Perry Rhodan Band 62: Götzendämmerung
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Götzendämmerung von Perry Rhodan
LESEPROBE
Januar 3443; Die Gelben Eroberer »Höret, ihr Söhne aus erhabenemGeschlecht. Arinata ist der Geburtenkreislauf. In ihm sind alle gefangen, dieungläubig sind. Sie sind die Verlorenen, die nicht neben euch stehen dürfen.Aber höret, ihr Söhne aus edlem Geschlecht, Antaranara ist der Schirm euresLebens, die Sonne eurer Nacht. Ihm vertraut euch an. Glücklich sind die Wesender Welt, die seines Namens gedenken. Sie entrinnen allen Leiden der Arinata,und sie erringen das Leben ohne Geburt. Gehet ein mit ihm in den ewigen Kreisdes Lebens.« Kahana - 34. Mira »Puh«, machte Arialeinen und liess dieSchriftrolle, aus der er vorgelesen hatte, sinken. Boda Bodamore schnaufte.»Ich wünschte die Rolle ohne Kommentar«, sagte er in vorwurfsvollem Ton. »Essteht dir nicht zu, dir Gedanken über diese oder andere Worte zu machen.« »Ichhabe nur >puh< gesagt.« »Das ist schon zuviel für einen nichts würdigenDiener.« »Ja, Herr.« Arialeinen schloss betrübt die Augen und liess sich den Windum die Nase wehen. Die Windheule hüpfte und holperte krachend über denhügeligen Boden. Der Diener lenkte sie durch eine Senke, in der unzählige roteBlumen blühten. Da die Halme der Pflanzen sich kräftig bogen, hoffte er, hiervon einer kräftigen Brise erfasst zu werden, die ihnen ausreichenden Auftriebgab. Unter dem schleifenden Bodenholz wurden die Blüten zerquetscht. Süsslichduftender Blutenstaub wirbelte auf und kitzelte den beiden Männern in der Nase.Boda Bodamore nieste - eine Reaktion, die er als unwürdig empfand. »Du bist einTrottel, Aria.« »Ja, Herr.« »Siehst du schon etwas?« Der Diener reckte sich einwenig, beugte sich dann zur Seite und spähte an dem geblähten Segel vorbei nachvorn. Weit voraus entdeckte er die roten Blütendächer einer ausgedehntenSiedlung. Sie war in einer Flussschleife errichtet worden. Flache Hütten reihtensich aneinander. Sie bildeten ein grosses Oval und passten sich so dem Lauf des Flussesan. Drei riesige Shinterbäume begrenzten das Dorf nach Norden hin. Sie ragtenhöher empor als alle anderen Bäume dieser Art, die Arialeinen je gesehen hatte.Zwischen ihren vier Hauptästen auf der Spitze sah er die winzigen Gestalten einigerTubbods, die farbenprächtige Tücher befestigten. Offenbar genügte der Siedlungnoch nicht, dass die Shinterbäume leuchtend rote Blüten trugen. Sie wollten dieSignalwirkung noch verstärken. Lange Strickleitern hingen von den Stämmen. Alsdie Windheule um einen steil aufragenden Felsen herumkam, sahen die beidenMänner ein Götzenbild, das wuchtig bis zu den Wolken emporragte. DasDämonenbild bestand aus einem Material, das Boda Bodamore unbekannt war. Aufdem höchsten Punkt des Gebildes befand sich eine riesige Kugel. Sie sollte denKopf darstellen. Ihr Durchmesser war grösser als der des Dorfes am Fluss. Aus ihmragten mehrere gefächerte Gebilde heraus, die Boda Bodamore an die Fühler vonInsekten erinnerten. Der Wind flaute plötzlich ab. Die Windheule fiel auf denBoden zurück. Dabei krachte das Gleitbrett, als ob es in hundert Einzelteilezersplittert wäre. Der Weise musste sich festhalten, um nicht von seinemSitzplatz heruntergeschleudert zu werden. »Du bist ein unfähiger,nichtsnutziger Fettsack!« schimpfte er und gebrauchte danach noch eine Serievon Worten, die seinen Diener erschauern liessen und ihn zu erschrecktenAusrufen veranlassten. Zerknirscht entschuldigte Arialeinen sich ob seiner Unaufmerksamkeit.Die Windheule rutschte über den Boden und blieb dann stehen. Der armdicke Bugragte steil in die Höhe. Das Segel schlug schlaff gegen den Mast. Es wurdejetzt nur noch von den beiden gasgefüllten Grünbeuteln hochgehalten, die an denbeiden Enden der Segelstange angebracht waren. Das Gleitbrett lag im Gras undbewegte sich nicht mehr. Die beiden Tubbods boten ein seltsames Bild, da einervon ihnen auf den Schultern des anderen sass und sich tragen liess. Er stieg auchnicht herunter, als sie den Segelgleiter verliessen. Das Gefährt hob sich einwenig in die Höhe, als es entlastet wurde, glitt jedoch nicht weiter. Esbestand im Grunde genommen nur aus einem bananenförmig gebogenen Brett, einem quadratischenSegel und zwei grünen Gasblasen. Boda Bodamore, der Weise, stemmte die Fäustein die Hüften. Er bot ein prächtiges Bild. Er war untersetzt und sehr muskulös.Sein massiger Kopf ruhte auf breiten Schultern, und seine Beine waren so dickund stämmig, als seien sie aus einem Baumstamm herausgeschlagen worden. Dünne,geflochtene Bänder, die zu einem Hemd zusammengewirkt waren, umspannten seinenKörper. Sie knirschten bei jeder Bewegung, als wollten sie auseinanderreissen.Mit einem Federbusch wedelte Boda Bodamore den Blutenstaub von denOrganbeuteln, die sich aus seinen Hüften herauswölbten. Seine Hände führten dieFedern äusserst behutsam, damit die Beutel nicht verletzt wurden. Arialeinen,der Diener, wirkte gegen den Weisen fast schwach, obwohl auch seine Körpermasserecht ansehnlich waren. Sein faltiges Gesicht liess klar erkennen, dass er überweit weniger Intelligenz verfügte als sein Herr. Dennoch machte er einen hellwachenund durchaus klugen Eindruck. Zusammen mit Boda Bodamore erreichte er eine Höhevon fast zwei Metern. »Wind kommt auf«, sagte Arialeinen besorgt. »Wir solltenauf die Windheule zurückgehen. Ich habe keinen Anker gesetzt.« »Du hast recht.Wir werden uns wieder setzen«, stimmte Boda Bodamore zu. Die beiden kehrten zuihrem Gefährt zurück. Der Weise gähnte und rieb sich die Augen. »Seltsam. Ichhabe nie zuvor so einen Götzen gesehen, Aria. Du solltest es notieren.« DerDiener nahm eine halbbeschriebene Papierrolle aus dem Holzgestell, das er aufdem Rücken trag. Geduldig wartete er, bis sein Herr zu diktieren begann, undfertigte danach eine Strichzeichnung des Götzen an. Er reichte sie Bodamore undwartete auf die unvermeidliche Kritik. Sie kam dieses Mal jedoch nicht. Wortlosreichte der Weise ihm die Zeichnung zurück. Der Wind frischte auf. »Ist mireine Bemerkung erlaubt, Herr?« »Jede - aber fasse dich kurz und schone meineNerven.« »Dann möchte ich nur darauf hinweisen, dass ich Hunger habe, Herr.« BodaBodamore seufzte. »Du bist der gefrässigste Diener, den ich je hatte. Du bist -um es mit einem Wort der Leute aus dem Zuckerland zu sagen -ein Fressungeheuer.« »Ich tue es nicht für mich, Herr«,entgegnete Arialeinen mit beleidigter Stimme. »Ich bemühe mich nur, den Wohlstandund die Weisheit meines Herrn deutlich sichtbar zu machen. Sagt selbst, Herr,kann ein kluger und reicher Herr einen mageren und dürren Diener haben? Muss einDiener nicht schön fett und rund sein, damit ein jeder sehen kann, wie gut esseinem Herrn und Meister geht?« »Du hast nicht ganz unrecht, alter Schurke,dennoch bist du einfach zu fett. So gut, wie du aussiehst, geht es mir wirklichnicht.« »Das ist richtig. Ich kann es leider nicht leugnen, Herr. Dennoch istes besser, ein bisschen reicher auszusehen, als ein wenig zu arm. Einem Reichengibt man überall noch etwas zu seinem Reichtum dazu. Man wird ihm immer dasBeste zum Essen reichen, gerade wenn man es ihm schenkt. Einem Armen gibt mannichts. Im Gegenteil, ihm würde man am liebsten noch etwas aus der Taschenehmen. Also ist es besser, den Reichen zu spielen.« »Mein Reichtum befindetsich hier!« rief Boda Bodamore und tippte sich mehrfach mit dem ausgestrecktenFinger gegen die Stirn. »Davon werde ich leider nicht satt, Herr.« »Du wirstschon nicht verhungern, Fettsack.« Der Wind blähte die Segel und gab derWindheule Auftrieb. Sie glitt erst langsam, dann aber immer schneller über dieHügel. Je mehr sie dabei ihre Geschwindigkeit steigerte, desto deutlicher hobsie sich vom Boden ab. Im gleichen Masse verringerte sich auch derReibungswiderstand, so dass sie dadurch wiederum noch schneller an Fahrtgewinnen konnte. Schliesslich schoss das Fahrzeug über eine Hügelkuppe hinweg undschwebte mit mässiger Geschwindigkeit auf das Tubboddorf zu. »Herr, darf ichnoch eine Bitte äussern?« fragte Arialeinen. »Nur zu!« »Herr, ich habe Hunger.« »Dassagtest du schon.« »Ich weiss, Herr. Dennoch möchte ich es noch einmal betonen.«»Warum?« »Weil ich fürchte, Herr, dass wir auch in dieser Siedlung einigenMännern begegnen werden, die nicht deiner Meinung sind.« »Das ist nichtgesagt.« »Ich fürchte, es wird doch so kommen, wie es überall gekommen ist.« BodaBodamore rieb sich die stumpfe Nase. Er lachte. »Na gut. Vielleicht hast durecht. Was schlägst du vor?« Arialeinen zögerte. Er suchte nach den passendenWorten. »Herr«, sagte er schliesslich. »Könntest du mit deinen klugen und überausweisen Bemerkungen über die Edlen des Dorfes nicht so lange warten, bis wir unssatt gegessen haben? Vielleicht wirft man uns dann nicht sofort wieder hinaus.Ich muss gestehen, Herr, dass ich es nicht mehr länger mit leerem Magen aushalte.« »Du meinst, ich soll einfach übersehen, was für Narren und Dummköpfe unsereGastgeber sind, bis dein Magen voll ist?« Arialeinen seufzte. Er leckte sichdie schwarzen Lippen. »Riechst du den Wildbraten, Herr? Man würzt hier mitLaig. Es gibt nichts Köstlicheres auf dieser Welt. Arinata oder wie immer derneue Gott heissen mag, soll mein Zeuge sein. Bitte, versündige dich nicht. Wartemit deinen weisen Reden, bis ich ein paar Bissen von diesem Braten bekommenhabe.« »Vielleicht«, entgegnete Boda Bodamore. Die Windheule schwebte an demGötzenbild vorbei. Er blickte fasziniert daran hoch. Überall waren Tubbods zusehen, die die Oberfläche des Götzen mit grünen Organbeuteln von Verstorbenenblank putzten. »Vielleicht werde ich warten, bis du dich vollgefressen hast,Aria. Ich muss gestehen, dass mich dieses Bild interessiert. Dafür muss dieWahrheit dann vielleicht ein bisschen in den Hintergrund treten. Hm - ja - ichglaube, heute wirst du dir den Wanst voll schlagen können.« »Wundervoll, Herr«,lobte Arialeinen. »Ach, gäbe es doch noch mehr solcher Götzenbilder auf dieserWelt. Warum gibt es nur dieses eine? Findest du das richtig, Herr?« In TerraniaCity auf der Erde war der erste Tag des neuen Jahres 3443 gerade drei Stundenalt. An vielen Stellen der Stadt wurde die Jahreswende gefeiert. (...)
© Moewig Verlag
- 1998, 1. Auflage, 416 Seiten, Masse: 13,1 x 19,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Herausgegeben: William Voltz
- Verlag: Moewig - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
- ISBN-10: 3811820826
- ISBN-13: 9783811820821
- Erscheinungsdatum: 23.02.2001
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