Rendite machen und Gutes tun?
Mikrokredite und die Folgen neoliberaler Entwicklungspolitik
Das Geschäft mit den Schulden
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Produktinformationen zu „Rendite machen und Gutes tun? “
Das Geschäft mit den Schulden
Klappentext zu „Rendite machen und Gutes tun? “
Mikrokredite sind seit mehr als zehn Jahren zentraler Bestandteil der Entwicklungspolitik. Sie werden als Wunderwaffe gegen die Armut gepriesen, mit der sich Frauen emanzipieren und Kleinunternehmerinnen eine Existenzgrundlage erarbeiten können. Unter dem Stichwort "Social Business" werben Finanzprogramme für eine angeblich humane Marktwirtschaft. Doch der schöne Schein trügt. Drei Jahrzehnte nach Gründung der weltbekannten Grameen Bank durch Muhammad Yunus gibt es keine stichhaltigen Belege für die Heilsversprechen der Mikrofinanz. Im Gegenteil: Mikrokredite mit exorbitant hohen Zinsen bürden Menschen mit unsicheren Existenzen und wenig Chancen nachweislich zusätzliche Schulden, Risiken und Arbeit auf. In diesem Buch zeigen Forscher, Entwicklungspraktiker und Journalisten - darunter Maren Duvendack, Thomas Gebauer, Kathrin Hartmann und Werner Raza -, warum der Versuch, Armut mit Schulden zu bekämpfen, gescheitert ist. Darüber hinaus diskutieren sie Wege einer solidarischeren Entwicklungspolitik, die unter anderem auf subventionierte Kredite setzt, auf die Stärkung des öffentlichen Sektors und damit auf Kooperation statt auf Einzelkämpfertum.
Grossformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Rendite machen und Gutes tun? “
Warum dieses Buch?»Mikrokredite - die hat doch dieser Inder erfunden, der den Nobelpreis bekommen hat; damit wird armen Frauen geholfen, nicht wahr?« Diesen und ähnlichen Aussagen begegnen wir im Alltag, wenn wir erzählen, dass wir die Struktur und Wirkungsweise der Mikrofinanz untersuchen. Viele Menschen haben von Mikrofinanzen gehört, durch Medienberichte, durch Werbung oder durch ihr Studium - die meisten nur Gutes. Aber Muhammad Yunus ist kein Inder, sondern kommt aus Bangladesch. Er hat Mikrokredite nicht erfunden, die gab es schon vorher. Und so einfach funktioniert die Hilfe für arme Frauen nun auch nicht. Den grossen Aufklärungsbedarf erleben wir täglich.Wir geben diesen Band heraus, um ein Gegengewicht zur nach wie vor dominanten Darstellung der Mikrofinanzindustrie in ihren Werbeprospekten, Hochglanzbroschüren und Präsentationsfilmen zu bieten. Ihr Motto: Rendite machen und Gutes tun - mit Krediten Hilfe zur Selbsthilfe leisten und so die Armut in der Welt bekämpfen (beispielhaft: FAZ 2008). Glaubt man den Vertretern des Mikrofinanzsektors, so funktioniert das auch ganz gut. Mikrokredite werden als »Impfung gegen Armut« gepriesen, als »Kredite, die Leben verändern«. Es macht wenig Freude, die Story vom Wundermittel zu entzaubern. Zum Beispiel das immer wieder von Muhammad Yunus erzählte und wahrlich schöne Märchen aus Bangladesch: von Sufiya Begum, seiner ersten Kreditnehmerin, die durch einen kleinen Kredit bescheidenen Wohlstand, Selbstständigkeit und eine bessere Zukunft für ihre Kinder erlangte. Dass sie in Wirklichkeit als bettelarme Frau gestorben ist, hören viele gutmeinende und engagierte Menschen nicht gerne (Heinemann 2010). Sie fühlen sich vor den Kopf gestossen, weil sie bereits Geld an Organisationen gespendet haben, damit diese es an Arme verleihen; weil sie Anteile bei der christlichen Kreditgenossenschaft Oikocredit erworben haben; weil sie sich ganz allgemein für mehr Entwicklungshilfe durch Kleinkredite einsetzen. Es wäre
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begrüssenswert, wenn mit der Mikrofinanz ein Schlüssel zur Armutslinderung gefunden worden wäre. Aber selbst mit den besten Vorsätzen kann man Schaden anrichten. Und selbst das schönste Märchen wird nicht dadurch wahr, dass man es immer wieder erzählt.
Wir haben im Laufe unserer Arbeit auch festgestellt, dass wir mit unserer Skepsis und Kritik nicht allein sind. In diesem Sammelband führen wir einige kritische Perspektiven zusammen: von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Belege für die Heilsversprechen der Mikrofinanz suchten, aber keine finden konnten; von Journalistinnen und Journalisten, die bei ihren unabhängigen Recherchen Kreditnehmer trafen, die mit dem Rücken zur Wand standen; von Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, die von ihren Einsatzorten zurückkehrten und die Überschuldung armer Frauen durch Mikrokredite gesehen hatten. Diese Erkenntnisse aus Wissenschaft, Journalismus und Praxis werden bis heute von vielen Medien ignoriert und von der Mikrofinanzindustrie und ihren Unterstützern in Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft als »einseitig« und »ideologisch motiviert« gebrandmarkt. Einige kritische Studien werden zwar formal zur Kenntnis genommen, anschliessend widmet man sich aber wieder dem business as usual. Das hat beispielsweise Maren Duvendack (in diesem Buch) erlebt: Ihr Auftraggeber, das britische Entwicklungshilfeministerium DfID (Department for International Development), versuchte nicht einmal, die Ergebnisse der von ihr mit anderen Wissenschaftlern erstellten Metastudie bekannt zu machen. Diese Metastudie hatte als erste überhaupt alle bisherigen Forschungsarbeiten zu Mikrofinanzen ausgewertet und war zum ernüchternden Schluss gekommen, dass sich kein systematischer Nutzen für die Armen belegen liess. In anderen Fällen wurden interne Kritiker im Mikrofinanzsektor, die auf Ausbeutung und Täuschung der Armen wie auch der Investoren hinwiesen, von ihren Arbeitgebern kaltgestellt und gefeuert. Dazu zählt Hugh Sinclair, der, so sagt er, die golde
Wir haben im Laufe unserer Arbeit auch festgestellt, dass wir mit unserer Skepsis und Kritik nicht allein sind. In diesem Sammelband führen wir einige kritische Perspektiven zusammen: von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Belege für die Heilsversprechen der Mikrofinanz suchten, aber keine finden konnten; von Journalistinnen und Journalisten, die bei ihren unabhängigen Recherchen Kreditnehmer trafen, die mit dem Rücken zur Wand standen; von Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, die von ihren Einsatzorten zurückkehrten und die Überschuldung armer Frauen durch Mikrokredite gesehen hatten. Diese Erkenntnisse aus Wissenschaft, Journalismus und Praxis werden bis heute von vielen Medien ignoriert und von der Mikrofinanzindustrie und ihren Unterstützern in Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft als »einseitig« und »ideologisch motiviert« gebrandmarkt. Einige kritische Studien werden zwar formal zur Kenntnis genommen, anschliessend widmet man sich aber wieder dem business as usual. Das hat beispielsweise Maren Duvendack (in diesem Buch) erlebt: Ihr Auftraggeber, das britische Entwicklungshilfeministerium DfID (Department for International Development), versuchte nicht einmal, die Ergebnisse der von ihr mit anderen Wissenschaftlern erstellten Metastudie bekannt zu machen. Diese Metastudie hatte als erste überhaupt alle bisherigen Forschungsarbeiten zu Mikrofinanzen ausgewertet und war zum ernüchternden Schluss gekommen, dass sich kein systematischer Nutzen für die Armen belegen liess. In anderen Fällen wurden interne Kritiker im Mikrofinanzsektor, die auf Ausbeutung und Täuschung der Armen wie auch der Investoren hinwiesen, von ihren Arbeitgebern kaltgestellt und gefeuert. Dazu zählt Hugh Sinclair, der, so sagt er, die golde
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Inhaltsverzeichnis zu „Rendite machen und Gutes tun? “
InhaltEinleitung 9Gerhard Klas und Philip MaderTeil IVersprechen und Realitäten der MikrofinanzWir wissen nur, dass wir nichts wissen: Zur Beweislageüber die Wirksamkeit von Mikrofinanzen 37Maren DuvendackKleine Kredite, grosse Geschäfte und die andere Finanzkrise:Finanzialisierung des Alltags durch Mikrokredite für Frauenin Indien 45Christa WichterichMikrokredite gegen Armut: Dichtung und Wahrheitin Bangladesch 53Andrea RahamanErinnerung an eine schwere Zeit: Widerstand undlokale Aneignung von Mikrofinanzprojekten im Sudan 61Gihan Adam Abdalla und Ulrike SchultzIndien: Nach der Krise ist vor der Krise 73Gerhard KlasLokale wirtschaftliche Entwicklung dank Mikrofinanz:Fehlanzeige 83Werner RazaTeil IINeue Entwicklungen und falsche AlternativenSocial Business: Können Weltkonzerne Armut bekämpfen? 93Kathrin HartmannKommerzialisierung und Armutsbekämpfung:Ein auflösbarer Zielkonflikt? 103Sophia CramerMikroversicherungen: Teil der Lösung oder Teil des Problems? 113Philipp DegensDer Strategiewechsel in der Mikrofinanz:Vom Unternehmerkredit zur »finanziellen Inklusion« 123Sophia SabrowStigma, Schuld und Korruption: Die kambodschanischeSanitärversorgung als Experimentierfeld neoliberalerEntwicklungspolitik 133Heino GüllemannTeil IIISchulden und die neoliberale Kolonialisierungvon LebensweltenMikrokredite: Konkurrenz statt Solidarität 143Thomas GebauerPrivatverschuldung als Kompensationsmechanismus im Nordenund Süden: Zum neoliberalen Kontext der Mikrofinanz 151Daniel MertensFinanzialisierung der Armut 159Philip MaderWer braucht überhaupt »Entwicklung«? 169Aram ZiaiSchlusswortMikrofinanz und NGOs in Bangladesch:Ein Modell des Neoliberalismus 177Anu MuhammadMikrofinanz: Fragen und Antworten (F.A.Q.) 201Autorinnen und Autoren 213
Autoren-Porträt
Gerhard Klas ist Journalist (BR, DLF, NDR, SR, SWR, WDR) und Buchautor. Er veröffentlichte zuletzt "Die Mikrofinanz-Industrie. Die grosse Illusion oder das Geschäft mit der Armut" (2011).Philip Mader ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie, Universität Basel. Von 2008 bis 2013 arbeitete er am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Zuvor studierte er Volkswirtschaft und Entwicklungsforschung an den Universitäten Sussex und Cambridge und arbeitete bei einer Mikrofinanzbank. Für seine Doktorarbeit (2012) zu Mikrofinanzen und der Finanzialisierung der Armut, für die er in Indien forschte und die Universität Harvard besuchte, wurde er mit dem Deutschen Studienpreis und der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet.
Bibliographische Angaben
- 2014, 217 Seiten, 3 Schwarz-Weiss-Abbildungen, Masse: 13,1 x 20,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Herausgegeben: Gerhard Klas, Philip Mader
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593501120
- ISBN-13: 9783593501123
- Erscheinungsdatum: 06.03.2014
Rezension zu „Rendite machen und Gutes tun? “
Entwicklungsökonom über Mikrokredite"Kleinstdarlehen bedeuten oft die Privatisierung öffentlicher Güter, sagt Ökonom Philip Mader. Er hält einen Grossteil des Mikrofinanzsektors für eine Fehlentwicklung." (taz.de, 03.06.2014)
Pressezitat
"Kleinstdarlehen bedeuten oft die Privatisierung öffentlicher Güter, sagt Ökonom Philip Mader. Er hält einen Grossteil des Mikrofinanzsektors für eine Fehlentwicklung.", taz.de, 03.06.2014
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