Lachs im Zweifel
In Douglas Adams letztem - unvollendetem - Roman lässt der Autor einmal mehr Privatdetektiv Dirk Gently im Dunkeln tappen. Gently wird von jemandem angeheuert, den er nie...
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In Douglas Adams letztem - unvollendetem - Roman lässt der Autor einmal mehr Privatdetektiv Dirk Gently im Dunkeln tappen. Gently wird von jemandem angeheuert, den er nie trifft, um einen Job auszuführen, der nicht spezifiziert wird.
Das Buch wird ergänzt von einer eindrucksvollen Werkschau seiner wichtigsten - vielfach unveröffentlichten - Artikel, Kolumnen, Kurzgeschichten und Interviews.
In Douglas Adams letztem - unvollendetem - Roman lst der Autor einmal mehr Privatdetektiv Dirk Gently im Dunkeln tappen. Gently wird von jemandem angeheuert, den er nie trifft, um einen Job auszufren, der nicht spezifiziert wird.
Das Buch wird ergzt von einer eindrucksvollen Werkschau seiner wichtigsten - vielfach unverfentlichten - Artikel, Kolumnen, Kurzgeschichten und Interviews.
Lachs im Zweifel von DouglasAdams
LESEPROBE
Yesterday:
Die Stimmen all unserer gestrigen Tage
Ich erinnere mich nur diffus an meine Schulzeit. Sieverstrich irgendwie im Hintergrund, während ich versuchte, den Beatles zu lauschen.
Als »Can't Buy Me Love« rauskam, war ich zwölf Während derFrühstückspause stahl ich mich aus der Schule, kaufte mir die Platte und drangin das Zimmer der Hausmutter ein, weil sie einen Plattenspieler hatte. Dannspielte ich den Song, nicht so laut, dass man mich hätte erwischen können, nurlaut genug, um mit dem Ohr dicht am Lautsprecher zuhören zu können. Dannspielte ich den Song noch mal fürs andere Ohr. Dann drehte ich die Platte umund machte das gleiche mit »You Can't Do That.« In dem Moment fand mich der Housemasterund liess mich nachsitzen, genau wie ich es erwartet hatte. Das schien mir einniedriger Preis für etwas, das, wie mir heute klar ist, Kunst war.
Natürlich wusste ich damals nicht, dass es Kunst war. Ich wusstebloss, dass die Beatles das Aufregendste im Universum waren. Mit dieserEinstellung liess es sich nicht immer leicht leben. Einerseits musstest du dichmit den Fans der Rolling Stones rumschlagen, und das war schwierig, weil diemit schmutzigen Tricks kämpften und hartgesottener waren. Und dann musstest dudich auch noch mit Erwachsenen, Eltern und Lehrern rumschlagen, die meinten,dass du deine Zeit und dein Taschengeld für Schrott verschwendetest, den du eineWoche später wieder vergessen würdest.
Ich verstand nicht recht, warum sie mir das sagten. Ich sangim Schulchor und kannte mich in Harmonie und Kontrapunkt aus, und mir warklar, dass die Beatles was ausserordentlich Raffiniertes waren. Mich verblüffte,dass es kein anderer hörte: unglaubliche Harmonien und ein mehrstimmiger Gesang,wie man sie in Popsongs noch nie gehört hatte. DieBeatles machten all das offenbar nur zu ihrem eigenen heimlichen Vergnügen,und ich fand es toll, dass man auf solche Weise Spass haben konnte.
Toll auch, dass ich ihnen immer wieder nicht ganz folgen konnte.Wenn sie ein neues Album rausbrachten, liess es mich die ersten paar Male beimHören kalt und ratlos. Danach entwirrte es sich ganz allmählich in meinem KopfIch begriff, dass der Grund für meine Verwirrung darin lag, dass ich etwas hörte,was einfach anders war als alles, was je zuvor irgendwer gespielt hatte.»Another Girl«, »Good Day Sunshine« und das seltsame »Drive My Car.« DieseSongs sind mir heute so vertraut, dass ich mich nur mit grosserWillensanstrengung daran erinnern kann, wie fremd sie mir anfangs vorkamen. DieBeatles haben nicht nur Songs geschrieben, sie haben das ganze Genre erfunden,in dem sie arbeiteten.
Ich habe sie nie live erlebt. Schwer zu glauben, ich weiss. Ichwar am Leben, als die Beatles auftraten, und habe sie nicht ein einziges Mal zuGesicht gekriegt. Darüber lasse ich mich ziemlich oft aus. Fahren Sie blossnicht mit mir nach San Francisco, sonst werde ich Ihnen unermüdlich immerwieder den Candlestick Park zeigen und darüber jammern, dass die Beatles dort1966 ihr letztes Konzert gegeben haben - kurz bevor mir aufging, dass man auchauf Rockkonzerte gehen kann, wenn man aus Brentwood in Essex kommt.
Ein Schulfreund von mir hatte mal Eintrittskarten zu einemFernsehstudio, in dem die Show von David Frost aufgezeichnet wurde, aberschliesslich sind wir doch nicht hingegangen. Am Abend sah ich die Sendung, unddie Beatles waren drin und spielten »Hey Jude.« Danach war ich ungefähr einJahr lang krank. An einem anderen Tag, an dem ich zufällig nicht nach London gefahrenbin, gaben die Beatles ihr Konzert auf dem Dach an der Savile Row. Ich spreche nichtdarüber. Nie.
Nun ja, die Jahre vergingen, und die Beatles auch. Aber PaulMcCartney machte immer weiter. Vor ein paar Monaten rief mich der GitarristRobbie McIntosh an und sagte: »In ein paar Tagen spielen wir im Mean Fiddler.Hast du Lust zu kommen?«
Das war eine der blödesten Fragen, die mir j e gestelltwurde, und ich brauchte ein bisschen Zeit, um mir klar zu werden, was erüberhaupt gemeint hatte. Der Mean Fiddler - für alle, die es nicht wissen - isteine Kneipe in einer reizlosen Gegend im Nordwesten Londons, mit einemHinterzimmer, in dem Bands auftreten. Etwa zweihundert Leute passen da rein.
Es war das Wort wir, das mich vorübergehend verwirrte, weil ich wusste, dassdie Band, in der Robbie spielte, Paul McCartneys Band war, und ich mir nichtvorstellen konnte, dass Paul McCartney in Kneipen auftrat. Falls aber PaulMcCartney doch in Kneipen auftrat, wäre der Gedanke verrückt gewesen,dass ich nicht alles auf den Kopf stellen würde, um hinzugehen. Also ging ichhin.
Vor zweihundert Leuten stand Paul McCartney in einer Kneipeund spielte Songs, die er meines Wissens noch nie in der Öffentlichkeitgespielt hatte. »Here, There and Everywhere« und »Blackbird«, um nur zwei zunennen. Ich selber hatte »Blackbird« in Kneipen gespielt, verdammt noch mal. Stattmich aufs Abitur vorzubereiten, hatte ich wochenlang die Gitarrenstimme geübt.Es kam mir fast so vor, als würde ich halluzinieren.
Es gab zwei absolut überwältigende Augenblicke. Einer war dieletzte Zugabe, eine makellose, krachende Darbietung von - glauben Sie's oderglauben Sie's nicht - »Sgt. Pepper's LonelyHearts Club Band.« (Noch mal: Das fand in einer Kneipe statt!) Und derandere war einer der phantastischsten Rock'n'-Roll-Songs der Welt - »Can't BuyMe Love« - eben jener, den ich das erste Mal gehört hatte, als ich im Zimmer derHausmutter mit dem Ohr dicht am Dansette-Plattenspieler hockte.
Es gibt ein beliebtes Spiel, bei dem man gefragt wird: »Wannhättest du am liebsten gelebt und warum?« In der italienischen Renaissance? InMozarts Wien? In Shakespeares England? Ichpersönlich hätte gern zu Zeiten Bachs gelebt. Aber ich habe mit dem Spiel echteSchwierigkeiten, weil das Leben zu jeder anderen Zeit bedeuten würde, dieBeatles zu verpassen, und das kann ich mir ehrlich nicht vorstellen. Mozart,Bach und Shakespeare werden uns immer bleiben, aber ich bin mit den Beatlesaufgewachsen und mir nicht sicher, ob mich etwas anderes dermassen beeinflussthat.
Paul McCartney wird morgen fünfzig. Herzlichen Glückwunsch,Paul. Ich hätte es um nichts in der Welt verpassen mögen.
The Sunday Times London, 17. Juni 1992
© 2005 by Wilhelm Heyne Verlag, München
Übersetzung: Benjamin Schwarz
- Autor: Douglas Adams
- 2005, 6. Aufl., 319 Seiten, Masse: 12 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Benjamin Schwarz
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453400453
- ISBN-13: 9783453400450
- Erscheinungsdatum: 01.04.2005
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