Die Geheimnisse des Nicholas Flamel Band 4: Der unheimliche Geisterrufer
Die Geheimnisse des Nicholas Flamel
Flamel und die Zwillinge müssen verhindern, dass ihre Feinde die Armee der unheimlichen Kreaturen aus Alcatraz befreien. Dann verschwindet Josh. Der dunkle Magier Dee hat ihn in seiner tödlichen Gewalt.
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Produktinformationen zu „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel Band 4: Der unheimliche Geisterrufer “
Flamel und die Zwillinge müssen verhindern, dass ihre Feinde die Armee der unheimlichen Kreaturen aus Alcatraz befreien. Dann verschwindet Josh. Der dunkle Magier Dee hat ihn in seiner tödlichen Gewalt.
Klappentext zu „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel Band 4: Der unheimliche Geisterrufer “
Mit knapper Not konnten Flamel und die Zwillinge wieder zurück nach San Francisco fliehen. Doch auch in ihrer Heimatstadt gibt es kein Ausruhen. Um zu verhindern, dass ihre Feinde die Armee unheimlicher Kreaturen aus Alcatraz befreien, muss Josh nun auch in der Feuermagie ausgebildet werden. Doch kaum hat er die übertragen bekommen, da verschwindet Josh spurlos. Sophie ist zutiefst erschüttert, als sie herausfindet, dass erneut Dee hinter dem Verschwinden ihres Bruders steckt. Der dunkle Magier - von seinen Dienstherren wegen seines Versagens zum Tode verurteilt - hat nun jegliche Skrupel verloren: Mit Joshs Hilfe will er etwas Uraltes aus dem Geisterreich herbeirufen. Ein Wesen, das antritt, um selbst das Ältere Geschlecht zu töten - ganz sicher aber Josh.
"Spannend! Spektakulär! Spitze! Das vierte Fantasy-Abenteuer ruft schon nach einem weiteren. Michael Scott, bitte sofort der nächste kunterbunte Fantasy-Einsatz!" -- Alex Dengler, denglers-buchkritik.de
Lese-Probe zu „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel Band 4: Der unheimliche Geisterrufer “
Der unheimliche Geisterrufer von Michael Scott... mehr
Ich habe Angst.
Nicht um mich, sondern um die, die ich zurücklassen werde: Perenelle und die Zwillinge.
Ich habe mich damit abgefunden, dass wir uns den Codex nicht mehr rechtzeitig zurückholen können. Mir bleibt vielleicht noch eine Woche, höchstens zwei, bevor ich an Altersschwäche sterbe; Perenelle hat noch ein paar Tage mehr. Und jetzt, da der Tod so nahe ist, wird mir bewusst, dass ich nicht sterben will.
Ich lebe seit sechshundertundsechsundsiebzig Jahren auf dieser Erde, und es gibt noch so vieles, das ich nicht gesehen habe, so vieles, das ich gerne noch tun würde.
Ich bin jedoch dankbar, dass ich lange genug leben durfte, um die legendären Zwillinge zu finden, und stolz, dass ich mit ihrer Ausbildung in der Elemente-Magie beginnen konnte. Sophie beherrscht drei Zweige davon, Josh nur einen, aber er hat andere Fähigkeiten bewiesen und ist über die Maßen mutig.
Wir sind nach San Francisco zurückgekehrt, nachdem wir Dee in London dem Tod preisgegeben haben. Ich hoffe, wir sehen ihn nie mehr wieder. Und selbst wenn die Begegnung mit dem Archon ihn nicht vernichtet hat, werden seine Gebieter einen Fehlschlag diesen Ausmaßes nicht tolerieren, das weiß ich gewiss. Allerdings beunruhigt mich die Tatsache, dass Machiavelli sich hier in der Stadt aufhält. Perenelle hat ihn und seinen Begleiter zusammen mit einer Armee von Ungeheuern auf Alcatraz zurückgelassen, aber ich bin mir nicht sicher, wie lange man jemanden wie Machiavelli tatsächlich auf der Felseninsel festhalten kann.
Perenelle und ich sind uns einig, dass Alcatraz eine Bedrohung darstellt, der wir entgegentreten müssen, solange wir das noch können. Allein der Gedanke an das, was die Gefängniszellen bergen, jagt mir einen Schauer über den Rücken. In den Legenden wird von vergangenen Zeiten berichtet, in denen die dunklen Wesen des Älteren Geschlechts Ungeheuer auf die Städte der Menschen losgelassen haben - und ich fürchte, dass Dee verrückt und verzweifelt genug ist, um genau das wieder zu tun.
Noch beunruhigender allerdings ist, dass Scathach und Johanna von Orléans verschwunden sind. Das Krafttor von Notre Dame hätte sie auf Mount Tamalpais bringen sollen, doch sie sind dort nie angekommen. Saint-Germain ist außer sich vor Sorge, aber ich habe ihn daran erinnert, dass Scathach über zweieinhalbtausend Jahre alt ist und die beste Kriegerin aller Zeiten und Welten. Auch Johanna gehört zu den tapfersten Kriegerinnen, die die Welt je gesehen hat. Francis hat sich den Point Zéro, den Nullpunkt in Paris genau angesehen, und er hat etwas gefunden, das er für Knochensplitter prähistorischer Tiere hält. Ich vermute, dass Machiavelli das Tor mithilfe des uralten alchemistischen Anziehungszaubers manipuliert hat, und stimme mit Saint-Germain überein, dass Scathach und Johanna in die Vergangenheit zurückversetzt wurden. Die Frage ist nur: in welche Zeit?
Meine größte Sorge gilt immer noch den Zwillingen. Ich bin mir nicht mehr sicher, wie sie über mich denken. Dass Josh Vorbehalte gegen mich hat, wusste ich von Anfang an, doch jetzt spüre ich, dass beide voller Angst und Misstrauen sind. Sicher, sie haben Dinge aus meiner Vergangenheit erfahren, die ich lieber für mich behalten hätte. Vielleicht hätte ich ehrlicher zu ihnen sein sollen. Auf einiges von dem, was ich getan habe, bin ich nicht stolz, aber ich bereue nichts. Ich habe getan, was ich tun musste, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Und ich würde alles noch einmal genauso tun.
Die Zwillinge sind wieder im Haus ihrer Tante in Pacific Heights. Ich werde ihnen einen oder zwei Tage Zeit zum Ausruhen und Erholen lassen, jedoch nicht mehr, da Perenelle und ich uns den Luxus von Zeit nicht mehr leisten können. Danach machen wir weiter. Ihre Ausbildung muss abgeschlossen werden. Sie müssen bereit sein für den Tag, an dem die Dunklen des Älteren Geschlechts zurückkommen.
Und dieser Tag ist nicht mehr fern.
Das Lithafest rückt näher.
Aus dem Tagebuch von Nicholas Flamel, Alchemyst
Niedergeschrieben am heutigen Tag, den 5. Juni,
in San Francisco, der Stadt meiner Wahl
KAPITEL EINS
Ich hätte nie gedacht, dass ich noch einmal hierher zurückkomme«, sagte Sophie Newman und grinste ihren Bruder an.
»Und ich hätte nie gedacht, dass ich mich so darüber freuen würde«, erwiderte Josh. »Es sieht alles so ... ich weiß auch nicht ... anders aus.«
»Es sieht noch genauso aus wie immer«, fand seine Schwester. »Wir sind es, die sich verändert haben.«
Sophie und Josh gingen die Scott Street in Pacific Heights, einem Stadtviertel von San Francisco, hinunter. Sie steuerten das Haus ihrer Tante Agnes an der Ecke zur Sacramento Street an. Vor sechs Tagen - am Donnerstag, den 31. Mai - hatten sie die Tante zum letzten Mal gesehen und waren von ihrem Haus aus zur Arbeit gegangen, Sophie ins Café und Josh in die Buchhandlung. Es war ein ganz gewöhnlicher Tag gewesen ... Der letzte gewöhnliche Tag in ihrem Leben, wie sich herausgestellt hatte.
An diesem Tag hatte sich ihre Welt für immer verändert. Auch sie hatten sich verändert, und zwar physisch wie psychisch.
»Was sagen wir ihr?«, fragte Josh nervös.
Tante Agnes war 84 Jahre alt, und auch wenn die beiden sie Tante nannten, waren sie nicht blutsverwandt mit ihr. Sophie vermutete, Agnes sei vielleicht die Schwester ihrer Großmutter ... oder eine Cousine oder auch nur eine Freundin. Sicher wusste sie es nicht. Sie war eine ganz liebe, aber leicht aus der Fassung zu bringende alte Dame, die schon in helle Aufregung geriet, wenn die Zwillinge auch nur fünf Minuten zu spät kamen. Sie trieb die beiden in den Wahnsinn und erstattete ihren Eltern über so gut wie alles, was sie taten, Bericht.
»Nur nichts Kompliziertes«, antwortete Sophie. »Wir bleiben bei der Geschichte, die wir Mom und Dad erzählt haben: Zuerst hat die Buchhandlung geschlossen, weil es Perenelle nicht gut ging, und dann haben die Flamels -«
»Die Flemings«, korrigierte Josh.
»... die Flemings uns eingeladen, ein paar Tage mit ihnen in ihrem Haus in der Wüste zu verbringen.«
»Und warum musste die Buchhandlung schließen?« »Ein Leck in der Gasleitung.«
Josh nickte. »Ein Leck in der Gasleitung. »Und wo genau ist das Haus in der Wüste?«
»Joshua Tree.«
»Okay, alles klar.«
»Sicher? Du bist ein miserabler Lügner.«
Josh zuckte mit den Schultern. »Ich werde mich anstrengen. Du weißt, dass sie uns ganz schön was husten wird, ja?«
»Ich weiß. Und das ist erst der Anfang. Danach müssen wir auch noch mit Mom und Dad sprechen.«
Wieder nickte Josh. Dann sah er seine Schwester an. Schon seit Tagen hatte er sich heftig Gedanken über etwas gemacht. Jetzt hielt er den Zeitpunkt für günstig, die Sache zur Sprache zu bringen. »Ich habe mir überlegt«, begann er zögernd, »ob wir ihnen nicht einfach die Wahrheit sagen sollten.«
»Die Wahrheit?« An Sophies Miene war nichts abzulesen.
Die Zwillinge überquerten die Jackson Street. Drei Blocks weiter vorn konnten sie schon das weiße, im viktorianischen Stil erbaute Haus der Tante sehen.
»Was hältst du davon?«, fragte Josh nach, als seine Schwester schwieg.
Endlich nickte Sophie. »Klar, könnten wir.« Sie strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und sah ihren Bruder an. »Aber du weißt schon, was das heißt, ja? Wir verklickern Mom und Dad, dass ihr gesamtes Lebenswerk für die Katz war. Dass alles, was sie studiert haben - Geschichte, Archäologie und Paläontologie -, so nicht stimmt.« Ihre Augen weiteten sich. »Super Idee. Mach das mal. Ich lass dir gerne den Vortritt und schau es mir an.«
Josh zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Okay, okay, dann sagen wir es ihnen eben nicht.«
»Zumindest jetzt noch nicht.«
»Einverstanden. Aber früher oder später erfahren sie es doch. Du weißt selbst, dass es unmöglich ist, Geheimnisse vor ihnen zu haben. Sie kriegen immer alles raus.«
»Weil Tante Agnes petzt«, murmelte Sophie.
Eine glänzende schwarze Stretchlimousine mit getönten Scheiben fuhr langsam an den Zwillingen vorbei. Der Fahrer hatte sich vorgebeugt und versuchte, durch die Bäume entlang der Straße die Hausnummern zu erkennen. Der Wagen blinkte und hielt ein Stück weiter vorn an.
Josh wies mit dem Kinn darauf. »Komisch. Sieht so aus, als würde er vor Tante Agnes' Haus halten.«
Sophie blickte in Gedanken versunken auf. »Wenn wir nur mit jemandem reden könnten. Mit jemandem wie Gilgamesch.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich hoffe, es geht ihm gut.« Als sie den Unsterblichen das letzte Mal gesehen hatte, war er verwundet gewesen. Ein Pfeil des gehörnten Gottes hatte ihn getroffen. Sophie sah ihren Bruder an und stellte ärgerlich fest: »Du hörst mir ja gar nicht zu.«
»Der Wagen hält tatsächlich vor Tante Agnes' Haus«, stellte Josh leise fest. Seine Kopfhaut kribbelte. War das eine Warnung? »Sophie?«
»Was ist denn?«
»Wann hatte Tante Agnes das letzte Mal Besuch?« »Sie bekommt nie Besuch.«
Die Zwillinge beobachteten, wie der schlanke Chauffeur im schwarzen Anzug ausstieg und die Eingangsstufen hinaufging, eine Hand locker auf das Eisengeländer gelegt. Er trug schwarze Handschuhe. Mit ihren geschärften Sinnen hörten die Zwillinge deutlich sein Klopfen an der Tür. Instinktiv gingen beide schneller.
Tante Agnes öffnete. Sie war eine zierliche, knochige alte Dame mit knubbeligen Knien und von Arthrose geschwollenen Fingern. Josh wusste, dass sie als junges Mädchen als große Schönheit gegolten hatte. Aber das war lange her. Sie hatte nie geheiratet und in der Familie erzählte man sich, dass ihr Liebster im Krieg gefallen sei. Josh hatte sich immer gefragt, in welchem.
»Josh?«
»Hier stimmt was nicht«, murmelte Josh. Er begann zu joggen und Sophie passte sich mühelos seinem Schritt an.
Die Zwillinge sahen, dass der Chauffeur Tante Agnes etwas hinhielt und sie es ihm aus der Hand nahm. Mit zusammengekniffenen Augen beugte sie sich über etwas, das aussah wie ein Foto. Als sie sich noch tiefer darüber beugte, schlüpfte der Mann plötzlich an ihr vorbei und stürmte ins Haus.
Josh sprintete los. »Der Wagen darf nicht wegfahren!«, rief er Sophie zu, während er schon über die Straße rannte und die Stufen zum Haus hinaufhastete. »Hallo, Tante Agnes, wir sind wieder da«, grüßte er und lief an ihr vorbei.
Die alte Dame drehte sich einmal um ihre eigene Achse; dabei fiel ihr das Foto aus den Händen.
Auch Sophie überquerte im Laufschritt die Straße, blieb dann aber hinter dem Wagen stehen. Sie bückte sich und presste die Fingerspitzen auf den hinteren Reifen an der Beifahrerseite. Dann legte sie den Daumen auf den Kreis an der Unterseite ihres Handgelenks und ihre Finger begannen, weiß zu glühen. Es stank nach verbranntem Gummi, machte fünfmal deutlich hörbar plopp und der Reifen hatte fünf Löcher. Luft strömte heraus und der Wagen sank rasch auf die Felge.
»Sophie!«, kreischte die alte Dame, als das Mädchen die Eingangsstufen herauflief und ihre verwirrte Tante an der Hand nahm. »Was ist hier los? Wo wart ihr? Wer war der nette junge Mann? War das Josh, den ich eben gesehen habe?«
»Komm mit, Tante Agnes.«
Sophie zog ihre Tante von der Tür weg, damit sie, falls Josh oder der Chauffeur wieder herausgestürmt kamen, nicht versehentlich über den Haufen gerannt wurde. Sie bückte sich und hob das Foto auf, das ihre Tante fallen gelassen hatte. Dann führte sie die alte Dame ein gutes Stück vom Haus weg. In sicherer Entfernung besah Sophie sich das vergilbte Foto. Es zeigte eine junge Frau in Schwesterntracht - zumindest erschien es Sophie so. In die untere rechte Ecke hatte jemand mit weißer Tinte das Wort Ypres sowie die Jahreszahl 1914 geschrieben. Sophie hielt den Atem an. Die Frau auf dem Foto war ohne jeden Zweifel Scathach.
© 2011 für die deutschsprachige Ausgabe cbj, München
Ich habe Angst.
Nicht um mich, sondern um die, die ich zurücklassen werde: Perenelle und die Zwillinge.
Ich habe mich damit abgefunden, dass wir uns den Codex nicht mehr rechtzeitig zurückholen können. Mir bleibt vielleicht noch eine Woche, höchstens zwei, bevor ich an Altersschwäche sterbe; Perenelle hat noch ein paar Tage mehr. Und jetzt, da der Tod so nahe ist, wird mir bewusst, dass ich nicht sterben will.
Ich lebe seit sechshundertundsechsundsiebzig Jahren auf dieser Erde, und es gibt noch so vieles, das ich nicht gesehen habe, so vieles, das ich gerne noch tun würde.
Ich bin jedoch dankbar, dass ich lange genug leben durfte, um die legendären Zwillinge zu finden, und stolz, dass ich mit ihrer Ausbildung in der Elemente-Magie beginnen konnte. Sophie beherrscht drei Zweige davon, Josh nur einen, aber er hat andere Fähigkeiten bewiesen und ist über die Maßen mutig.
Wir sind nach San Francisco zurückgekehrt, nachdem wir Dee in London dem Tod preisgegeben haben. Ich hoffe, wir sehen ihn nie mehr wieder. Und selbst wenn die Begegnung mit dem Archon ihn nicht vernichtet hat, werden seine Gebieter einen Fehlschlag diesen Ausmaßes nicht tolerieren, das weiß ich gewiss. Allerdings beunruhigt mich die Tatsache, dass Machiavelli sich hier in der Stadt aufhält. Perenelle hat ihn und seinen Begleiter zusammen mit einer Armee von Ungeheuern auf Alcatraz zurückgelassen, aber ich bin mir nicht sicher, wie lange man jemanden wie Machiavelli tatsächlich auf der Felseninsel festhalten kann.
Perenelle und ich sind uns einig, dass Alcatraz eine Bedrohung darstellt, der wir entgegentreten müssen, solange wir das noch können. Allein der Gedanke an das, was die Gefängniszellen bergen, jagt mir einen Schauer über den Rücken. In den Legenden wird von vergangenen Zeiten berichtet, in denen die dunklen Wesen des Älteren Geschlechts Ungeheuer auf die Städte der Menschen losgelassen haben - und ich fürchte, dass Dee verrückt und verzweifelt genug ist, um genau das wieder zu tun.
Noch beunruhigender allerdings ist, dass Scathach und Johanna von Orléans verschwunden sind. Das Krafttor von Notre Dame hätte sie auf Mount Tamalpais bringen sollen, doch sie sind dort nie angekommen. Saint-Germain ist außer sich vor Sorge, aber ich habe ihn daran erinnert, dass Scathach über zweieinhalbtausend Jahre alt ist und die beste Kriegerin aller Zeiten und Welten. Auch Johanna gehört zu den tapfersten Kriegerinnen, die die Welt je gesehen hat. Francis hat sich den Point Zéro, den Nullpunkt in Paris genau angesehen, und er hat etwas gefunden, das er für Knochensplitter prähistorischer Tiere hält. Ich vermute, dass Machiavelli das Tor mithilfe des uralten alchemistischen Anziehungszaubers manipuliert hat, und stimme mit Saint-Germain überein, dass Scathach und Johanna in die Vergangenheit zurückversetzt wurden. Die Frage ist nur: in welche Zeit?
Meine größte Sorge gilt immer noch den Zwillingen. Ich bin mir nicht mehr sicher, wie sie über mich denken. Dass Josh Vorbehalte gegen mich hat, wusste ich von Anfang an, doch jetzt spüre ich, dass beide voller Angst und Misstrauen sind. Sicher, sie haben Dinge aus meiner Vergangenheit erfahren, die ich lieber für mich behalten hätte. Vielleicht hätte ich ehrlicher zu ihnen sein sollen. Auf einiges von dem, was ich getan habe, bin ich nicht stolz, aber ich bereue nichts. Ich habe getan, was ich tun musste, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Und ich würde alles noch einmal genauso tun.
Die Zwillinge sind wieder im Haus ihrer Tante in Pacific Heights. Ich werde ihnen einen oder zwei Tage Zeit zum Ausruhen und Erholen lassen, jedoch nicht mehr, da Perenelle und ich uns den Luxus von Zeit nicht mehr leisten können. Danach machen wir weiter. Ihre Ausbildung muss abgeschlossen werden. Sie müssen bereit sein für den Tag, an dem die Dunklen des Älteren Geschlechts zurückkommen.
Und dieser Tag ist nicht mehr fern.
Das Lithafest rückt näher.
Aus dem Tagebuch von Nicholas Flamel, Alchemyst
Niedergeschrieben am heutigen Tag, den 5. Juni,
in San Francisco, der Stadt meiner Wahl
KAPITEL EINS
Ich hätte nie gedacht, dass ich noch einmal hierher zurückkomme«, sagte Sophie Newman und grinste ihren Bruder an.
»Und ich hätte nie gedacht, dass ich mich so darüber freuen würde«, erwiderte Josh. »Es sieht alles so ... ich weiß auch nicht ... anders aus.«
»Es sieht noch genauso aus wie immer«, fand seine Schwester. »Wir sind es, die sich verändert haben.«
Sophie und Josh gingen die Scott Street in Pacific Heights, einem Stadtviertel von San Francisco, hinunter. Sie steuerten das Haus ihrer Tante Agnes an der Ecke zur Sacramento Street an. Vor sechs Tagen - am Donnerstag, den 31. Mai - hatten sie die Tante zum letzten Mal gesehen und waren von ihrem Haus aus zur Arbeit gegangen, Sophie ins Café und Josh in die Buchhandlung. Es war ein ganz gewöhnlicher Tag gewesen ... Der letzte gewöhnliche Tag in ihrem Leben, wie sich herausgestellt hatte.
An diesem Tag hatte sich ihre Welt für immer verändert. Auch sie hatten sich verändert, und zwar physisch wie psychisch.
»Was sagen wir ihr?«, fragte Josh nervös.
Tante Agnes war 84 Jahre alt, und auch wenn die beiden sie Tante nannten, waren sie nicht blutsverwandt mit ihr. Sophie vermutete, Agnes sei vielleicht die Schwester ihrer Großmutter ... oder eine Cousine oder auch nur eine Freundin. Sicher wusste sie es nicht. Sie war eine ganz liebe, aber leicht aus der Fassung zu bringende alte Dame, die schon in helle Aufregung geriet, wenn die Zwillinge auch nur fünf Minuten zu spät kamen. Sie trieb die beiden in den Wahnsinn und erstattete ihren Eltern über so gut wie alles, was sie taten, Bericht.
»Nur nichts Kompliziertes«, antwortete Sophie. »Wir bleiben bei der Geschichte, die wir Mom und Dad erzählt haben: Zuerst hat die Buchhandlung geschlossen, weil es Perenelle nicht gut ging, und dann haben die Flamels -«
»Die Flemings«, korrigierte Josh.
»... die Flemings uns eingeladen, ein paar Tage mit ihnen in ihrem Haus in der Wüste zu verbringen.«
»Und warum musste die Buchhandlung schließen?« »Ein Leck in der Gasleitung.«
Josh nickte. »Ein Leck in der Gasleitung. »Und wo genau ist das Haus in der Wüste?«
»Joshua Tree.«
»Okay, alles klar.«
»Sicher? Du bist ein miserabler Lügner.«
Josh zuckte mit den Schultern. »Ich werde mich anstrengen. Du weißt, dass sie uns ganz schön was husten wird, ja?«
»Ich weiß. Und das ist erst der Anfang. Danach müssen wir auch noch mit Mom und Dad sprechen.«
Wieder nickte Josh. Dann sah er seine Schwester an. Schon seit Tagen hatte er sich heftig Gedanken über etwas gemacht. Jetzt hielt er den Zeitpunkt für günstig, die Sache zur Sprache zu bringen. »Ich habe mir überlegt«, begann er zögernd, »ob wir ihnen nicht einfach die Wahrheit sagen sollten.«
»Die Wahrheit?« An Sophies Miene war nichts abzulesen.
Die Zwillinge überquerten die Jackson Street. Drei Blocks weiter vorn konnten sie schon das weiße, im viktorianischen Stil erbaute Haus der Tante sehen.
»Was hältst du davon?«, fragte Josh nach, als seine Schwester schwieg.
Endlich nickte Sophie. »Klar, könnten wir.« Sie strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und sah ihren Bruder an. »Aber du weißt schon, was das heißt, ja? Wir verklickern Mom und Dad, dass ihr gesamtes Lebenswerk für die Katz war. Dass alles, was sie studiert haben - Geschichte, Archäologie und Paläontologie -, so nicht stimmt.« Ihre Augen weiteten sich. »Super Idee. Mach das mal. Ich lass dir gerne den Vortritt und schau es mir an.«
Josh zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Okay, okay, dann sagen wir es ihnen eben nicht.«
»Zumindest jetzt noch nicht.«
»Einverstanden. Aber früher oder später erfahren sie es doch. Du weißt selbst, dass es unmöglich ist, Geheimnisse vor ihnen zu haben. Sie kriegen immer alles raus.«
»Weil Tante Agnes petzt«, murmelte Sophie.
Eine glänzende schwarze Stretchlimousine mit getönten Scheiben fuhr langsam an den Zwillingen vorbei. Der Fahrer hatte sich vorgebeugt und versuchte, durch die Bäume entlang der Straße die Hausnummern zu erkennen. Der Wagen blinkte und hielt ein Stück weiter vorn an.
Josh wies mit dem Kinn darauf. »Komisch. Sieht so aus, als würde er vor Tante Agnes' Haus halten.«
Sophie blickte in Gedanken versunken auf. »Wenn wir nur mit jemandem reden könnten. Mit jemandem wie Gilgamesch.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich hoffe, es geht ihm gut.« Als sie den Unsterblichen das letzte Mal gesehen hatte, war er verwundet gewesen. Ein Pfeil des gehörnten Gottes hatte ihn getroffen. Sophie sah ihren Bruder an und stellte ärgerlich fest: »Du hörst mir ja gar nicht zu.«
»Der Wagen hält tatsächlich vor Tante Agnes' Haus«, stellte Josh leise fest. Seine Kopfhaut kribbelte. War das eine Warnung? »Sophie?«
»Was ist denn?«
»Wann hatte Tante Agnes das letzte Mal Besuch?« »Sie bekommt nie Besuch.«
Die Zwillinge beobachteten, wie der schlanke Chauffeur im schwarzen Anzug ausstieg und die Eingangsstufen hinaufging, eine Hand locker auf das Eisengeländer gelegt. Er trug schwarze Handschuhe. Mit ihren geschärften Sinnen hörten die Zwillinge deutlich sein Klopfen an der Tür. Instinktiv gingen beide schneller.
Tante Agnes öffnete. Sie war eine zierliche, knochige alte Dame mit knubbeligen Knien und von Arthrose geschwollenen Fingern. Josh wusste, dass sie als junges Mädchen als große Schönheit gegolten hatte. Aber das war lange her. Sie hatte nie geheiratet und in der Familie erzählte man sich, dass ihr Liebster im Krieg gefallen sei. Josh hatte sich immer gefragt, in welchem.
»Josh?«
»Hier stimmt was nicht«, murmelte Josh. Er begann zu joggen und Sophie passte sich mühelos seinem Schritt an.
Die Zwillinge sahen, dass der Chauffeur Tante Agnes etwas hinhielt und sie es ihm aus der Hand nahm. Mit zusammengekniffenen Augen beugte sie sich über etwas, das aussah wie ein Foto. Als sie sich noch tiefer darüber beugte, schlüpfte der Mann plötzlich an ihr vorbei und stürmte ins Haus.
Josh sprintete los. »Der Wagen darf nicht wegfahren!«, rief er Sophie zu, während er schon über die Straße rannte und die Stufen zum Haus hinaufhastete. »Hallo, Tante Agnes, wir sind wieder da«, grüßte er und lief an ihr vorbei.
Die alte Dame drehte sich einmal um ihre eigene Achse; dabei fiel ihr das Foto aus den Händen.
Auch Sophie überquerte im Laufschritt die Straße, blieb dann aber hinter dem Wagen stehen. Sie bückte sich und presste die Fingerspitzen auf den hinteren Reifen an der Beifahrerseite. Dann legte sie den Daumen auf den Kreis an der Unterseite ihres Handgelenks und ihre Finger begannen, weiß zu glühen. Es stank nach verbranntem Gummi, machte fünfmal deutlich hörbar plopp und der Reifen hatte fünf Löcher. Luft strömte heraus und der Wagen sank rasch auf die Felge.
»Sophie!«, kreischte die alte Dame, als das Mädchen die Eingangsstufen herauflief und ihre verwirrte Tante an der Hand nahm. »Was ist hier los? Wo wart ihr? Wer war der nette junge Mann? War das Josh, den ich eben gesehen habe?«
»Komm mit, Tante Agnes.«
Sophie zog ihre Tante von der Tür weg, damit sie, falls Josh oder der Chauffeur wieder herausgestürmt kamen, nicht versehentlich über den Haufen gerannt wurde. Sie bückte sich und hob das Foto auf, das ihre Tante fallen gelassen hatte. Dann führte sie die alte Dame ein gutes Stück vom Haus weg. In sicherer Entfernung besah Sophie sich das vergilbte Foto. Es zeigte eine junge Frau in Schwesterntracht - zumindest erschien es Sophie so. In die untere rechte Ecke hatte jemand mit weißer Tinte das Wort Ypres sowie die Jahreszahl 1914 geschrieben. Sophie hielt den Atem an. Die Frau auf dem Foto war ohne jeden Zweifel Scathach.
© 2011 für die deutschsprachige Ausgabe cbj, München
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Autoren-Porträt von Michael Scott
Michael Scott ist einer der erfolgreichsten und profiliertesten Autoren Irlands und ein international anerkannter Fachmann für mythen- und kulturgeschichtliche Themen. Seine zahlreichen Fantasy- und Science-Fiction-Romane für Jugendliche wie für Erwachsene sind in mehr als zwanzig Ländern veröffentlicht. Michael Scott lebt und schreibt in Dublin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Michael Scott
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2011, 441 Seiten, Masse: 15 x 22,7 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Höfker, Ursula
- Übersetzer: Ursula Höfker
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570137856
- ISBN-13: 9783570137857
Rezension zu „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel Band 4: Der unheimliche Geisterrufer “
"Ein Buch, das man einfach nicht aus der Hand legen kann! Nun bleibt das schwierige Warten auf den Folgeband."
Kommentare zu "Die Geheimnisse des Nicholas Flamel Band 4: Der unheimliche Geisterrufer"
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