Jane Rizzoli Band 4: Schwesternmord
Vor dem Haus der Pathologin Maura Isles wird eine Frau erschossen. Die Tote gleicht ihr bis aufs Haar. Detective Jane Rizzoli ist erleichtert, als ihre Kollegin kurze Zeit später von einem Kongress zurückkehrt. Offensichtlich handelt es sich bei der...
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Vor dem Haus der Pathologin Maura Isles wird eine Frau erschossen. Die Tote gleicht ihr bis aufs Haar. Detective Jane Rizzoli ist erleichtert, als ihre Kollegin kurze Zeit später von einem Kongress zurückkehrt. Offensichtlich handelt es sich bei der Leiche um Mauras Zwillingsschwester, von deren Existenz sie nichts wusste. Mit Detective Rick Ballard beginnt Maura nachzuforschen - und gerät in einen wahren Albtraum. Doch erst als Jane Rizzoli einen anderen Fall untersucht, findet sie den Schlüssel zum Tod von Mauras Schwester.
Spiegel "Raffinesse, viel Psychologie und grosse Detailgenauigkeit!"
Kölnische Rundschau "Packend... Raffinerter Reisser mit Albtraum-Touch!"Joy
Schwesternmord von Tess Gerritsen
LESEPROBE
Prolog
Dieser Junge beobachtete sie schon wieder. Die vierzehnjährigeAlice Rose versuchte, sich auf die Matrize mit den zehn Fragen zu konzentrieren,die vor ihr auf dem Tisch lag, doch ihre Gedanken waren nicht bei derenglischen Literatur, die sie im ersten High-School-Jahr durchgenommen hatten,sie waren bei Elijah. Sie konnte den Blick des Jungen spüren wie einen Strahl,der auf ihr Gesicht gerichtet war; sie fühlte seine Wärme auf ihrer Wange - undmerkte, wie sie errötete.
Konzentrier dich, Alice!
Die nächste Frage konnte sie nur mit Mühe entziffern, weil dieUmdruckmaschine die Buchstaben verschmiert hatte. Charles Dickens wählt fürseine Figuren häufig Namen, die bestimmte Charakterzüge widerspiegeln. Nenneeinige Beispiele und erkläre, warum die Namen zu den betreffenden Figurenpassen.
Alice kaute auf ihrem Bleistift herum und kramte in ihremGedächtnis nach einer Antwort. Aber sie konnte einfach nicht denken, solange eram Pult neben ihr sass, so nahe, dass sie seinen Duft riechen konnte - eineMischung aus Kiefernölseife und Holzrauch. Männliche Düfte. Dickens, Dickens?was interessierte sie dieser Charles Dickens mit seinem Nicholas Nickleby undüberhaupt die ganze todlangweilige englische Literatur, solange der schöneElijah Lank sie anschaute? Gott, er sah wirklich so unglaublich gut aus, mitseinen schwarzen Haaren und seinen blauen Augen. Tony-Curtis-Augen. Das hatte sie gleich gedacht, als sie Elijah zum ersten Malgesehen hatte: Er sah wirklich aus wie Tony Curtis, dessen wunderhübschesGesicht sie von den Seiten ihrer Lieblingszeitschriften Modern Screen undPhotoplay anstrahlte.
Sie senkte den Kopf, so dass ihr das Haar ins Gesicht fiel, undwarf verstohlene Seitenblicke durch den Vorhang aus blonden Strähnen. Und ihrHerz machte einen Sprung, als sie feststellte, dass er tatsächlich sie ansah -und zwar nicht so verächtlich und von oben herab wie all die anderen Jungen anihrer Schule; diese gemeinen Kerle, die ihr nur das Gefühl gaben, beschränktund schwer von Begriff zu sein. Diese Jungen, deren spöttisches Getuschel sieständig begleitete - aber immer so leise, dass sie nicht verstehen konnte, wassie sagten. Sie wusste, dass sie von ihr redeten, weil sie dabei in ihreRichtung schauten. Das waren dieselben Jungen, die das Foto einer Kuh an dieTür ihres Schliessfachs geheftet hatten; dieselben, die immer Muuh! machten,wenn sie auf dem Flur aus Versehen mit ihnen zusammenstiess.
Aber Elijah ? er sah sie ganz anders an. Mit schmachtendenGlutaugen. Wie ein Filmstar.
Ganz langsam hob sie den Kopf und erwiderte seinen Blick, nichtmehr durch den schätzenden Schleier ihrer Haare, sondern offen und unverwandt.Er war schon fertig mit dem Test, hatte das Blatt mit den Fragen umgedreht undden Stift in sein Pult gelegt. Seine volle Aufmerksamkeit war auf siegerichtet, und sein Blick schlug sie so in den Bann, dass es ihr fast den Atemraubte.
Er mag mich. Ich weiss es. Er mag mich.
Ihre Hand ging zu ihrem Hals, zum obersten Knopf ihrer Bluse. IhreFinger strichen leicht über ihre Haut, und die Stelle, wo sie sie berührthatten, war plötzlich ganz heiss. Sie dachte an Tony Curtis, wie er den Blickseiner Glutaugen auf Lana Turner richtete - diesen Blick, bei dem jedes Mädchenweiche Knie bekommen und vor Verlegenheit kein Wort herausbringen würde. DiesenBlick, der unmittelbar vor dem unvermeidlichen Kuss kam. Das war die Stelle, ander das Kinobild jedes Mal unscharf wurde. Warum musste das so sein? Warumverschwamm das Bild immer genau dann, wenn man unbedingt sehen wollte, was -
"Die Zeit ist um! Bitte alle abgeben."
Schlagartig richtete Alices Blick sich wieder auf ihr Pult, aufdie Matrize mit den zehn Testfragen, von denen sie erst die Hälfte beantwortethatte. O nein! Wo war nur die Zeit geblieben? Sie wusste doch alle Antworten.Sie brauchte nur noch ein paar Minuten?
"Alice. Alice!"
...
Übersetzung: Andreas Jäger
© Verlagsgruppe Random House
Interview mit Tess Gerritsen
NachIhrer Tätigkeit als Ärztin haben Sie zuerst "romantische" Thrillergeschrieben. Erst später begannen Sie - mit umwerfendem Erfolg -, medizinischeThriller wie "Kalte Herzen" zu verfassen. Wie kam es zu dieserEntwicklung?
Ich wechselte von romantischen zu medizinischen Thrillern,weil ich die Idee für eine völlig andere Art von Buch hatte - ein Buch, von demich wusste, dass ich es schreiben MUSS. Diese Idee kam mir bei einem Abendessenmit einem Bekannten, einem pensionierten Detektiv der Mordkommission, der sehrausgiebige Reisen nach Russland unternommen hatte. Er erzählte mir, dass ersich während eines Besuches in Moskau einmal mit Polizisten unterhalten hatte.Diese Polizisten hatten ihm davon berichtet, dass Kinder einfach so von derStrasse verschwanden. Sie waren überzeugt, dass die Kinder ins Ausland gebrachtund dort als Organspender missbraucht wurden. Diese Vorstellung schockiertemich dermassen, dass ich selbst Wochen nach diesem Gespräch nicht aufhörenkonnte, immer wieder an diese entführten Kinder zu denken. So wurde mir langsamklar, dass dies mein neuer Roman werden würde. Ich wollte die Geschichte ausder Sicht eines jungen Mediziners schildern, indem ich meine eigenenErfahrungen als Ärztin verarbeitete. Ich wollte meinen Lesern die Spannungbeschreiben, die in einem Operationssaal herrscht, mit allen Einzelheiten, dienur ein Arzt kennen kann. "Kalte Herzen" unterschied sich deutlichvon meinen vorhergehenden Romanen. Der Erfolg zeigte mir, dass es tatsächlicheine Menge Leute gibt, die sich für Geschichten mit anschaulichen undrealistischen medizinischen Beschreibungen interessieren.
Dasbedeutet mir sehr viel! Schon immer hielt ich mich auch für eineGeschichtenerzählerin. Auch wenn ich Medizin studiert und als Ärztin gearbeitethabe, wusste ich immer, dass ich auch Schriftstellerin sein wollte. Und selbstnach 18 Büchern - ich schreibe gerade am 19. - will ich mir und anderen immernoch beweisen, dass ich wirklich eine Künstlerin bin.
AbbyDiMatteo aus "Kalte Herzen" ist Transplantations-Medizinerin,Catherine Cordell ist "Die Chirurgin", Maura Isles aus"Schwesternmord" Pathologin. Sie waren von Beruf Internistin.Identifizieren Sie sich mit Ihren Figuren?
Ja, ich identifiziere mich häufig mit meinenHeldinnen. Fast jede von ihnen verkörpert einen Aspekt meiner eigenenPersönlichkeit - vielleicht sind deswegen so viele von ihnen Ärztin. DieProtagonistin Catherine Cordell ist tief in ihrer Seele verletzt. Es schien,als würde sie versuchen, mich auf Abstand zu halten. Sie liess mich ihre Schutzmauernnicht durchdringen. Als Autorin war es für mich harte Arbeit, an Catherineheranzukommen, sie dazu zu zwingen, mit mir zu kommunizieren und mir zu sagen,was sie fühlt. Sie trug so viel Schmerz in sich, dass es auch für mich selbstnur schwer zu ertragen war, wenn ich zu tief in sie hinein hörte. Vielleichthabe ich aus diesem Grund dann Jane Rizzoli erschaffen. Sie ist eine Frau, dieviel unkomplizierter und sogar lustig ist. Aus ihrer Sicht zu schreiben warfast eine Erleichterung!
In"Schwesternmord" ermittelt eben jene unbeschwerte Jane Rizzoli.Allerdings lassen Sie sie als Hochschwangere auftreten, die auch noch in einembesonders grausamen Fall ermitteln muss, in dem es um Babyhandel geht. Was hatSie an der Konstellation gereizt?
Ich möchte immer, dass meineProtagonisten bei der Lösung eines Falls auch emotional beteiligt sind. Das isteine Zugabe zum Drama, es erhöht die Spannung, wenn die Leute nicht einfach nurihre Arbeit machen, sondern auch selbst involviert sind. Wenn Frauen schwangersind, dann sind sie verletzlicher. Selbst Jane Rizzoli, ein ziemlich starkerund unabhängiger Charakter, ist von diesem schrecklichen Fall erschüttert, densie zu lösen hat, gerade weil es auch um schwangere Frauen geht. So bekommt dieSache eine besondere Schärfe, und die Story wurde interessanter für mich. Undes bedeutete auch, dass Jane erst einmal zu sich selbst finden musste, um dieStärke zu erlangen, sich mit den furchtbaren Geschehnissen auseinandersetzen zukönnen. Sie musste wachsen und stärker werden.
"Schwesternmord"ist vor allem für die Pathologin Maura Isles ein Albtraum. In einerAdoptivfamilie aufgewachsen, weiss sie nichts über ihre leibliche Familie undsieht sich nun unversehens mit einer ermordeten Zwillingsschwester und einerMutter als Mörderin konfrontiert. Woher nehmen Sie die Inspiration für so einenPlot? Gibt es wie bei "Kalte Herzen" wahre Begebenheiten, auf die Siezurückgreifen?
Ja, es gab auch diesmal so ein Ereignis,das mich inspiriert hat. Als Ärztin war ich bei einer Reihe von Autopsiendabei. Aber vor kurzem dachte ich, es wäre gut, wieder einmal in einenAutopsiesaal zu gehen - einfach, um zu überprüfen, dass ich mich richtigerinnerte. Als ich den Raum betrat, sah ich, dass die Autopsie an der Leicheeines jungen Mannes vorgenommen werden sollte. Dieser junge Mann war im Altermeines Sohnes. Das hat mich ziemlich durcheinander gebracht. Und ich habe eineWeile über Folgendes nachgedacht: Gibt es etwas Schlimmeres, als zu sehen, wiean jemandem, den man kennt, seziert wird? Und dann dachte ich: Was wäre, wennich bei MEINER Autopsie dabei sein könnte? Wäre das nicht total beängstigend?Und so gibt es eine Szene in "Schwesternmord", in der Maura dabei zusieht, wie eine Frau aufgeschnitten wird, dieihr aufs Haar gleicht. So fängt mein Roman an, und Maura muss herausfinden, werdieser mysteriöse "Zwilling" ist und wie er ermordet wurde. Was sie dabei über ihre eigeneFamiliengeschichte herausfindet - und die Wahrheit kann wirklich ein Horrorsein - ist die Geschichte, die ich in "Schwesternmord"erzähle.
Siehaben für "Kalte Herzen" und "Schwesternmord" mit Organ-bzw. Babyhandel sehr bedrückende Themen gewählt. Verfolgen Sie die Bilder, dieSie beim Schreiben heraufbeschwören, oder können Sie, wenn Sie den Schreibtischverlassen, problemlos abschalten?
DieseBilder verlassen mich nicht so schnell. Ichträume davon. Ich bin davon besessen. Diese Menschen, Maura und Jane, sind Teil meinesLebens geworden. Und ich denke oft: "Was würden Maura oderJane in dieser Situation tun? Wie würden sie reagieren?" Die Bücher bringen michauch dazu, mich mit der wahren Natur des Menschen auseinanderzusetzen. Und dasist nicht immer angenehm. So gern ich an das Gute in meinen Mitmenschen glaubenmöchte, finde ich doch zu viele Beispiele für schlimmes Verhalten und merke,wie sehr unsere Spezies mit Fehlern behaftet ist.
IhreBücher sind bekannt für ausgefeilte Handlungen und differenzierte Charaktere,jedoch auch für besonders grausame und detailgenaue Szenen. Welche Funktionerfüllen diese Szenen? Und konstruieren Sie diese, oder "fliessen" sieeinfach aufs Papier?
Ich habe als Ärztin einige ganz grauenhafteDinge gesehen. Ich habe gesehen, wie Menschen auf dem Operationstisch verblutetsind. Ich habe das Blut im Leichenschauhaus und in der Notaufnahme gesehen. Dassind einfach Einblicke, mit denen man als Arzt schon während der Ausbildungkonfrontiert wird und die man irgendwann als Teil des Jobs betrachtet. Wenn ichalso die Szene im Leichenschauhaus bis in alle Einzelheiten beschreibe, dannschildere ich dem Leser nur das, was er dort auch wirklich sehen würde. Ich binnicht detailverliebt, ich komme nur meiner Aufgabe als Schriftstellerin nach:dem Leser das zu zeigen, was ich selbst erlebt habe. Da ich die Geschichten ausder Sicht eines Mediziners oder eines Detektivs schildere, gewinne ich einengrossen Abstand zu dem eigentlichen Horror, der dieser Situation innewohnt. DerArzt, der zum Ort des Verbrechens gerufen wird, fährt dorthin, um seinen Job zumachen. Diese Verantwortung macht es erforderlich, dass man einen kühlen Kopfbewahrt und sich darauf konzentriert zu tun, was getan werden muss.
Worumgeht es Ihnen in Ihren Büchern? Ist es Ihr oberstes Ziel, spannend und perfektzu unterhalten, oder versuchen Sie, das Böse im Menschen zu erforschen?
Ich schreibe, weil mich viele Dinge, die es aufunserer Welt gibt, neugierig machen. Das Böse beispielsweise - ich verstehenicht, warum es existiert oder woher es kommt. Das ist auch einer der Gründedafür, warum ich "Die Chirurgin" geschrieben habe. Ich wollteverstehen, wie die Psyche eines Mörders funktioniert und warum es ihmvielleicht sogar Freude bereitet, derart schreckliche Verbrechen zu begehen.(In dem Buch entwickle ich die Theorie, dass es unter uns Menschen eine kleineGruppe gibt, die als Jäger geboren werden und alle anderen Menschen lediglichals Beute betrachten.) Schreiben ist mein Weg, die vielen ungelöstenGeheimnisse unseres Lebens zu erforschen.
Gesetzt den Fall, Sie haben Recht, und es gibt diese"Jäger-Menschen": Was verrät uns das über die menschliche Natur?Heisst das nicht, dass man alle "optimistischen" Menschenbilder wiedas christliche oder das der Aufklärung verabschieden muss? Und wer sind wirdann?
Wir Menschen denken, wir seien anderenKreaturen auf der Erde moralisch überlegen. Aber es gibt so viele Beispiele fürschreckliches menschliches Verhalten, die uns daran erinnern sollten, dass wiruns nicht allzu weit von unseren tierischen Wurzeln entfernt haben. Ichbeobachte, wie grausam sich Menschen zum Teil in Kriegszeiten verhalten oder inSituationen, in denen Lebensmittel oder Wasser knapp werden. Es isterschreckend zu sehen, wie nahe wir unserer unzivilisierten Vergangenheit sind.Ich bin im Grunde meines Herzens Optimistin; aber ich bin auch Realistin. DasBöse existiert, und es beherrscht bisweilen die Herzen der Menschen. Das,glaube ich, macht für viele die Kriminalliteratur so interessant: Wir wollendas Böse verstehen; und wir wollen verstehen, warum es auch in diesen modernenZeiten immer noch existiert.
DieFragen stellten Eva Hepper und Roland Grosse Holtforth, Literaturtest.
- Autor: Tess Gerritsen
- 2007, 414 Seiten, Masse: 11,4 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Jäger, Andreas
- Übersetzer: Andreas Jäger
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442366151
- ISBN-13: 9783442366156
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 28Schreiben Sie einen Kommentar zu "Jane Rizzoli Band 4: Schwesternmord".
Kommentar verfassen