine Gruppe von Menschen zusammen, die ein gemeinsames Ziel verfolgt und trotz all der unterschiedlichen Persönlichkeiten und Charakteren funktionieren muss. So wie eine Familie im Kleinen, eine Abteilung, ein Unternehmen oder, im Großen, unsere Gesellschaft. Im Fußball spielen Teamgeist, Werte, Leistungsdenken, Regeln, Toleranz, Bildung und Integration genauso eine Rolle wie im Leben aller Menschen. Sie werden nur öffentlich und unter emotionalen Gesichtspunkten bewertet und damit von den Beteiligten intensiver erlebt.
Der Sport und sein in Deutschland prominentestes Spiel sind nicht besser und nicht schlechter als die Gesellschaft, in der es fest verwurzelt ist - auch wenn es sich seine eigenen Regeln gegeben hat. In ihm finden wir viele Aspekte und Probleme des täglichen Lebens. Es hat aber, vor allem durch seine mediale Aufbereitung, eine neue Dimension erreicht. Es ist zu einer mächtigen Einflussgröße geworden, zu einem Milliardenspiel, einem gesellschaftlichen Faktor und Multiplikator in vielerlei Hinsicht. Fußball ist längst hinausgewachsen über die ihm einst zugedachte Rolle eines einfachen Spiels. Er ist nicht mehr nur die »schönste Nebensache der Welt«. Fußball ist Kampf und Kommerz, Wirtschaft und Wissenschaft, Gewalt und Fairplay, Treue und Trotz, Unterhaltung und Emotion, Ursache und Wirkung. Er kennt Helden und Versager, Gewinner und Verlierer, Arme und Reiche, Schein und Sein, Egoismus und Teamgeist. Für manche ist Fußball die Welt. Diese Intensität, mit der der Fußball erlebt wird, macht ihn so besonders - für die Protagonisten und auch die vielen Fans und Freunde des Fußballs.
Der Sport, gerade der Leistungssport, ist eine ganz besondere Schule. Wo sonst scheint so viel auf dem Spiel zu stehen, haben Millionen Einblick in die Welt von wenigen und nehmen Anteil an Schritt und Tritt einzelner Akteure? Jeder möchte sein Stück vom Kuchen haben: Medien, Wirtschaft, Politik - die gesamte Gesellschaft. Die Welt des Sports ist ein Konzentrat. Es werden Leistungen erwartet und abgerufen mit einem Startschuss, einem Sprung, einem Pfiff. Die Arbeit von Tagen, Monaten oder Jahren wird reduziert auf diesen einen Augenblick. Diese Fokussierung ist spannend, herausfordernd und belastend für alle Beteiligten, egal ob aktiv oder passiv. Denn hier schlägt Hoffnung und Erwartung so schnell um in Entsetzen, Enttäuschung, Jubel, Freude, Trauer wie in kaum einem anderen Lebensbereich.
Besondere Fähigkeiten mögen in jungen Jahren bei den Spielern erkannt, gefördert, gelernt, trainiert und automatisiert werden. Doch gerade der Fußball zeigt, dass es darauf für den Erfolg erst in zweiter Linie ankommt. Vor allem gilt es Teamgeist, Hingabe, Leidenschaft zu leben, ein Teil zu sein des großen Ganzen, seine Talente und Stärken einzusetzen. Die Begabungen in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Das verlangt Bescheidenheit, manchmal sogar Demut. Es verlangt Charakter. Es ist manchmal schwerer, ein zufriedener, verlässlicher Teil des Orchesters zu sein, als die erste Geige zu spielen.
Fußball ist ein hoch komplexes System, das doch stets nachvollziehbar und fühlbar ist - mit einem Wort: greifbar. Fußball ist eine Plattform, auf der sich Millionen treffen, um über ihn zu diskutieren. Jeder hat eine Meinung, jeder ein Urteil, sehr viele spielen selbst Fußball oder haben einmal gespielt. Es ist ein Gemeinschaftserlebnis, das zugleich jeder für sich verarbeitet. Es ist eine eigene Welt, die unerreichbar scheint und dennoch verwurzelt ist in dieser Gesellschaft.
Nicht nur in der Wirtschaft werden immer wieder Metaphern, Vergleiche oder Bilder aus dem Sport bemüht, um scheinbar Abstraktes verständlich zu machen. Egal wie komplex die Zusammenhänge sind, wie undurchdringlich die Strukturen - es scheint immer ein Äquivalent aus der Welt des Sports zu geben.
Im Gegensatz zu vielen anderen Theorien und Metaphern bietet uns Fußball einen direkten, verständlichen Zugang zu vielen Themen. Fußball hat eine ungeheure Anziehungskraft. Über Fußball kommt man leicht ins Gespräch - das stelle ich immer wieder fest, wenn ich mich mit Menschen über ganz andere Themen unterhalte. Viele Zusammenhänge lassen sich leichter erschließen, wenn man Fußball als Erklärungshilfe einsetzt. Bei Vorträgen sehe ich oft augenblicklich Kopfnicken, wenn ich entsprechende Vergleiche heranziehe. Jeder weiß sofort, worüber ich spreche, kann meine Gedankengänge offensichtlich besser nachvollziehen. Egal ob ich mit Managern, Politikern, Angestellten, Arbeitern oder meinen Nachbarn spreche, der Fußball schlägt Brücken.
Vor allem jedoch ist Fußball ein leidenschaftliches Thema. Mit Bildern und Vergleichen aus dem Fußball können wir Emotionen anzapfen. Dadurch werden nicht nur Sachverhalte besser verständlich - wir können auch ihre Bedeutung besser einordnen und uns für sie begeistern. Diese Begeisterung für eine gemeinsame Leidenschaft kann Menschen verbinden. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hat es eindrucksvoll bewiesen: Der Mikrokosmos Fußball kann die Gesellschaft näher zusammenrücken lassen, ihr sogar eine neue Identität geben. Seit der WM 2006 werden Deutschland und vor allem »der Deutsche« in der Welt anders wahrgenommen.
Solidarität und soziale Verantwortung sind Teile des Profifußballs, auch wenn der teilweise gnadenlose Wettbewerb und der Erfolgsdruck eines kommerziellen Geschäfts offensichtlicher sind. Das ist eine Realität, die sehr viele aus dem Berufsleben kennen. Diese beiden grundverschiedenen Seiten ein und derselben Sache im Blick zu behalten, gewährleistet erst das Ganze, gewährleistet einen Zusammenhalt - als Fußballteam, als funktionierende Gesellschaft. Ähnliche Parallelen sind zu entdecken, setzt man sich mit Hierarchien und Führungsstilen auseinander, mit dem Verhältnis von Individualität und Mannschaftsgeist, mit Regeln, im weitesten Sinne mit Spielregeln. Auch darum geht es in diesem Buch.
Unbestritten ist die Relevanz des Fußballs in der deutschen Bevölkerung. Fußball ist bei uns omnipräsent. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zählte 2012 6,8 Millionen Mitglieder. In Deutschland gibt es mehr als 26 000 Fußballvereine mit ca. 170 000 Mannschaften. An jedem Wochenende finden zwischen 70 000 und 80 000 Fußballspiele statt, geplant, organisiert
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Manchmal sind diese Unterbrechungen sehr einschneidend, etwa wenn es darum geht, dass der Verein gewechselt wird oder die Karriere aufgrund von Alter oder einer massiven physischen Verletzung beendet werden muss. Auch diese Spielunterbrechungen ermöglichen es den Spielern, sich aus dem hohen Tempo und der Alltagsroutine auszuklinken.
Das Leben eines Profifußballers ist von der Notwendigkeit ständiger Präsenz und schneller Leistungssteigerung geprägt. Das bringen die hohen Anforderungen und Ansprüche der Vereine, Medien, Sponsoren, der Öffentlichkeit und - nicht zu vergessen - des Freundes- und Familienkreises mit sich. Allein die Folgen dieses Drucks können freiwillige und unfreiwillige Auszeiten herbeiführen. Leider werden freiwillige Pausen meist noch als Schwächen in diesem »harten Männergeschäft« betrachtet.
Es gibt also verschiedene Spielunterbrechungen: Auf manche würden wir lieber verzichten, andere sehnen wir regelrecht herbei. Eins aber gilt für jede Spielunterbrechung: Sie wird wertvoll, wenn wir sie zu nutzen wissen. Wenn wir uns die richtigen Fragen stellen und herausfinden, was wir aus ihr lernen können.
Ich habe in meiner Zeit als Spieler selbst Spielunterbrechungen erlebt. Und ich habe gelernt, sie zu nutzen. Durch sie habe ich Zeit gehabt zu verstehen, wie ich und meine Umwelt funktionieren, wie ich mich verhalte und was ich in bestimmten Situationen selbst verbessern oder zumindest verändern kann. Wäre ich nicht hin und wieder stehen geblieben oder zum Stehenbleiben gezwungen worden - ich hätte mich nicht umschauen können. Und ich hätte nicht erkennen können, was um mich herum passierte. Dabei habe ich interessante Beobachtungen gemacht und gelernt, Zusammenhänge besser zu verstehen. Ich konnte meine persönlichen Erfahrungen leichter einordnen und habe daraus wichtige Schlüsse gezogen. In Bezug auf manche Themen habe ich durch Spielunterbrechungen sogar meine Einstellung geändert. Das ist wie beim Training. Die Trainingslehre sagt uns, dass der Körper nach einer intensiven Belastung Pausen zur Regeneration und Entwicklung auf eine nächste Stufe braucht. Das Gleiche gilt für den Geist. In unserer heutigen schnelllebigen Zeit mit ständigen Eindrücken, Herausforderungen und Aktivitäten kommen wir geistig selten zur Ruhe. Wann kann sich der Kopf erholen?
Viele Menschen fragen mich, was ich damals, 1996, beim Golden Goal gefühlt habe. Die enttäuschende Antwort ist: gar nichts. Ich war voll auf mein Spiel konzentriert, und hinterher waren die Gefühle so intensiv, dass ich sie erst einige Tage später verarbeiten konnte. In der Spielunterbrechung des Urlaubs, fern von intensiven Eindrücken, die mich davon abgehalten hätten. Alles braucht seine Zeit.
Heute bin ich davon überzeugt, dass es wichtig ist, sich Zeit zu nehmen und diese Auszeiten gezielt zu nutzen. Sie geben unseren Ideen Raum zu reifen. Sie verleihen unseren Entscheidungen die nötige Klarheit.
Spielunterbrechungen können Ausgangspunkt für neue Perspektiven sein. Und diese neuen Sichtweisen und Überlegungen bedürfen einer offenen, toleranten und vorurteilsfreien Geisteshaltung, was ich mit dem Untertitel »Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen« ausdrücken will.
»Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen« - das ist ein Satz, den ich gegenüber Mehmet Scholl geäußert habe. Mehmet hatte mich in der Kabine nach dem Europameisterschaftsfinale in London 1996 mal wieder auf den Arm genommen und mich bei meinen Spitznamen »Speedy« gerufen. Eine halbe Stunde zuvor hatten wir mit einem 2:1-Sieg gegen die Tschechische Republik den EM-Pokal gewonnen, nach 1972 und 1980 zum dritten Mal. Beide Tore erzielte ich, darunter das erste Golden Goal in der Fußballgeschichte.
»Speedy« nannte mich Mehmet, der für seine witzigen, oft ironischen Sprüche bekannt ist, zum ersten Mal beim Training. Eine Anspielung auf meine nicht allzu große Schnelligkeit. Wahrscheinlich hatte ich mal wieder einen Pass von ihm nicht erreicht. Und dann, nach dem Führungstreffer der Tschechen im EM-Finale 1996, war ich in der 69. Minute für - ja, Mehmet Scholl eingewechselt worden. Nach Erzählungen soll er über diese Auswechslung auf dem Weg zur Bank geschimpft haben wie ein Rohrspatz. Der Rest ist Geschichte. Und als wir uns am Ende in der Kabine freudig in den Armen lagen und er mich mal wieder spaßhaft »Speedy« nannte, gab ich ihm diese Antwort: »Man muss nicht schnell laufen, man kann auch richtig stehen.«
Trotz offensichtlicher Schwächen kann man also Erfolg haben. Denn es ist möglich, diese Schwächen mit anderen Fähigkeiten zu kompensieren. Etwa genau dort zu stehen, wo andere vielleicht erst noch schnell hinlaufen müssen. Das ist das Schöne am Fußball: Es haben bei ihm große und kleine, langsame und schnelle Spieler Erfolg, technisch versierte und solche, die vor Energie sprühen und am liebsten immer vorpreschen. Im Leben außerhalb des grünen Rasens ist es meiner Meinung nach nicht anders. Es gibt erfolgreiche Menschen, die eine Bilderbuchausbildung genossen haben und deren Weg vorgezeichnet war. Wenn man die Biographie von John F. Kennedy liest, entsteht der Eindruck, dass er einfach Präsident der USA werden musste. Andere wiederum erzielen größte Erfolge gegen alle Widerstände mit Autodidaktik, Visionen und unkonventionellen Methoden. Steve Jobs ist dafür ein gutes Beispiel. Mit seiner Leidenschaft für Technologie, Innovation und Design ist er ohne Studienabschluss zum Pop-Star des Silicon Valley aufgestiegen, spektakulär gescheitert, nur um bei Pixar mit »Toy Story« ein neues Zeitalter der Animationsfilme einzuleiten und nach seiner Rückkehr zu Apple unser aller Leben endgültig zu revolutionieren.
Bei einer Spielunterbrechung gilt es aber nicht nur darum innezuhalten und nachzudenken, sondern dies auch mit Toleranz und Offenheit für die verschiedenen Wege und Seiten des Lebens zu tun. Häufig urteilen wir schon im Voraus, ohne weitere Kenntnisse, bewerten, wie oder was jemand ist, wie er etwas macht oder erreicht. Nicht selten denken wir in Kategorien von Schwarz und Weiß, anstatt die vielen Schattierungen dazwischen zu sehen, die uns möglicherweise ganz anders urteilen lassen würden. Während der EM-Zeit 1996 erfuhr ich durch Mehmet und durch andere, dass die Grauzonen zwischen »Speedy« und dem Golden Goal wahrgenommen wurden. Ich hatte das Glück, dass ich durch meinen Erfolg Vorverurteilungen widerlegen konnte. Zumindest wurden sie hinterfragt.
So ist es oft, im Fußball wie im Leben: Unsere wichtigsten Lektionen müssen wir uns selbst erarbeiten. Mit unserer ganzen Persönlichkeit müssen wir uns dahinterklemmen, wenn wir Vorurteile überwinden und Veränderungen erreichen wollen. Doch ohne persönliche Beispiele, ohne die Impulse von anderen würde uns vieles verschlossen bleiben. Immer wieder habe ich festgestellt, dass sich meine Begegnungen und Erkenntnisse in der Welt des Fußballs auch auf mein Privatleben auswirkten. Insofern kann ich sagen: Der Fußball mit all seinen Facetten gilt für mich als Schule des Lebens.
Viele meiner Beobachtungen, Erfahrungen und Schlussfolgerungen habe ich aufgeschrieben. Diese Sammlung von Eindrücken und Gedankenspielen habe ich über die Jahre durch Zeitungsartikel und Zitate aus Büchern ergänzt, die meine Ansichten spiegelten oder auch erweiterten. Im Laufe der Zeit ist eine stattliche Anzahl von Notizen zusammen gekommen. Daraus ist dieses Buch entstanden, mit dem Anspruch, Impulse zu setzen - und zwar über den Fußball hinaus. Auch wenn ich in einigen Punkten deutlich Stellung beziehe und eine klare Meinung habe, bedeutet das nicht, dass es nicht auch eine andere Seite gäbe. Platon, der griechische Philosoph, schrieb in der Apologie des Sokrates: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Im Fußball können wir erleben, was alles möglich ist.
Keineswegs will ich endgültige Ansichten formulieren, denn so etwas gibt es nicht. Meine Überlegungen sollen Ausgangspunkte sein, Spielunterbrechungen für eigene Gedanken und Schlussfolgerungen.
Da der Profifußball seit nunmehr über 26 Jahre meine berufliche Heimat ist, spielt er naturgemäß eine wesentliche Rolle in diesem Buch. Oft als die wichtigste Nebensache der Welt tituliert, ist Fußball für mich und viele andere mehr als nur ein Spiel. Millionen von Menschen in Deutschland fiebern mit ihren Lieblingsvereinen und mit der Nationalmannschaft.
In diesem Buch möchte ich Sie dazu einladen, mehr über den Fußball zu erfahren, als normalerweise in den Medien publiziert wird. Denn hinter allem Glanz, Professionalismus und Leistungsstreben wird der Fußball von Menschen gelebt, die genauso funktionieren wie die meisten Menschen in diesem Land. Wenn ein Mario Gomez während der Europameisterschaft 2012 unter der Gürtellinie kritisiert und fertiggemacht wird, fühlt er sich genauso ungerecht behandelt wie ein Angestellter, der von seinem Chef gemobbt wird oder jemand, der vor der Belegschaft bloßgestellt wird. Da helfen ihm kein Starkult und auch kein hochdotierter Vertrag.
Vor allem wünsche ich mir, dass Sie sich bei der Lektüre dieses Buches auf die Sportart Fußball einmal aus einer ganz anderen Perspektive einlassen: auf den Fußball als Mikrokosmos, in dem sich viele Themen unserer Gesellschaft bündeln.
Doch taugt der Fußball tatsächlich als Spiegelbild der Gesellschaft? Ist er wirklich ein Mikrokosmos, der für Analogien zum »normalen« Leben herhalten kann? Ich glaube ja, wenn wir ihn sachlich betrachten und uns von den oberflächlichen Schlagzeilen und Stammtischparolen weg bewegen. Denn letztendlich kommt im Fußball eine Gruppe von Menschen zusammen, die ein gemeinsames Ziel verfolgt und trotz all der unterschiedlichen Persönlichkeiten und Charakteren funktionieren muss. So wie eine Familie im Kleinen, eine Abteilung, ein Unternehmen oder, im Großen, unsere Gesellschaft. Im Fußball spielen Teamgeist, Werte, Leistungsdenken, Regeln, Toleranz, Bildung und Integration genauso eine Rolle wie im Leben aller Menschen. Sie werden nur öffentlich und unter emotionalen Gesichtspunkten bewertet und damit von den Beteiligten intensiver erlebt.
Der Sport und sein in Deutschland prominentestes Spiel sind nicht besser und nicht schlechter als die Gesellschaft, in der es fest verwurzelt ist - auch wenn es sich seine eigenen Regeln gegeben hat. In ihm finden wir viele Aspekte und Probleme des täglichen Lebens. Es hat aber, vor allem durch seine mediale Aufbereitung, eine neue Dimension erreicht. Es ist zu einer mächtigen Einflussgröße geworden, zu einem Milliardenspiel, einem gesellschaftlichen Faktor und Multiplikator in vielerlei Hinsicht. Fußball ist längst hinausgewachsen über die ihm einst zugedachte Rolle eines einfachen Spiels. Er ist nicht mehr nur die »schönste Nebensache der Welt«. Fußball ist Kampf und Kommerz, Wirtschaft und Wissenschaft, Gewalt und Fairplay, Treue und Trotz, Unterhaltung und Emotion, Ursache und Wirkung. Er kennt Helden und Versager, Gewinner und Verlierer, Arme und Reiche, Schein und Sein, Egoismus und Teamgeist. Für manche ist Fußball die Welt. Diese Intensität, mit der der Fußball erlebt wird, macht ihn so besonders - für die Protagonisten und auch die vielen Fans und Freunde des Fußballs.
Der Sport, gerade der Leistungssport, ist eine ganz besondere Schule. Wo sonst scheint so viel auf dem Spiel zu stehen, haben Millionen Einblick in die Welt von wenigen und nehmen Anteil an Schritt und Tritt einzelner Akteure? Jeder möchte sein Stück vom Kuchen haben: Medien, Wirtschaft, Politik - die gesamte Gesellschaft. Die Welt des Sports ist ein Konzentrat. Es werden Leistungen erwartet und abgerufen mit einem Startschuss, einem Sprung, einem Pfiff. Die Arbeit von Tagen, Monaten oder Jahren wird reduziert auf diesen einen Augenblick. Diese Fokussierung ist spannend, herausfordernd und belastend für alle Beteiligten, egal ob aktiv oder passiv. Denn hier schlägt Hoffnung und Erwartung so schnell um in Entsetzen, Enttäuschung, Jubel, Freude, Trauer wie in kaum einem anderen Lebensbereich.
Besondere Fähigkeiten mögen in jungen Jahren bei den Spielern erkannt, gefördert, gelernt, trainiert und automatisiert werden. Doch gerade der Fußball zeigt, dass es darauf für den Erfolg erst in zweiter Linie ankommt. Vor allem gilt es Teamgeist, Hingabe, Leidenschaft zu leben, ein Teil zu sein des großen Ganzen, seine Talente und Stärken einzusetzen. Die Begabungen in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Das verlangt Bescheidenheit, manchmal sogar Demut. Es verlangt Charakter. Es ist manchmal schwerer, ein zufriedener, verlässlicher Teil des Orchesters zu sein, als die erste Geige zu spielen.
Fußball ist ein hoch komplexes System, das doch stets nachvollziehbar und fühlbar ist - mit einem Wort: greifbar. Fußball ist eine Plattform, auf der sich Millionen treffen, um über ihn zu diskutieren. Jeder hat eine Meinung, jeder ein Urteil, sehr viele spielen selbst Fußball oder haben einmal gespielt. Es ist ein Gemeinschaftserlebnis, das zugleich jeder für sich verarbeitet. Es ist eine eigene Welt, die unerreichbar scheint und dennoch verwurzelt ist in dieser Gesellschaft.
Nicht nur in der Wirtschaft werden immer wieder Metaphern, Vergleiche oder Bilder aus dem Sport bemüht, um scheinbar Abstraktes verständlich zu machen. Egal wie komplex die Zusammenhänge sind, wie undurchdringlich die Strukturen - es scheint immer ein Äquivalent aus der Welt des Sports zu geben.
Im Gegensatz zu vielen anderen Theorien und Metaphern bietet uns Fußball einen direkten, verständlichen Zugang zu vielen Themen. Fußball hat eine ungeheure Anziehungskraft. Über Fußball kommt man leicht ins Gespräch - das stelle ich immer wieder fest, wenn ich mich mit Menschen über ganz andere Themen unterhalte. Viele Zusammenhänge lassen sich leichter erschließen, wenn man Fußball als Erklärungshilfe einsetzt. Bei Vorträgen sehe ich oft augenblicklich Kopfnicken, wenn ich entsprechende Vergleiche heranziehe. Jeder weiß sofort, worüber ich spreche, kann meine Gedankengänge offensichtlich besser nachvollziehen. Egal ob ich mit Managern, Politikern, Angestellten, Arbeitern oder meinen Nachbarn spreche, der Fußball schlägt Brücken.
Vor allem jedoch ist Fußball ein leidenschaftliches Thema. Mit Bildern und Vergleichen aus dem Fußball können wir Emotionen anzapfen. Dadurch werden nicht nur Sachverhalte besser verständlich - wir können auch ihre Bedeutung besser einordnen und uns für sie begeistern. Diese Begeisterung für eine gemeinsame Leidenschaft kann Menschen verbinden. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hat es eindrucksvoll bewiesen: Der Mikrokosmos Fußball kann die Gesellschaft näher zusammenrücken lassen, ihr sogar eine neue Identität geben. Seit der WM 2006 werden Deutschland und vor allem »der Deutsche« in der Welt anders wahrgenommen.
Solidarität und soziale Verantwortung sind Teile des Profifußballs, auch wenn der teilweise gnadenlose Wettbewerb und der Erfolgsdruck eines kommerziellen Geschäfts offensichtlicher sind. Das ist eine Realität, die sehr viele aus dem Berufsleben kennen. Diese beiden grundverschiedenen Seiten ein und derselben Sache im Blick zu behalten, gewährleistet erst das Ganze, gewährleistet einen Zusammenhalt - als Fußballteam, als funktionierende Gesellschaft. Ähnliche Parallelen sind zu entdecken, setzt man sich mit Hierarchien und Führungsstilen auseinander, mit dem Verhältnis von Individualität und Mannschaftsgeist, mit Regeln, im weitesten Sinne mit Spielregeln. Auch darum geht es in diesem Buch.
Unbestritten ist die Relevanz des Fußballs in der deutschen Bevölkerung. Fußball ist bei uns omnipräsent. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zählte 2012 6,8 Millionen Mitglieder. In Deutschland gibt es mehr als 26 000 Fußballvereine mit ca. 170 000 Mannschaften. An jedem Wochenende finden zwischen 70 000 und 80 000 Fußballspiele statt, geplant, organisiert
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Autoren-Porträt von Oliver Bierhoff
Oliver Bierhoff war 17 Jahre Fussball-Profi, Europameister, Vize-Weltmeister und Deutschlands Fussballer des Jahres 1998. Er ist einziger deutscher Torschützenkönig in Italien und wurde mit dem AC Mailand italienischer Meister. Seit Juli 2004 ist er Manager der deutschen Fussball-Nationalmannschaft. Neben seiner sportlichen Laufbahn hat Bierhoff ein wirtschafts-wissenschaftliches Studium als Diplom-Kaufmann erfolgreich abgeschlossen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Oliver Bierhoff
- 2012, 304 Seiten, Masse: 14,3 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: ECON
- ISBN-10: 3430201446
- ISBN-13: 9783430201445
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