Die lange Reise des Jakob Stern
Die Odyssee des Jakob Stern.
Deutschland, 1939: Als der 15-jährige Jakob Stern sich am Bahnhof von seinen Eltern verabschiedet, hofft er, dass sie bald nachkommen werden. Doch Jakob wird seine Familie nie mehr...
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Die Odyssee des Jakob Stern.
Deutschland, 1939: Als der 15-jährige Jakob Stern sich am Bahnhof von seinen Eltern verabschiedet, hofft er, dass sie bald nachkommen werden. Doch Jakob wird seine Familie nie mehr wiedersehen. Er flieht mit einem Kindertransport nach England. Monatelang leben Jakob und seine Freunde in Flüchtlingslagern. Als die Ausreise nach Amerika bevorsteht, keimt neue Hoffnung unter den Kindern auf. Jakob steht auf der Liste. Eine lange Odyssee beginnt ...
Bestseller-Autor Rainer M. Schröder erzählt berührend vom Schicksal jüdischer Kinder während der NS-Zeit
Die Odyssee des Jakob Stern.
Deutschland, 1939: Als der 15-jährige Jakob Stern sich am Bahnhof von seinen Eltern verabschiedet, hofft er, dass sie bald nachkommen werden. Doch Jakob wird seine Familie nie mehr wiedersehen. Er flieht mit einem Kindertransport nach England. Monatelang leben Jakob und seine Freunde in Flüchtlingslagern. Als die Ausreise nach Amerika bevorsteht, keimt neue Hoffnung unter den Kindern auf. Jakob steht auf der Liste. Eine lange Odyssee beginnt ...
Bestseller-Autor Rainer M. Schröder erzählt berührend vom Schicksal jüdischer Kinder während der NS-Zeit
Die lange Reise des Jakob Stern von Rainer M. Schröder
LESEPROBE
Heimatstadt
März 1935 - Februar 1939
1
Die Angst hatte schon lange vorherseine Seele befallen und sein Leben überschattet. Aber an jenem nasskalten Tag imMärz brach sie offen auf wie ein Geschwür. Von dem Zeitpunkt an war die Angstallgegenwärtig. Wie eine schwarze Wolke hing sie über ihm, bei Tag und beiNacht. Egal wohin er ging, wo er sich befand, was er tat.
An diesem Nachmittag Anfang Märzbefand sich Jakob Stern mit seinem Vater auf dem Weg zum Fahrradhändler Siegel& Söhne nahe der Innenstadt. Der Vater hatte sein Tabak- undSchreibwarengeschäft in der Obhut der Mutter gelassen, um mit ihm bei Siegel& Söhne das Tourenrad auszusuchen, das er sich schon so lange wünschteund nun in wenigen Wochen, zu seinem Geburtstag, von den Eltern geschenkt bekommensollte.
Erfüllt von freudiger Aufregung, boger mit dem Vater um die Strassenecke und ging die belebte Hauptstrasse hoch, auf derdas grosse Fahrradgeschäft lag, als plötzlich vor ihnen lautes Gejohle,höhnische Rufe und das Geräusch schwerer Stiefel den nachmittäglichenGrossstadtlärm auf der Strasse übertönten. Die Leute vor ihnen blieben stehen undrichteten ihre Aufmerksamkeit auf die Ursache dieses lärmenden Spektakels. »Schaumal, Otto! Da wird ein Jude durch die Strassen getrieben! «, sagte ein stämmigerMann in ihrer Nähe zu seinem halbwüchsigen Sohn, der die uniformierte Kluft derHitler- Pimpfe trug.
Augenblicklich spürte Jakob diefeste Hand seines Vaters auf seinem Arm und wurde von ihm von der Mitte desBürgersteiges weg in den nächsten Hauseingang gezogen. Verwirrt blickte er zuihm auf und sah, wie der Vater die andere Hand vor den Mund schlug, ohne jedochverhindern zu können, dass ihm ein erstickter Laut des Erschreckens entfuhr. »Wasist?«, fragte Jakob beunruhigt. Eine Litfasssäule verwehrte ihm den Blick auf das Geschehen vorihm auf der Strasse.
»Das das ist Simon!«, flüsterte der Vater gequält, das Gesicht bleich wie einLeichentuch.
»Onkel Simon? Wo?« Jakob reckteden Kopf, und dann sah auch er den Mann, der vor einer Horde uniformierterNazis mitten auf der Strasse zwischen den Schienen der Tram taumelte.
Im ersten Moment glaubte er, seinVater müsse sich getäuscht haben. Denn dieser Mann dort, den die johlenden Braunhemdenmit Stiefeltritten und Stockschlägen vor sich hertrieben, konnte unmöglich seinOnkel, der angesehene Rechtsanwalt Simon Rosenberg sein! Er kannte den Bruder seinerMutter nur als eine Respekt gebietende Person und stets untadelig gekleidet.Nicht einmal im Sommer ging Onkel Simon ohne Hut, steifen weissen Kragen undperfekt gebundene Krawatte aus dem Haus. Die grösste Form von Bequemlichkeit,die er sich an heissen Tagen und dann auch nur in privater Gesellschaftleistete, bestand darin, dass er das Jackett ablegte und mit korrektzugeknöpfter Weste in einem Ausflugslokal sass.
Und doch, dieser Mann mit demblutbeschmierten Gesicht und den aufgeplatzten Lippen, dem man die Hosen überden Knien abgeschnitten hatte, sodass die langen weissen Unterhosen hervorschauten,und der mit nackten Füssen über das Pflaster wankte, war kein anderer als OnkelSimon!
Er war ohne Jackett, die Westeklaffte weit auf und wies an der rechten Schulter einen langen Riss auf, dieKrawatte fehlte und Blutspritzer hatten den aufgesprungenen Hemdkragen beschmutzt.Von der goldgerahmten Brille, die ihm lächerlich schiefund verbogen auf der Nase sass, fehlte das linke Glas, während ein Spinnengewebeaus unzähligen Rissen das andere durchzog und es so gut wie blind machte. Manhatte ihm ein grosses Pappschild vor die Brust gehängt, auf dem in Onkel Simonseigener Handschrift geschrieben stand: »Ich bin ein dreckiger Jude und willmich nie wieder über Nazis beschweren!« Und damittorkelte er wie ein Betrunkener über die Hauptstrasse, das Gesicht verquollen undvon Schlägen gezeichnet, den Blick starr zu Boden gerichtet, von Stiefeltrittenund Stockschlägen traktiert, angespuckt von vorbeifahrenden Jugendlichen aufFahrrädern und verhöhnt vom braunen Mob um ihn herum und so manch einemSchaulustigen am Strassenrand.
»Komm weg!«,flüsterte der Vater erstickt.
»Aber Vati, wir können doch OnkelSimon nicht!«, stiess Jakob fassungslos hervor.
»Sei still und komm mit! Wir könnenihm nicht helfen!«
Der Vater packte ihn mitschmerzhaftem Griff am Arm und zog ihn mit sich.
Vergessen war das Tourenrad, das siebei den Siegels hatten aussuchen wollen. Sie gingenjedoch nicht auf dem kür- zesten Weg nach Hausezurück, weil der an ihrer Synagoge* vorbeigeführt hätte. Der Vater sagte zwarkein einziges Wort und Jakob wagte nicht zu fragen. Aber er wusste auch so, wasder Grund für ihren Umweg war.
Die Angst schnürte ihnen beiden dieKehle zu.
© cbtVerlag
- Autor: Rainer M. Schröder
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2006, 347 Seiten, Masse: 12,6 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: cbt
- ISBN-10: 3570303098
- ISBN-13: 9783570303092
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