Die geprügelte Generation
Kochlöffel, Rohrstock und die Folgen
Prügelorgien prägten die Erziehung in den 1950er- und 1960er-Jahren. Wieso griffen Eltern damals so leicht zu Rohrstock und Kochlöffel? Welche Rolle spielte das Erbe der NS-Zeit? Und wie geht es den Opfern heute? Mit vielen Fallbeispielen zeigt die Autorin...
lieferbar
versandkostenfrei
Buch (Gebunden)
Fr. 24.90
inkl. MwSt.
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Die geprügelte Generation “
Prügelorgien prägten die Erziehung in den 1950er- und 1960er-Jahren. Wieso griffen Eltern damals so leicht zu Rohrstock und Kochlöffel? Welche Rolle spielte das Erbe der NS-Zeit? Und wie geht es den Opfern heute? Mit vielen Fallbeispielen zeigt die Autorin eine schrecklich normale Realität. Und sie ergründet die gesellschaftlichen Auswirkungen.
Klappentext zu „Die geprügelte Generation “
Erst nachdem bekannt wurde, dass in Heimen und Privatschulen Misshandlungen an der Tagesordnung waren, dass Geistliche Kinder mit Stöcken schlugen - erst seitdem wird offen über die damals an Kindern verübte alltägliche Gewalt geredet.Fragen nach dem WARUM kommen auf: War es der Zeitgeist, der zu Watsch'n und einer Tracht Prügel verleitete? Hing es damit zusammen, dass die Väter traumatisiert aus dem Krieg zurückkehrten? Geschah dies alles in einer unsäglich brutalen Erziehungstradition? Mit einem Blick auf Gegenwart und Vergangenheit beschreibt dieses Buch, wie sich der Vertrauensbruch der Eltern auf die Biografie der Kinder ausgewirkt hat. Wie die demütigenden Schläge die Gefühle, den Alltag und die Beziehungen einer ganzen Generation bis heute beeinflussen. Und ob die einst geprügelten Kinder als spätere Erwachsene diesen Eltern verziehen oder mit ihnen brachen.
gebunden mit Schutzumschlag
Lese-Probe zu „Die geprügelte Generation “
1. KapitelKOMM DU MIR BLOSS NACH HAUSE ...
Bauklötze aus Brikett
Sonja war fünf Jahre alt und spielte mit einer Freundin in der Garage ihrer Eltern. Zu der Zeit wurde noch hauptsächlich mit Kohle geheizt. Und so waren dort Briketts für den Winter gestapelt, zum Entzücken der beiden Mädchen. Die packten sie sich, diese schwarzen, rechteckigen Klötze, ohne Rücksicht auf ihre sauberen Anziehsachen, stapelten sie gekonnt und bauten aus ihnen eine Sitzgarnitur. Mit Tischen und Stühlen, mit allem, was dazu gehört. Stolz betrachteten beide anschliessend ihr Werk, kletterten daran rauf und runter, ohne sich gross darum zu scheren, dass sie sich dabei immer mehr mit den Briketts einstaubten und dreckig machten.
»Das war Anfang der 50er Jahre. Meine Mutter hatte keine Waschmaschine und musste für uns drei Kinder zu Hause mit der Hand waschen«, erinnert sich Sonja. Dementsprechend aufgebracht war die Mutter, als sie die verschmierte Kleidung der Tochter sah - und schlug zu. »Das war das erste Mal, dass sie den Rohrstock rausgeholt hat.« Sonja zögert. »Vielleicht war es ja auch vorher schon.« Nur an dieses Mal erinnert sich Sonja noch ganz genau.
Für den Berliner Erziehungswissenschaftler Ulf Preuss-Lausitz eine in der damaligen Zeit normale und auch gesellschaftlich anerkannte Reaktion. »Es war durchaus klar, dass man das hinnehmen musste, wenn es passierte. Körperliche Strafen, die b e rühmte Ohrfeige oder auch mal das 'an den Ohren ziehen' - solche Sachen waren üblich in den 50er und 60er Jahren und dementsprechend allgemein akzeptiert. In den Medien, überhaupt in der Öffentlichkeit, ja auch in den Gesprächen der Erwachsenen untereinander galten Schläge als erzieherisch wirksames Mittel.«
Sonja bekam das zu spüren. »Über meine Eltern wurde gelegentlich gesagt, sie seien sehr streng. Ich finde, das ist untertrieben, sie waren brutal. Sie hatten ein brutales Erziehungs-Straf system. Das war gestaffelt, je nach Vergehen. Und kleinere Vergehen
... mehr
konnten sich addieren. Bis dann der Rohrstock kam.« Sonja hatte häufig den Eindruck, ihre Eltern hätten sich »regelrecht entlastet«, wenn sie die Tochter oder die Söhne verhauten. Danach schien es Vater und Mutter richtig gut zu gehen. Sie wirkten, als hätten sie Luft abgelassen. Dabei behaupteten die Eltern stets, die Kinder müssten nach einer solchen Tracht Prügel erleichtert sein, sich geradezu befreit fühlen, weil sie ihre Schandtat endlich gesühnt hätten. »Tatsache war, die Eltern fühlten sich besser, weil sie ihren Frust rausgeprügelt hatten. Auf uns.« Auf Sonja und ihre zwei Brüder.
»Meine Eltern waren Profiteure des Nazi-Regimes gewesen«. Diese Bemerkung macht Sonja ziemlich zu Anfang unseres Gespräches. Es ist ihr wichtig, einen Zusammenhang zwischen dem Zerplatzen der Träume ihrer Eltern von einem »Grossdeutschen Reich«, verbunden mit einem damit einhergehenden von ihnen offenbar erwarteten Wohlstand und den so schmerzhaften späteren Sanktionsritualen in ihrer Familie herzustellen. Jedenfalls wirkten diese Eltern auf die kleine Sonja enttäuscht, gekränkt, ja geradezu wütend. Und sie liessen ihre Wut an den Kindern aus. So kam es Sonja jedenfalls vor.
Wenn ihre Brüder zum Beispiel etwas angestellt hatten, wenn sie - was nicht selten passierte - mit schlechten Zeugnissen nach Hause kamen, dann mussten sie sich der Reihe nach im Wohnzimmer aufstellen. In diesem grossen, repräsentativen Wohnzimmer, in dem Gäste mit Salzstangen und Moselwein bewirtet wurden. Und dann schlug der Vater zu, während die Mutter dabei sass, »mit einem kleinen Cognac, einer Zigarette, und sich das ansah.«
Das Trotzköpfchen soll sich beruhigen
Sonja kommt aus einer bürgerlich protestantischen Familie. Ihr Vater war das, was man heute einen Manager nennen würde. Zunächst wa
»Meine Eltern waren Profiteure des Nazi-Regimes gewesen«. Diese Bemerkung macht Sonja ziemlich zu Anfang unseres Gespräches. Es ist ihr wichtig, einen Zusammenhang zwischen dem Zerplatzen der Träume ihrer Eltern von einem »Grossdeutschen Reich«, verbunden mit einem damit einhergehenden von ihnen offenbar erwarteten Wohlstand und den so schmerzhaften späteren Sanktionsritualen in ihrer Familie herzustellen. Jedenfalls wirkten diese Eltern auf die kleine Sonja enttäuscht, gekränkt, ja geradezu wütend. Und sie liessen ihre Wut an den Kindern aus. So kam es Sonja jedenfalls vor.
Wenn ihre Brüder zum Beispiel etwas angestellt hatten, wenn sie - was nicht selten passierte - mit schlechten Zeugnissen nach Hause kamen, dann mussten sie sich der Reihe nach im Wohnzimmer aufstellen. In diesem grossen, repräsentativen Wohnzimmer, in dem Gäste mit Salzstangen und Moselwein bewirtet wurden. Und dann schlug der Vater zu, während die Mutter dabei sass, »mit einem kleinen Cognac, einer Zigarette, und sich das ansah.«
Das Trotzköpfchen soll sich beruhigen
Sonja kommt aus einer bürgerlich protestantischen Familie. Ihr Vater war das, was man heute einen Manager nennen würde. Zunächst wa
... weniger
Inhaltsverzeichnis zu „Die geprügelte Generation “
Autoren-Porträt von Ingrid Müller-Münch
Ingrid Müller-Münch, Journalistin und Autorin. Sie war Korrespondentin der Nachrichtenagentur »Reuters« und der »Frankfurter Rundschau«, Redakteurin beim »Stern« und arbeitet heute hauptsächlich für den »Westdeutschen Rundfunk«. Sie lebt in Köln.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ingrid Müller-Münch
- 2012, 3. Aufl. 2012, 284 Seiten, Masse: 13 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 3608946802
- ISBN-13: 9783608946802
- Erscheinungsdatum: 17.02.2012
Rezension zu „Die geprügelte Generation “
»Man wird selten ähnlich kompakte, sachliche, theoretisch und von Statistiken untermauerte Informationen zum Thema der familiären Gewalt gegen Kinder finden.« Marianne Krüll, Psychologie heute, Juni 2012 »Ingrid Müller-Münch hat ein aufklärendes, ja aufklärerisches Generationsporträt geschrieben. Eine unschätzbare Gelegenheit zur Selbstvergewisserung für alle, die im Wirtschaftswunderland gross geworden sind. Und eine empfehlenswerte Lektüre für Nachgeborene, die wissen wollen, was ihre Eltern oder Grosseltern bis heute prägt. ... Ohne den Erzählungen der Betroffenen ihre Wirkung zu nehmen, ohne je den gut lesbaren Stil zu verlieren, macht sie uns zugleich mit dem Stand der psychologischen, sozialwissenschaftlichen und historischen Forschung vertraut.« Deutschlandradio Kultur, Lesart, 05.08.2012 »Entweder du parierst, oder es setzt was! Deutschland, einig Rohrstockland: Ingrid Müller-Münch sucht Antworten auf die Frage, warum Generationen von Kindern geprügelt wurden.« FAZ Literaturbeilage, März 2012 »Noch in den 70er-Jahren hielten viele Eltern die Prügelstrafe für eine gute Erziehungsmethode. Ingrid Müller-Münch hat über die alltäglichen Gewaltorgien und ihre Folgen ein Buch geschrieben.« Welt am Sonntag, Andreas Fasel, 21.02.2012 »Dass Müller-Münch einem bestimmten politischen Lager das Wort reden würde, kann man nicht behaupten. Ihr Buch ist ein Bericht, ein Protokoll, keine Streitschrift. Dazu gehört, dass sie auch die positiven Entwicklungen registriert, wie die gestiegene öffentliche Sensibilität gegenüber schlagenden Eltern, deren Handeln nicht mehr ohne weiteres als Privatvergnügen angesehen wird und dies seit 2000 auch per Gesetz nicht mehr ist.« Cosima Lutz, Die Literarische Welt, 21.04.2012 »Der Rohrstock als Erziehungsmittel: Die Journalistin Ingrid Müller-Münch beschreibt in einem neuen Buch, wie brutal Eltern in den 50er- und 60er-Jahren zuschlugen. Und wie ihre Kinder bis heute darunter leiden. Die FR veröffentlicht Auszüge aus dem Werk.« Frankfurter
... mehr
Rundschau, 22.02.2012 »Das gehört sicher zum Besten, was heute einem guten Buch passieren kann: Es sprengt seine Deckel und schreibt sich von alleine fort ... Die Journalistin, Buch- und Theaterautorin hat die Wirtschaftswunder-Kinder ins Reden gebracht ... Ingrid Müller-Münch hat ein aufklärendes, ja aufklärerisches Generationsporträt geschrieben. Eine unschätzbare Gelegenheit zur Selbstvergewisserung für alle, die im Wirtschaftswunderland gross geworden sind. Und eine empfehlenswerte Lektüre für Nachgeborene, die wissen wollen, was ihre Eltern oder Grosseltern bis heute prägt.« Stephan Hebel, Deutschlandradio, 5.8.2012 »Die meisten 50-Jährigen wurden geprügelt - Ein Gespräch mit der Buchautorin Ingrid Müller-Münch. Eine ganze Generation von Deutschen ist von den Eltern verprügelt worden. Das sagt die Journalistin Ingrid Müller-Münch in ihrem Buch »Die geprügelte Generation«. In den 50ern und 60ern fühlten sich Eltern im Recht, ihre Kinder zu prügeln, niemand nahm ihnen den Rohrstock ab.« DeutschlandRadio.de Wissen, 23.02.2012 »Müller-Münch, die am eigenen Leibe Prügeln erlebt hatte, gelang es aufgrund eigener Erfahrungen, Frauen und Männer über das Verdrängte zum Reden zu bringen ... Die Horror-Geschichten, die sich in ihrem Buch "Die geprügelte Generation - Kochlöffel, Rohrstock und die Folgen" in Interviews widerspiegeln und von der umfangreichen Fachliteratur wie auch Belletristik zu diesem Thema unterfüttert werden, sind erschütternd.« Marianne Quoirin, Kölner Stadt-Anzeiger, 10./11.03.2012 In der Wochenendbeilage der Stuttgarter Zeitung ist am 03. März 2012 ein Interview mit Ingrid Müller-Münch über Ihr Buch »Die geprügelte Generation« erschienen. Das Gespräch führte Adrienne Braun. Stuttgarter Zeitung, 03.03.2012 »Das Buch ist unbedingt lesenswert!« Dieter Göbel, Jugendhilfereport, April 2013 Ingrid Müller-Münch »hat über die Erfahrungen einer Generation mit Eltern, die den »Kochlöffel mit einem Schlaginstrument« verwechselten ein Buch geschrieben. Daraus las sie in der Volkshochschule Waiblingen einem kleinen Kreis vor. Waiblinger Kreiszeitung, Sabine Reichle, 02.04.2012 Im »Buchjournal« ist in der Ausgabe 1/2012, ein mehrseitiges Interview mit der Autorin Ingrid Müller-Münch erschienen. Das Buchjournal-Heft ist am 24.2.2012 erschienen und liegt bei über 2.000 Buchhändlern bundesweit und in Österreich und der Schweiz aus. Buchjournal, Ausgabe 1/2012 »Müller-Münchs Buch leistet ein eindringliches Plädoyer gegen Gewalt an Kindern und macht deutlich, wie wichtig es ist, sich mit der eigenen, oft gewaltvollen, Vergangenheit auseinander zu setzen, um dem Kreislauf der Gewalt zu entgehen und den eigenen Kindern geben zu können, was ihnen zusteht: ein Aufwachsen ohne Gewalt.« Katja Rose, unerzogen, Juli 2012 »Ein sehr lesenswertes Buch, ein so eindrucksvolles wie bedrückendes Panorama kollektiver und sogar "gesetzlich geschützter" Kinderquälerei. Keine Spasslektüre, aber eine, die sehr grosses Echo findet. An dem zu ermessen ist, welches Ausmass dieser lange beschwiegene Skandal in Deutschland hatte.« Martina Bicher, schnüss - Bonner Stadtmagazin, Juni 2012 »Ingrid Müller-Münch versteht es, gerade auf ihre ihr eigene unprätentiöse und dennoch eindeutig parteiische Art, diese Form der "Erziehung" für die nun dem Ruhestand entgegengehende Generation endlich einmal sachlich und präzise zu beschreiben und aufzuzeigen. Dem Geschehen eine "Sprache zu geben". Und die nachfolgende Frage zu stellen und zu beantworten: Was diese rüden Methoden bewirkten, wie es den später Erwachsenen mit dieser Art des Aufwachsens erging. Ganz hervorragend arbeitet die Autorin auf diesem Weg heraus, dass vor allem Gefühle von Angst und Einsamkeit, von einem "sich nicht (wirklich) angenommen" wissen mit geprägt haben.« buchtips.net, 23. Mai 2012 »Die Journalistin und Autorin Ingrid Müller-Münch deckt nun in ihrem Buch Die geprügelte Generation erstmals das Ausmass der Gewalt auf und lässt die Leidensgenossen zu Wort kommen. Im Interview mit news.de spricht sie über die Folgen dieser familiären Dramen und erklärt, warum Eltern auch heute noch zuschlagen.« News.de, 03.03.2012 »Ingrid Müllers Buch musste ich immer wieder zu Seite legen, weil mich ihre Recherchen sehr berührt haben, nicht zuletzt auch, weil sie mich an Berichte einiger, meiner Jugendfreunde erinnern, die auf ähnliche Weise gedemütigt wurden.[...] Ein Buch, das besonders junge Menschen lesen sollten, um aus den Verblendungen ihrer Grosseltern und Urgrosseltern zu lernen.[...]« Helga König, helga-koenig-gpw.blogspot.com, 07.03.2012
... weniger
Kommentare zu "Die geprügelte Generation"
0 Gebrauchte Artikel zu „Die geprügelte Generation“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 3Schreiben Sie einen Kommentar zu "Die geprügelte Generation".
Kommentar verfassen