Höllische Versuchung
4 Erzählungen. Deutsche Erstausgabe
Vier superspannende Erzählungen voller Magie, Lidenschaft und Abenteur von vier der erfolgreichsten Autorinnen der Romantic Fantasy:
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Höllische Versuchung “
Vier superspannende Erzählungen voller Magie, Lidenschaft und Abenteur von vier der erfolgreichsten Autorinnen der Romantic Fantasy:
GEEK SPEAK MAGAZIN
- Charlaine Harris
- Nalini Singh
- Ilona Andrews
- Meljean Brook.
GEEK SPEAK MAGAZIN
Klappentext zu „Höllische Versuchung “
Zwei mit allen Wassern gewaschene Leibwächterinnen kämpfen nicht nur gegen den Teufel, sondern gleich gegen eine ganze Riege übernatürlicher Wesen. Eine Gildenjägerin muss die Morde an mehreren Vampiren aufklären. Eine Werhyäne fahndet nach einer gestohlenen Leiche. Und eine ehemalige Scharfschützin sucht mit einem geheimnisvollen Blinden nach dessen entführter Schwester. Vier der erfolgreichsten Autorinnen der Romantic Fantasy schreiben packende Erzählungen voller Magie, Leidenschaft und Abenteuer! Die Anthologie enthält folgende Geschichten: Charlaine Harris - Die Britlinge fahren zur Hölle Nalini Singh - Engelsfluch (Gilde der Jäger) Ilona Andrews - Die Früchte der Unsterblichkeit Meljean Brook - Blinder Fleck (Die Wächter)
Lese-Probe zu „Höllische Versuchung “
Höllische Versuchung - 4 Erzählungen von Charlaine Harris, Nalini Singh, Ilona Andrews und Meljean Brook1
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Für gewöhnlich hatte Sara kein Mitleid mit Vampiren. Schließlich war es ihr Job, sie einzufangen und hübsch verpackt bei ihren Meistern, den Engeln, abzuliefern. Für Leibeigenschaft hatte sie eigentlich nicht viel übrig, aber die Engel machten ja keinen Hehl aus ihrem Preis für die Unsterblichkeit. Wer ein Vampir werden wollte, musste den Engeln hundert Jahre lang dienen. Ohne Ausnahme.
Wer nicht bereit war, ein Jahrhundert lang Sklavendienste zu leisten, sollte einen solchen Vertrag eben nicht unterschreiben. So sah Sara das jedenfalls. Sich hingegen aus dem Vertrag zu winden, nachdem die Engel ihren Teil der Vereinbarung bereits erfüllt hatten, war Betrug. Und für Betrüger hatte Sara nichts übrig.
Doch das Exemplar, mit dem sie sich gerade herumschlug, hatte weitaus gravierendere Probleme, als zu einem stocksauren Meister zurückgebracht zu werden. »Können Sie sprechen?«
Der Vampir hielt sich mit der Hand den fast komplett durchtrennten Hals und sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren.
»Ja, tut mir leid.« Sie wunderte sich, dass er überhaupt noch am Leben war. Vampire waren nämlich nicht wirklich unsterblich, man konnte sie durchaus töten. Köpfen war eine idiotensichere Methode, aber fast keiner wagte es - was nicht weiter verwunderlich war, schließlich hielten Vampire dafür nicht still. Aufs Herz zu schießen funktionierte auch, sofern man anschließend schnell den Kopf vom Rumpf trennte. Oder verbrennen. Damit war man auf der sicheren Seite.
Aber Saras Aufgabe war es nicht, Vampire umzubringen. Sie spürte sie auf und brachte sie zurück. »Brauchen Sie Blut?« Der Vampir sah sie hoffnungsvoll an.
»Müssen Sie sich verbeißen«, sagte sie. »Da Sie immer noch am Leben sind, scheinen Sie einer von der harten Sorte zu sein. Sie halten sicher bis nach Hause durch.«
»Nnnnn.«
Ohne weiter auf sein gegurgeltes Unmutsbekenntnis einzugehen, hockte sich Sara neben ihn und schob ihren Arm unter seinen Rücken, um ihm aufzuhelfen. Zwar war der Vampir wesentlich größer als sie, dafür blutete sie aber nicht aus dem Hals und trieb obendrein sieben Tage die Woche Sport. Stöhnend hievte sie ihn hoch und begann den sich sträubenden Vampir zum Auto zu bugsieren.
»Brauchen Sie Hilfe?« Eine tiefe, ruhige Stimme, wie alter Whiskey und glühende Kohlen.
Sara kannte weder die Stimme noch die Gestalt, die sich jetzt aus dem Schatten löste. Der Mann war groß und muskulös, hatte breite Schultern und kräftige Oberschenkel, dennoch bewegte er sich mit der Geschmeidigkeit eines geschulten Kämpfers. Und obgleich Sara es mit Vampiren aufnahm, die doppelt so groß wie sie selbst waren, würde sie sich mit diesem Fremden nicht gerne anlegen müssen.
»Ja«, sagte sie. »Wenn Sie mir vielleicht einfach helfen könnten, ihn zum Auto zu schaffen. Es ist dort drüben am Bordstein geparkt.«
Der Fremde schnappte sich den Vampir, der allmählich verständlichere Laute von sich gab, und verfrachtete ihn auf den Rücksitz. »Kontrollchip?«
Sara nahm ihre Armbrust vom Rücken und zielte auf den Vampir. Der Ärmste verkroch sich noch tiefer in den Wagen. Augenrollend ließ Sara die Armbrust sinken und zog eine Halskette hervor, die am Hosenbund ihrer schwarzen Jeans baumelte. »Keine Tricks, sonst schieß ich das nächste Mal wirklich.«
Wie ein Häufchen Elend sackte der Vampir in sich zusammen und ließ sich die Kette mit dem Kontrollchip um den rasch heilenden Hals legen. Die Wirkungsweise des Chips auf den vampirischen Organismus war komplex, das Resultat hingegen simpel: Der Vampir konnte nun nichts mehr ohne Saras ausdrückliche Genehmigung tun. Für die Jäger war der Chip ein Segen, denn selbst dieser verletzte Vampir hätte Sara in null Komma nichts den Kopf abreißen können. Und Sara hing an ihrem Kopf.
Sie kroch wieder aus dem Wagen heraus, schlug die Tür zu und sah zu ihrem Kollegen auf, denn dass der Mann ebenfalls ein Jäger war, bezweifelte sie keine Sekunde.
»Sara.« Sie streckte ihm ihre Hand entgegen.
Er ergriff sie und hielt sie fest, ohne etwas zu sagen. Sara wollte protestieren, doch etwas tief in seinen dunklen grünen Augen hinderte sie daran. Macht, schoss es ihr durch den Kopf, von ihm ging unglaubliche Macht aus. Als er endlich sprach, war sie so vom Klang seiner sinnlichen Whiskeystimme fasziniert, dass sie kaum hörte, was er sagte.
»Ich bin Deacon. Nach dem, was ich von Ihnen gehört habe, hätte ich Sie mir viel größer vorgestellt.«
Sie zog ihre Hand zurück. »Vielen Dank. Und in Zukunft kann ich gut auf Ihre Hilfe verzichten.«
Die meisten Männer wären jetzt wahrscheinlich beleidigt abgezogen, doch Deacon sah sie bloß aufmerksam an. »Das war nicht abwertend gemeint.«
Warum zum Teufel stand sie hier noch dämlich in der Gegend herum? »Ich muss Rodney seinem Meister übergeben.«
»Sie haben einen ziemlichen Ruf.« Er machte einen Schritt auf sie zu und sein Blick wanderte zu dem Gurt, der schräg über ihre Brust verlief. »Sie und Ihre Armbrust.«
War das etwa Amüsement, was sie in seinem ach so ernsten Gesicht sah? »Urteilen Sie nicht vorschnell. Meine Bolzen funktionieren genauso wie die Halsketten. Mit der Armbrust halte ich die Vampire auf Abstand, bis sie mit einem Chip ruhiggestellt sind. So schnell wie die heilen, ist das wohl kaum ein Nachteil.«
»Trotzdem hatten Sie noch eine Halskette dabei.«
Sara nahm die Armbrust ab. »Aus dem Weg.«
Er stand so dicht vor ihr, dass sie nichts als seine breite Brust sehen konnte. Ganz kalt ließ sie dieser Anblick nicht. Er war verdammt sexy. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sie eine Jägerin war und er, wenn auch ein mögliches Gildenmitglied, ein Unbekannter. »Meine beste Freundin schwört darauf.« Sara wusste nicht so recht, was Ellie an diesen Ketten fand. Umgekehrt konnte die Freundin ihre Vorliebe für die Armbrust nicht nachvollziehen. Dennoch hatte Sara ihr versprochen, die Halsketten einmal auszuprobieren, da sich Ellie bei der letzten Jagd mit der Armbrust versucht hatte. »Und jetzt lassen Sie mich durch.«
Endlich rückte er etwas von ihr ab. Weit genug, damit sie die Beifahrertür öffnen und die Armbrust hineinstellen konnte. Rodneys Halswunde war schon fast ganz verheilt, nur hatte er die Rückbank des Mietwagens vollgeblutet. Verdammt. Zwar würde die Gilde für den Schaden aufkommen, aber sie hatte keine große Lust, in diesem Saustall herumzufahren. »Ich muss diese Lieferung hier zustellen.«
»Wir sollten uns vorher noch mal mit ihm unterhalten.«
Sie schloss die Beifahrertür. »Und warum sollten wir das tun?«
»Sind Sie denn gar nicht neugierig, wer ihn so zugerichtet hat?« Er hatte geradezu lächerlich lange Wimpern, dachte sie. Dunkel und seidig und bei einem Mann ganz und gar ungerecht.
»Wahrscheinlich steckt eine Gruppe von Vampirhassern dahinter.« Sie runzelte die Stirn. »Diese Vollidioten. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, dass sie jemandes Mann, Vater oder Bruder angreifen.«
Er durchbohrte sie weiter mit seinem Blick.
»Was?« Verlegen strich sich Sara übers Gesicht. Zum Glück verbarg ihr dunkler Teint die aufsteigende Röte. Warum reagierte sie nur so stark auf diesen Fremden? Aber gucken war ja schließlich nicht verboten!
»Die haben mir gesagt, Sie hätten olivfarbene Haut, braune Augen und schwarzes Haar.«
So weit richtig. »Wer sind ›die‹?«
»Das sage ich Ihnen, nachdem wir mit dem Vampir gesprochen haben.«
»Zuckerbrot und Peitsche?«, sie kniff die Augen zusammen. »Ich bin doch kein Esel.«
Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. »Der Kameradschaft halber«, sagte er und zog aus seiner ramponierten Lederjacke einen Gildeausweis.
Obgleich sie vor Neugier brannte, wollte sie sich nicht die Blöße geben und deutete bloß lässig auf den Wagen. »Ich steige vorne ein und löse die Halskette.« Unglücklicherweise oder auch vielleicht glücklicherweise vermochten Vampire nicht zu sprechen, wenn sie einen Chip trugen. »Sie setzen sich hinten neben ihn und sorgen dafür, dass er nicht ...«
»Ich passe überhaupt nicht in den Wagen rein.«
Sie betrachtete ihn und konnte sich gerade noch zurückhalten, ihn zu bitten, sich nackt auszuziehen, damit sie ihn von oben bis unten ablecken konnte. »Gut«, sagte sie und drängte ihre Fantasien wieder in den hintersten Winkel ihres Gehirns. »Dann machen wir es eben anders. Ich bringe ihn dazu, das Fenster herunterzukurbeln, und Sie nehmen ihn in den Schwitzkasten, während wir uns unterhalten.«
Genau so machten sie es. Als Rodney erfuhr, wer Sara war, wollte sein Mund gar nicht mehr stillstehen.
»Sie schießen auf Leute.« Bei ihm hörte es sich an, als sei sie eine Wahnsinnige. »Mit Pfeil und Bogen!«
»Da sind Sie aber nicht auf dem neuesten Stand. Letztes Jahr bin ich zur Armbrust übergegangen.« Mit einer Armbrust war man schneller. Dennoch trauerte sie ihrem speziell angefertigten Bogen hinterher. Vielleicht würde sie doch wieder zum Bogen wechseln. »Und es tut noch nicht einmal weh.«
»Das sagen Sie.«
Verständnislos blinzelte sie ihn an. »Wie alt sind Sie?« »Gerade drei geworden.« Bei Vampiren zählte man die Jahre von ihrer Erschaffung an.
Sara schüttelte den Kopf. »Und Sie haben versucht wegzulaufen? Warum zum Teufel tun Sie so etwas Dämliches?« Sein Meister Lacarre war außer sich vor Wut.
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Schien mir eine gute Idee.«
Offenbar hatte Rodney die Weisheit nicht gerade mit Löffeln gefressen. »Okaaay.« Ihr Blick wanderte zu Deacon. Todernst blickte er sie aus seinen nachtschattengrünen Augen an. Dabei war sie sich sicher, dass er nur mit Mühe das Lachen zurückhielt. Sie selbst verbiss sich ebenfalls ein Grinsen und wandte sich wieder dem Vampir zu. »Einfache Frage.«
»Ein Glück.« Rodney entblößte lächelnd seine Reißzähne. Ältere Vampire taten das nie. »Schwierige Fragen mag ich nämlich nicht.«
»Wer hat Sie so zugerichtet, Rodney?«
Er schluckte schwer und blinzelte dann hektisch. »Niemand.«
»Sie haben also versucht, sich selbst den Kopf abzuschlagen?«
»Ja.« Er nickte, also hielt Deacon ihn nicht sehr fest. Aber das spielte keine Rolle, schließlich hatte sie ja ihre Armbrust.
»Rodney«, sagte sie drohend. »Lügen Sie mich nicht an.«
Wieder blinzelte er und diesmal füllten sich seine Augen mit Tränen. Nun kam sich Sara richtig gemein vor. »Kommen Sie schon, Rodney. Warum haben Sie Angst?«
»Nur so.«
»Nur so ...« Sara überlegte, wovor sich ein Vampir wohl fürchten könnte. »War es ein Engel?« Falls es sein eigener Meister gewesen sein sollte, konnte sie gar nichts tun, außer den Dreckskerl bei der Vampirschutzbehörde anzuzeigen. Doch genauso gut war es möglich, dass die Sache auf das Konto von einem von Lacarres Feinden ging. In diesem Fall würde sich der Engel selbst um die Sache kümmern.
»Nein.« Rodney klang regelrecht entsetzt. Offenbar sagte er die Wahrheit. »Natürlich nicht. Die Engel erschaffen uns, da töten sie uns doch nicht.«
Wie naiv war der Junge eigentlich? »Vor wem haben Sie dann solche Angst?« In diesem Moment begegnete sie wieder Deacons Blick und fand darin die Antwort. »Ein Jäger.« Oder jemand, den Rodney irrtümlich für einen Jäger hielt, denn echte Jäger töteten keine Vampire.
»Bitte tun Sie mir nicht weh. Ich habe gar nichts gemacht«, schniefte Rodney.
»Hey.« Sara tätschelte ihm die Schulter. »Mich interessiert nur meine Fangprämie. Wenn Sie tot sind, bekomme ich bloß die Hälfte. Warum sollte ich Sie also umbringen wollen?«
Rodneys Augen leuchteten hoffnungsvoll auf. »Ist das wahr?« »Ja.«
»Und was ist mit ...« Er senkte die Stimme und deutete auf den Arm um seinen Hals.
Zum ersten Mal mischte sich Deacon ins Gespräch. »Ich bin ihr Freund und tu, was sie sagt.«
Sara starrte ihn an, doch Rodney beruhigten die Worte anscheinend. »Ja, Sie sind der Boss«, sagte er zu Sara. »Das merkt man gleich. Meine Mindy hat auch gern die Hosen an. Sie hat gesagt, ich soll weglaufen und wir ... wir könnten dann eine Kreuzfahrt machen.«
Sara presste einen Finger auf seine Lippen. »Konzentrieren Sie sich, Rodney. Erzählen Sie mir von dem Jäger, der Sie verletzt hat.«
»Er sagte, alle Jäger hassen Vampire.« Rodneys Stimme wurde immer leiser. »Das wusste ich gar nicht. Mir war klar, dass es Ihr Job ist, uns aufzuspüren, aber ich dachte nicht, dass die Jäger uns hassen.«
»Das tun wir auch nicht«, sagte Sara und hätte ihm am liebsten über den Kopf gestreichelt. »Er hat es einfach aus Gemeinheit gesagt.«
»Meinen Sie?«
»Das weiß ich sogar. Was hat er noch gesagt?«
»Dass die Vampire der Abschaum der Erde sind und dass unsere Gegenwart die Engel beschmutzen würde.« Er verzog das Gesicht. »Aber das kann doch gar nicht sein, sonst würden uns die Engel doch nicht erschaffen.«
Sara stutzte, diese Schlussfolgerung hätte sie Rodney gar nicht zugetraut. »Ja, da haben Sie recht. Also hat er gelogen. Hat er sonst noch etwas gesagt?«
»Nein, er hat bloß sein Schwert gezogen ...«
Schwert?
»... und versucht, mir den Kopf abzuschlagen.« Er lehnte sich zurück, Rede beendet.
»Wie sah er aus?«, fragte Deacon.
Rodney fuhr zusammen. Offenbar hatte er die Gefahr in seinem Nacken vergessen. »Das konnte ich nicht sehen. Er trug eine schwarze Maske vor dem Gesicht und auch sonst war alles schwarz an ihm. Aber er war groß und stark.«
Diese Beschreibung passte auf die Hälfte der Gildenjäger. Nachdem Sara merkte, dass sie nichts mehr aus Rodney herausbekommen würden, legte sie ihm wieder die Kette um und fuhr ihn zu Lacarre. Dabei war ihr nur allzu bewusst, dass Deacon ihr auf einem monstermäßigen Motorrad folgte. Aber er kam nicht mit hinein, als Sara den Vampir ins Haus führte.
Lacarre wartete schon in der Vorhalle des palastartigen Anwesens. »Geh«, befahl er dem Vampir.
Sara nahm ihm die Halskette ab und legte sie Lacarre hin, damit er sie der Gilde zurückgeben konnte. Zerknirscht wie ein Schuljunge schlurfte Rodney davon. Verärgert klappte der Engel seine cremefarbenen Flügel zusammen und nahm einen Umschlag vom Tisch. »Ihr Einzahlungsbeleg. Ich habe das Geld gleich nach Ihrem Anruf, dass Sie Rodney haben, überwiesen.«
Rasch überflog sie den Beleg und steckte ihn ein. »Vielen Dank.«
»Ms Haziz«, sagte er finster. »Ich will ganz offen zu Ihnen sein. Ich hätte nie damit gerechnet, dass Rodney einen Fluchtversuch unternimmt. Ich weiß nicht, wie ich ihn bestrafen soll.«
Sara war es nicht gewöhnt, sich mit einem Engel zu unterhalten. In der Regel nahm sie nur den Auftrag entgegen. Meist bekam sie sie nicht einmal dann zu Gesicht. Engel waren viel zu wichtig, um sich mit gewöhnlichen Sterblichen abzugeben, dazu hatten sie ja ihre Vampire. »Kennen Sie eine Mindy?«
Lacarre erstarrte. »Ja. Sie ist eine meiner ältesten Vampire.«
»Ist sie eifersüchtig?«
»Ach so, ich verstehe.« Er nickte. »Ich habe viel Zeit mit Rodney verbracht. Er ist noch so kindlich, und wenn ich ihm nicht etwas auf die Sprünge helfe, schafft er es nicht.«
Sara fragte lieber nicht, wie es Rodney überhaupt durchs Auswahlverfahren geschafft hatte. So viele Menschen wollten Vampire werden, dass es eigentlich alles andere als ein Zucker schlecken war. »Er ist nicht gerade ein Genie«, sagte sie stattdessen. »Wenn Sie ihn zu hart bestrafen, wird er es vielleicht nicht über leben.«
Lacarre nickte. »Also gut, Gildenjägerin. Ich danke Ihnen.« Damit war sie entlassen.
Wohl fühlte sich Sara bei dem Gedanken nicht, Rodney bei einem Meister zurückzulassen, der zwar nicht mehr stocksauer, aber immer noch verärgert war. Doch schließlich hatte sich Rodney ja aus freien Stücken entschieden, Vampir zu werden. Nun musste er die nächsten siebenundneunzig Jahre Sklavendasein ertragen. Beim Rausgehen lief ihr eine schlanke Rothaarige über den Weg. Die Frau trug einen gewagten scharlachroten Anzug, der so eng saß, dass er genauso gut aufgemalt hätte sein können.
Sara wäre einfach weitergelaufen, doch die Rothaarige hielt sie auf. »Sie haben Rodney zurückgebracht?«
Mindy. »Das ist mein Job.«
Die Vampirin biss die Zähne fest aufeinander. So gut, wie sie menschliches Verhalten imitierte, musste sie schon sehr alt sein. »Ich bin überrascht, dass er so lange überlebt hat. Sonst kann er sich kaum die Schnürsenkel zubinden.«
»Wie ist er überhaupt durchs Auswahlverfahren gekommen?«
Mindy wedelte mit einer Hand. »Mit ihm war alles in Ordnung, bis ...« Erst im Nachhinein wurde ihr klar, mit wem sie da eigentlich sprach. »Auf Wiedersehen, Gildenjägerin.«
»Wiedersehen.« Wie interessant, dachte Sara bei sich. Auch wenn es nie offiziell bestätigt wurde, wusste jeder, dass ein winziger Prozentsatz der Kandidaten nach der Verwandlung geistesgestört war. Zum ersten Mal aber war Sara jetzt ein Vampir untergekommen, der einen Teil seiner Intelligenz eingebüßt hatte.
Als sie wieder in ihren Mietwagen kletterte, war Deacon nirgends zu sehen. Sie fuhr zurück in ihr Hotel und als sie ihren Wagen in der unterirdischen Garage parkte, brachte er sein Monsterbike plötzlich neben ihr zum Stehen. »Wie sind Sie an den Sicherheitsleuten vorbeigekommen?«
Er nahm den Helm ab, öffnete die Lederjacke und schwang sich vom Motorrad. Unwiderstehlich männliche Muskeln. Wie geschaffen, seine Hände darübergleiten zu lassen. Das Ziehen in ihrem Unterleib wurde stärker. Himmel, der Mann war eine einzige Einladung zum Sex.
...
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
Für gewöhnlich hatte Sara kein Mitleid mit Vampiren. Schließlich war es ihr Job, sie einzufangen und hübsch verpackt bei ihren Meistern, den Engeln, abzuliefern. Für Leibeigenschaft hatte sie eigentlich nicht viel übrig, aber die Engel machten ja keinen Hehl aus ihrem Preis für die Unsterblichkeit. Wer ein Vampir werden wollte, musste den Engeln hundert Jahre lang dienen. Ohne Ausnahme.
Wer nicht bereit war, ein Jahrhundert lang Sklavendienste zu leisten, sollte einen solchen Vertrag eben nicht unterschreiben. So sah Sara das jedenfalls. Sich hingegen aus dem Vertrag zu winden, nachdem die Engel ihren Teil der Vereinbarung bereits erfüllt hatten, war Betrug. Und für Betrüger hatte Sara nichts übrig.
Doch das Exemplar, mit dem sie sich gerade herumschlug, hatte weitaus gravierendere Probleme, als zu einem stocksauren Meister zurückgebracht zu werden. »Können Sie sprechen?«
Der Vampir hielt sich mit der Hand den fast komplett durchtrennten Hals und sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren.
»Ja, tut mir leid.« Sie wunderte sich, dass er überhaupt noch am Leben war. Vampire waren nämlich nicht wirklich unsterblich, man konnte sie durchaus töten. Köpfen war eine idiotensichere Methode, aber fast keiner wagte es - was nicht weiter verwunderlich war, schließlich hielten Vampire dafür nicht still. Aufs Herz zu schießen funktionierte auch, sofern man anschließend schnell den Kopf vom Rumpf trennte. Oder verbrennen. Damit war man auf der sicheren Seite.
Aber Saras Aufgabe war es nicht, Vampire umzubringen. Sie spürte sie auf und brachte sie zurück. »Brauchen Sie Blut?« Der Vampir sah sie hoffnungsvoll an.
»Müssen Sie sich verbeißen«, sagte sie. »Da Sie immer noch am Leben sind, scheinen Sie einer von der harten Sorte zu sein. Sie halten sicher bis nach Hause durch.«
»Nnnnn.«
Ohne weiter auf sein gegurgeltes Unmutsbekenntnis einzugehen, hockte sich Sara neben ihn und schob ihren Arm unter seinen Rücken, um ihm aufzuhelfen. Zwar war der Vampir wesentlich größer als sie, dafür blutete sie aber nicht aus dem Hals und trieb obendrein sieben Tage die Woche Sport. Stöhnend hievte sie ihn hoch und begann den sich sträubenden Vampir zum Auto zu bugsieren.
»Brauchen Sie Hilfe?« Eine tiefe, ruhige Stimme, wie alter Whiskey und glühende Kohlen.
Sara kannte weder die Stimme noch die Gestalt, die sich jetzt aus dem Schatten löste. Der Mann war groß und muskulös, hatte breite Schultern und kräftige Oberschenkel, dennoch bewegte er sich mit der Geschmeidigkeit eines geschulten Kämpfers. Und obgleich Sara es mit Vampiren aufnahm, die doppelt so groß wie sie selbst waren, würde sie sich mit diesem Fremden nicht gerne anlegen müssen.
»Ja«, sagte sie. »Wenn Sie mir vielleicht einfach helfen könnten, ihn zum Auto zu schaffen. Es ist dort drüben am Bordstein geparkt.«
Der Fremde schnappte sich den Vampir, der allmählich verständlichere Laute von sich gab, und verfrachtete ihn auf den Rücksitz. »Kontrollchip?«
Sara nahm ihre Armbrust vom Rücken und zielte auf den Vampir. Der Ärmste verkroch sich noch tiefer in den Wagen. Augenrollend ließ Sara die Armbrust sinken und zog eine Halskette hervor, die am Hosenbund ihrer schwarzen Jeans baumelte. »Keine Tricks, sonst schieß ich das nächste Mal wirklich.«
Wie ein Häufchen Elend sackte der Vampir in sich zusammen und ließ sich die Kette mit dem Kontrollchip um den rasch heilenden Hals legen. Die Wirkungsweise des Chips auf den vampirischen Organismus war komplex, das Resultat hingegen simpel: Der Vampir konnte nun nichts mehr ohne Saras ausdrückliche Genehmigung tun. Für die Jäger war der Chip ein Segen, denn selbst dieser verletzte Vampir hätte Sara in null Komma nichts den Kopf abreißen können. Und Sara hing an ihrem Kopf.
Sie kroch wieder aus dem Wagen heraus, schlug die Tür zu und sah zu ihrem Kollegen auf, denn dass der Mann ebenfalls ein Jäger war, bezweifelte sie keine Sekunde.
»Sara.« Sie streckte ihm ihre Hand entgegen.
Er ergriff sie und hielt sie fest, ohne etwas zu sagen. Sara wollte protestieren, doch etwas tief in seinen dunklen grünen Augen hinderte sie daran. Macht, schoss es ihr durch den Kopf, von ihm ging unglaubliche Macht aus. Als er endlich sprach, war sie so vom Klang seiner sinnlichen Whiskeystimme fasziniert, dass sie kaum hörte, was er sagte.
»Ich bin Deacon. Nach dem, was ich von Ihnen gehört habe, hätte ich Sie mir viel größer vorgestellt.«
Sie zog ihre Hand zurück. »Vielen Dank. Und in Zukunft kann ich gut auf Ihre Hilfe verzichten.«
Die meisten Männer wären jetzt wahrscheinlich beleidigt abgezogen, doch Deacon sah sie bloß aufmerksam an. »Das war nicht abwertend gemeint.«
Warum zum Teufel stand sie hier noch dämlich in der Gegend herum? »Ich muss Rodney seinem Meister übergeben.«
»Sie haben einen ziemlichen Ruf.« Er machte einen Schritt auf sie zu und sein Blick wanderte zu dem Gurt, der schräg über ihre Brust verlief. »Sie und Ihre Armbrust.«
War das etwa Amüsement, was sie in seinem ach so ernsten Gesicht sah? »Urteilen Sie nicht vorschnell. Meine Bolzen funktionieren genauso wie die Halsketten. Mit der Armbrust halte ich die Vampire auf Abstand, bis sie mit einem Chip ruhiggestellt sind. So schnell wie die heilen, ist das wohl kaum ein Nachteil.«
»Trotzdem hatten Sie noch eine Halskette dabei.«
Sara nahm die Armbrust ab. »Aus dem Weg.«
Er stand so dicht vor ihr, dass sie nichts als seine breite Brust sehen konnte. Ganz kalt ließ sie dieser Anblick nicht. Er war verdammt sexy. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sie eine Jägerin war und er, wenn auch ein mögliches Gildenmitglied, ein Unbekannter. »Meine beste Freundin schwört darauf.« Sara wusste nicht so recht, was Ellie an diesen Ketten fand. Umgekehrt konnte die Freundin ihre Vorliebe für die Armbrust nicht nachvollziehen. Dennoch hatte Sara ihr versprochen, die Halsketten einmal auszuprobieren, da sich Ellie bei der letzten Jagd mit der Armbrust versucht hatte. »Und jetzt lassen Sie mich durch.«
Endlich rückte er etwas von ihr ab. Weit genug, damit sie die Beifahrertür öffnen und die Armbrust hineinstellen konnte. Rodneys Halswunde war schon fast ganz verheilt, nur hatte er die Rückbank des Mietwagens vollgeblutet. Verdammt. Zwar würde die Gilde für den Schaden aufkommen, aber sie hatte keine große Lust, in diesem Saustall herumzufahren. »Ich muss diese Lieferung hier zustellen.«
»Wir sollten uns vorher noch mal mit ihm unterhalten.«
Sie schloss die Beifahrertür. »Und warum sollten wir das tun?«
»Sind Sie denn gar nicht neugierig, wer ihn so zugerichtet hat?« Er hatte geradezu lächerlich lange Wimpern, dachte sie. Dunkel und seidig und bei einem Mann ganz und gar ungerecht.
»Wahrscheinlich steckt eine Gruppe von Vampirhassern dahinter.« Sie runzelte die Stirn. »Diese Vollidioten. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, dass sie jemandes Mann, Vater oder Bruder angreifen.«
Er durchbohrte sie weiter mit seinem Blick.
»Was?« Verlegen strich sich Sara übers Gesicht. Zum Glück verbarg ihr dunkler Teint die aufsteigende Röte. Warum reagierte sie nur so stark auf diesen Fremden? Aber gucken war ja schließlich nicht verboten!
»Die haben mir gesagt, Sie hätten olivfarbene Haut, braune Augen und schwarzes Haar.«
So weit richtig. »Wer sind ›die‹?«
»Das sage ich Ihnen, nachdem wir mit dem Vampir gesprochen haben.«
»Zuckerbrot und Peitsche?«, sie kniff die Augen zusammen. »Ich bin doch kein Esel.«
Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. »Der Kameradschaft halber«, sagte er und zog aus seiner ramponierten Lederjacke einen Gildeausweis.
Obgleich sie vor Neugier brannte, wollte sie sich nicht die Blöße geben und deutete bloß lässig auf den Wagen. »Ich steige vorne ein und löse die Halskette.« Unglücklicherweise oder auch vielleicht glücklicherweise vermochten Vampire nicht zu sprechen, wenn sie einen Chip trugen. »Sie setzen sich hinten neben ihn und sorgen dafür, dass er nicht ...«
»Ich passe überhaupt nicht in den Wagen rein.«
Sie betrachtete ihn und konnte sich gerade noch zurückhalten, ihn zu bitten, sich nackt auszuziehen, damit sie ihn von oben bis unten ablecken konnte. »Gut«, sagte sie und drängte ihre Fantasien wieder in den hintersten Winkel ihres Gehirns. »Dann machen wir es eben anders. Ich bringe ihn dazu, das Fenster herunterzukurbeln, und Sie nehmen ihn in den Schwitzkasten, während wir uns unterhalten.«
Genau so machten sie es. Als Rodney erfuhr, wer Sara war, wollte sein Mund gar nicht mehr stillstehen.
»Sie schießen auf Leute.« Bei ihm hörte es sich an, als sei sie eine Wahnsinnige. »Mit Pfeil und Bogen!«
»Da sind Sie aber nicht auf dem neuesten Stand. Letztes Jahr bin ich zur Armbrust übergegangen.« Mit einer Armbrust war man schneller. Dennoch trauerte sie ihrem speziell angefertigten Bogen hinterher. Vielleicht würde sie doch wieder zum Bogen wechseln. »Und es tut noch nicht einmal weh.«
»Das sagen Sie.«
Verständnislos blinzelte sie ihn an. »Wie alt sind Sie?« »Gerade drei geworden.« Bei Vampiren zählte man die Jahre von ihrer Erschaffung an.
Sara schüttelte den Kopf. »Und Sie haben versucht wegzulaufen? Warum zum Teufel tun Sie so etwas Dämliches?« Sein Meister Lacarre war außer sich vor Wut.
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Schien mir eine gute Idee.«
Offenbar hatte Rodney die Weisheit nicht gerade mit Löffeln gefressen. »Okaaay.« Ihr Blick wanderte zu Deacon. Todernst blickte er sie aus seinen nachtschattengrünen Augen an. Dabei war sie sich sicher, dass er nur mit Mühe das Lachen zurückhielt. Sie selbst verbiss sich ebenfalls ein Grinsen und wandte sich wieder dem Vampir zu. »Einfache Frage.«
»Ein Glück.« Rodney entblößte lächelnd seine Reißzähne. Ältere Vampire taten das nie. »Schwierige Fragen mag ich nämlich nicht.«
»Wer hat Sie so zugerichtet, Rodney?«
Er schluckte schwer und blinzelte dann hektisch. »Niemand.«
»Sie haben also versucht, sich selbst den Kopf abzuschlagen?«
»Ja.« Er nickte, also hielt Deacon ihn nicht sehr fest. Aber das spielte keine Rolle, schließlich hatte sie ja ihre Armbrust.
»Rodney«, sagte sie drohend. »Lügen Sie mich nicht an.«
Wieder blinzelte er und diesmal füllten sich seine Augen mit Tränen. Nun kam sich Sara richtig gemein vor. »Kommen Sie schon, Rodney. Warum haben Sie Angst?«
»Nur so.«
»Nur so ...« Sara überlegte, wovor sich ein Vampir wohl fürchten könnte. »War es ein Engel?« Falls es sein eigener Meister gewesen sein sollte, konnte sie gar nichts tun, außer den Dreckskerl bei der Vampirschutzbehörde anzuzeigen. Doch genauso gut war es möglich, dass die Sache auf das Konto von einem von Lacarres Feinden ging. In diesem Fall würde sich der Engel selbst um die Sache kümmern.
»Nein.« Rodney klang regelrecht entsetzt. Offenbar sagte er die Wahrheit. »Natürlich nicht. Die Engel erschaffen uns, da töten sie uns doch nicht.«
Wie naiv war der Junge eigentlich? »Vor wem haben Sie dann solche Angst?« In diesem Moment begegnete sie wieder Deacons Blick und fand darin die Antwort. »Ein Jäger.« Oder jemand, den Rodney irrtümlich für einen Jäger hielt, denn echte Jäger töteten keine Vampire.
»Bitte tun Sie mir nicht weh. Ich habe gar nichts gemacht«, schniefte Rodney.
»Hey.« Sara tätschelte ihm die Schulter. »Mich interessiert nur meine Fangprämie. Wenn Sie tot sind, bekomme ich bloß die Hälfte. Warum sollte ich Sie also umbringen wollen?«
Rodneys Augen leuchteten hoffnungsvoll auf. »Ist das wahr?« »Ja.«
»Und was ist mit ...« Er senkte die Stimme und deutete auf den Arm um seinen Hals.
Zum ersten Mal mischte sich Deacon ins Gespräch. »Ich bin ihr Freund und tu, was sie sagt.«
Sara starrte ihn an, doch Rodney beruhigten die Worte anscheinend. »Ja, Sie sind der Boss«, sagte er zu Sara. »Das merkt man gleich. Meine Mindy hat auch gern die Hosen an. Sie hat gesagt, ich soll weglaufen und wir ... wir könnten dann eine Kreuzfahrt machen.«
Sara presste einen Finger auf seine Lippen. »Konzentrieren Sie sich, Rodney. Erzählen Sie mir von dem Jäger, der Sie verletzt hat.«
»Er sagte, alle Jäger hassen Vampire.« Rodneys Stimme wurde immer leiser. »Das wusste ich gar nicht. Mir war klar, dass es Ihr Job ist, uns aufzuspüren, aber ich dachte nicht, dass die Jäger uns hassen.«
»Das tun wir auch nicht«, sagte Sara und hätte ihm am liebsten über den Kopf gestreichelt. »Er hat es einfach aus Gemeinheit gesagt.«
»Meinen Sie?«
»Das weiß ich sogar. Was hat er noch gesagt?«
»Dass die Vampire der Abschaum der Erde sind und dass unsere Gegenwart die Engel beschmutzen würde.« Er verzog das Gesicht. »Aber das kann doch gar nicht sein, sonst würden uns die Engel doch nicht erschaffen.«
Sara stutzte, diese Schlussfolgerung hätte sie Rodney gar nicht zugetraut. »Ja, da haben Sie recht. Also hat er gelogen. Hat er sonst noch etwas gesagt?«
»Nein, er hat bloß sein Schwert gezogen ...«
Schwert?
»... und versucht, mir den Kopf abzuschlagen.« Er lehnte sich zurück, Rede beendet.
»Wie sah er aus?«, fragte Deacon.
Rodney fuhr zusammen. Offenbar hatte er die Gefahr in seinem Nacken vergessen. »Das konnte ich nicht sehen. Er trug eine schwarze Maske vor dem Gesicht und auch sonst war alles schwarz an ihm. Aber er war groß und stark.«
Diese Beschreibung passte auf die Hälfte der Gildenjäger. Nachdem Sara merkte, dass sie nichts mehr aus Rodney herausbekommen würden, legte sie ihm wieder die Kette um und fuhr ihn zu Lacarre. Dabei war ihr nur allzu bewusst, dass Deacon ihr auf einem monstermäßigen Motorrad folgte. Aber er kam nicht mit hinein, als Sara den Vampir ins Haus führte.
Lacarre wartete schon in der Vorhalle des palastartigen Anwesens. »Geh«, befahl er dem Vampir.
Sara nahm ihm die Halskette ab und legte sie Lacarre hin, damit er sie der Gilde zurückgeben konnte. Zerknirscht wie ein Schuljunge schlurfte Rodney davon. Verärgert klappte der Engel seine cremefarbenen Flügel zusammen und nahm einen Umschlag vom Tisch. »Ihr Einzahlungsbeleg. Ich habe das Geld gleich nach Ihrem Anruf, dass Sie Rodney haben, überwiesen.«
Rasch überflog sie den Beleg und steckte ihn ein. »Vielen Dank.«
»Ms Haziz«, sagte er finster. »Ich will ganz offen zu Ihnen sein. Ich hätte nie damit gerechnet, dass Rodney einen Fluchtversuch unternimmt. Ich weiß nicht, wie ich ihn bestrafen soll.«
Sara war es nicht gewöhnt, sich mit einem Engel zu unterhalten. In der Regel nahm sie nur den Auftrag entgegen. Meist bekam sie sie nicht einmal dann zu Gesicht. Engel waren viel zu wichtig, um sich mit gewöhnlichen Sterblichen abzugeben, dazu hatten sie ja ihre Vampire. »Kennen Sie eine Mindy?«
Lacarre erstarrte. »Ja. Sie ist eine meiner ältesten Vampire.«
»Ist sie eifersüchtig?«
»Ach so, ich verstehe.« Er nickte. »Ich habe viel Zeit mit Rodney verbracht. Er ist noch so kindlich, und wenn ich ihm nicht etwas auf die Sprünge helfe, schafft er es nicht.«
Sara fragte lieber nicht, wie es Rodney überhaupt durchs Auswahlverfahren geschafft hatte. So viele Menschen wollten Vampire werden, dass es eigentlich alles andere als ein Zucker schlecken war. »Er ist nicht gerade ein Genie«, sagte sie stattdessen. »Wenn Sie ihn zu hart bestrafen, wird er es vielleicht nicht über leben.«
Lacarre nickte. »Also gut, Gildenjägerin. Ich danke Ihnen.« Damit war sie entlassen.
Wohl fühlte sich Sara bei dem Gedanken nicht, Rodney bei einem Meister zurückzulassen, der zwar nicht mehr stocksauer, aber immer noch verärgert war. Doch schließlich hatte sich Rodney ja aus freien Stücken entschieden, Vampir zu werden. Nun musste er die nächsten siebenundneunzig Jahre Sklavendasein ertragen. Beim Rausgehen lief ihr eine schlanke Rothaarige über den Weg. Die Frau trug einen gewagten scharlachroten Anzug, der so eng saß, dass er genauso gut aufgemalt hätte sein können.
Sara wäre einfach weitergelaufen, doch die Rothaarige hielt sie auf. »Sie haben Rodney zurückgebracht?«
Mindy. »Das ist mein Job.«
Die Vampirin biss die Zähne fest aufeinander. So gut, wie sie menschliches Verhalten imitierte, musste sie schon sehr alt sein. »Ich bin überrascht, dass er so lange überlebt hat. Sonst kann er sich kaum die Schnürsenkel zubinden.«
»Wie ist er überhaupt durchs Auswahlverfahren gekommen?«
Mindy wedelte mit einer Hand. »Mit ihm war alles in Ordnung, bis ...« Erst im Nachhinein wurde ihr klar, mit wem sie da eigentlich sprach. »Auf Wiedersehen, Gildenjägerin.«
»Wiedersehen.« Wie interessant, dachte Sara bei sich. Auch wenn es nie offiziell bestätigt wurde, wusste jeder, dass ein winziger Prozentsatz der Kandidaten nach der Verwandlung geistesgestört war. Zum ersten Mal aber war Sara jetzt ein Vampir untergekommen, der einen Teil seiner Intelligenz eingebüßt hatte.
Als sie wieder in ihren Mietwagen kletterte, war Deacon nirgends zu sehen. Sie fuhr zurück in ihr Hotel und als sie ihren Wagen in der unterirdischen Garage parkte, brachte er sein Monsterbike plötzlich neben ihr zum Stehen. »Wie sind Sie an den Sicherheitsleuten vorbeigekommen?«
Er nahm den Helm ab, öffnete die Lederjacke und schwang sich vom Motorrad. Unwiderstehlich männliche Muskeln. Wie geschaffen, seine Hände darübergleiten zu lassen. Das Ziehen in ihrem Unterleib wurde stärker. Himmel, der Mann war eine einzige Einladung zum Sex.
...
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
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Autoren-Porträt von Charlaine Harris, Nalini Singh, Ilona Andrews
Charlaine Harris lebt in Arkansas mit ihrem Mann, ihren drei Kindern, zwei Hunden, zwei Frettchen und einer Ente. Sie ist eine unersättliche Leserin, gemässigte Cineastin und gelegentliche Gewichtheberin. Ihre Romane wurden u. a. mit dem begehrten Anthony Award und dem Grand Prix Les Romantiques für die beste Heldin ausgezeichnet sowie für den Agatha Award und den Compton Crook Award nominiert.Nalini Singh wurde auf den Fidschi-Inseln geboren und ist in Neuseeland aufgewachsen. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Rechtsanwältin und Englischlehrerin, begann sie 2003 eine Karriere als Autorin von Liebesromanen. Die Gestaltwandler-Serie ist ihr erster Ausflug in die Fantasy Romance.Hinter dem Pseudonym Ilona Andrews verbirgt sich das Autorenehepaar Ilona und Andrew Gordon. Während Ilona in Russland geboren wurde und in den USA Biochemie studiert hat, besitzt Andrew einen Abschluss in Geschichte.Nach einer Ausbildung zur Buchhalterin entdeckte Meljean Brook schon bald ihre Liebe zum Schreiben. Seither ist sie eine erfolgreiche Autorin fantastischer Liebesromane.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Charlaine Harris , Nalini Singh , Ilona Andrews
- 2012, 381 Seiten, Masse: 12,4 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Mitarbeit: Brook, Meljean; Übersetzung: Knese, Petra
- Übersetzer: Petra Knese
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802585011
- ISBN-13: 9783802585012
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