Der Kaiser von China
Roman. Ausgezeichnet mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis und dem Publikumspreis der Tage der deutschsprachigen Literatur 2008
Keith Stapperpfennig kommt aus einer einzigartigen Familie. Von der Mutter weiss er wenig, vom Vater gar nichts. Zusammen mit vier vermeintlichen Geschwistern wuchs er beim Grossvater auf - mit immer neuen, immer jüngeren Grossmüttern. In eine von ihnen hat...
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Produktinformationen zu „Der Kaiser von China “
Klappentext zu „Der Kaiser von China “
Keith Stapperpfennig kommt aus einer einzigartigen Familie. Von der Mutter weiss er wenig, vom Vater gar nichts. Zusammen mit vier vermeintlichen Geschwistern wuchs er beim Grossvater auf - mit immer neuen, immer jüngeren Grossmüttern. In eine von ihnen hat Keith sich selbst verliebt. Zum Achtzigsten schenken die Enkel ihrem Grossvater eine gemeinsame Reise an ein Ziel seiner Wahl. Als er sich China wünscht, will keiner ihn begleiten - am Ende bleibt es an Keith hängen. Der lehnt sich zum ersten Mal im Leben auf, verjubelt das Reisegeld und lässt den Grossvater alleine ziehen. Doch dann bekommt Keith von der jüngsten Grossmutter einen Anruf, sein Opa sei im Westerwald gestorben. Er muss eine Geschichte aus dem Hut zaubern, die den Geschwistern glaubhaft macht, die Reise habe stattgefunden - und erfindet sein eigenes China. Doch je weiter sich Keith in seine Lügen verstrickt, desto deutlicher wird, dass er nicht als Einziger die Unwahrheit sagt. Tilman Rammstedt ist ein überwältigender Roman gelungen, so sprühend, rasant und urkomisch, dass man sich mit dem grössten Vergnügen belügen lässt.
Lese-Probe zu „Der Kaiser von China “
"Franziska sagte, dass ich sofort kommen solle, sie sagte etwas von Identifizieren, sie sagte etwas von Einäschern, sie sagte etwas von Stammbuch, mich liess sie dabei kaum zu Wort kommen."Wie geht es dir?", fragte ich in eine ihrer seltenen Atempausen hinein."Wie soll es mir schon gehen", sagte sie,"beschissen natürlich", dabei schluckte sie,"Beeil dich", sagte sie dann noch, bevor sie auflegte, was sie immer sagt und immer auch meint, auch wenn es ihr dann doch nie schnell genug geht, weil es ganz unmöglich ist, sich so zu beeilen, wie Franziska sich das vorstellt, weil niemand so schnell ist wie Franziska, immer wartet sie auf einen, immer dreht sie sich nach einem um, immer beendet sie die Sätze für einen, weil sie nicht nur schneller spricht, sondern auch schneller hört als andere, sie hört Dinge, die noch gar nicht gesagt worden sind, manchmal noch nicht einmal gedacht. Franziska ist immer schon schnell gewesen, sechs aufeinanderfolgende Jahre, so fand ich heraus, war sie Jugendmeisterin im Sprint, das ist alles dokumentiert, von Anfang an ging es ihr nicht rasch genug, zwei volle Monate ist sie zu früh auf die Welt gekommen, lernte dennoch, so zumindest behauptet es ihre Mutter, noch in ihrem ersten Jahr Laufen und Sprechen, Franziska wurde vorzeitig eingeschult, um dann noch zwei Klassen, die sechste und die elfte, zu überspringen; ich habe vergessen, in wie viel Semestern sie ihr Jurastudium absolvierte, es war eine lächerlich kleine Zahl, bei ihrer Mutter hängt ein gerahmter Zeitungsausschnitt ("Im Dauerlauf durchs Examen", daneben ein Foto, Franziska, die den Fuss auf einen Stapel Gesetzbücher stellt wie auf ein erlegtes Stück Grosswild). Ab diesem Zeitpunkt ist wenig gesichert, und sie selbst weicht Fragen aus, anscheinend ging sie in die USA, um zu promovieren, anscheinend arbeitete sie eine Zeit lang für Kanzleien, die, wie sie es ausdrückt,"davon leben, dass jemand einen Finger in seinen Cornflakes findet", anscheinend bekam sie dann selbst eines Tages
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Ärger mit der Justiz,"ein Missverständnis", behauptet sie und lächelt so, dass man ihr nicht glaubt. Franziska spricht nicht gern über ihre Vergangenheit,"Die ist immer schon so lange her", sagt sie, kneift die Augen ein paarmal zusammen und wechselt das Thema.
Bevor Franziska meine Frau wurde, ist sie meine letzte Grossmutter gewesen."Ihr werdet euch jetzt öfter sehen", hat mein Grossvater gesagt, damals, beim ersten gemeinsamen Abendessen mit ihr, bei dem alles stimmen sollte, und tatsächlich, überraschenderweise, alles stimmte. Franziska ging den Tisch entlang, gab reihum jedem von uns die Hand, und wir stellten uns vor."Keith", sagte ich,"Echt?", fragte Franziska, und als ich nickte, strich sie mir Anteil nehmend über den Arm."Ich werde dich nie so nennen."
Bevor Franziska meine Frau wurde, ist sie meine letzte Grossmutter gewesen."Ihr werdet euch jetzt öfter sehen", hat mein Grossvater gesagt, damals, beim ersten gemeinsamen Abendessen mit ihr, bei dem alles stimmen sollte, und tatsächlich, überraschenderweise, alles stimmte. Franziska ging den Tisch entlang, gab reihum jedem von uns die Hand, und wir stellten uns vor."Keith", sagte ich,"Echt?", fragte Franziska, und als ich nickte, strich sie mir Anteil nehmend über den Arm."Ich werde dich nie so nennen."
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Autoren-Porträt von Tilman Rammstedt
Tilman Rammstedt wurde 1975 in Bielefeld geboren und lebt in Berlin. Bei DuMont erschienen sein Debüt 'Erledigungen vor der Feier' (2003) sowie die Romane 'Wir bleiben in der Nähe' (2005) und 'Der Kaiser von China' (2008). Neben vielen anderen Auszeichnungen (u.a. dem Förderpreis für grotesken literarischen Humor der Stadt Kassel) wurde Tilman Rammstedt mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis und dem Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis geehrt. Auszeichnungen 2009 Literaturpreis der Wirtschaft 2008
Bibliographische Angaben
- Autor: Tilman Rammstedt
- 2008, 6. Aufl., 160 Seiten, Masse: 14,8 x 21,6 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: DuMont Buchverlag
- ISBN-10: 3832180745
- ISBN-13: 9783832180744
- Erscheinungsdatum: 20.10.2008
Rezension zu „Der Kaiser von China “
"Dieser Roman ist wie ein Film der Coen-Brüder, einer von denen mit weniger Leichen. (...) auf eine Weise erheiternd, wie es in der deutschsprachigen Literatur selten zu lesen ist. >Der Kaiser von China< ist ein unterhaltsames Buch, nicht seicht, nicht zotig, nicht besserwisserisch (...). Es ist einfach ungeheuer unterhaltsam. Seltene Kunst." KULTURSPIEGEL "Tilman Rammstedts Roman ist ein Tempel, ein Affenzirkus, eine Liebeserklärung an die Phantasie, weil die Phantasie eine Liebeserklärung ans Leben ist. Ein Buch, das uns die richtige Station verpassen lässt (...) aus dem wir nicht aussteigen können, nicht bei diesem Tempo, der uns mitreisst, wegreisst, weit fort, und der uns erschüttert, weil wir plötzlich, Tränen lachend, hinter der irrwitzigen, kalligrafisch verzierten Fassade eine tiefe Wahrheit erblicken." FAZ "... ein nicht trauertriefendes, sondern komisches, leise bedrücktes, irrwitziges, vorwurfsvolles Buch (...). >Der Kaiser von China< ist ein Requiem. Das ist vielleicht sein grösster, geheimer Wert." FR "Ein herzzerreissend komisches Buch über das Abschiednehmen und das Erwachsenwerden." TAZ "Nicht nur stilsicher, sondern auch zum Brüllen komisch (...). Ein Lügenroman, wie man lange keinen mehr hat lesen können. Münchhausen wäre stolz auf Tilman Rammstedt gewesen." FOCUS
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