In die Wildnis
Allein nach Alaska | Das Buch zum Film "Into the wild"
Im August 1992 wurde die Leiche von Chris McCandless im Eis von Alaska gefunden. Wer war dieser junge Mann, und was hatte ihn in die gottverlassene Wildnis getrieben? Jon Krakauer hat sein Leben erforscht, seine Reise in den Tod rekonstruiert und ein...
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Produktinformationen zu „In die Wildnis “
Klappentext zu „In die Wildnis “
Im August 1992 wurde die Leiche von Chris McCandless im Eis von Alaska gefunden. Wer war dieser junge Mann, und was hatte ihn in die gottverlassene Wildnis getrieben? Jon Krakauer hat sein Leben erforscht, seine Reise in den Tod rekonstruiert und ein traurig-schönes Buch geschrieben über die Sehnsucht, die diesen Mann veranlasste, sämtliche Besitztümer und Errungenschaften der Zivilisation hinter sich zu lassen, um tief in die wilde und einsame Schönheit der Natur einzutauchen. - Verfilmt von Sean Penn mit Emile Hirsch.
Lese-Probe zu „In die Wildnis “
In die Wildnis von Jon Krakauer LESEPROBE Allein nach Alaska Kapitel 1
Im Herzen Alaskas 27. April 1992
Grüße aus Fairbanks! Dies wird meine letzte Nachricht an Dich sein, Wayne. Bin vor zwei Tagen hier angekommen. Das Trampen in der Gegend um den Yukon lief nicht so gut. Aber jetzt bin ich endlich hier.
Schicke bitte all meine Post an den Absender zurück. Es kann noch lange dauern, bis ich wieder im Süden bin. Dieses Abenteuer geht vielleicht tödlich aus, und es kann sein, daß Du nie wieder von mir hören wirst. Ich möchte aber, daß Du weißt, wie sehr ich Dich bewundere. Ich breche nun in die Wildnis auf. Alex.
POSTKARTE AN WAYNE WESTERBERG, CARTHAGE, SOUTH DAKOTA
Vier Meilen hinter Fairbanks sah Jim Gallien den Tramper. Er stand schlotternd im Schnee am Straßenrand, den Daumen in das fahle Morgengrauen Alaskas gereckt. Er schien noch recht jung zu sein: achtzehn, höchstens neunzehn. Aus seinem Rucksack ragte ein Gewehr, aber er machte einen ganz freundlichen Eindruck. Im neunundvierzigsten Staat ist ein Tramper mit einer halbautomatischen Remington kein ungewöhnlicher Anblick. Gallien hielt an und bedeutete dem Jungen, einzusteigen.
Der Tramper warf seinen Rucksack auf die Ladefläche des Fords und sagte, daß er Alex hieß.
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„Alex?“ erwiderte Gallien, der gerne auch den Nachnamen gewußt hätte.
„Einfach Alex“, blockte der Junge ab. Er war etwa einssiebzig groß und von drahtiger Gestalt.
Wie sich herausstellte, war er vierundzwanzig Jahre alt und stammte aus South Dakota. Er wollte bis zum Denali-Nationalpark mitfahren. Von dort aus, sagte er, wolle er in die Wälder wandern und „ein paar Monate lang von dem, was das Land so hergibt, leben“.
Gallien, ein Elektriker, war auf dem George Parks Highway unterwegs nach Anchorage, zweihundertvierzig Meilen über Denali hinaus. Er sagte Alex, er könne so weit mitfahren, wie er wolle. Der Rucksack des Jungen sah aus, als würde er gerade einmal zehn, fünfzehn Kilo wiegen. Dies erschien Gallien – einem erfahrenen Jäger und Waldarbeiter – für einen mehrmonatigen Aufenthalt in einem fast menschenleeren Gebiet als viel zu dürftig, vor allem da der Frühling gerade erst angebrochen war. „Der Junge hatte für solch eine Tour nicht annähernd genug Verpflegung und Ausrüstung dabei“, erinnert sich Gallien.
Die Sonne ging auf. Als sie die bewaldeten Hügel oberhalb des Tanana River hinabrollten, starrte Alex über das windgepeitschte, sich endlos nach Süden erstreckende Tundramoor hinweg.
Gallien fragte sich, ob er womöglich an einen dieser durchgeknallten Spinner aus dem Süden geraten war, die es immer wieder in den Norden zieht, um ihre naiven Jack London-Phantasien auszuleben. Alaska übte schon seit langem eine geradezu magnetische Anziehungskraft auf Träumer und Aussteiger aus: Typen, die sich einbildeten, daß eine Reise in die unberührte, endlose Weite des Last Frontier ihr zerrissenes Leben flicken würde. Die Wildnis ist jedoch unerbittlich und schert sich nicht um Wünsche und Sehnsüchte.
„Die Leute von außerhalb“, erzählt Gallien in seiner tiefen, melodischen Stimme, „sehen eine Ausgabe von Alaska, blättern drin rum, und dann denken sie, ‚Mann, da fahr ich jetzt hin, ernähr mich von Mutter Natur und leb’n schönes, heiles Leben‘. Aber wenn sie dann hier sind und die Wildnis hautnah erleben – tja, so, wie das in den Zeitschriften ausgemalt wird, is’ es nun mal nicht. Die Flüsse hier sind riesengroß und können ganz schön tückisch sein. Die Moskitos fressen einen bei lebendigem Leibe. In den meisten Gegenden gibt es einfach nicht viel zu jagen. In der Wildnis zu leben ist was anderes als’n Weekend auf dem Land.“
Die Fahrt von Fairbanks bis an die ersten Ausläufer des Denali-Parks dauerte zwei Stunden. Sie unterhielten sich und lernten sich ein wenig kennen. Der Junge schien nun doch nicht so durchgeknallt zu sein, wie Gallien anfangs befürchtet hatte. Er war sympathisch und machte einen gebildeten Eindruck. Er durchlöcherte Gallien mit detaillierten Fragen über die verschiedenen Arten von Niederwild, welche Beeren man essen könne – „und all solche Sachen“.
Und dennoch war Gallien beunruhigt. Alex mußte zugeben, daß seine Verpflegung nur aus einem Fünf-Kilo-Sack Reis bestand. An Kleidung und Ausrüstung hatte er nicht einmal das in Anbetracht des rauhen Klimas Allernotwendigste dabei. Es war April und das Landesinnere lag immer noch unter einer dicken Schneeschicht begraben. Alex’ billige Wanderstiefel waren weder wasserdicht noch ausreichend gefüttert. Die .22 Remington war ein Kaliber zu klein; man konnte sich nicht darauf verlassen, wenn man auch größeres Wild wie Elche und Karibus erledigen wollte.
Und darauf wäre er angewiesen, wenn er tatsächlich länger bleiben wollte. Er hatte weder Axt noch Insektenkiller, weder Schneeschuhe noch Kompaß. Seine einzige Orientierungshilfe war eine zerfledderte Straßenkarte von Alaska, die er an einer Tankstelle geschnorrt hatte. Einhundert Meilen hinter Fairbanks steigt der Highway in die unteren Ausläufer der Bergkette der Alaska Range hoch. Als der Pick-up über eine Brücke des Nenana River ruckelte, blickte Alex in die reißende Strömung hinab. Er fürchte sich vor Wasser, gestand er Gallien. „Vor einem Jahr bin ich unten in Mexiko mit einem Kanu aufs Meer hinausgepaddelt. Dann ist ein Sturm aufgezogen, und ich wäre beinahe ertrunken.“
Ein wenig später nahm Alex seine Straßenkarte heraus und zeigte auf eine gestrichelte rote Linie, die den Highway in der Nähe von Healy, einer kleinen Kohlebergbaustadt, durchschnitt. Es handelte sich um den Stampede Trail, eine unbefestigte, kaum benutzte Straße, die auf den meisten Karten Alaskas nicht einmal eingezeichnet ist. Auf Alex’ Karte jedoch schlängelte sich die Linie vom Parks Highway etwa vierzig Meilen weit nach Westen, um sich schließlich inmitten der unwegsamen Wildnis nördlich des Mount McKinley zu verlieren. Dort, verkündete Alex, wolle er hin. © Piper Verlag
Übersetzung: Stephan Steeger
„Einfach Alex“, blockte der Junge ab. Er war etwa einssiebzig groß und von drahtiger Gestalt.
Wie sich herausstellte, war er vierundzwanzig Jahre alt und stammte aus South Dakota. Er wollte bis zum Denali-Nationalpark mitfahren. Von dort aus, sagte er, wolle er in die Wälder wandern und „ein paar Monate lang von dem, was das Land so hergibt, leben“.
Gallien, ein Elektriker, war auf dem George Parks Highway unterwegs nach Anchorage, zweihundertvierzig Meilen über Denali hinaus. Er sagte Alex, er könne so weit mitfahren, wie er wolle. Der Rucksack des Jungen sah aus, als würde er gerade einmal zehn, fünfzehn Kilo wiegen. Dies erschien Gallien – einem erfahrenen Jäger und Waldarbeiter – für einen mehrmonatigen Aufenthalt in einem fast menschenleeren Gebiet als viel zu dürftig, vor allem da der Frühling gerade erst angebrochen war. „Der Junge hatte für solch eine Tour nicht annähernd genug Verpflegung und Ausrüstung dabei“, erinnert sich Gallien.
Die Sonne ging auf. Als sie die bewaldeten Hügel oberhalb des Tanana River hinabrollten, starrte Alex über das windgepeitschte, sich endlos nach Süden erstreckende Tundramoor hinweg.
Gallien fragte sich, ob er womöglich an einen dieser durchgeknallten Spinner aus dem Süden geraten war, die es immer wieder in den Norden zieht, um ihre naiven Jack London-Phantasien auszuleben. Alaska übte schon seit langem eine geradezu magnetische Anziehungskraft auf Träumer und Aussteiger aus: Typen, die sich einbildeten, daß eine Reise in die unberührte, endlose Weite des Last Frontier ihr zerrissenes Leben flicken würde. Die Wildnis ist jedoch unerbittlich und schert sich nicht um Wünsche und Sehnsüchte.
„Die Leute von außerhalb“, erzählt Gallien in seiner tiefen, melodischen Stimme, „sehen eine Ausgabe von Alaska, blättern drin rum, und dann denken sie, ‚Mann, da fahr ich jetzt hin, ernähr mich von Mutter Natur und leb’n schönes, heiles Leben‘. Aber wenn sie dann hier sind und die Wildnis hautnah erleben – tja, so, wie das in den Zeitschriften ausgemalt wird, is’ es nun mal nicht. Die Flüsse hier sind riesengroß und können ganz schön tückisch sein. Die Moskitos fressen einen bei lebendigem Leibe. In den meisten Gegenden gibt es einfach nicht viel zu jagen. In der Wildnis zu leben ist was anderes als’n Weekend auf dem Land.“
Die Fahrt von Fairbanks bis an die ersten Ausläufer des Denali-Parks dauerte zwei Stunden. Sie unterhielten sich und lernten sich ein wenig kennen. Der Junge schien nun doch nicht so durchgeknallt zu sein, wie Gallien anfangs befürchtet hatte. Er war sympathisch und machte einen gebildeten Eindruck. Er durchlöcherte Gallien mit detaillierten Fragen über die verschiedenen Arten von Niederwild, welche Beeren man essen könne – „und all solche Sachen“.
Und dennoch war Gallien beunruhigt. Alex mußte zugeben, daß seine Verpflegung nur aus einem Fünf-Kilo-Sack Reis bestand. An Kleidung und Ausrüstung hatte er nicht einmal das in Anbetracht des rauhen Klimas Allernotwendigste dabei. Es war April und das Landesinnere lag immer noch unter einer dicken Schneeschicht begraben. Alex’ billige Wanderstiefel waren weder wasserdicht noch ausreichend gefüttert. Die .22 Remington war ein Kaliber zu klein; man konnte sich nicht darauf verlassen, wenn man auch größeres Wild wie Elche und Karibus erledigen wollte.
Und darauf wäre er angewiesen, wenn er tatsächlich länger bleiben wollte. Er hatte weder Axt noch Insektenkiller, weder Schneeschuhe noch Kompaß. Seine einzige Orientierungshilfe war eine zerfledderte Straßenkarte von Alaska, die er an einer Tankstelle geschnorrt hatte. Einhundert Meilen hinter Fairbanks steigt der Highway in die unteren Ausläufer der Bergkette der Alaska Range hoch. Als der Pick-up über eine Brücke des Nenana River ruckelte, blickte Alex in die reißende Strömung hinab. Er fürchte sich vor Wasser, gestand er Gallien. „Vor einem Jahr bin ich unten in Mexiko mit einem Kanu aufs Meer hinausgepaddelt. Dann ist ein Sturm aufgezogen, und ich wäre beinahe ertrunken.“
Ein wenig später nahm Alex seine Straßenkarte heraus und zeigte auf eine gestrichelte rote Linie, die den Highway in der Nähe von Healy, einer kleinen Kohlebergbaustadt, durchschnitt. Es handelte sich um den Stampede Trail, eine unbefestigte, kaum benutzte Straße, die auf den meisten Karten Alaskas nicht einmal eingezeichnet ist. Auf Alex’ Karte jedoch schlängelte sich die Linie vom Parks Highway etwa vierzig Meilen weit nach Westen, um sich schließlich inmitten der unwegsamen Wildnis nördlich des Mount McKinley zu verlieren. Dort, verkündete Alex, wolle er hin. © Piper Verlag
Übersetzung: Stephan Steeger
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Autoren-Porträt von Jon Krakauer
Jon Krakauer, geboren 1954, arbeitet als Wissenschaftsjournalist für amerikanische Zeitschriften. Er wurde durch den Millionenbestseller »In eisige Höhen«, in dem er den Überlebenskampf der Bergsteiger am Mount Everest schildert, weltberühmt. Für seine Reportagen wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Auf Deutsch erschienen von ihm ausserdem: »Auf den Gipfeln der Welt«, »Mord im Auftrag Gottes«, »In die Wildnis« (von Sean Penn verfilmt). Jon Krakauer lebt mit seiner Frau in Boulder, Colorado.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jon Krakauer
- 2007, Neuauflage, 304 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Masse: 12,1 x 19,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Stephan Steeger
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 349225067X
- ISBN-13: 9783492250672
- Erscheinungsdatum: 19.09.2007
Rezension zu „In die Wildnis “
»Ein zutiefst bewegendes, ganz unsentimentales Abenteuerbuch.« Die Woche
Pressezitat
»'In die Wildnis' ist erstklassiger Journalismus: ein zutiefst bewegendes, ganz unsentimentales Abenteuerbuch.« Die Woche
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