Das unheilvolle Geheimnis des faszinierenden Mädchens

»Haben Sie etwas von Alice gehört, Mrs Poole?«, erkundigte sich Justine, die sich gerade die Handschuhe auszog. Mary konnte die in ihrer Stimme mitschwingende Sorge hören. »Oder von Mr Holmes?«, fügte Mary hinzu. »Oder auch von Dr. Watson?« Sie konnte nicht verhindern, dass man ihr die Sorge ebenfalls anmerkte. Als sie sich die Hüfttasche abschnallte und auf den Flurtisch legte, ermahnte sie sich, später den Revolver herauszunehmen und ihn in der Schreibtischschublade im Wohnzimmer zu verstauen. »Wahrscheinlich gibt es keine Neuigkeiten.«»Nicht die geringsten«, bestätigte Mrs Poole und schüttelte betrübt den Kopf. »Alice ist nun schon seit fast einer Woche fort, genau wie Dr. Watson. Er ist am selben Tag verschwunden, sagte Mrs Hudson, ohne ihr eine Nachricht oder etwas in der Art zu hinterlassen. Die Gentlemen sind schon häufifiger ohne Ankündigung ihrer Detektivarbeit nachgegangen, aber sie waren noch nie so lange weg, wie Mr Holmes jetzt abgängig ist. Er wurde seit fast einem Monat nicht mehr gesehen! Sie ist schrecklich besorgt, genau wie ich - die kleine Alice bilde ich schliesslich schon seit ihrer Kindheit aus! Sie werden sie doch fifinden, nicht wahr, Miss, nun, da Sie wieder zu Hause sind?«»Selbstverständlich fifinden wir sie«, antwortete Mary und hoffffte, dabei Zuversicht auszustrahlen. Denn sie würden sie doch fifinden, oder nicht? Immerhin hatten sie auch Lucinda Van Helsing retten können. Selbst in einer Stadt wie London mit sechs Millionen Einwohnern konnten Alice, Sherlock Holmes und Dr. Watson nicht einfach spurlos verschwunden sein! »Spielst du gern Karten?«, fragte Diana den Orang- Utan-Mann. »Ich kann dir Écarté oder Vingt-et-un beibringen. Das sind französische Wörter. Sprichst du Französisch?« Justine drückte Marys Hand, allerdings ein bisschen zu fest - es fifiel ihr immer schwer, ihre eigene Kraft einzuschätzen. »Wir werden sie fifinden, du wirst schon sehen. Schliesslich sind wir der Athena-Club!«

Theodora Goss ist gebürtige Ungarin und verbrachte ihre Kindheit in verschiedenen europäischen Ländern, bevor ihre Familie in die Vereinigten Staaten zog, wo sie in englischer Literatur promovierte. Als Autorin wurde sie bereits mit dem World- Fantasy-, Locus- und Mythopoeic-Award ausgezeichnet. Aus ihrer Feder stammen u. a. die Kurzgeschichten- und Gedichtbände In the Forest of Forgetting (2006), Songs for Ophelia (2014) und Snow White Learns Witchcraft (2019) sowie die Novelle The Thorn and the Blossom (2012). Ihre Werke wurden in über fünfzehn Sprachen übersetzt. Sie unterrichtet literature & writing an der Boston University und im Stonecoast MFA-Programm. Sie freut sich über Besuch auf theodoragoss.com.