Risotto mit Otto
Ein italienisches Jahr in München
Für ein Jahr verlässt die italienische Studentin Angela den Schoß ihrer "grande famiglia" und landet mitten in einer Münchner Studenten-WG. In dem ungewohnten Milieu wird Angelas fröhliches, unbedarftes Temperament auf eine...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Risotto mit Otto “
Für ein Jahr verlässt die italienische Studentin Angela den Schoß ihrer "grande famiglia" und landet mitten in einer Münchner Studenten-WG. In dem ungewohnten Milieu wird Angelas fröhliches, unbedarftes Temperament auf eine harte Probe gestellt. Zur neuen Lebenswirklichkeit gehören Putzplan, Spontapartys und Etagenklo.
Klappentext zu „Risotto mit Otto “
Die italienische Studentin Angela verlässt für ein Jahr den Schoss ihrer grande famiglia und landet mitten in einer Münchner Studenten-WG - mit Putzplan, Spontanpartys, reichlich Augustiner Edelstoff und versifftem Etagenklo. Angelas fröhliches, unbedarftes, südländisches Temperament wird in der Fremde auf eine harte Probe gestellt. Als sie sich dann auch noch in den falschen Mann verliebt, steht kurz darauf Mamma Raffaella vor der Tür - und damit ist das Chaos perfekt!
Lese-Probe zu „Risotto mit Otto “
Risotto mit Otto von Angela Troni2.
»Basta poco«
... mehr
Als ich die Augen aufschlug, wusste ich im ersten Moment nicht, wo ich mich befand. Eben hatte ich noch an meinen Lieblingsfelsen gelehnt im warmen Sand am Meer gesessen und die salzhaltige Luft von Riccione eingeatmet. Auf meinem iPod lief wieder mal »Vado Al Massimo« von Vasco Rossi. »Voglio vedere come va a finire andando al massimo senza frenare«, sang er gerade, und ich summte begeistert mit. Da ertönte jäh ein entsetzliches, kratzendes Geräusch, wie wenn eine CD hängenbleibt. Komisch, dachte ich noch, das geht beim iPod doch gar nicht, dann war der Traum auch schon vorbei.
Noch völlig benommen rieb ich mir die müden Lider und sah mich um. Was waren das für seltsame Möbel? Wieso waren die Gardinen nicht rosa? Wo war der Stoffhimmel über meinem Bett? Und was machten die riesigen Motorradposter an den Wänden? Hatten die Zwillinge mir etwa einen Streich gespielt und letzte Nacht heimlich mein Zimmer umdekoriert? Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, dann tastete ich nach meinem Nachttisch, um mir die Brille aufzusetzen, griff jedoch mit der Hand ins Leere. Ach ja, fiel es mir plötzlich wieder ein, ich war gar nicht in Riccione, sondern in München, im Zimmer von Jan, in Beates Nachbar-WG. Der Typ hat jedenfalls Geschmack, stellte ich mit anerkennendem Blick auf meine Umgebung fest.
Nachdem uns gestern am späten Nachmittag niemand aufgemacht hatte, waren wir wieder nach drüben gegangen und hatten es am Abend noch mal probiert, mit ebenso wenig Erfolg. Irgendwann hatte Beate dann die M&Ms auf dem Handy angerufen und in Erfahrung gebracht, dass sie schon heute übers Wochenende verreist waren und auch Friedrich, der dritte Mitbewohner, zu seinen Eltern fahren wollte. Die beiden waren einverstanden, dass Beate mich in die Wohnung ließ und ich die nächsten drei Nächte hierblieb. Am Sonntag, wenn alle zurückkamen, würden wir dann besprechen, wie es weitergehen sollte. Die Jungs waren echt lässig.
Mir war irgendwann alles egal gewesen, denn ich war todmüde und wollte nur noch ins Bett. Dankbar hatte ich das Angebot angenommen und mich in Jans Zimmer geschlichen, wo ich fast augenblicklich eingeschlafen war. Ich hatte mir nicht mal die Zähne geputzt oder geduscht, was noch letzte Woche mit Sicherheit eine schwere Ekelattacke und damit meinen Tod provoziert hätte. Nur die Kontaktlinsen hatte ich mir noch aus den Augen gepult, bevor ich unter die Decke gekrochen war. Ich hatte nicht einmal darauf bestanden, das Bett frisch zu beziehen, und das sollte etwas heißen. Zum Glück roch es gut, denn in dem Punkt bin ich extrem empfindlich - in jeder Lebenslage.
Nun fiel mir auch wieder ein, dass meine Brille sicher verstaut in meinem Kulturbeutel ruhte, den ich nicht mal ausgepackt hatte.
Kaum hatte ich mich halbwegs orientiert, ertönte es wieder, dieses seltsame Geräusch, das mich geweckt hatte und das ich beim besten Willen nicht einordnen konnte. Diesmal klang es, als säße ein Gnom vor meiner Tür und scharrte mit den Füßen.
»Was ist das bloß?«, fragte ich mich laut, nur um mich gleich selbst zu ermahnen: »Keine Selbstgespräche, Angela, das ist der Anfang vom Ende.«
Ich schlug die Decke zurück, quälte mich aus dem Bett, holte meine Brille hervor und schlurfte zur Tür. Kaum hatte ich sie aufgemacht, schoss ein dunkles, ziemlich pralles Etwas mit einem langen Schwanz an mir vorbei und verschwand hinterm Kleiderschrank. Da ich bei dem Tempo nichts Genaues hatte erkennen können, vermochte ich nur Vermutungen über die Identität des hereinflitzenden Objektes anzustellen - und die ließen nichts Gutes hoffen.
»Iiiiiiiiiiiiiih! «, entfuhr es mir. »Was war das? Aiutoooooooooooooooo!«, schrie ich nach Hilfe. Dabei zitterte ich am ganzen Körper und war kurz davor, in Unterwäsche aus der Wohnung zu rennen, um bei Beate und Isabelle Asyl zu beantragen.
Der nächste Schreck folgte auf dem Fuße, als die Tür gegenüber von meinem Zimmer aufging und ein leicht untersetzter Typ mit Halbglatze und Vollbart herauskam. Um Himmels willen, wer war das? Ich war davon ausgegangen, dass ich alleine war.
»Wer bist du denn?«, fragten wir uns unisono gegenseitig.
Während mein Blick an seinem Bart hängenblieb, starrte er mir ungeniert auf den Busen. Sofort zog ich das Trägertop, das ich gestern einfach anbehalten hatte, ein Stück höher und funkelte ihn wütend an.
»Da ist eine Ratte in meinem Zimmer, hinterm Schrank. Ich dachte, ich bin hier in einem zivilisierten Land?«, zeterte ich los, ohne seine Frage zu beantworten.
»Dies ist ein zivilisiertes Land«, erwiderte er mit hochgezogenen Augenbrauen, »und dazu gehört, dass man sich vorstellt, wenn man in einer fremden Wohnung in aller Herrgottsfrühe rumschreit, als wären die Hottentotten hinter einem her.«
Zwar hatte ich keinen blassen Schimmer, wer die Hottentotten waren, aber angesichts der ungehaltenen Miene meines Gegenübers sah ich davon ab, danach zu fragen. Vielmehr wurde ich mal wieder rot bis unter die Haarspitzen und kam mir reichlich dämlich vor, wie ich da halbnackt vor diesem vollbärtigen Barbaren stand, der meinte, ausgerechnet mir als Angehöriger eines der ältesten Kulturvölker Anstand beibringen zu müssen. So was hatte ich ja gern. Dennoch sah ich ein, dass es die Situation erleichterte, wenn ich meine Identität lüftete.
»Ich bin Angela und darf für zwei Tage in Jans Zimmer wohnen«, erklärte ich kurz angebunden.
»Wer sagt das?«, fragte er zurück. Wieder wanderte sein Blick in Richtung meines Ausschnitts.
»Wer fragt das?«, hielt ich dagegen.
»Friedrich.« Wie gestern schon Isabelle streckte er mir die Hand hin, und diesmal war ich von der Situation dermaßen überfordert, dass ich sie tatsächlich ergriff.
Deutschland tut mir nicht gut, dachte ich, langsam werde ich merkwürdig. Dann merkte ich, dass Friedrich offenbar noch auf die Beantwortung seiner Frage wartete, und sagte schnell: »Beate von nebenan hat das gestern mit den M&Ms geklärt. Sie dachten, du wärst auch nicht da.«
»Soso!«
Gesprächig war er ja nicht gerade. Doch ehe ich mich darüber aufregen konnte, rumpelte es in meinem Zimmer, und ich fuhr herum. Sofort fiel mir die Ratte wieder ein, und ich stieß einen spitzen Schrei aus.
»Das ist keine Ratte, sondern Jarvis«, sagte der Unsympath nur und wandte sich zum Gehen.
»Wer?«, fragte ich mit schriller Stimme.
»Der WG-Kater«, erklärte er genervt. »Beruhig dich, falscher Alarm.«
Vorsichtig spähte ich in Richtung Kleiderschrank, konnte jedoch nichts Verdächtiges erkennen. Dabei sah ich aus den Augenwinkeln, wie Friedrich sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe tippte. Obwohl diese Geste nicht zum Standardrepertoire italienischer Gebärdensprache zählt, war mir sofort klar, dass seine Meinung von mir nicht die beste war. Umgekehrt galt dies aber genauso.
»Giavi?«, versuchte ich den seltsamen Namen nachzusprechen und hielt nach der Katze im Rattenkostüm Ausschau. Sie saß seelenruhig auf dem schicken, ausladenden braunen Ledersessel in meinem oder vielmehr Jans Zimmer und putzte sich. Igitt!
»Nein«, er atmete tief ein, »Jarvis, nach Jarvis Cocker von Pulp. Das ist ein britischer Sänger.«
Aha! Ich kannte keinen Jarvis Cocker. Nur Joe Cocker - und den mochte ich nicht. Entsprechend meiner Abneigung gegen den Kater, der mir gerade den Schreck meines Lebens eingejagt hatte, beschloss ich, ihn Joe zu nennen. Joe Kugel, weil das dickbäuchige Vieh eine Kugel mit sich herumschleppte, die ihresgleichen suchte.
Während ich leicht angewidert zusah, wie der Kater sich übers Fell schleckte, kam Friedrich einfach, ohne zu fragen, herein - ausgerechnet der wollte mir was von Anstand erzählen, dass ich nicht lache! - und nahm Joe Kugel auf den Arm. »Komm, Kumpel, du bist hier nicht erwünscht«, sagte er.
»Du auch nicht«, sagte ich und schloss hinter ihm die Tür, dass es nur so krachte.
Sofort steckte Friedrich wieder den Kopf ins Zimmer. »Hier wird nicht mit den Türen geschlagen, ist das klar?« Abschätzig musterte er mich von oben bis unten, als wäre ich die größte Zumutung, die ihm in den letzten zehn Jahren widerfahren war.
»Ich hab die Tür nicht zugeschlagen, sondern mit Nachdruck geschlossen. Das ist ein Unterschied«, versuchte ich mich zu verteidigen, doch er hörte mir schon gar nicht mehr zu und ging mit der Katze in die Küche.
Na, das kann ja heiter werden, dachte ich, die Empathiefähigkeit deutscher Männer lässt aber einiges zu wünschen übrig. Schließlich war Friedrich schon der zweite Mann nach meiner Ankunft, der mich alles andere als charmant behandelte, und das war ich nicht gewohnt. Italiener bleiben Frauen gegenüber in jeder Situation höflich und kämen nie auf die Idee, sie für ihre Schwächen zu tadeln, erst recht nicht in der Öffentlichkeit. Entweder sind deutsche Frauen da härter im Nehmen, überlegte ich, oder die haben hier alle noch nichts von Spiegelneuronen gehört. Ohne die ist es mit der Empathie nämlich Essig.
Als ich die Augen aufschlug, wusste ich im ersten Moment nicht, wo ich mich befand. Eben hatte ich noch an meinen Lieblingsfelsen gelehnt im warmen Sand am Meer gesessen und die salzhaltige Luft von Riccione eingeatmet. Auf meinem iPod lief wieder mal »Vado Al Massimo« von Vasco Rossi. »Voglio vedere come va a finire andando al massimo senza frenare«, sang er gerade, und ich summte begeistert mit. Da ertönte jäh ein entsetzliches, kratzendes Geräusch, wie wenn eine CD hängenbleibt. Komisch, dachte ich noch, das geht beim iPod doch gar nicht, dann war der Traum auch schon vorbei.
Noch völlig benommen rieb ich mir die müden Lider und sah mich um. Was waren das für seltsame Möbel? Wieso waren die Gardinen nicht rosa? Wo war der Stoffhimmel über meinem Bett? Und was machten die riesigen Motorradposter an den Wänden? Hatten die Zwillinge mir etwa einen Streich gespielt und letzte Nacht heimlich mein Zimmer umdekoriert? Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, dann tastete ich nach meinem Nachttisch, um mir die Brille aufzusetzen, griff jedoch mit der Hand ins Leere. Ach ja, fiel es mir plötzlich wieder ein, ich war gar nicht in Riccione, sondern in München, im Zimmer von Jan, in Beates Nachbar-WG. Der Typ hat jedenfalls Geschmack, stellte ich mit anerkennendem Blick auf meine Umgebung fest.
Nachdem uns gestern am späten Nachmittag niemand aufgemacht hatte, waren wir wieder nach drüben gegangen und hatten es am Abend noch mal probiert, mit ebenso wenig Erfolg. Irgendwann hatte Beate dann die M&Ms auf dem Handy angerufen und in Erfahrung gebracht, dass sie schon heute übers Wochenende verreist waren und auch Friedrich, der dritte Mitbewohner, zu seinen Eltern fahren wollte. Die beiden waren einverstanden, dass Beate mich in die Wohnung ließ und ich die nächsten drei Nächte hierblieb. Am Sonntag, wenn alle zurückkamen, würden wir dann besprechen, wie es weitergehen sollte. Die Jungs waren echt lässig.
Mir war irgendwann alles egal gewesen, denn ich war todmüde und wollte nur noch ins Bett. Dankbar hatte ich das Angebot angenommen und mich in Jans Zimmer geschlichen, wo ich fast augenblicklich eingeschlafen war. Ich hatte mir nicht mal die Zähne geputzt oder geduscht, was noch letzte Woche mit Sicherheit eine schwere Ekelattacke und damit meinen Tod provoziert hätte. Nur die Kontaktlinsen hatte ich mir noch aus den Augen gepult, bevor ich unter die Decke gekrochen war. Ich hatte nicht einmal darauf bestanden, das Bett frisch zu beziehen, und das sollte etwas heißen. Zum Glück roch es gut, denn in dem Punkt bin ich extrem empfindlich - in jeder Lebenslage.
Nun fiel mir auch wieder ein, dass meine Brille sicher verstaut in meinem Kulturbeutel ruhte, den ich nicht mal ausgepackt hatte.
Kaum hatte ich mich halbwegs orientiert, ertönte es wieder, dieses seltsame Geräusch, das mich geweckt hatte und das ich beim besten Willen nicht einordnen konnte. Diesmal klang es, als säße ein Gnom vor meiner Tür und scharrte mit den Füßen.
»Was ist das bloß?«, fragte ich mich laut, nur um mich gleich selbst zu ermahnen: »Keine Selbstgespräche, Angela, das ist der Anfang vom Ende.«
Ich schlug die Decke zurück, quälte mich aus dem Bett, holte meine Brille hervor und schlurfte zur Tür. Kaum hatte ich sie aufgemacht, schoss ein dunkles, ziemlich pralles Etwas mit einem langen Schwanz an mir vorbei und verschwand hinterm Kleiderschrank. Da ich bei dem Tempo nichts Genaues hatte erkennen können, vermochte ich nur Vermutungen über die Identität des hereinflitzenden Objektes anzustellen - und die ließen nichts Gutes hoffen.
»Iiiiiiiiiiiiiih! «, entfuhr es mir. »Was war das? Aiutoooooooooooooooo!«, schrie ich nach Hilfe. Dabei zitterte ich am ganzen Körper und war kurz davor, in Unterwäsche aus der Wohnung zu rennen, um bei Beate und Isabelle Asyl zu beantragen.
Der nächste Schreck folgte auf dem Fuße, als die Tür gegenüber von meinem Zimmer aufging und ein leicht untersetzter Typ mit Halbglatze und Vollbart herauskam. Um Himmels willen, wer war das? Ich war davon ausgegangen, dass ich alleine war.
»Wer bist du denn?«, fragten wir uns unisono gegenseitig.
Während mein Blick an seinem Bart hängenblieb, starrte er mir ungeniert auf den Busen. Sofort zog ich das Trägertop, das ich gestern einfach anbehalten hatte, ein Stück höher und funkelte ihn wütend an.
»Da ist eine Ratte in meinem Zimmer, hinterm Schrank. Ich dachte, ich bin hier in einem zivilisierten Land?«, zeterte ich los, ohne seine Frage zu beantworten.
»Dies ist ein zivilisiertes Land«, erwiderte er mit hochgezogenen Augenbrauen, »und dazu gehört, dass man sich vorstellt, wenn man in einer fremden Wohnung in aller Herrgottsfrühe rumschreit, als wären die Hottentotten hinter einem her.«
Zwar hatte ich keinen blassen Schimmer, wer die Hottentotten waren, aber angesichts der ungehaltenen Miene meines Gegenübers sah ich davon ab, danach zu fragen. Vielmehr wurde ich mal wieder rot bis unter die Haarspitzen und kam mir reichlich dämlich vor, wie ich da halbnackt vor diesem vollbärtigen Barbaren stand, der meinte, ausgerechnet mir als Angehöriger eines der ältesten Kulturvölker Anstand beibringen zu müssen. So was hatte ich ja gern. Dennoch sah ich ein, dass es die Situation erleichterte, wenn ich meine Identität lüftete.
»Ich bin Angela und darf für zwei Tage in Jans Zimmer wohnen«, erklärte ich kurz angebunden.
»Wer sagt das?«, fragte er zurück. Wieder wanderte sein Blick in Richtung meines Ausschnitts.
»Wer fragt das?«, hielt ich dagegen.
»Friedrich.« Wie gestern schon Isabelle streckte er mir die Hand hin, und diesmal war ich von der Situation dermaßen überfordert, dass ich sie tatsächlich ergriff.
Deutschland tut mir nicht gut, dachte ich, langsam werde ich merkwürdig. Dann merkte ich, dass Friedrich offenbar noch auf die Beantwortung seiner Frage wartete, und sagte schnell: »Beate von nebenan hat das gestern mit den M&Ms geklärt. Sie dachten, du wärst auch nicht da.«
»Soso!«
Gesprächig war er ja nicht gerade. Doch ehe ich mich darüber aufregen konnte, rumpelte es in meinem Zimmer, und ich fuhr herum. Sofort fiel mir die Ratte wieder ein, und ich stieß einen spitzen Schrei aus.
»Das ist keine Ratte, sondern Jarvis«, sagte der Unsympath nur und wandte sich zum Gehen.
»Wer?«, fragte ich mit schriller Stimme.
»Der WG-Kater«, erklärte er genervt. »Beruhig dich, falscher Alarm.«
Vorsichtig spähte ich in Richtung Kleiderschrank, konnte jedoch nichts Verdächtiges erkennen. Dabei sah ich aus den Augenwinkeln, wie Friedrich sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe tippte. Obwohl diese Geste nicht zum Standardrepertoire italienischer Gebärdensprache zählt, war mir sofort klar, dass seine Meinung von mir nicht die beste war. Umgekehrt galt dies aber genauso.
»Giavi?«, versuchte ich den seltsamen Namen nachzusprechen und hielt nach der Katze im Rattenkostüm Ausschau. Sie saß seelenruhig auf dem schicken, ausladenden braunen Ledersessel in meinem oder vielmehr Jans Zimmer und putzte sich. Igitt!
»Nein«, er atmete tief ein, »Jarvis, nach Jarvis Cocker von Pulp. Das ist ein britischer Sänger.«
Aha! Ich kannte keinen Jarvis Cocker. Nur Joe Cocker - und den mochte ich nicht. Entsprechend meiner Abneigung gegen den Kater, der mir gerade den Schreck meines Lebens eingejagt hatte, beschloss ich, ihn Joe zu nennen. Joe Kugel, weil das dickbäuchige Vieh eine Kugel mit sich herumschleppte, die ihresgleichen suchte.
Während ich leicht angewidert zusah, wie der Kater sich übers Fell schleckte, kam Friedrich einfach, ohne zu fragen, herein - ausgerechnet der wollte mir was von Anstand erzählen, dass ich nicht lache! - und nahm Joe Kugel auf den Arm. »Komm, Kumpel, du bist hier nicht erwünscht«, sagte er.
»Du auch nicht«, sagte ich und schloss hinter ihm die Tür, dass es nur so krachte.
Sofort steckte Friedrich wieder den Kopf ins Zimmer. »Hier wird nicht mit den Türen geschlagen, ist das klar?« Abschätzig musterte er mich von oben bis unten, als wäre ich die größte Zumutung, die ihm in den letzten zehn Jahren widerfahren war.
»Ich hab die Tür nicht zugeschlagen, sondern mit Nachdruck geschlossen. Das ist ein Unterschied«, versuchte ich mich zu verteidigen, doch er hörte mir schon gar nicht mehr zu und ging mit der Katze in die Küche.
Na, das kann ja heiter werden, dachte ich, die Empathiefähigkeit deutscher Männer lässt aber einiges zu wünschen übrig. Schließlich war Friedrich schon der zweite Mann nach meiner Ankunft, der mich alles andere als charmant behandelte, und das war ich nicht gewohnt. Italiener bleiben Frauen gegenüber in jeder Situation höflich und kämen nie auf die Idee, sie für ihre Schwächen zu tadeln, erst recht nicht in der Öffentlichkeit. Entweder sind deutsche Frauen da härter im Nehmen, überlegte ich, oder die haben hier alle noch nichts von Spiegelneuronen gehört. Ohne die ist es mit der Empathie nämlich Essig.
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Autoren-Porträt von Angela Troni
Angela Troni, geboren 1970, arbeitete in einem grossen Verlag, bevor sie sich selbständig machte. Heute lebt die freie Lektorin und Autorin, die sich mit einer gesunden Portion Pragmatismus und weiblicher Logik erfolgreich durchs Leben schlägt, in München.
Bibliographische Angaben
- Autor: Angela Troni
- 2011, 384 Seiten, Masse: 12 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548373755
- ISBN-13: 9783548373751
Rezension zu „Risotto mit Otto “
»Allerlei vergnügliche Kulturschocks, Zusammenstöße, Liebes- und Lebenskrisen ... auf 380 rasch verfliegenden Seiten.« in müchen, Hermann Barth, 2011/09 »Amüsantes Debüt« Beauty, Juni 2011 »Angela Tronis spritziger und amüsanter, halb autobiografischer Roman weckt Feriengefühle im eigenen Land.« Freundin, 15/2011
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