Die Kaufmannstochter
Historischer Roman
16. Jahrhundert: Bertram schafft den Aufstieg vom Handelsgehilfen zum mächtigen Kaufmann. Doch stets wird sein Glück von Neidern bedroht.
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Taschenbuch
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Kaufmannstochter “
16. Jahrhundert: Bertram schafft den Aufstieg vom Handelsgehilfen zum mächtigen Kaufmann. Doch stets wird sein Glück von Neidern bedroht.
Klappentext zu „Die Kaufmannstochter “
Liebe zwischen Machtspielen und ZunftintrigenEin Junge wird am 1. Januar 1500 auf der Schwelle zwischen den Jahrhunderten geboren. Ein böses Omen. Der Vater will das Unglückskind nicht haben. Trotzdem macht Bertram seinen Weg: Als Handelsgehilfe gewinnt er die Liebe der Kaufmannstochter Gutta und kann in die oberste Riege der Zunft aufsteigen. Doch der missgünstige Ludovik von Stetten droht, nicht nur den Erfolg, sondern auch das Glück des jungen Paares zu zerstören.
Auftakt der grossen Saga um eine Frankfurter Kaufmannsfamilie.
Lese-Probe zu „Die Kaufmannstochter “
Die Kaufmannstochter von Ines ThornLESEPROBE
Prolog
Burg Sauerthal in der Nacht zum 1.Januar 1500
Ein Schrei durchbrach den nächtlichen Frieden der Burg, ging in schrilles Stöhnen über. Die Kerzen im Zimmer der Burgherrin flackerten und warfen zuckende Schatten an die Wände. Im Kohlebecken glimmten die rot glühenden Augen des letzten Holzscheites, während es zu Asche wurde. Draußen rüttelte ein Schneesturm an Fenstern und Türen, drückte die Bäume auf den Boden und brüllte mit der Kreißenden um die Wette.
»Gelobt sei Jesus Christus«, keuchte die Hebamme, riss sich den nassen Umhang vom Leib und wischte sich ein paar Eiskristalle von der Haube.
»In Ewigkeit, Amen«, flüsterte die Magd, die sich mit beiden Händen an den Bettpfosten klammerte. Angstvoll starrte sie auf das Gesicht der Kreißenden, die schlaff im Gebärstuhl hing und mit den Händen am Stoff ihres Kleides riss.
»Wie geht es Euch, Herrin?«
»Das Kind«, stammelte diese matt aus schweißfeuchten Kleidern. »Es liegt so schwer wie ein Stein. Gott wird uns alle strafen.«
Die Hebamme rieb die blassen, eiskalten Hände aneinander. »Abwarten, Herrin. Zwar sagte der Priester, dass die Welt in der heutigen Nacht, die die Jahrhunderte scheidet, untergehen wird, dass Gott uns alle für unsere Sünden strafen wird und deshalb diesen eisigen Sturm als Boten geschickt hat, aber erst bringen wir Euer Kind zur Welt.«
Dann trat sie zu den Fenstern, hängte Decken davor. Doch auch die hielten die Kälte und den Sturm nicht ab, sondern bewegten sich wie Leichentücher im Wind.
»Mir ... mir ist so kalt, als stünde der Tod schon im Zimmer«, flüsterte die junge 13urgherrin und wand sich in einer Wehe.
»Pscht, pscht«, machte die
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Hebamme und betastete den Leib der Kreißenden mit sorgenvollem Ausdruck. Dann schlug sie ihr die Röcke nach oben, spreizte die Schenkel und ließ die Hände in ihrem Schoß verschwinden. Die junge Frau wimmerte.
»Das Kind«, murmelte die Hebamme. »Ihr habt recht, es liegt falsch. Eine Arschgeburt wird es wohl werden.«
Die Magd schrie auf und schlug sich die Hand vor den Mund. »Eine Arschgeburt?«, murmelte sie und riss die Augen weit auf.
»ja. Das Kind, so es lebt, wird mit dem Hintern zuerst in die Welt gucken. Du, schrei nicht, sondern geh und hole Branntwein. Wird genug davon in diesem Hause geben, wie ich den Herrn kenne. Die junge Frau kann's brauchen.«
Die Kreißende starrte wild auf die Magd. »Sag dem Burgherrn nichts von der Arschgeburt«, bat sie. »Halt den Mund! Er wird das Kind sonst verstoßen, noch bevor die Welt untergegangen ist.«
Die Hebamme stemmte die Hände in die Hüften.
»Jetzt hört mit dem Geschwätz auf, Herrin, Ihr werdet Eure Kräfte noch brauchen. Wenn Gott im Himmel wirklich zum jüngsten Gericht blasen sollte, werden wir es noch früh genug erfahren.«
Sie hätte gern weiter geschimpft, doch im selben Augenblick schlug draußen die Glocke des Kirchturms ein Mal, dann ein zweites Mal. Die Hebamme stand stumm und bekreuzigte sich.
»Gleich Mitternacht«, flüsterte die Kreißende und sah die Hebamme flehend an. »Macht, dass das Kind jetzt kommt. Sofort! Ihr wisst, dass es zum Unglück bestimmt ist, wenn ich es beim zwölften Glockenschlag zur Welt bringe. Und noch dazu eine Arschgeburt!«
Drei Mal, vier Mal schlug die Glocke. Die Tür flog auf und der Burgherr kam, gefolgt von der Magd, mit der Branntweinflasche herein. »Eine Arschgeburt«, schrie er. »Hebamme, ich werde dich der Inquisition ausliefern, wenn du das Balg verhext hast.« Er nahm einen langen Schluck vom Branntwein.
Fünfter, sechster, siebter Glockenschlag. Die junge Frau schrie in den Wehen, krallte ihre Hände in die Lehnen des Gebärstuhls, während die Hebamme, die Arme bis zu den Ellbogen im Schoß der Frau, versuchte, das Kind in die richtige Lage zu bringen.
»Ich kann es nicht drehen, es geht nicht!«
»Tu endlich was!«, brüllte der Burgherr. »Sonst bist du des Teufels!«
Der Hebamme lief der Schweiß in Strömen über das Gesicht, während sie zugleich vor Kälte zitterte. Acht, neun Schläge. Sie riss dem Burgherrn den Branntwein aus den Händen, nahm einen. kräftigen Schluck, goss wenig feinfühlig auch der Kreißenden davon in den offenen Mund.
Zehn Mal, elf Mal tönte die Kirchenglocke. Die junge Burgherrin schrie in schrillen Tönen, die Magd betete laut das Vaterunser.
Die Hebamme kniete zwischen den Schenkeln der Kreißenden. »Es kommt! Jetzt kommt es!«
Mit dem mitternächtlichen Glockenschlag ertönte das erste zaghafte Schreien des Säuglings in dieser Welt. Seine Mutter wandte sich ab, bedeckte die Augen und begann zu schluchzen.
Sein Vater aber starrte auf das schreiende Bündel und sagte dumpf: »Eine Arschgeburt um Mitternacht und zwischen zwei Jahrhunderten! Tötet das Kind, damit es kein Unglück über uns bringt.«
© Rowohlt Verlag
»Das Kind«, murmelte die Hebamme. »Ihr habt recht, es liegt falsch. Eine Arschgeburt wird es wohl werden.«
Die Magd schrie auf und schlug sich die Hand vor den Mund. »Eine Arschgeburt?«, murmelte sie und riss die Augen weit auf.
»ja. Das Kind, so es lebt, wird mit dem Hintern zuerst in die Welt gucken. Du, schrei nicht, sondern geh und hole Branntwein. Wird genug davon in diesem Hause geben, wie ich den Herrn kenne. Die junge Frau kann's brauchen.«
Die Kreißende starrte wild auf die Magd. »Sag dem Burgherrn nichts von der Arschgeburt«, bat sie. »Halt den Mund! Er wird das Kind sonst verstoßen, noch bevor die Welt untergegangen ist.«
Die Hebamme stemmte die Hände in die Hüften.
»Jetzt hört mit dem Geschwätz auf, Herrin, Ihr werdet Eure Kräfte noch brauchen. Wenn Gott im Himmel wirklich zum jüngsten Gericht blasen sollte, werden wir es noch früh genug erfahren.«
Sie hätte gern weiter geschimpft, doch im selben Augenblick schlug draußen die Glocke des Kirchturms ein Mal, dann ein zweites Mal. Die Hebamme stand stumm und bekreuzigte sich.
»Gleich Mitternacht«, flüsterte die Kreißende und sah die Hebamme flehend an. »Macht, dass das Kind jetzt kommt. Sofort! Ihr wisst, dass es zum Unglück bestimmt ist, wenn ich es beim zwölften Glockenschlag zur Welt bringe. Und noch dazu eine Arschgeburt!«
Drei Mal, vier Mal schlug die Glocke. Die Tür flog auf und der Burgherr kam, gefolgt von der Magd, mit der Branntweinflasche herein. »Eine Arschgeburt«, schrie er. »Hebamme, ich werde dich der Inquisition ausliefern, wenn du das Balg verhext hast.« Er nahm einen langen Schluck vom Branntwein.
Fünfter, sechster, siebter Glockenschlag. Die junge Frau schrie in den Wehen, krallte ihre Hände in die Lehnen des Gebärstuhls, während die Hebamme, die Arme bis zu den Ellbogen im Schoß der Frau, versuchte, das Kind in die richtige Lage zu bringen.
»Ich kann es nicht drehen, es geht nicht!«
»Tu endlich was!«, brüllte der Burgherr. »Sonst bist du des Teufels!«
Der Hebamme lief der Schweiß in Strömen über das Gesicht, während sie zugleich vor Kälte zitterte. Acht, neun Schläge. Sie riss dem Burgherrn den Branntwein aus den Händen, nahm einen. kräftigen Schluck, goss wenig feinfühlig auch der Kreißenden davon in den offenen Mund.
Zehn Mal, elf Mal tönte die Kirchenglocke. Die junge Burgherrin schrie in schrillen Tönen, die Magd betete laut das Vaterunser.
Die Hebamme kniete zwischen den Schenkeln der Kreißenden. »Es kommt! Jetzt kommt es!«
Mit dem mitternächtlichen Glockenschlag ertönte das erste zaghafte Schreien des Säuglings in dieser Welt. Seine Mutter wandte sich ab, bedeckte die Augen und begann zu schluchzen.
Sein Vater aber starrte auf das schreiende Bündel und sagte dumpf: »Eine Arschgeburt um Mitternacht und zwischen zwei Jahrhunderten! Tötet das Kind, damit es kein Unglück über uns bringt.«
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Autoren-Porträt von Ines Thorn
Ines Thorn wurde 1964 in Leipzig geboren. Nach einer Lehre als Buchhändlerin studierte sie Germanistik, Slawistik und Kulturphilosophie. Sie lebt und arbeitet in Nordhessen und schreibt seit Langem erfolgreich historische Romane.
Autoren-Interview mit Ines Thorn
Interview mit Ines Thorn
In Ihrem Roman „Die Kaufmannstochter“ ist neben der Titelheldin Gutta ihr Ehemann Bertram eine wichtige Figur. Wer aber ist der Gegenspieler der beiden?
Er heißt Ludovik Stetten und verkörpert den typischen Patriziersohn, dem mehr an Prestige als an Arbeit gelegen ist. Im Grunde ist er ein Zerrissener zwischen den Anforderungen seines Vaters und seines Standes und den – nur vage benennbaren – eigenen Bedürfnissen. Im Gegensatz zu dem Bertrams ist sein Ehrgeiz ohne konkretes Ziel. Sein Scheitern ist unausweichlich, bildet aber gleichzeitig die Grundlage für Bertrams Erfolg.
„Die Kaufmannstochter“ ist der erste Band einer „großen Saga um eine Frankfurter Kaufmannsfamilie“. Wie geht sie weiter?
Im zweiten Band, „Die Tochter des Buchdruckers“, stehen die Frauen der Geisenheimers im Mittelpunkt. Der Dreißigjährige Krieg tobt; die Männer der Familie sind zum Teil in die Kriegsgeschehnisse verwickelt. Nun sind es die Frauen, die für ihre Familien sorgen müssen. Dabei spielt ein großes Geheimnis eine wichtige Rolle. Es gibt Rivalitäten unter den Frauen, Ehebruch, eine späte Liebe, einen falschen Erben und – so hoffe ich – jede Menge Spannung. Im dritten Teil geht es dagegen um einen Ausbruch aus Traditionen und Rollenmustern.
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Die Titel Ihrer Romane wie „Die Pelzhändlerin“ oder „Die Silberschmiedin“ verraten schon, dass sich die Geschichten um Frauengestalten herum entwickeln. Warum?
Oh, hier ist die Antwort recht einfach: Ich kenne mich mit Frauen einfach besser aus. Insbesondere, wenn es um weibliche Identität geht, glaube ich, darüber besser Bescheid zu wissen als über Identität und Selbstverständnis der Männer. Darüber hinaus weiß man aus den historischen Wissenschaften einfach mehr über Männer als über Frauen. Geschichtsforschung war Jahrhunderte lang Männerforschung. Es wird Zeit, dass die Frau mal in den Mittelpunkt gerückt wird. Selbst eine so berühmte Theologin wie Hildegard von Bingen war über Jahrhunderte in Vergessenheit geraten.
Schreiben Sie hauptsächlich für eine weibliche Leserschaft?
Nein, ich trenne nicht zwischen einer weiblichen und einer männlichen Leserschaft. Ich freue mich ganz einfach über jeden Leser. Und jede Lesermeinung ist für mich interessant, beflügelt mich oder hinterfragt mich. Ich habe schon tolle Anregungen von Männern bekommen, aber selbstverständlich auch von Frauen. Natürlich kann ich nicht abstreiten, dass meine Bücher mehr von Frauen als von Männern gelesen werden. Vielleicht liegt das daran, dass meine Themen Frauen mehr ansprechen als Männer. Ein Buch sozusagen von Frau zu Frau.
Bei der Arbeit an der Romanbiografie über Matthias Grünewald, „Maler Gottes“, wurde Ihnen klar, dass das historische Genre Ihr Metier und Ihre Liebe ist. Was fasziniert Sie besonders, wenn Sie beim Recherchieren und Schreiben ins Mittelalter abtauchen?
Mich fasziniert der Alltag im Mittelalter. Ich möchte wissen, was und wie die Menschen damals gelebt, geliebt, gelitten haben. Was wurde gegessen in einer Zeit, in der es weder Nudeln noch Reis noch Kartoffeln gab? Wie wurde getanzt, gefeiert? Wie getrauert und gelitten? Was galt damals, das noch heute gilt? Was können wir aus der Vergangenheit lernen? Was hat sich grundlegend verändert? Diesen Fragen möchte ich gern in meinen Büchern nachgehen.
Sie haben nach eigenen Worten eine „glückliche sozialistische Kindheit“ in Leipzig verbracht und leben nun schon einige Jahre in Frankfurt/Main. Wie kam es zu dem Umzug?
Aus Liebe. Ich habe 1990 in der „ersten deutsch-deutschen Werbeagentur“ gearbeitet, ein Joint Venture aus Frankfurtern und Leipzigern. Dort habe ich mich in meinen Kollegen und Chef verliebt und bin mit ihm zusammen nach Frankfurt gezogen. Es hat lange gedauert, bis ich mich in Frankfurt heimisch gefühlt habe, aber jetzt liebe ich insbesondere den Stadtteil Bornheim und die Berger Straße aus vollem Herzen.
Wie sehr fühlen Sie sich noch mit Leipzig verbunden?
Leipzig ist für mich nach wie vor die schönste Stadt der Welt, auch wenn ihr mittlerweile Frankfurt dicht auf den Fersen folgt. Meine Eltern und meine Großmutter leben dort, außerdem einige Freunde. Es kommt immer mal wieder vor, dass ich Sehnsucht nach Leipzig habe, richtiges Heimweh. Schließlich habe ich dort Kindheit und Jugend verbracht.
Sie erzählten einmal, dass in Ihrer Familie die meisten Männer Bücher schreiben. Sind Sie also in einem literarisch geprägten Umfeld aufgewachsen, ist Ihre Leidenschaft, Bücher zu schreiben, quasi schon angelegt gewesen?
Oh, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass mir sowohl meine Eltern und auch meine Großeltern stundenlang vorgelesen haben, als ich noch ein kleines Kind war. Außerdem hörte und höre ich noch heute wahnsinnig gern Geschichten. Dabei ist es mir sogar gleichgültig, ob sie wahr oder erfunden sind. Nicht die Leidenschaft für Bücher liegt mir im Blut, glaube ich, sondern eher die Leidenschaft für Geschichten.
Sie selbst nennen Ihre Lust am Schreiben „Besessenheit“ und wollen durch intensives Studium anderer Schriftsteller immer noch dazu lernen. Wer sind Ihre Lieblingsautoren, wer hat Sie am nachhaltigsten beeinflusst?
Ich bin ein großer Fan von Christoph Hein, von Christa Wolf und – neuerdings – von Uwe Tellkamp. Sehr gern lese ich auch die französischen Gegenwartsautoren. Von Josef Winkler habe ich Detailbeschreibungen gelernt, von amerikanischen Fernsehserien ein wenig Dramaturgie abgeschaut. Eigentlich lerne ich bei jedem Buch etwas. Manchmal ist da ein Wort, ein anderes Mal eine Satzstellung, die mir gut gefällt. Lesen und Schreiben sind für mich mehr als ein Beruf, sie sind einfach mein Leben.
Auch die „Galgentochter“ bekommt eine Fortsetzung mit dem Titel „Höllenknecht“. Arbeiten Sie zeitgleich an mehreren Büchern?
Leider bin ich nur sehr begrenzt fähig zum Multitasking. Ich schreibe meine Bücher fein säuberlich nacheinander. Und nicht nur das: Ich schreibe auch meine Bücher ganz ordentlich von Seite 1 bis Seite 400. Vor- und zurückspringen, wie zahlreiche Kollegen es beherrschen, kann ich leider nicht.
Die Fragen stellte Roland Große Holtforth, Literaturtest.
Oh, hier ist die Antwort recht einfach: Ich kenne mich mit Frauen einfach besser aus. Insbesondere, wenn es um weibliche Identität geht, glaube ich, darüber besser Bescheid zu wissen als über Identität und Selbstverständnis der Männer. Darüber hinaus weiß man aus den historischen Wissenschaften einfach mehr über Männer als über Frauen. Geschichtsforschung war Jahrhunderte lang Männerforschung. Es wird Zeit, dass die Frau mal in den Mittelpunkt gerückt wird. Selbst eine so berühmte Theologin wie Hildegard von Bingen war über Jahrhunderte in Vergessenheit geraten.
Schreiben Sie hauptsächlich für eine weibliche Leserschaft?
Nein, ich trenne nicht zwischen einer weiblichen und einer männlichen Leserschaft. Ich freue mich ganz einfach über jeden Leser. Und jede Lesermeinung ist für mich interessant, beflügelt mich oder hinterfragt mich. Ich habe schon tolle Anregungen von Männern bekommen, aber selbstverständlich auch von Frauen. Natürlich kann ich nicht abstreiten, dass meine Bücher mehr von Frauen als von Männern gelesen werden. Vielleicht liegt das daran, dass meine Themen Frauen mehr ansprechen als Männer. Ein Buch sozusagen von Frau zu Frau.
Bei der Arbeit an der Romanbiografie über Matthias Grünewald, „Maler Gottes“, wurde Ihnen klar, dass das historische Genre Ihr Metier und Ihre Liebe ist. Was fasziniert Sie besonders, wenn Sie beim Recherchieren und Schreiben ins Mittelalter abtauchen?
Mich fasziniert der Alltag im Mittelalter. Ich möchte wissen, was und wie die Menschen damals gelebt, geliebt, gelitten haben. Was wurde gegessen in einer Zeit, in der es weder Nudeln noch Reis noch Kartoffeln gab? Wie wurde getanzt, gefeiert? Wie getrauert und gelitten? Was galt damals, das noch heute gilt? Was können wir aus der Vergangenheit lernen? Was hat sich grundlegend verändert? Diesen Fragen möchte ich gern in meinen Büchern nachgehen.
Sie haben nach eigenen Worten eine „glückliche sozialistische Kindheit“ in Leipzig verbracht und leben nun schon einige Jahre in Frankfurt/Main. Wie kam es zu dem Umzug?
Aus Liebe. Ich habe 1990 in der „ersten deutsch-deutschen Werbeagentur“ gearbeitet, ein Joint Venture aus Frankfurtern und Leipzigern. Dort habe ich mich in meinen Kollegen und Chef verliebt und bin mit ihm zusammen nach Frankfurt gezogen. Es hat lange gedauert, bis ich mich in Frankfurt heimisch gefühlt habe, aber jetzt liebe ich insbesondere den Stadtteil Bornheim und die Berger Straße aus vollem Herzen.
Wie sehr fühlen Sie sich noch mit Leipzig verbunden?
Leipzig ist für mich nach wie vor die schönste Stadt der Welt, auch wenn ihr mittlerweile Frankfurt dicht auf den Fersen folgt. Meine Eltern und meine Großmutter leben dort, außerdem einige Freunde. Es kommt immer mal wieder vor, dass ich Sehnsucht nach Leipzig habe, richtiges Heimweh. Schließlich habe ich dort Kindheit und Jugend verbracht.
Sie erzählten einmal, dass in Ihrer Familie die meisten Männer Bücher schreiben. Sind Sie also in einem literarisch geprägten Umfeld aufgewachsen, ist Ihre Leidenschaft, Bücher zu schreiben, quasi schon angelegt gewesen?
Oh, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass mir sowohl meine Eltern und auch meine Großeltern stundenlang vorgelesen haben, als ich noch ein kleines Kind war. Außerdem hörte und höre ich noch heute wahnsinnig gern Geschichten. Dabei ist es mir sogar gleichgültig, ob sie wahr oder erfunden sind. Nicht die Leidenschaft für Bücher liegt mir im Blut, glaube ich, sondern eher die Leidenschaft für Geschichten.
Sie selbst nennen Ihre Lust am Schreiben „Besessenheit“ und wollen durch intensives Studium anderer Schriftsteller immer noch dazu lernen. Wer sind Ihre Lieblingsautoren, wer hat Sie am nachhaltigsten beeinflusst?
Ich bin ein großer Fan von Christoph Hein, von Christa Wolf und – neuerdings – von Uwe Tellkamp. Sehr gern lese ich auch die französischen Gegenwartsautoren. Von Josef Winkler habe ich Detailbeschreibungen gelernt, von amerikanischen Fernsehserien ein wenig Dramaturgie abgeschaut. Eigentlich lerne ich bei jedem Buch etwas. Manchmal ist da ein Wort, ein anderes Mal eine Satzstellung, die mir gut gefällt. Lesen und Schreiben sind für mich mehr als ein Beruf, sie sind einfach mein Leben.
Auch die „Galgentochter“ bekommt eine Fortsetzung mit dem Titel „Höllenknecht“. Arbeiten Sie zeitgleich an mehreren Büchern?
Leider bin ich nur sehr begrenzt fähig zum Multitasking. Ich schreibe meine Bücher fein säuberlich nacheinander. Und nicht nur das: Ich schreibe auch meine Bücher ganz ordentlich von Seite 1 bis Seite 400. Vor- und zurückspringen, wie zahlreiche Kollegen es beherrschen, kann ich leider nicht.
Die Fragen stellte Roland Große Holtforth, Literaturtest.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Ines Thorn
- 2008, 3. Aufl., 448 Seiten, Masse: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499247666
- ISBN-13: 9783499247668
- Erscheinungsdatum: 23.09.2008
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