Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden
Die wahnwitzigsten Gesetze aus aller Welt
Unglaublich aber wahr: In North Carolina ist Niesen auf offener Straße bei Strafe untersagt, und in Wisconsin darf ein Mann nicht mit einer Waffe schießen, um den Orgasmus seiner Frau anzuzeigen.
Gerichtsreporter Justus Richter...
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Produktinformationen zu „Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden “
Unglaublich aber wahr: In North Carolina ist Niesen auf offener Straße bei Strafe untersagt, und in Wisconsin darf ein Mann nicht mit einer Waffe schießen, um den Orgasmus seiner Frau anzuzeigen.
Gerichtsreporter Justus Richter präsentiert die wahnwitzigsten und verrücktesten Gesetzte aus aller Welt.
Klappentext zu „Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden “
Unglaublich aber wahr: In North Carolina ist Niesen auf offener Strasse bei Strafe untersagt und in Wisconsin darf ein Mann nicht mit einer Waffe schiessen, um den Orgasmus seiner Frau anzuzeigen. - Die strenge Welt des Rechts steckt voller absurder Überraschungen. Aber zum Glück ist Lachen noch nicht strafbar - zumindest soweit uns bekannt.
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Öffentliche Mülleimer dürfen nicht sexuell belästigt werden von Justus RichterVorwort
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Es ist eines der berühmtesten Sinnbilder der Welt: Justitia mit verbundenen Augen und ihrer Waage. Gerecht möge sie daherkommen, die blinde Göttin, und diese Gerechtigkeit - so will es das Symbol uns sagen - lässt sich nur durch absolute Unvoreingenommenheit erreichen. Diese wiederum - und damit nähern wir uns im Eiltempo des Pudels Kern - lässt sich nur ohne jegliches »Ansehen« der Person erreichen, und »ansehen« ist mit Augenbinde ja schlecht möglich. Oder noch einmal mit ganz klaren Worten formuliert: »Die Tusse is krass blind, is also egal, wie Schaise man ausguckt, ey.«
Allerdings bietet jenes Sinnbild der Gerechtigkeit mit seiner unübersehbaren Blindheit weniger wohlmeinenden Zeitgenossen natürlich auch die Gelegenheit, kübelweise Spott und Häme über unser Verständnis des Gesetzeswesens auszugießen. Viele verweisen anhand des gerne zitierten Mottos »Auf hoher See und vor Gericht bist du in Gottes Hand« auf die ihrer Ansicht nach höchst strittige Unabhängigkeit der Judikative. Gerne wird auch von einer »Zweiklassenjustiz« gesprochen, oder man ergeht sich in Spekulationen über den vermeintlichen Einfluss der Politik auf das Gerichtswesen.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Autor dieses Buches hält die deutsche Gerichtsbarkeit im Großen und Ganzen für vorbildlich, das deutsche Gesetzeswesen für großartig und auch die Sinnhaftigkeit der meisten justitiablen Texte lässt sich kaum ernsthaft in Frage stellen (Ausnahmen bestätigen naturgemäß die Regel). Es mag Nationen und Regionen auf dieser Welt geben - und da rauf kommen wir noch ausführlich zurück -, in denen man Inhalte und Formulierungen diverser Gesetze, Bestimmungen und Verordnungen aus einer gewissen Distanz zu ihrer Entstehung he raus durchaus mit Zweifel und Amüsement, zuweilen sogar mit blankem Entsetzen, betrachten kann - aber Deutschland gehört im Allgemeinen nicht dazu.
Die Vereinigten Staaten von Amerika hingegen durchaus: Dort existieren bis zum heutigen Tag unzählige Verordnungen aus einzelnen Städten, Counties oder auch Bundesstaaten, die selbst bei wohlwollender Betrachtung nichts von ihrer Absurdität einbüßen. Wenn es zum Beispiel in einer Gesetzessammlung aus dem Bundesstaat Florida bis zum heutigen Tag ausdrücklich verboten ist, geschlechtlichen Verkehr mit einem Stachelschwein auszuüben, so muss die Frage gestattet sein, ob der oder die Verfasser noch alle Räder an der Karre hatten oder ob sie sich einfach nur einen Jux machen wollten und davon ausgegangen sind, dass der entsprechende Paragraph angesichts der Fülle der Verordnungen ohnehin untergehen würde. Solche und andere Gesetze ähnlich idiotischen Inhalts fanden und finden sich überall in den USA - eindrucksvoller Beleg dafür, dass eine Supermacht nicht automatisch auch über die größte Anzahl intelligenter Juristen auf basisdemokratischer Ebene verfügen muss.
Lassen Sie uns an dieser Stelle noch einen kurzen, erklärenden Blick auf das amerikanische Rechtssystem werfen. Dort ist es nämlich so, dass Gesetze und Verordnungen nicht zwingend von Staats wegen aufgestellt werden, sondern von den so genannten »Courts« in den Städten oder Landkreisen (Counties) erlassen werden können. Diese Courts orientieren sich jeweils an ganz bestimmten Fällen und Gegebenheiten, wobei es stets da rauf zu achten gilt, ob ein übergeordneter Court ein solches Gesetz schon einmal erlassen hat, denn dann hätte dieser Präzedenzfall Vorrang. Wenn dem nicht so ist und eine Gemeinde beispielsweise das Rasieren auf seiner Hauptstraße verbietet - warum auch immer -, dann ist das zumindest in der besagten Gegend Gesetz, bis es entweder vom betreffenden Court selbst oder von einer übergeordneten Instanz wieder »kassiert« wird. Auf diese Art entstehen teilweise höchst schräge, manchmal verwirrende und häufig auch völlig sinnlose Gesetze, die sich im Zweifelsfall nur denjenigen erschließen können, die sie einst erlassen haben.
Oder - schlichter formuliert: Wenn man von Dumpfbacken gewählten Laienrichtern in Provinznestern des mittleren Westens freie Hand bei der Formulierung der städtischen Verordnungen lässt, ist die Gefahr groß, dass dabei jede Menge Müll entsteht.
Doch nicht nur Amerika, das vor allem durch die schiere Fülle von Gesetzen, Bestimmungen und Verordnungen auf den verschiedensten Ebenen »glänzt«, sondern auch beispielsweise Australien, das ehrwürdige Vereinigte Königreich Großbritannien, verschiedene Staaten aus der Konkursmasse der ehemaligen Sowjetunion und seit einigen Jahren auch das Berlusconi-geschädigte Italien lassen erahnen, dass sich die Formulierungen zum Wohle der Gesellschaft häufig keinesfalls an den tatsächlichen Bedürfnissen selbiger orientieren. Es wurden Gesetze aus Prüderie verfasst, Verordnungen aus Empörung erlassen und Bestimmungen aus Geldgier auf geduldiges Papier gekritzelt. Manche städtische Erlasse sind so offenkundig da rauf getrimmt, in klammen Zeiten schnelles Geld in die kommunalen Kassen zu spülen, dass es Justitia eigentlich die Tränen in die verbundenen Augen und die Schamesröte auf die prallen Bäckchen zaubern müsste. Doch lamentieren wir nicht - freuen wir uns lieber an diesen Verfehlungen, deren amüsantesten Ihnen, werte Leser, in Form verschiedener Hitlisten präsentiert werden.
Noch ein Wort zur Vorgehensweise: Im Internet und auf dem Markt der Publikationen kursieren vereinzelte Veröffentlichungen, bei denen nicht besonders ausführlich auf Schlüssigkeit und Zusammenhang geachtet wurde. So ist es beispielsweise äußerst unseriös, einer amerikanischen Kleinstadt, die per Verordnung verbietet, auf öffentlichen Plätzen und Wegen zu campieren, einfach zu unterstellen, dass es dort verboten sei, sein Zelt auf Gehsteigen aufzuschlagen. Zugegeben - Gehsteige gehören auch zum öffentlichen Grund und Boden, doch Zelte auf Bürgersteigen waren es sicher nicht, an die die Verfasser dieser Bestimmung gedacht haben. Sie begingen lediglich den Fehler, ihre Verordnung nicht auf alle möglichen Deutungen hin abzuklopfen. Hätten Sie beispielsweise anstatt »Plätzen und Wegen« nur »Parkanlagen« erwähnt, hätte sich wohl niemand gewundert.
Dazu noch ein Beispiel: Die Internet-Community machte sich in verschiedenen Blogs da rüber lustig, dass in Alaska ein Gesetz existiert, das Autofahren verbietet, wenn die Windschutzscheibe undurchsichtig ist. Auch der Autor dieser Zeilen fand diese angebliche Verordnung in ihrer skurrilen Unnötigkeit zum Totlachen ... bis er sich die Mühe machte, den eigentlichen Text aufzustöbern und nachzulesen. Dort nämlich ist lediglich vermerkt, dass es eine Ordnungswidrigkeit ist, die als Verkehrsgefährdung behandelt wird, wenn man seine vereiste Windschutzscheibe vor Antritt der Fahrt nicht von Schnee und Eis befreit. Außerdem soll man dafür sorgen, dass der Fahrer auch während der Fahrt ständig freie Sicht hat. Was, bitte schön, soll da ran nun komisch sein oder auch nur ungewöhnlich? Eine ähnliche Verordnung existiert auch in der Straßenverkehrsordnung der Bundesrepublik, und niemand ist bisher auf die Idee gekommen, da rüber zu kichern.
In diesem Buch sind demnach nur solche Verordnungen enthalten, die aktuell oder in der Vergangenheit tatsächlich so nachzulesen sind oder waren. Manche dieser Texte sind leider schon aus den Registern gelöscht worden und kursieren nur noch in diversen Sammlungen, andere wurden umformuliert oder ersetzt.
In aller Regel sind die Texte natürlich nicht in allen Einzelheiten und vollständig wörtlich übersetzt. Aufgrund der zuweilen schwer verständlichen Juristensprache und des Umfangs ist das einfach nicht möglich. So hat die Bestimmung, die das Aufstellen von Reklametafeln auf dem Gelände der Universität von Hawaii regelt, allein achtzehn Zusatz-Paragraphen und umfasst acht Textseiten - sinnvoller ist es doch, sich bei den ausgewählten Paragraphen auf die entscheidenden (und hoffentlich erheiternden) Passagen zu beschränken.
Abschließend noch ein Dank an die Kollegin Ines Koreck für ihre zuverlässige, geduldige und humorvolle Mitarbeit.
Viel Spaß, Ihr Justus Richter
Kapitel 1
»No sex but crime«
Die Hitliste der seltsamsten Gesetze und Verordnungen zum Thema Sex
Unser christlich-abendländischer Kulturkreis lebt seit Jahr hunderten in einem schwierigen Dilemma: Einerseits ist uns klar - und selbst mit Verweis auf die Möglichkeit der Jungfrauengeburt nachhaltig nicht mehr abstreitbar -, dass der körperliche Part der Liebe zwischen Frau und Mann zur Erhaltung der Art notwendig ist. Andererseits aber lehren die christlichen Kirchen, dass genau dieser körperliche Teil irgendwie schmuddelig ist, wenn er nicht ausschließlich der Erhaltung der Art dient. Im Prinzip wäre das ja gar nicht verkehrt, doch weil der pure Akt so unglaublich doll Spaß machen kann und von Menschen schamloserweise auch ohne das Ziel, Kinder in die Welt zu setzen, betrieben wird, wird das Thema Geschlechtsverkehr in seiner ganzen Vielfalt vor allem in religiös orientierten Gesellschaften gerne auf den Tabu-Index gesetzt. Oder - anders formuliert: Da wird nach Leibeskräften reglementiert und eingeschränkt sowie verordnet und überwacht - zuweilen mit tragischen, zumeist jedoch mit eher komisch anmutenden Versuchen. Dabei ist es vor allem die Unkontrollierbarkeit der spontan entflammbaren Leidenschaft, die die Gralshüter von Sitte und Anstand so viele Nerven kostet. Beispielsweise ist es im schmucken Städtchen Halethorpe im amerikanischen Bundesstaat Maryland - einst von den Puritanern besiedelt - bis zum heutigen Tag gesetzlich untersagt - sich länger als eine Sekunde zu küssen. Eine Sekunde? Da bringt der Normalsterbliche bestenfalls einen Schmatz zustande. Gut so, applaudiert der Sheriff von Halethorpe, der sich jedoch bei einem Blick nach Little Rock in Arkansas beschämt abwenden dürfte: Dort nämlich ist es sogar untersagt, auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen auch nur zu flirten - wird man dabei ertappt, kann dies eine dreißigtägige Haftstrafe zur Folge haben.
Nun mag der geneigte Leser glauben, bei diesen Verordnungen handle es sich um skurrile Ausnahmen, doch die typisch amerikanische Mixtur aus Kleinstaaterei und Bigotterie bringt es mit sich, dass man solche und ähnliche Erlasse in zahlreichen Gesetzessammlungen findet - sei es in den einzelnen Bundesstaaten, in den Counties oder in den städtischen Verordnungstexten. In Daytona Beach, einer Stadt, die berühmt ist für ihre Autorennen, dürfen öffentliche Mülleimer ausdrücklich NICHT sexuell belästigt werden, was wiederum eine Reihe hochinteressanter Fragen aufwirft. Zum Beispiel: Ist Mülltonnenfetischismus heilbar? Gilt das auch für männliche Mülleimer? Und vor allem, wie um Himmels willen kam dieses Gesetz zustande?
Jeder männliche Autofahrer über achtzehn Jahre kann in Indiana wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen festgenommen werden - für eine Anklage genügt es schon, wenn seine Beifahrerin unter siebzehn Jahre ist und während der gemeinsamen Fahrt weder Socken noch Schuhe trägt. Immerhin tröstlich: Die Staatsanwaltschaft kann sich auch bereit erklären, nur eine »versuchte Vergewaltigung« anzuklagen.
Und damit nun zur Liste der zwölf absolut absurdesten Gesetze zum Thema »Sex«, die weltweit (auch außerhalb der Vereinigten Staaten finden sich spannende Formulierungen) bislang erlassen wurden. Natürlich erhebt diese Liste weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Objektivität, doch da rauf kommt es in diesem Buch auch ganz sicher nicht an:
Platz 12
Den folgenden Paragraphen, der aus den Arbeitsrichtlinien für die Angestellten und Mitarbeiter einer amerikanischen Fluggesellschaft stammt und in Columbia erlassen wurde, könnte man als Verbot eines besonders exotischen Vorspiels betrachten:
Grundsätzlich ist es den Flugzeugführern sowie dem gesamten männlichen technischen Personal verboten, weibliche Flugschülerinnen oder Flugbegleiterinnen in Ausbildung oder im Berufsstand mittels eines Staubwedels (...) am oder unterhalb des Kinns zu berühren, auch nicht zum Zweck, die Aufmerksamkeit der Flugschülerin oder Flugbegleiterin zu erregen.
Erklärungen für diesen Passus waren nicht zu erhalten, so dass man davon ausgehen muss, dass eine Stewardess oder eine Flugschülerin sich über diese Form der Anmache beschwert hatte.
Platz 11
Es ist bekanntlich verdammt einsam im australischen Outback. Weites Land, wenig Menschen, extrem wenige Frauen.
Da kann der einsame Rindertreiber schon mal auf dumme Gedanken kommen. Zumal Kängurus nach dem vierten Schnaps vielleicht auch schon ästhetischen Ansprüchen genügen können:
Der Geschlechtsverkehr mit einem Känguru ist Bürgerinnen und Bürgern prinzipiell untersagt. (...) Der Geschlechtsverkehr mit einem Känguru ist nicht unter Strafe gestellt, wenn die Bürgerin oder der Bürger zum Zeitpunkt des geschlechtlichen Aktes nachweislich alkoholisiert war, wobei von einem Blutalkoholgehalt von mindestens 0,8 Promille auszugehen ist.
Australien, Staatliche Strafgesetzordnung, Auflage 26, 1979, gültig bis 1984. Die Känguru-Population nimmt seit den achtziger Jahren wieder zu. Zufall?
Platz 10
Fußballtrainer sind in der Regel der Meinung, dass Beischlaf unmittelbar vor einem Spiel nicht unbedingt ratsam ist. Wie jedoch denken Schachtrainer über den Beischlaf während einer Partie? Möglicherweise ist man dieser Frage in Estland bereits auf den Grund gegangen:
Es ist den Partnern eines im gegenseitigen Einvernehmen vollzogenen sexuellen Aktes währenddessen nicht gestattet, Schach zu spielen.
Aus dem estnischen Pendant des bürgerlichen Gesetzbuches. Veröffentlichung vom April 1997, geändert und gestrichen mit der ersten Überarbeitung im Mai 1997. Die Theorie besagt, dass die Formulierung dieses Gesetzes ursprünglich lediglich eine Art Fallbeispiel eines mit der Abfassung diverser Paragraphen beauftragten Juristen war und die Abschrift versehentlich in die Endfassung rutschte. Wir meinen: billige Ausrede. Das ist ein Spitzen-Gesetz.
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Copyright © 2011 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln
Es ist eines der berühmtesten Sinnbilder der Welt: Justitia mit verbundenen Augen und ihrer Waage. Gerecht möge sie daherkommen, die blinde Göttin, und diese Gerechtigkeit - so will es das Symbol uns sagen - lässt sich nur durch absolute Unvoreingenommenheit erreichen. Diese wiederum - und damit nähern wir uns im Eiltempo des Pudels Kern - lässt sich nur ohne jegliches »Ansehen« der Person erreichen, und »ansehen« ist mit Augenbinde ja schlecht möglich. Oder noch einmal mit ganz klaren Worten formuliert: »Die Tusse is krass blind, is also egal, wie Schaise man ausguckt, ey.«
Allerdings bietet jenes Sinnbild der Gerechtigkeit mit seiner unübersehbaren Blindheit weniger wohlmeinenden Zeitgenossen natürlich auch die Gelegenheit, kübelweise Spott und Häme über unser Verständnis des Gesetzeswesens auszugießen. Viele verweisen anhand des gerne zitierten Mottos »Auf hoher See und vor Gericht bist du in Gottes Hand« auf die ihrer Ansicht nach höchst strittige Unabhängigkeit der Judikative. Gerne wird auch von einer »Zweiklassenjustiz« gesprochen, oder man ergeht sich in Spekulationen über den vermeintlichen Einfluss der Politik auf das Gerichtswesen.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Autor dieses Buches hält die deutsche Gerichtsbarkeit im Großen und Ganzen für vorbildlich, das deutsche Gesetzeswesen für großartig und auch die Sinnhaftigkeit der meisten justitiablen Texte lässt sich kaum ernsthaft in Frage stellen (Ausnahmen bestätigen naturgemäß die Regel). Es mag Nationen und Regionen auf dieser Welt geben - und da rauf kommen wir noch ausführlich zurück -, in denen man Inhalte und Formulierungen diverser Gesetze, Bestimmungen und Verordnungen aus einer gewissen Distanz zu ihrer Entstehung he raus durchaus mit Zweifel und Amüsement, zuweilen sogar mit blankem Entsetzen, betrachten kann - aber Deutschland gehört im Allgemeinen nicht dazu.
Die Vereinigten Staaten von Amerika hingegen durchaus: Dort existieren bis zum heutigen Tag unzählige Verordnungen aus einzelnen Städten, Counties oder auch Bundesstaaten, die selbst bei wohlwollender Betrachtung nichts von ihrer Absurdität einbüßen. Wenn es zum Beispiel in einer Gesetzessammlung aus dem Bundesstaat Florida bis zum heutigen Tag ausdrücklich verboten ist, geschlechtlichen Verkehr mit einem Stachelschwein auszuüben, so muss die Frage gestattet sein, ob der oder die Verfasser noch alle Räder an der Karre hatten oder ob sie sich einfach nur einen Jux machen wollten und davon ausgegangen sind, dass der entsprechende Paragraph angesichts der Fülle der Verordnungen ohnehin untergehen würde. Solche und andere Gesetze ähnlich idiotischen Inhalts fanden und finden sich überall in den USA - eindrucksvoller Beleg dafür, dass eine Supermacht nicht automatisch auch über die größte Anzahl intelligenter Juristen auf basisdemokratischer Ebene verfügen muss.
Lassen Sie uns an dieser Stelle noch einen kurzen, erklärenden Blick auf das amerikanische Rechtssystem werfen. Dort ist es nämlich so, dass Gesetze und Verordnungen nicht zwingend von Staats wegen aufgestellt werden, sondern von den so genannten »Courts« in den Städten oder Landkreisen (Counties) erlassen werden können. Diese Courts orientieren sich jeweils an ganz bestimmten Fällen und Gegebenheiten, wobei es stets da rauf zu achten gilt, ob ein übergeordneter Court ein solches Gesetz schon einmal erlassen hat, denn dann hätte dieser Präzedenzfall Vorrang. Wenn dem nicht so ist und eine Gemeinde beispielsweise das Rasieren auf seiner Hauptstraße verbietet - warum auch immer -, dann ist das zumindest in der besagten Gegend Gesetz, bis es entweder vom betreffenden Court selbst oder von einer übergeordneten Instanz wieder »kassiert« wird. Auf diese Art entstehen teilweise höchst schräge, manchmal verwirrende und häufig auch völlig sinnlose Gesetze, die sich im Zweifelsfall nur denjenigen erschließen können, die sie einst erlassen haben.
Oder - schlichter formuliert: Wenn man von Dumpfbacken gewählten Laienrichtern in Provinznestern des mittleren Westens freie Hand bei der Formulierung der städtischen Verordnungen lässt, ist die Gefahr groß, dass dabei jede Menge Müll entsteht.
Doch nicht nur Amerika, das vor allem durch die schiere Fülle von Gesetzen, Bestimmungen und Verordnungen auf den verschiedensten Ebenen »glänzt«, sondern auch beispielsweise Australien, das ehrwürdige Vereinigte Königreich Großbritannien, verschiedene Staaten aus der Konkursmasse der ehemaligen Sowjetunion und seit einigen Jahren auch das Berlusconi-geschädigte Italien lassen erahnen, dass sich die Formulierungen zum Wohle der Gesellschaft häufig keinesfalls an den tatsächlichen Bedürfnissen selbiger orientieren. Es wurden Gesetze aus Prüderie verfasst, Verordnungen aus Empörung erlassen und Bestimmungen aus Geldgier auf geduldiges Papier gekritzelt. Manche städtische Erlasse sind so offenkundig da rauf getrimmt, in klammen Zeiten schnelles Geld in die kommunalen Kassen zu spülen, dass es Justitia eigentlich die Tränen in die verbundenen Augen und die Schamesröte auf die prallen Bäckchen zaubern müsste. Doch lamentieren wir nicht - freuen wir uns lieber an diesen Verfehlungen, deren amüsantesten Ihnen, werte Leser, in Form verschiedener Hitlisten präsentiert werden.
Noch ein Wort zur Vorgehensweise: Im Internet und auf dem Markt der Publikationen kursieren vereinzelte Veröffentlichungen, bei denen nicht besonders ausführlich auf Schlüssigkeit und Zusammenhang geachtet wurde. So ist es beispielsweise äußerst unseriös, einer amerikanischen Kleinstadt, die per Verordnung verbietet, auf öffentlichen Plätzen und Wegen zu campieren, einfach zu unterstellen, dass es dort verboten sei, sein Zelt auf Gehsteigen aufzuschlagen. Zugegeben - Gehsteige gehören auch zum öffentlichen Grund und Boden, doch Zelte auf Bürgersteigen waren es sicher nicht, an die die Verfasser dieser Bestimmung gedacht haben. Sie begingen lediglich den Fehler, ihre Verordnung nicht auf alle möglichen Deutungen hin abzuklopfen. Hätten Sie beispielsweise anstatt »Plätzen und Wegen« nur »Parkanlagen« erwähnt, hätte sich wohl niemand gewundert.
Dazu noch ein Beispiel: Die Internet-Community machte sich in verschiedenen Blogs da rüber lustig, dass in Alaska ein Gesetz existiert, das Autofahren verbietet, wenn die Windschutzscheibe undurchsichtig ist. Auch der Autor dieser Zeilen fand diese angebliche Verordnung in ihrer skurrilen Unnötigkeit zum Totlachen ... bis er sich die Mühe machte, den eigentlichen Text aufzustöbern und nachzulesen. Dort nämlich ist lediglich vermerkt, dass es eine Ordnungswidrigkeit ist, die als Verkehrsgefährdung behandelt wird, wenn man seine vereiste Windschutzscheibe vor Antritt der Fahrt nicht von Schnee und Eis befreit. Außerdem soll man dafür sorgen, dass der Fahrer auch während der Fahrt ständig freie Sicht hat. Was, bitte schön, soll da ran nun komisch sein oder auch nur ungewöhnlich? Eine ähnliche Verordnung existiert auch in der Straßenverkehrsordnung der Bundesrepublik, und niemand ist bisher auf die Idee gekommen, da rüber zu kichern.
In diesem Buch sind demnach nur solche Verordnungen enthalten, die aktuell oder in der Vergangenheit tatsächlich so nachzulesen sind oder waren. Manche dieser Texte sind leider schon aus den Registern gelöscht worden und kursieren nur noch in diversen Sammlungen, andere wurden umformuliert oder ersetzt.
In aller Regel sind die Texte natürlich nicht in allen Einzelheiten und vollständig wörtlich übersetzt. Aufgrund der zuweilen schwer verständlichen Juristensprache und des Umfangs ist das einfach nicht möglich. So hat die Bestimmung, die das Aufstellen von Reklametafeln auf dem Gelände der Universität von Hawaii regelt, allein achtzehn Zusatz-Paragraphen und umfasst acht Textseiten - sinnvoller ist es doch, sich bei den ausgewählten Paragraphen auf die entscheidenden (und hoffentlich erheiternden) Passagen zu beschränken.
Abschließend noch ein Dank an die Kollegin Ines Koreck für ihre zuverlässige, geduldige und humorvolle Mitarbeit.
Viel Spaß, Ihr Justus Richter
Kapitel 1
»No sex but crime«
Die Hitliste der seltsamsten Gesetze und Verordnungen zum Thema Sex
Unser christlich-abendländischer Kulturkreis lebt seit Jahr hunderten in einem schwierigen Dilemma: Einerseits ist uns klar - und selbst mit Verweis auf die Möglichkeit der Jungfrauengeburt nachhaltig nicht mehr abstreitbar -, dass der körperliche Part der Liebe zwischen Frau und Mann zur Erhaltung der Art notwendig ist. Andererseits aber lehren die christlichen Kirchen, dass genau dieser körperliche Teil irgendwie schmuddelig ist, wenn er nicht ausschließlich der Erhaltung der Art dient. Im Prinzip wäre das ja gar nicht verkehrt, doch weil der pure Akt so unglaublich doll Spaß machen kann und von Menschen schamloserweise auch ohne das Ziel, Kinder in die Welt zu setzen, betrieben wird, wird das Thema Geschlechtsverkehr in seiner ganzen Vielfalt vor allem in religiös orientierten Gesellschaften gerne auf den Tabu-Index gesetzt. Oder - anders formuliert: Da wird nach Leibeskräften reglementiert und eingeschränkt sowie verordnet und überwacht - zuweilen mit tragischen, zumeist jedoch mit eher komisch anmutenden Versuchen. Dabei ist es vor allem die Unkontrollierbarkeit der spontan entflammbaren Leidenschaft, die die Gralshüter von Sitte und Anstand so viele Nerven kostet. Beispielsweise ist es im schmucken Städtchen Halethorpe im amerikanischen Bundesstaat Maryland - einst von den Puritanern besiedelt - bis zum heutigen Tag gesetzlich untersagt - sich länger als eine Sekunde zu küssen. Eine Sekunde? Da bringt der Normalsterbliche bestenfalls einen Schmatz zustande. Gut so, applaudiert der Sheriff von Halethorpe, der sich jedoch bei einem Blick nach Little Rock in Arkansas beschämt abwenden dürfte: Dort nämlich ist es sogar untersagt, auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen auch nur zu flirten - wird man dabei ertappt, kann dies eine dreißigtägige Haftstrafe zur Folge haben.
Nun mag der geneigte Leser glauben, bei diesen Verordnungen handle es sich um skurrile Ausnahmen, doch die typisch amerikanische Mixtur aus Kleinstaaterei und Bigotterie bringt es mit sich, dass man solche und ähnliche Erlasse in zahlreichen Gesetzessammlungen findet - sei es in den einzelnen Bundesstaaten, in den Counties oder in den städtischen Verordnungstexten. In Daytona Beach, einer Stadt, die berühmt ist für ihre Autorennen, dürfen öffentliche Mülleimer ausdrücklich NICHT sexuell belästigt werden, was wiederum eine Reihe hochinteressanter Fragen aufwirft. Zum Beispiel: Ist Mülltonnenfetischismus heilbar? Gilt das auch für männliche Mülleimer? Und vor allem, wie um Himmels willen kam dieses Gesetz zustande?
Jeder männliche Autofahrer über achtzehn Jahre kann in Indiana wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen festgenommen werden - für eine Anklage genügt es schon, wenn seine Beifahrerin unter siebzehn Jahre ist und während der gemeinsamen Fahrt weder Socken noch Schuhe trägt. Immerhin tröstlich: Die Staatsanwaltschaft kann sich auch bereit erklären, nur eine »versuchte Vergewaltigung« anzuklagen.
Und damit nun zur Liste der zwölf absolut absurdesten Gesetze zum Thema »Sex«, die weltweit (auch außerhalb der Vereinigten Staaten finden sich spannende Formulierungen) bislang erlassen wurden. Natürlich erhebt diese Liste weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Objektivität, doch da rauf kommt es in diesem Buch auch ganz sicher nicht an:
Platz 12
Den folgenden Paragraphen, der aus den Arbeitsrichtlinien für die Angestellten und Mitarbeiter einer amerikanischen Fluggesellschaft stammt und in Columbia erlassen wurde, könnte man als Verbot eines besonders exotischen Vorspiels betrachten:
Grundsätzlich ist es den Flugzeugführern sowie dem gesamten männlichen technischen Personal verboten, weibliche Flugschülerinnen oder Flugbegleiterinnen in Ausbildung oder im Berufsstand mittels eines Staubwedels (...) am oder unterhalb des Kinns zu berühren, auch nicht zum Zweck, die Aufmerksamkeit der Flugschülerin oder Flugbegleiterin zu erregen.
Erklärungen für diesen Passus waren nicht zu erhalten, so dass man davon ausgehen muss, dass eine Stewardess oder eine Flugschülerin sich über diese Form der Anmache beschwert hatte.
Platz 11
Es ist bekanntlich verdammt einsam im australischen Outback. Weites Land, wenig Menschen, extrem wenige Frauen.
Da kann der einsame Rindertreiber schon mal auf dumme Gedanken kommen. Zumal Kängurus nach dem vierten Schnaps vielleicht auch schon ästhetischen Ansprüchen genügen können:
Der Geschlechtsverkehr mit einem Känguru ist Bürgerinnen und Bürgern prinzipiell untersagt. (...) Der Geschlechtsverkehr mit einem Känguru ist nicht unter Strafe gestellt, wenn die Bürgerin oder der Bürger zum Zeitpunkt des geschlechtlichen Aktes nachweislich alkoholisiert war, wobei von einem Blutalkoholgehalt von mindestens 0,8 Promille auszugehen ist.
Australien, Staatliche Strafgesetzordnung, Auflage 26, 1979, gültig bis 1984. Die Känguru-Population nimmt seit den achtziger Jahren wieder zu. Zufall?
Platz 10
Fußballtrainer sind in der Regel der Meinung, dass Beischlaf unmittelbar vor einem Spiel nicht unbedingt ratsam ist. Wie jedoch denken Schachtrainer über den Beischlaf während einer Partie? Möglicherweise ist man dieser Frage in Estland bereits auf den Grund gegangen:
Es ist den Partnern eines im gegenseitigen Einvernehmen vollzogenen sexuellen Aktes währenddessen nicht gestattet, Schach zu spielen.
Aus dem estnischen Pendant des bürgerlichen Gesetzbuches. Veröffentlichung vom April 1997, geändert und gestrichen mit der ersten Überarbeitung im Mai 1997. Die Theorie besagt, dass die Formulierung dieses Gesetzes ursprünglich lediglich eine Art Fallbeispiel eines mit der Abfassung diverser Paragraphen beauftragten Juristen war und die Abschrift versehentlich in die Endfassung rutschte. Wir meinen: billige Ausrede. Das ist ein Spitzen-Gesetz.
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Copyright © 2011 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln
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Bibliographische Angaben
- Autor: Justus Richter
- 2011, 5. Aufl., 192 Seiten, Masse: 12,5 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404602463
- ISBN-13: 9783404602469
- Erscheinungsdatum: 26.07.2011
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