Eine grosse Freude?
Der innerdeutsche Paketverkehr im Kalten Krieg (1949-1989). Dissertationsschrift
Während der Teilung Deutschlands war der Päckchen- und Paketverkehr zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland für viele Menschen die einzige Möglichkeit, mit Verwandten und Bekannten zu kommunizieren und sie mit Geschenken zu bedenken. In beiden...
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Produktinformationen zu „Eine grosse Freude? “
Während der Teilung Deutschlands war der Päckchen- und Paketverkehr zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland für viele Menschen die einzige Möglichkeit, mit Verwandten und Bekannten zu kommunizieren und sie mit Geschenken zu bedenken. In beiden Staaten kam ihm daher schnell auch eine politische Funktion zu. Wie gestaltete sich der innerdeutsche Päckchen- und Paketverkehr? Welche Vorstellungen vom Leben "hüben wie drüben" und vom jeweiligen Gegenüber prägten den Versand? Welche Bedeutung hatte dies nach der Wiedervereinigung für die Versender und Empfänger? Konstanze Sochs Studie, eine Beziehungsgeschichte der politischen Kultur im geteilten Deutschland, führt direkt in das Herz der Abgrenzungs- und Annäherungsversuche beider deutscher Staaten.
Klappentext zu „Eine grosse Freude? “
Während der Teilung Deutschlands war der Päckchen- und Paketverkehr zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland für viele Menschen die einzige Möglichkeit, mit Verwandten und Bekannten zu kommunizieren und sie mit Geschenken zu bedenken. In beiden Staaten kam ihm daher schnell auch eine politische Funktion zu. Wie gestaltete sich der innerdeutsche Päckchen- und Paketverkehr? Welche Vorstellungen vom Leben "hüben wie drüben" und vom jeweiligen Gegenüber prägten den Versand? Welche Bedeutung hatte dies nach der Wiedervereinigung für die Versender und Empfänger? Konstanze Sochs Studie, eine Beziehungsgeschichte der politischen Kultur im geteilten Deutschland, führt direkt in das Herz der Abgrenzungs- und Annäherungsversuche beider deutscher Staaten.
Grossformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Eine grosse Freude? “
1. Einführung "War das eine freudige Überraschung, als Ihr liebes Paket hier eintraf mit so vielen schönen Dingen. Wir freuen uns alle drei sehr [...]!" Mit diesen Worten eröffnete die Dresdenerin Frau Ziegler am 18. November 1980 ihren Brief an Frau Geiss aus Karlsruhe und bedankte sich so für das Weihnachtspaket, mit dem sie bedacht worden war. Neben der Freude war es vermutlich eine Mischung aus Scham und dem Wunsch sich zu rechtfertigen, die sie unmittelbar nach der Danksagung folgende Zeilen schreiben liess: "So früh habe ich meine Weihnachtsgaben noch gar nicht parat, bei uns ist ja alles mit viel Lauferei und langem Warten verbunden." Als Familie Ziegler kurz vor Weihnachten ein zweites Weihnachtspaket erreicht, ohne dass sie bisher eine Reaktion auf das von ihnen versandte Päckchen erhalten hätten, beschreibt Frau Ziegler dies in einem zweiten Brief wie folgt: "Nun haben Sie sicherlich gedacht, ich schicke Ihnen einen Dresdener Christstollen, aber da hätte ich ja erst anfragen müssen, ob Sie so etwas mögen! Da wird mein kleines Päckchen sicher eine Enttäuschung gewesen sein! Ihr 2. Riesen-Paket von beträchtlichem Gewicht kam zu unser aller Überraschung gut hier an, es hat hellste Begeisterung hervorgerufen und wir alle drei danken Ihnen ganz herzlich!" Nicht nur, dass Frau Ziegler fürchtete, ihr Paket wäre zu klein; vielmehr war es die Sorge darum, ob dessen Inhalt auf der anderen Seite - im Westen - auch dieselbe Freude ausgelöst hatte wie das Westpaket in ihrer eigenen Familie im Osten. Diese Unsicherheit wurde durch eine zunächst ausbleibende Reaktion aus Karlsruhe verstärkt. Weil Frau Geiss auf das Päckchen aus dem Osten erst Mitte Januar antwortete, plagte auch sie ein schlechtes Gewissen. Sie nahm Frau Ziegler die Unsicherheit über die ausgesuchten Geschenke, indem sie beschrieb, wie sich die Familie, vor allem ihre Kinder, über den Nussknacker und den Stern, die im Paket enthalten waren, gefreut hätten. Gleichzeitig bringt sie selbst Unsicherheit zum
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Ausdruck, indem sie fragt, ob die Backzutaten, die sie nach Dresden versandt hatte, dort wirklich ausschliesslich Freude auslösten. Dieser Auszug aus einem Briefwechsel, der den Beginn einer fast 20-jährigen Freundschaft darstellt, verdeutlicht gleich auf mehreren Ebenen die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die es bei einer deutsch-deutschen Freundschaft zu bestehen galt. So scheint es bei beiden Frauen zunächst einmal das Gefühl zu sein, nicht recht zu wissen, worüber sich das jeweilige Gegenüber tatsächlich freuen würde. Eine Unsicherheit, welche zunächst einmal nicht überrascht - begleitet sie doch auch heutzutage viele Menschen, selbst wenn Schenkende und Beschenkte schon lange freundschaftlich verbunden sind. Das gegenseitige Schenken war und ist oft mit Schwierigkeiten verbunden. Für das Schenken unter der besonderen Bedingung der deutschen Teilung - mit den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in beiden Teilen - gilt dies in besonderer Art und Weise, denn es "gab [...] keine sozialen Regeln, an denen man sich orientieren konnte" - sie mussten sich erst entwickeln. Darüber hinaus existierten verschiedene Vorstellungen von Nützlichkeit und davon, was im Alltag gebraucht werden könnte. Neben dem Inhalt war es immer wieder auch die Frage, ob das Päckchen oder das Paket das Gegenüber unversehrt erreicht hatte. Denn "wer weiss, ob ansonsten nicht ein Teil 'Beine' bekommen hätte?" , erkundigte sich beispielsweise Frau Mettner bei ihren Verwandten in der DDR. Der Päckchen- und Paketverkehr war während der jahrzehntelangen Teilung Deutschlands ein wichtiger Bestandteil der deutsch-deutschen Kommunikation - stand doch die Möglichkeit des Telefonierens nur den allerwenigsten zur Verfügung. Das Päckchen und das Paket verbanden Freunde, Verwandte, Bekannte sowie ehemalige Arbeitskollegen und stellten weit mehr als einen blossen Warenaustausch dar. Für unzählige Familien und Freunde war dieser Postverkehr die wichtigste Möglichkeit, Kontakt zu halten sowie sich über
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Inhaltsverzeichnis zu „Eine grosse Freude? “
Inhalt 1. Einführung 9 2. Die theoretisch-methodischen Grundlagen 19 2.1. Der theoretische Zugriff 19 2.2. Die Quellen und Methoden 31 3. Der Päckchen- und Paketverkehr 1945-1990 42 3.1. Die internationale Hilfe durch CARE und CRALOG 44 3.2. Die Formen des innerdeutschen Versands 49 3.2.1. Der organisierte Versand 51 3.2.1.1. Die Propagandapakete aus West und Ost 51 3.2.1.2. Der GENEX-Geschenkversand 55 3.2.2. Der halb-private Versand 64 3.2.2.1. Der Hilfsring e.V. 64 3.2.2.2. Der Deutsche Frauenring e.V. 68 3.2.2.3. Die Deutsche Bruderhilfe 78 3.2.2.4. Die Siemens & Halske AG 81 3.2.3. Der private Versand 88 3.2.3.1. Das Lindern der Not (1949-1957) 88 3.2.3.2. Der Versand auf Augenhöhe (1958-1961) 123 3.2.3.3. Die Rückkehr zur ursprünglichen Versandmotivation (1961-1972) 132 3.2.3.4. Die Päckchen und Pakete zwischen Routine und Freude (1972-1980) 195 3.2.3.5. Die Renaissance des Päckchen- und Paketverkehrs (1981-1989) 241 4. Der Päckchen- und Paketverkehr nach der Wiedervereinigung 262 5. Resümee 278 6. Literatur 293 7. Quellen 301 8. Abkürzungsverzeichnis 310 Anhang 312 A. Zeitzeugenregister 312 B. Leitfadeninterviews 314 C. Transkription und Kodierung 317 D. Zusätzliches Material 318
Autoren-Porträt von Konstanze Soch
Konstanze Soch, Dr. phil., promovierte an der Universität Magdeburg.
Bibliographische Angaben
- Autor: Konstanze Soch
- 2018, 319 Seiten, Masse: 14,2 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 3593508443
- ISBN-13: 9783593508443
- Erscheinungsdatum: 07.07.2018
Pressezitat
»Das Buch [liefert] spannende Einsichten zur Entstehung und Verfestigung von stereotypen Selbst- und Fremdbildern in Ost- und Westdeutschland, die ihre vollen Wirkungen erst in der Umbruchszeit nach 1989 entfalteten.« Clemens Villinger, H-Soz-Kult, 09.11.2018 »Das Thema [ist] mitnichten nur eine postalische Fussnote der Teilungsgeschichte, sondern sagt mehr über diese aus, als man zunächst vermuten möchte. Um diesen besonderen Aspekt einer deutsch-deutschen Verflechtungsgeschichte auf alltagskulturell-lebensweltlicher Ebene zu historisieren, bedient sich die Autorin der Konzepte der entangled history sowie der histoire croisée, welche es ihr ermöglichen, den Transfer von Objekten als kulturellen Übersetzungsvorgang zu begreifen und ausserdem aufzuzeigen, dass diese Transfers keine Einbahnstrassen waren, sondern vielmehr als sich gegenseitig beeinflussende Austausch-, Aushandlungs- und Interaktionsprozesse zu verstehen sind.«, Sehepunkte, 15.12.2018 »Insgesamt legte Konstanze Soch eine interessante Studie vor. Sie hat ein wichtiges Thema der deutsch-deutschen Alltags- und Mentalitätsgeschichte bearbeitet, viele relevante Einsichten erarbeitet und zugleich einige Fragen offen gelassen, die künftigen Forschungen als Ausgangspunkte dienen könnten.« Ilko-Sascha Kowalczuk, Das Historisch-Politische Buch, 16.04.2019
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