Ein Haus in Irland
Ria Lynch und Marilyn Vine tauschen einen Sommer lang ihre Häuser. Ria zieht in das schicke New-England-Heim der völlig in ihrer Universitätskarriere aufgehenden Marilyn, während sich diese in dem gemütlichen Haus in der Tara Road in Dublin anschickt, das...
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Ria Lynch und Marilyn Vine tauschen einen Sommer lang ihre Häuser. Ria zieht in das schicke New-England-Heim der völlig in ihrer Universitätskarriere aufgehenden Marilyn, während sich diese in dem gemütlichen Haus in der Tara Road in Dublin anschickt, das Leben einer irischen Hausfrau zu führen. Am Ende werden beide Frauen erkennen, dass jede das Leben der anderen in diesem Sommer entscheidend verändert hat.
Maeve Binchy schrieb bereits zahlreiche Bestseller.
Ein Haus in Irland von Maeve Binchy
LESEPROBE
RiasMutter hatte schon immer für Filmstars geschwärmt. Es hatte sie sehr bekümmert,dass Clark Gable ausgerechnet an dem Tag gestorben war, an dem Ria geborenwurde. Zwar war Tyrone Power auf den Tag genau zwei Jahre vor Hilarys Geburtgestorben, aber das war lange nicht so schlimm. Ria, nicht Hilary, hatte an demTag das Licht der Welt erblickt, an dem der König der Leinwand das Zeitlichesegnete. Wenn Ria Vom Winde verweht sah, hatte sie immer ein bisschen einschlechtes Gewissen.
Daserzählte sie auch Ken Murray, dem Jungen, von dem sie ihren ersten Kuss bekam.Sie sagte es ihm im Kino. Und zwar, während er sie gerade küsste.
»MeineGüte, bist du langweilig«, erwiderte er bloss und versuchte ihr die Bluseaufzuknöpfen.
»Ichbin gar nicht langweilig«, protestierte Ria energisch. »Da vorne auf derLeinwand ist Clark Gable, und es gibt etwas, was mich mit ihm verbindet. Wenndas nicht interessant ist!«
KenMurray war es peinlich, dass sie so viel Aufmerksamkeit erregten. Die Leutemachten »pscht« zu ihnen herüber, manche lachten sogar. Deshalb rückte er vonRia weg und kauerte sich tief in seinen Sitz, als wollte er nicht mit ihrzusammen gesehen werden. Ria hätte sich ohrfeigen können. Sie war jetzt beinahesechzehn. Und alle ihre Klassenkameradinnen fanden Küssen klasse, zumindestbehaupteten sie das. Aber wollte sie es selbst einmal ausprobieren, vermasseltesie alles. Vorsichtig tastete sie zu ihm hinüber.
»Ichdachte, du wolltest den Film sehen«, brummte er.
»Ichdachte, du wolltest mich vielleicht in den Arm nehmen«, erwiderte Riahoffnungsvoll.
Er zogeine Tüte Karamelbonbons heraus und nahm sich eines. Doch ihr bot er keines an.Mit der Romantik war es vorbei.
Manchmalkonnte man mit Hilary ganz gut reden, hatte Ria festgestellt. Aber nicht andiesem Abend.
»Sollman lieber schweigen, wenn man gerade geküsst wird?« fragte sie ihre Schwester.
»Jesus,Maria und Joseph«, seufzte Hilary, die sich gerade zum Ausgehen schick machte.
»Ichfrage ja nur«, meinte Ria. »Weil du so etwas doch bestimmt weisst, nach all derErfahrung, die du mit Jungs hast.«
Nervössah Hilary sich um, sie befürchtete, jemand könnte Ria gehört haben. »Haltgefälligst die Klappe!« zischte sie. »Wenn Mam dich hört, können wir uns beidedas Ausgehen abschminken, und zwar für alle Zeiten.«
IhreMutter hatte ihnen nachdrücklich klargemacht, dass sie in ihrer Familie keinliederliches Betragen dulden werde. Als Witwe mit zwei Töchtern hatte sie schongenug um die Ohren, da wollte sie sich nicht auch noch Sorgen machen müssen,dass ihre Mädchen sich vielleicht wie Flittchen benahmen und niemals unter dieHaube kommen würden. Sobald Hilary und Ria nette, anständige Ehemänner und eineigenes Heim hätten, könne sie glücklich sterben. Natürlich schwebte ihr dabeiein hübsches Haus in einem besseren Viertel von Dublin vor, vielleicht sogarmit Garten. Nora Johnson hegte grosse Hoffnungen, dass es mit ihnen ein bisschenaufwärtsgehen könnte. Dass sie einmal in einer netteren Umgebung leben würdenals in dem grossen Sozialwohnungsviertel, wo sie jetzt wohnten. Und man fand nuneinmal keinen passablen
Mann,wenn man sich jedem dahergelaufenen Lümmel an den Hals warf.
»Entschuldigung,Hilary.« Ria war zerknirscht. »Aber sie hat bestimmt nichts gehört, sie schautFernsehen.«
IhreMutter tat abends nur selten etwas anderes. Sie sei todmüde, erklärte sie, wennsie aus der chemischen Reinigung zurückkam, wo sie den ganzen Tag hinter derTheke stand. Da war es schön, wenn man abends gemütlich im Sessel sitzen und ineine andere Welt eintauchen konnte. Mam hatte Rias verfängliche Bemerkung überErfahrungen mit Jungs bestimmt nicht gehört. Hilary verzieh ihr - schliesslichwar sie heute abend auf Rias Hilfe angewiesen. Nach einem System, das Mam sichausgedacht hatte, sollte Hilary ihre Handtasche auf dem Treppenabsatz abstellen,sobald sie heimkam. Wenn Mam sich dann aus ihrem Sessel erhob und insBadezimmer ging, stellte sie auf diese Weise fest, dass Hilary zu Hause war, undkonnte beruhigt schlafen. Manchmal fiel es allerdings Ria zu, die Handtaschegegen Mitternacht auf der Treppe zu plazieren, und Hilary, die nur Schlüsselund Lippenstift mitgenommen hatte, konnte sich zu späterer Stundehereinschleichen. »Wer wird das für mich tun, wenn es mal soweit ist?«überlegte Ria.
»Dazuwird es nie kommen, wenn du ständig auf die Typen einquasselst, die dich küssenwollen«, erwiderte Hilary. »Dann gibt es keinen Grund, abends wegzugehen, weildu gar nicht wüsstest, wohin.«
»So einQuatsch«, entgegnete Ria, fühlte sich aber keineswegs so zuversichtlich, wiesie tat. Sie war den Tränen nahe.
Dabeifand sie, dass sie eigentlich nicht schlecht aussah. Ihre Schulfreundinnensagten, sie könne sich glücklich schätzen mit ihren dunklen Locken und denblauen Augen. Sie war auch nicht dick oder so, und ihre Pickel hielten sich inGrenzen. Trotzdem blieb sie immer zweite Wahl; ihr fehlte eben diese gewisseAusstrahlung, die manche anderen Mädchen aus ihrer Klasse hatten. Hilarybemerkte ihre verzagte Miene. »Hör mal, du bist wirklich in Ordnung, du hastNaturlocken, was schon mal ein grosser Vorteil ist. Ausserdem bist du klein, dasmögen die Jungs. Es kommen bald bessere Zeiten. Sechzehn ist das schlimmsteAlter, auch wenn dir alle was anderes erzählen.« Manchmal konnte Hilarytatsächlich sehr nett sein. Besonders wenn sie jemanden brauchte, der abendsihre Handtasche auf die Treppe stellte.
UndHilary sollte recht behalten. Es kamen wirklich bessere Zeiten.
©Droemer/Knaur
Übersetzung:Christa Prummer-Lehmair, Gerlinde Schermer-Rauwolf und Robert A.Weiss
Autoren-Porträt von Maeve Binchy
Maeve Binchy wurde in Dublin geboren, studierte Geschichteund arbeitete als Lehrerin. 1969 ging sie als Kolumnistin zur Irish Times. Siehat zahlreiche Romane, Kurzgeschichten und Theaterstücke geschrieben. IhreRomane, darunter Der grüne See, Die irische Signora und EinHaus in Irland wurden in England, den USA und in Deutschland zuBestsellern.
Interview mitMaeve Binchy
Die Verfilmung von "Ein Haus in Irland" kommtim Herbst in die Kinos. Wie empfinden Sie es, Ihre Charaktere auf der Leinwandzu sehen - "lebendig und atmend"?
Es hatmich sehr beeindruckt, wie die Drehbuchautoren und der Regisseur meineGeschichte auf die Leinwand gebracht haben. "Ein Haus in Irland" ist einziemlich dickes Buch, so dass natürlich nicht alles aus ihm in den Filmeingehen konnte. Aber ich denke, sie haben meine Geschichte über Liebe,Verlust, Hoffnung und Mut sehr gut erzählt. Man kriegt wirklich ein Gefühl fürdas Ganze, das hat mir sehr gefallen.
Wie nah kommt Andie McDowell "ihrer" Marilyn Vine?
Zuerst hatte ich Bedenken, dassAndie vielleicht zu schön für Marilyn sein könnte. Als ich aber sah, wie siedie Rolle spielte, hatte ich den Eindruck, dass alle Regungen auf ihremwunderbaren Gesicht noch ergreifender wirken. Wenn ich jetzt an "Ein Haus in Irland" denke, sind Marilyn und das Gesicht von AndieMcDowell für mich eins geworden.
Welche Art von Filmen sehen Sie am liebsten?
Alte Schwarzweiss-Filme mit BetteDavis und Humphrey Bogart, ausserdem moderne Komödien wie "Reine Nervensache","Tatsächlich Liebe" und "Sideways".
"Ein Haus in Irland" hat ein recht offenes Ende. Planen Sie, Ihren Lesernin einem ihrer zukünftigen Bücher zu erzählen, wie es mit Ria und Marilynweitergeht?
Ich glaube, dass diejenigen, die das Buch gelesen oder denFilm gesehen haben, ein Gefühl dafür besitzen, wie die Zukunft von Ria undMarilyn aussehen könnte. Die beiden haben Kraft und Mut aus den Ereignissendieses Sommers gezogen. Sie wissen, dass sie nicht mehr in der Rolle von Opfernverharren müssen. Marilyn lernt, ihre Trauer zu akzeptieren und mit ihrumzugehen. Ria entdeckt, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen undaus eigener Kraft überleben kann. Ich glaube nicht, dass diese Geschichte einerFortsetzung bedarf. Aber man soll ja niemals "nie" sagen.
Grosse Teile Ihres nächsten Buchs "Insel der Sterne" spielen inGriechenland. Können Sie uns etwas über den Inhalt verraten?
Als ich noch Studentin bzw. eine jungeLehrerin war, habe ich es genossen, drei Monate Ferien in Griechenland zumachen. Und noch heute, in meinen mittleren Jahren, liebe ich es, einige Wochendort zu verbringen: auf der Insel mit den weissen Häusern, den roten Blumen, diesich sanft über Mauern legen, dem Geruch von gegrilltem Lammfleisch und Fisch,dem tiefblauen Meer und den Olivenhainen auf den Hügeln. Ich hatte das Gefühl,dass sich vor diesem Hintergrund einfach jedes Problem lösen lässt. Also habeich vier Charaktere entworfen, die einander nicht kannten, sich eines Tages ineiner Taverne trafen und dann Freunde fürs Leben wurden.
Könnten Sie sich vorstellen, in einem anderen Land als Irland zu leben?
Ich fühle mich in Irland sehrwohl. Das hat wohl damit zu tun, wie die Leute hier miteinander sprechen.Manchmal bin ich in England oder den USA verunsichert, weil ich einen Tonfalloder einen Dialekt nicht kenne. In Irland interessiert sich jeder für alles,hält an seinen Überzeugungen fest und ist von nichts zu beeindrucken. Ich liebedas.
Glauben Sie, dass ein Ortswechsel Menschen wirklich dabei hilft, ihreProbleme zu lösen?
Ja, ich glaube, man bekommt einenanderen und besseren Blick auf die Dinge, wenn man irgendwo hin fährt, um sichmit einem Problem auseinander zu setzen. Man erkennt, dass man nicht derMittelpunkt des Universums ist. Man sieht das grosse Ganze. Ausserdem ist man alsFremder stärker gezwungen, sich um Höflichkeit zu bemühen. Wenn man zu Hausegeblieben wäre, hätte man zu viel Mitgefühl vielleicht als verletzendempfunden.
Haben Sie für Ihren Urlaub ein absolutes Lieblingsziel?Gibt es irgendeinen Ort, den Sie unbedingt einmal in Ihrem Leben besuchenmöchten?
Ich liebe das australische Sydney. Ichkönnte eine Menge Zeit in seinem herrlichen Hafen verbringen, könnte durch dieStrassen wandern, die für Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern zurHeimat geworden sind. Ich wünschte, es wäre nicht so weit weg - ich bin dortwirklich immer sehr glücklich und ausgeglichen. Was ich eines Tages wirklichsehr gerne einmal machen würde, ist eine Schiffsreise auf dem Rhein. Vor vielenJahrzehnten haben meine Eltern in ihren Flitterwochen eine solche Reiseunternommen. Sie haben mir so viel darüber erzählt, dass ich das Gefühl habe,dabei gewesen zu sein.
© Verlagsgruppe DroemerKnaur / Literaturtest
- Autor: Maeve Binchy
- 2000, 672 Seiten, Masse: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Christa Prummer-Lehmair, Gerlinde Schermer-Rauwolf, Robert A. Weiss
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426616882
- ISBN-13: 9783426616888
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