Leise schnurrt das Glück
Weg vom Großstadtlärm – die erfolgreiche Schriftstellerin Kim Thornton zieht sich auf die Kanalinsel Guernsey zurück, um in aller Ruhe an ihrem nächsten Roman zu arbeiten. Ihr Maine-Coon-Kater Smoothy begleitet sie, und die...
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Produktinformationen zu „Leise schnurrt das Glück “
Weg vom Großstadtlärm – die erfolgreiche Schriftstellerin Kim Thornton zieht sich auf die Kanalinsel Guernsey zurück, um in aller Ruhe an ihrem nächsten Roman zu arbeiten. Ihr Maine-Coon-Kater Smoothy begleitet sie, und die beiden fühlen sich bald wohl in dem Häuschen, das Kim für ein Jahr gemietet hat. Auch mit den Inselbewohnern schließt sie schnell Freundschaft – vor allem mit zwei sympathischen Männern: Alan, dem Immobilienmakler, der ihr das Haus vermittelt hat, und Chris, ihrem Nachbarn, der einen Reiterhof betreibt. Zuerst verbindet sie nur eine lockere Bekanntschaft mit den beiden, aber bald spürt sie, dass mehr daraus wird und dass sie sich für einen Mann entscheiden muss. Doch dann geschehen mysteriöse Dinge in der Nachbarschaft, und eines Tages verschwindet Smoothy spurlos.
Lese-Probe zu „Leise schnurrt das Glück “
Leise schnurrt das Glück von Corinna Rebau1
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Die drei Frauen saßen in gemütlicher Runde zusammen, doch trotz des behaglichen Kaminfeuers war die Atmosphäre angespannt. Während Susans und Lorenas Mienen leichten Unmut widerspiegelten, war Kim, der Dritten im Bunde, ihre Vorfreude deutlich anzumerken.
»Ich halte das Ganze nach wie vor für eine Schnapsidee.« Lorena griff nach ihrem Sektglas, machte jedoch keine Anstalten, daraus zu trinken. Ihr vorwurfsvoller Blick war auf Kim gerichtet, die selbstvergessen ihren Kater Smoothy streichelte. »Du kannst deinen neuen Roman ebenso gut hier in Birmingham schreiben.«
Kim hatte ihren Mitbewohnerinnen Lorena und Susan just an diesem Abend mitgeteilt, dass sie vorhatte, die Stadt für einige Zeit hinter sich zu lassen.
Der riesige rot getigerte Maine-Coon-Kater rekelte sich auf Frauchens Schoß und legte sich schließlich auf den Rücken, damit Kim ihm den pelzigen Bauch kraulen konnte.
»Sicher könnte ich den Roman auch hier schreiben«, erwiderte Kim gedehnt. »Aber auf der Insel habe ich mehr Ruhe dafür.«
Susan verzog den Mund. »So ein Blödsinn ! Deine Bücher sind Bestseller, obwohl jedes einzelne in diesen vier Wänden entstanden ist.«
Kim Thortons Romane waren nicht nur in Großbritannien ein Begriff ; sie wurden in Dutzende Sprachen übersetzt und in ganz Europa gelesen.
Seit beinahe drei Jahren lebte sie mit ihren Freundinnen zusammen. Susan war Managerin in einem großen Unternehmen, Lorena hatte sich als Kunsthändlerin einen Namen gemacht. Nach etlichen herben Enttäuschungen mit Männern hatten sich die drei Frauen geschworen, keine festen Beziehungen mehr einzugehen.
Das einzige männliche Mitglied der Wohngemeinschaft war Kater Smoothy, den Kim vier Jahre zuvor als Junges am Straßenrand aufgesammelt hatte. Aus dem zarten, niedlichen Katzenbaby war längst ein stattlicher Kater geworden, der es genoss, von allen Seiten verwöhnt zu werden. Kim und Smoothy waren unzertrennlich. Kim ging sogar so weit zu behaupten, dass Smoothy über einen sechsten Sinn verfügte, was ihre Freundinnen nur mit einem nachsichtigen Lächeln quittierten.
»Willst du es dir nicht noch einmal überlegen ?«, fragte Lore-na mit einem wehmütigen Blick auf den Kater. »Wir werden dich und Smoothy schrecklich vermissen. Und wieso muss es unbedingt Guernsey sein ?«
Smoothy streckte sich, gähnte herzhaft und sprang von Kims Schoß, um sich die nächsten Streicheleinheiten von Lorena zu holen.
Bevor Kim antwortete, wies sie mit dem Kinn in Richtung des Fensters. »Hört ihr den Regen da draußen ? Ich habe es gründlich satt, jeden Morgen den gleichen trüben Himmel zu sehen und das Haus nicht ohne Schirm verlassen zu können.«
»Na und ? Du arbeitest zu Hause und kannst es dir gemütlich machen«, konterte Lorena und versenkte ihr Gesicht in Smoothys dichtes, seidiges Fell. »Wenn du keine Lust dazu hast, brauchst du die Wohnung monatelang nicht zu verlassen.«
Doch Kim ließ dieses Argument nicht gelten und winkte ab. »Ich sehne mich aber nach Wärme und Sonnenschein - und, ehrlich gesagt, finde ich nicht, dass Birmingham eine sonderlich attraktive Stadt ist. Insgeheim träume ich schon lange davon, auf einer Insel mit mediterranem Klima zu arbeiten. Erst dachte ich an Mallorca, aber das ist mir zu weit von Zuhause entfernt. Schließlich kam mir Guernsey in den Sinn; die Kanalinsel ist gut erreichbar und wie geschaffen für mich.«
Susan erhob sich. »Den Schock muss ich erst einmal verdauen. Ich glaube, wir haben noch eine Flasche Prosecco im Kühlschrank. Du hättest uns ruhig etwas früher Bescheid sagen können.«
Kim hatte ihre Freundinnen vor vollendete Tatsachen gestellt, weil sie wusste, wie sie reagieren würden.
»Ich hatte keine Lust auf endlose Diskussionen mit euch!«, rief sie Susan nach. In der Tat hatte sie bereits alles arrangiert, sogar der Flug war gebucht. In einer Woche würde es losgehen.
»Was ist das für ein Haus, das du auf Guernsey gemietet hast?«, fragte Lorena, die noch immer Smoothys Fell kraulte. Der Kater hatte die Augen geschlossen und schnurrte selig; das Spiel seiner Ohren erweckte allerdings den Eindruck, er lausche interessiert dem Gespräch.
»Ich habe es im Internet gefunden, über einen Immobilienmakler namens Barcley«, erklärte Kim geduldig, nachdem sich Susan wieder zu ihnen gesellt hatte. »Ich habe mich sofort in das Häuschen verliebt, ich zeige euch nachher die Fotos im Internet. Das Haus liegt an der Westküste und ist eine Autostunde von St. Peter Port, der Hauptstadt, entfernt. Und das einzige Anwesen in der näheren Nachbarschaft ist ein Reiterhof, auf dem sich Touristen Pferde ausleihen können.«
»Wie romantisch«, sagte Susan mit spöttischem Unterton, während sie die Flasche öffnete. »Ich wette, du hältst es keine zwei Wochen in dieser Einöde aus.«
Kim hielt ihr grinsend ihr leeres Glas hin. »Die Wette gilt. Ihr werdet sehen, ich werde mich sauwohl fühlen, und Smoothy ebenso. Dort kann er den ganzen Tag rumstromern, ohne dass ich Angst haben muss, dass er überfahren wird.«
Bislang war Smoothy ein reiner Wohnungskater; die belebten Straßen Birminghams ließen keine Streifzüge in die Umgebung zu. Natürlich wurde der Kater im Frühjahr und Herbst unruhig und tat seinen Unmut lautstark kund, aber Kim war ein eingesperrter liebeskranker Kater lieber als ein überfahrener.
»Die Küste ist ganz in der Nähe«, schwärmte sie. »Malerische, fast senkrechte Felsabstürze, so weit das Auge reicht. Ich bin davon überzeugt, dass mein neuer Roman mein bester werden wird.«
»Aber muss es gleich ein ganzes Jahr sein ?« Fassungslos schüttelte Lorena den Kopf. Für sie war es nicht nachvollziehbar, wie jemand so lange ohne das pulsierende Stadtleben existieren konnte. Zwar genoss sie ihre Urlaube im Süden, aber nach ein oder zwei Wochen freute sie sich auf Zuhause. Auch Kim war ein Stadtkind, und deshalb konnten ihre Freundinnen es kaum glauben, dass ihr das beschauliche Landleben dauerhaft gefallen würde.
»Wie du weißt, brauche ich für jeden meiner Romane ungefähr ein Jahr«, gab Kim unbeeindruckt zurück. »Im Übrigen bin ich ja nicht aus der Welt, und ihr könnt mich jederzeit besuchen.« Sie zwinkerte den anderen zu. »So, und jetzt lassen wir das. Ihr werdet es ohnehin nicht schaffen, mich zum Hierbleiben zu überreden.«
Lorena und Susan wechselten einen wissenden Blick. Es stimmte: Wenn sich Kim etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es schier unmöglich, sie davon abzubringen.
Smoothy hatte offensichtlich genug von Lorenas Liebkosungen. Er sprang auf den Fußboden, reckte sich und marschierte mit stolz hoch getragenem Schwanz in die Küche, um nachzusehen, ob jemand inzwischen seinen Futternapf gefüllt hatte.
»Verfressenes Monster!«, rief Kim ihm nach, doch der Kater tat, als interessiere er sich nicht für diese wenig schmeichelhafte Anrede.
Dass Smoothy etwas von den bevorstehenden Veränderungen spürte, merkte Kim bereits am darauffolgenden Tag. Der Kater hing an ihr wie eine Klette; er wich noch nicht einmal von ihrer Seite, wenn sie zur Toilette gehen musste.
Noch hatte Kim nicht für den Umzug gepackt, aber Smoothy beäugte bereits misstrauisch jede ihrer Handbewegungen. Als sie den Katzen-Transportkorb aus der Abstellkammer holte, um ihn für die Reise zu säubern, machte der Kater einen Buckel und versteckte sich unter dem Sofa ; mit dem Korb waren keine angenehmen Erinnerungen verbunden. In der Regel kam er zum Einsatz, wenn es zum Tierarzt ging.
Erst abends wagte Smoothy sich aus seinem sicheren Versteck - vertraute Geräusche lockten ihn in die Küche: das Öffnen der Kühlschranktür, das Abwaschen der Näpfe und der unwiderstehliche Klang, als Kim eine Dose Katzenfutter aufmachte.
Vorsichtig schlich sich Smoothy in die Küche; dabei spähte er argwöhnisch nach allen Seiten, als befürchte er jeden Augenblick das Zupacken erbarmungsloser Hände, die ihn in den verhassten Transportkorb verfrachten wollten. Kim hatte den Korb allerdings längst wieder in die Abstellkammer gebracht.
Belustigt beobachtete Kim Smoothy. »Angsthase ! So ein großer Kater wie du sollte sich schämen!«
Doch Smoothy schämte sich nicht im Geringsten, sondern ging schnurstracks zu seinem Napf. Erst als er satt war, ließ er zu, dass Kim ihn auf den Arm nahm und streichelte. Sein lautes Schnurren übertönte sogar das Blubbern der Kaffeemaschine.
Kurz darauf kamen Lorena und Susan nach Hause, und Kim erzählte den beiden lachend von Smoothys Angstattacke.
»Der Transportkorb ist ein rotes Tuch für ihn«, sagte Susan grinsend. »Er versteht ja nicht, dass es diesmal nicht zum Doc geht.«
Lorena klopfte sich auf die Schenkel, und sogleich sprang Smoothy leichtfüßig auf ihren Schoß. »Vielleicht ist es besser für ihn, du lässt ihn hier. Der Flug könnte zu viel für ihn werden.«
»Kommt gar nicht infrage! Ich habe schon mit dem Tierarzt gesprochen; ich werde Smoothy am Abreisetag eine Beruhigungstablette geben, sodass er von den Strapazen der Reise kaum etwas merken wird. Erst wenn wir das Haus auf der Insel erreichen, wird er wieder bei sich sein und sich darüber wundern, wo er gelandet ist. Smoothy ist schließlich nicht die erste Katze, die umzieht.« Voller Zuneigung sah sie zu ihrem Kater, der sie entspannt aus halb geschlossenen Augen beobachtete. Ein Jahr ohne ihn zu verbringen, war ihr unvorstellbar - seit sie ihn hatte, war sie nie länger als ein paar Stunden von Smoothy getrennt gewesen, und so sollte es auch in Zukunft bleiben.
Ihre Freundinnen verstanden sie, denn sie waren ebenso vernarrt in ihren vierbeinigen Mitbewohner.
Die Koffer waren gepackt. Am nächsten Tag ging es auf die Reise. Kim hatte sich alle Mühe gegeben, bei den Vorbereitungen so unauffällig wie möglich vorzugehen, doch Smoothy dachte gar nicht daran, unbeteiligt zuzuschauen, sondern legte sich demonstrativ in jeden noch nicht geschlossenen Koffer, bis Kim ihn mit sanfter Gewalt daraus entfernte.
»Dummer Kater«, schalt sie ihn liebevoll. »Ich fahre doch nicht ohne dich.« Und als habe er sie verstanden, maunzte er und begann, sein schönes langes Fell zu lecken.
Gegen Abend rief Kim noch einmal den Immobilienmakler an, dessen tiefe, weiche Stimme in ihr ein angenehmes Gefühl auslöste.
»Ich erwarte Sie am Flughafen«, sagte er mit vollendeter Höfl ichkeit. »Ein Mietwagen ist bereits auf Ihren Namen reserviert.«
»Danke, Mr Barcley. Ich bin schon sehr gespannt auf das Haus.«
»Es wird Ihnen gefallen; es ist in Wirklichkeit noch viel schöner als auf den Fotos im Internet.«
Das konnte sich Kim allerdings nicht vorstellen, denn als sie das Häuschen entdeckt hatte, war ihr ein Freudenschrei entwichen. Es war genauso, wie sie sich den perfekten Rückzugsort vorgestellt hatte.
»Und Sie sind sicher, dass mein Kater in der Gegend nicht Gefahr läuft, überfahren zu werden?«, erkundigte sie sich vorsichtshalber noch einmal. »Ich möchte ihn nicht den ganzen Tag im Haus einsperren.«
»Sie können unbesorgt sein. Da oben fährt nur alle Jubeljahre mal ein Auto vorbei, Ihre Katze kann sich vollkommen frei bewegen.«
Beruhigt und voller Vorfreude legte Kim auf und berichtete ihren Freundinnen später von ihrem Telefonat. »Wenn der Mann so gut aussieht, wie seine Stimme klingt, muss ich mich vorsehen.«
»He, wo bleiben denn deine Prinzipien?«, witzelte Lorena. »Wolltest du nicht Abstand zu den Männern halten?«
»Das gilt weiterhin. Smoothy ist das einzige männliche Wesen, das ich an meiner Seite akzeptiere.« Kim schüttelte lachend den Kopf. »Wenn meine Leser wüssten, wie ich über die Liebe denke, wären sie bitter enttäuscht von mir.«
Susan erwiderte kichernd : »In einer Rezension deines letzten Buches las ich, du seist die Queen of Love unter den Romanautorinnen und führtest sicher auch privat eine durch und durch glückliche und harmonische Beziehung.«
»Dazu müsste es auch in Wirklichkeit so wunderbare und edle Männer wie in meinen Büchern geben«, gab Kim lachend zurück. »Das Schöne ist, dass ich mir dort die tollsten Männer zusammenbasteln kann - Männer, wie sie auch meine Leserinnen gern hätten. Wenn ich da an meinen letzten Freund denke ... «, sie verzog unwillig den Mund, »der war wirklich nur äußerlich ein Traummann.«
In Erinnerung an Billy nickten die Freundinnen zustimmend. Billy hatte toll ausgesehen und Kim das Blaue vom Himmel versprochen; doch schon bald fand sie heraus, dass sie nicht die einzige Frau in seinem Leben war, und beendete die Beziehung auf der Stelle. Susan und Lorena hatten ganz ähnliche Erfahrungen mit Männern gemacht und teilten Kims Meinung, dass das Singleleben die bessere Wahl war.
An diesem letzten Abend in Birmingham saßen die drei Feundinnen noch lange beisammen und leerten zwei Flaschen Sekt, während Smoothy unruhig von einem Raum zum anderen tigerte. Trotz des sorgfältig versteckten Transportkorbs ahnte er, dass ein Abschied bevorstand.
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Augsburg
Die drei Frauen saßen in gemütlicher Runde zusammen, doch trotz des behaglichen Kaminfeuers war die Atmosphäre angespannt. Während Susans und Lorenas Mienen leichten Unmut widerspiegelten, war Kim, der Dritten im Bunde, ihre Vorfreude deutlich anzumerken.
»Ich halte das Ganze nach wie vor für eine Schnapsidee.« Lorena griff nach ihrem Sektglas, machte jedoch keine Anstalten, daraus zu trinken. Ihr vorwurfsvoller Blick war auf Kim gerichtet, die selbstvergessen ihren Kater Smoothy streichelte. »Du kannst deinen neuen Roman ebenso gut hier in Birmingham schreiben.«
Kim hatte ihren Mitbewohnerinnen Lorena und Susan just an diesem Abend mitgeteilt, dass sie vorhatte, die Stadt für einige Zeit hinter sich zu lassen.
Der riesige rot getigerte Maine-Coon-Kater rekelte sich auf Frauchens Schoß und legte sich schließlich auf den Rücken, damit Kim ihm den pelzigen Bauch kraulen konnte.
»Sicher könnte ich den Roman auch hier schreiben«, erwiderte Kim gedehnt. »Aber auf der Insel habe ich mehr Ruhe dafür.«
Susan verzog den Mund. »So ein Blödsinn ! Deine Bücher sind Bestseller, obwohl jedes einzelne in diesen vier Wänden entstanden ist.«
Kim Thortons Romane waren nicht nur in Großbritannien ein Begriff ; sie wurden in Dutzende Sprachen übersetzt und in ganz Europa gelesen.
Seit beinahe drei Jahren lebte sie mit ihren Freundinnen zusammen. Susan war Managerin in einem großen Unternehmen, Lorena hatte sich als Kunsthändlerin einen Namen gemacht. Nach etlichen herben Enttäuschungen mit Männern hatten sich die drei Frauen geschworen, keine festen Beziehungen mehr einzugehen.
Das einzige männliche Mitglied der Wohngemeinschaft war Kater Smoothy, den Kim vier Jahre zuvor als Junges am Straßenrand aufgesammelt hatte. Aus dem zarten, niedlichen Katzenbaby war längst ein stattlicher Kater geworden, der es genoss, von allen Seiten verwöhnt zu werden. Kim und Smoothy waren unzertrennlich. Kim ging sogar so weit zu behaupten, dass Smoothy über einen sechsten Sinn verfügte, was ihre Freundinnen nur mit einem nachsichtigen Lächeln quittierten.
»Willst du es dir nicht noch einmal überlegen ?«, fragte Lore-na mit einem wehmütigen Blick auf den Kater. »Wir werden dich und Smoothy schrecklich vermissen. Und wieso muss es unbedingt Guernsey sein ?«
Smoothy streckte sich, gähnte herzhaft und sprang von Kims Schoß, um sich die nächsten Streicheleinheiten von Lorena zu holen.
Bevor Kim antwortete, wies sie mit dem Kinn in Richtung des Fensters. »Hört ihr den Regen da draußen ? Ich habe es gründlich satt, jeden Morgen den gleichen trüben Himmel zu sehen und das Haus nicht ohne Schirm verlassen zu können.«
»Na und ? Du arbeitest zu Hause und kannst es dir gemütlich machen«, konterte Lorena und versenkte ihr Gesicht in Smoothys dichtes, seidiges Fell. »Wenn du keine Lust dazu hast, brauchst du die Wohnung monatelang nicht zu verlassen.«
Doch Kim ließ dieses Argument nicht gelten und winkte ab. »Ich sehne mich aber nach Wärme und Sonnenschein - und, ehrlich gesagt, finde ich nicht, dass Birmingham eine sonderlich attraktive Stadt ist. Insgeheim träume ich schon lange davon, auf einer Insel mit mediterranem Klima zu arbeiten. Erst dachte ich an Mallorca, aber das ist mir zu weit von Zuhause entfernt. Schließlich kam mir Guernsey in den Sinn; die Kanalinsel ist gut erreichbar und wie geschaffen für mich.«
Susan erhob sich. »Den Schock muss ich erst einmal verdauen. Ich glaube, wir haben noch eine Flasche Prosecco im Kühlschrank. Du hättest uns ruhig etwas früher Bescheid sagen können.«
Kim hatte ihre Freundinnen vor vollendete Tatsachen gestellt, weil sie wusste, wie sie reagieren würden.
»Ich hatte keine Lust auf endlose Diskussionen mit euch!«, rief sie Susan nach. In der Tat hatte sie bereits alles arrangiert, sogar der Flug war gebucht. In einer Woche würde es losgehen.
»Was ist das für ein Haus, das du auf Guernsey gemietet hast?«, fragte Lorena, die noch immer Smoothys Fell kraulte. Der Kater hatte die Augen geschlossen und schnurrte selig; das Spiel seiner Ohren erweckte allerdings den Eindruck, er lausche interessiert dem Gespräch.
»Ich habe es im Internet gefunden, über einen Immobilienmakler namens Barcley«, erklärte Kim geduldig, nachdem sich Susan wieder zu ihnen gesellt hatte. »Ich habe mich sofort in das Häuschen verliebt, ich zeige euch nachher die Fotos im Internet. Das Haus liegt an der Westküste und ist eine Autostunde von St. Peter Port, der Hauptstadt, entfernt. Und das einzige Anwesen in der näheren Nachbarschaft ist ein Reiterhof, auf dem sich Touristen Pferde ausleihen können.«
»Wie romantisch«, sagte Susan mit spöttischem Unterton, während sie die Flasche öffnete. »Ich wette, du hältst es keine zwei Wochen in dieser Einöde aus.«
Kim hielt ihr grinsend ihr leeres Glas hin. »Die Wette gilt. Ihr werdet sehen, ich werde mich sauwohl fühlen, und Smoothy ebenso. Dort kann er den ganzen Tag rumstromern, ohne dass ich Angst haben muss, dass er überfahren wird.«
Bislang war Smoothy ein reiner Wohnungskater; die belebten Straßen Birminghams ließen keine Streifzüge in die Umgebung zu. Natürlich wurde der Kater im Frühjahr und Herbst unruhig und tat seinen Unmut lautstark kund, aber Kim war ein eingesperrter liebeskranker Kater lieber als ein überfahrener.
»Die Küste ist ganz in der Nähe«, schwärmte sie. »Malerische, fast senkrechte Felsabstürze, so weit das Auge reicht. Ich bin davon überzeugt, dass mein neuer Roman mein bester werden wird.«
»Aber muss es gleich ein ganzes Jahr sein ?« Fassungslos schüttelte Lorena den Kopf. Für sie war es nicht nachvollziehbar, wie jemand so lange ohne das pulsierende Stadtleben existieren konnte. Zwar genoss sie ihre Urlaube im Süden, aber nach ein oder zwei Wochen freute sie sich auf Zuhause. Auch Kim war ein Stadtkind, und deshalb konnten ihre Freundinnen es kaum glauben, dass ihr das beschauliche Landleben dauerhaft gefallen würde.
»Wie du weißt, brauche ich für jeden meiner Romane ungefähr ein Jahr«, gab Kim unbeeindruckt zurück. »Im Übrigen bin ich ja nicht aus der Welt, und ihr könnt mich jederzeit besuchen.« Sie zwinkerte den anderen zu. »So, und jetzt lassen wir das. Ihr werdet es ohnehin nicht schaffen, mich zum Hierbleiben zu überreden.«
Lorena und Susan wechselten einen wissenden Blick. Es stimmte: Wenn sich Kim etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es schier unmöglich, sie davon abzubringen.
Smoothy hatte offensichtlich genug von Lorenas Liebkosungen. Er sprang auf den Fußboden, reckte sich und marschierte mit stolz hoch getragenem Schwanz in die Küche, um nachzusehen, ob jemand inzwischen seinen Futternapf gefüllt hatte.
»Verfressenes Monster!«, rief Kim ihm nach, doch der Kater tat, als interessiere er sich nicht für diese wenig schmeichelhafte Anrede.
Dass Smoothy etwas von den bevorstehenden Veränderungen spürte, merkte Kim bereits am darauffolgenden Tag. Der Kater hing an ihr wie eine Klette; er wich noch nicht einmal von ihrer Seite, wenn sie zur Toilette gehen musste.
Noch hatte Kim nicht für den Umzug gepackt, aber Smoothy beäugte bereits misstrauisch jede ihrer Handbewegungen. Als sie den Katzen-Transportkorb aus der Abstellkammer holte, um ihn für die Reise zu säubern, machte der Kater einen Buckel und versteckte sich unter dem Sofa ; mit dem Korb waren keine angenehmen Erinnerungen verbunden. In der Regel kam er zum Einsatz, wenn es zum Tierarzt ging.
Erst abends wagte Smoothy sich aus seinem sicheren Versteck - vertraute Geräusche lockten ihn in die Küche: das Öffnen der Kühlschranktür, das Abwaschen der Näpfe und der unwiderstehliche Klang, als Kim eine Dose Katzenfutter aufmachte.
Vorsichtig schlich sich Smoothy in die Küche; dabei spähte er argwöhnisch nach allen Seiten, als befürchte er jeden Augenblick das Zupacken erbarmungsloser Hände, die ihn in den verhassten Transportkorb verfrachten wollten. Kim hatte den Korb allerdings längst wieder in die Abstellkammer gebracht.
Belustigt beobachtete Kim Smoothy. »Angsthase ! So ein großer Kater wie du sollte sich schämen!«
Doch Smoothy schämte sich nicht im Geringsten, sondern ging schnurstracks zu seinem Napf. Erst als er satt war, ließ er zu, dass Kim ihn auf den Arm nahm und streichelte. Sein lautes Schnurren übertönte sogar das Blubbern der Kaffeemaschine.
Kurz darauf kamen Lorena und Susan nach Hause, und Kim erzählte den beiden lachend von Smoothys Angstattacke.
»Der Transportkorb ist ein rotes Tuch für ihn«, sagte Susan grinsend. »Er versteht ja nicht, dass es diesmal nicht zum Doc geht.«
Lorena klopfte sich auf die Schenkel, und sogleich sprang Smoothy leichtfüßig auf ihren Schoß. »Vielleicht ist es besser für ihn, du lässt ihn hier. Der Flug könnte zu viel für ihn werden.«
»Kommt gar nicht infrage! Ich habe schon mit dem Tierarzt gesprochen; ich werde Smoothy am Abreisetag eine Beruhigungstablette geben, sodass er von den Strapazen der Reise kaum etwas merken wird. Erst wenn wir das Haus auf der Insel erreichen, wird er wieder bei sich sein und sich darüber wundern, wo er gelandet ist. Smoothy ist schließlich nicht die erste Katze, die umzieht.« Voller Zuneigung sah sie zu ihrem Kater, der sie entspannt aus halb geschlossenen Augen beobachtete. Ein Jahr ohne ihn zu verbringen, war ihr unvorstellbar - seit sie ihn hatte, war sie nie länger als ein paar Stunden von Smoothy getrennt gewesen, und so sollte es auch in Zukunft bleiben.
Ihre Freundinnen verstanden sie, denn sie waren ebenso vernarrt in ihren vierbeinigen Mitbewohner.
Die Koffer waren gepackt. Am nächsten Tag ging es auf die Reise. Kim hatte sich alle Mühe gegeben, bei den Vorbereitungen so unauffällig wie möglich vorzugehen, doch Smoothy dachte gar nicht daran, unbeteiligt zuzuschauen, sondern legte sich demonstrativ in jeden noch nicht geschlossenen Koffer, bis Kim ihn mit sanfter Gewalt daraus entfernte.
»Dummer Kater«, schalt sie ihn liebevoll. »Ich fahre doch nicht ohne dich.« Und als habe er sie verstanden, maunzte er und begann, sein schönes langes Fell zu lecken.
Gegen Abend rief Kim noch einmal den Immobilienmakler an, dessen tiefe, weiche Stimme in ihr ein angenehmes Gefühl auslöste.
»Ich erwarte Sie am Flughafen«, sagte er mit vollendeter Höfl ichkeit. »Ein Mietwagen ist bereits auf Ihren Namen reserviert.«
»Danke, Mr Barcley. Ich bin schon sehr gespannt auf das Haus.«
»Es wird Ihnen gefallen; es ist in Wirklichkeit noch viel schöner als auf den Fotos im Internet.«
Das konnte sich Kim allerdings nicht vorstellen, denn als sie das Häuschen entdeckt hatte, war ihr ein Freudenschrei entwichen. Es war genauso, wie sie sich den perfekten Rückzugsort vorgestellt hatte.
»Und Sie sind sicher, dass mein Kater in der Gegend nicht Gefahr läuft, überfahren zu werden?«, erkundigte sie sich vorsichtshalber noch einmal. »Ich möchte ihn nicht den ganzen Tag im Haus einsperren.«
»Sie können unbesorgt sein. Da oben fährt nur alle Jubeljahre mal ein Auto vorbei, Ihre Katze kann sich vollkommen frei bewegen.«
Beruhigt und voller Vorfreude legte Kim auf und berichtete ihren Freundinnen später von ihrem Telefonat. »Wenn der Mann so gut aussieht, wie seine Stimme klingt, muss ich mich vorsehen.«
»He, wo bleiben denn deine Prinzipien?«, witzelte Lorena. »Wolltest du nicht Abstand zu den Männern halten?«
»Das gilt weiterhin. Smoothy ist das einzige männliche Wesen, das ich an meiner Seite akzeptiere.« Kim schüttelte lachend den Kopf. »Wenn meine Leser wüssten, wie ich über die Liebe denke, wären sie bitter enttäuscht von mir.«
Susan erwiderte kichernd : »In einer Rezension deines letzten Buches las ich, du seist die Queen of Love unter den Romanautorinnen und führtest sicher auch privat eine durch und durch glückliche und harmonische Beziehung.«
»Dazu müsste es auch in Wirklichkeit so wunderbare und edle Männer wie in meinen Büchern geben«, gab Kim lachend zurück. »Das Schöne ist, dass ich mir dort die tollsten Männer zusammenbasteln kann - Männer, wie sie auch meine Leserinnen gern hätten. Wenn ich da an meinen letzten Freund denke ... «, sie verzog unwillig den Mund, »der war wirklich nur äußerlich ein Traummann.«
In Erinnerung an Billy nickten die Freundinnen zustimmend. Billy hatte toll ausgesehen und Kim das Blaue vom Himmel versprochen; doch schon bald fand sie heraus, dass sie nicht die einzige Frau in seinem Leben war, und beendete die Beziehung auf der Stelle. Susan und Lorena hatten ganz ähnliche Erfahrungen mit Männern gemacht und teilten Kims Meinung, dass das Singleleben die bessere Wahl war.
An diesem letzten Abend in Birmingham saßen die drei Feundinnen noch lange beisammen und leerten zwei Flaschen Sekt, während Smoothy unruhig von einem Raum zum anderen tigerte. Trotz des sorgfältig versteckten Transportkorbs ahnte er, dass ein Abschied bevorstand.
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Autoren-Porträt von Corinna Rebau
Die Autorin wurde 1955 geboren und ist eine große Katzenliebhaberin. Unter verschiedenen Pseudonymen schreibt sie seit Jahren historische Romane. "Leise schnurrt das Glück" ist ihr erster "Katzenroman". Die Autorin lebt mit ihren beiden Katzen im Norden Deutschlands.
Bibliographische Angaben
- Autor: Corinna Rebau
- 2012, 1, 288 Seiten, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild Deutschland
- ISBN-10: 3863650212
- ISBN-13: 9783863650216
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