Schwarzer Rücken der Zeit
Die Lebensläufe dreier Männer sind miteinander verwoben: Der Dichter John Gawsworth, dessen Mentor Wilfried Ewart und der Abenteurer Hugh Oloff de Wet begegnen sich über die Jahrzehnte immer wieder. Gekonnt ergänzt Javier Marías Fakten mit Fiktivem und...
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Produktinformationen zu „Schwarzer Rücken der Zeit “
Die Lebensläufe dreier Männer sind miteinander verwoben: Der Dichter John Gawsworth, dessen Mentor Wilfried Ewart und der Abenteurer Hugh Oloff de Wet begegnen sich über die Jahrzehnte immer wieder. Gekonnt ergänzt Javier Marías Fakten mit Fiktivem und Autobiografischem ein Vexierspiel um Identität und Wahrheit.
Klappentext zu „Schwarzer Rücken der Zeit “
Wird eine Geschichte in der ersten Person Singular erzählt, werden ferner Dinge erwähnt, die dem Autor selbst tatsächlich zugestossen sind, dann mag es verführerisch sein, den Autor gleichzusetzen mit dem Ich-Erzähler. Das geschah Javier Marías mit einem Roman. Er erhielt Anrufe von Freunden und völlig Fremden, die sich in gewissen Figuren wiedererkannt hatten; und er hörte von anderen, die sichtlich verschnupft waren, weil sie nicht vorkamen. Die Wahrheit war: alle Romanfiguren waren erfunden, die einzig nicht-erfundene Figur war ein wenig bekannter Schriftsteller, der lange tot war. Ein Beweis für die Macht der Fiktion, Wirklichkeit zu schaffen ohne ein reales Vorbild; und Vergessenem durch Erzählen Dauer zu verleihen. Um diese Gedanken kreist dieser neue Roman von Javier Marías. Plaudernd, ironisch, klug, immer unterhaltsam verfolgt Marías wie ein Detektiv die abenteuerlichen Lebensläufe des Dichters Gawsworth, dessen Mentors Wilfried Ewart oder des Abenteurers Hugh Oloff de Wet, deren Wege sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder gekreuzt haben. Lücken in ihren Biographien füllt er gekonnt mit Erfundenem. Die Übergänge zwischen der Rekonstruk-tion eines Ereignisses und der erzählerischen Imagination sind fliessend und legen nahe, dass es sich bei "Schwarzer Rücken der Zeit" selbst möglicherweise um eine subtile Fälschung handeln könnte.
Lese-Probe zu „Schwarzer Rücken der Zeit “
... Vielleicht bewegt sich auf der Kehrseite der Zeit auch das nicht gelebte, verstümmelte Leben meines so kleinen grossen Bruders Julianín und das Ich, das ich gewesen oder ohne meine Geburt nicht gewesen wäre. Und was, wenn ich nicht geboren wäre. Nicht geboren wurde zum Beispiel ein Erstgeborener meiner Familie, auf dem ein Fluch lag und den man daher erwartete, um ihn ganz in Erfüllung gehen zu sehen. Und obwohl ich diese Geschichte schon zweimal erzählt habe - einmal als Fiktion in einer Erzählung mit falschen Namen, Isaac s Reise der Titel, das andere Mal als wirkliches Geschehen in einem Artikel mit den wahren Namen, er hiess schlicht Ein Fluch -, werden sich nicht viele an sie erinnern oder sie gelesen haben, weshalb sie hier am richtigen Ort ist oder so glaube ich, als wäre ich ein einziges Mal und ohne es 1978 oder 1995 zu ahnen, dem Gebot der hervorragenden Erzählerin Isak Dinesen gefolgt, die ich in meiner Zeit in Oxford übersetzte: ?Nur wer imstande ist, sich vorzustellen, was geschehen ist, es in der Vorstellung zu wiederholen, wird die Geschichten sehen, und nur wer die Geduld hat, sie lange Zeit mit sich herumzutragen und sie sich wieder und wieder zu erzählen, wird imstande sein, sie gut zu erzählen.?
Eine meiner Grossmütter stammte aus derselben Karibik, in deren Meer Redonda liegt, wenn es auf den Landkarten erscheint oder fotografiert wird. Sie war eine in Havanna geborene Kubanerin, hiess Lola Manera und war die Mutter meiner Mutter Lolita. In Wirklichkeit waren sowohl sie als auch ihr Vater, mein Urgrossvater, noch immer eher Spanier in Kuba, um es verständlich und neutral auszudrücken. Mein Urgrossvater hiess Enrique Manera, und ich glaube, dass sein zweiter Familienname Cao war (?von dem Indianer Cao, dem Stellvertreter Moctezumas?, pflegte mit erhobenem Zeigefinger die jüngere Schwester meiner Grossmutter zu verkünden, Tantchen María mit ihren folies de grandeur); er war Militär und besass Land in Havanna.
In jungen Jahren und noch Junggeselle
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kehrte er eines Morgens zu Pferd nach Hause zurück, als ein bettelnder Mulatte ihm in den Weg trat und um ein Almosen bat. Er verweigerte es ihm, setzte seinen Weg fort und gab dem Pferd die Sporen, aber der Bettler konnte ihm noch in die Zügel fassen und es anhalten und verkündete dem Reiter seinen Fluch, der ziemlich barock war und von mehr als bemerkenswerter Genauigkeit: ?Du und dein ältester Sohn und der älteste Sohn deines ältesten Sohns, ihr werdet alle drei auf einer Reise fern der Heimat sterben, und ihr werdet keine fünfzig Jahre alt und nie ein Grab haben.? Mein Urgrossvater beachtete ihn nicht und stiess den Bettler mit der Hand weg, er erzählte die Anekdote zu Hause beim Mittagessen, und dann vergass er sie (aber jemand erinnerte sich daran, und deshalb ist die Geschichte zu mir gelangt: vielleicht eine schwarze Kinderfrau oder eine ängstliche Mutter, immer sind es die nicht mehr jungen Frauen, die sie verwahren, wie sie es auch sind, die sie weitergeben). Dies geschah im Jahr 1873, und Enrique Manera war vierundzwanzig oder fünfundzwanzig Jahre alt, jedenfalls zwei Jahre jünger als zu dem Zeitpunkt, da er in Sevilla einen kleinen Roman veröffentlichte, den ich unlängst fand - die Bücher reisen immer zu mir oder ersparen mir die Kenntnis nicht -, Der Kürassier von Froeswiller, mit dem Untertitel Erinnerungen aus dem Französisch-Deutschen Krieg, gedruckt in der Calle del Rosario 4 in der Kunstdruckerei Ariza y Ruiz, wie dem Vortitel zu entnehmen ist. Sein Anfang ist ausgesprochen altmodisch: ?Es war der 15. Juli 1870, und sämtliche Uhren der Kirchen von Paris hatten gerade elf geschlagen. Die Hauptstadt des französischen Imperiums bot in dem Augenblick, da unsere Erzählung beginnt, einen höchst seltsamen und ungewöhnlichen Anblick.? Anscheinend war es nicht der einzige Roman, der in Druck ging, ein literarischer Präzedenzfall in meiner Familie, ein antillanischer Präzedenzfall.
Sehr viel später, 1898,
Sehr viel später, 1898,
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Autoren-Porträt von Javier Marías
Elke Wehr, 1946 in Bautzen geboren, studierte Französisch und Italienisch in Paris und Heidelberg und ist literarische Übersetzerin Spanisch schreibender Autoren wie Manuel Rivas, Javier Marias oder des Nobelpreisträgers Octavio Paz. 2006 erhielt sie den Paul-Celan-Preis für ihr Gesamtwerk. Javier Marías, 1951 als Sohn eines vom Franco-Regime verfolgten Philosophen geboren, veröffentlichte seinen ersten Roman mit neunzehn Jahren. Seit seinem Bestseller "Mein Herz so weiss" gilt er weltweit als interessantester Erzähler Spaniens. Sein umfangreiches Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Nelly-Sachs-Preis sowie dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur. Seine Bücher wurden in über vierzig Sprachen übersetzt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Javier Marías
- 2000, 3. Aufl., 375 Seiten, mit farbigen Abbildungen, Masse: 13,3 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Elke Wehr
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 3608935088
- ISBN-13: 9783608935080
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