Chamissimo
Roman
Nachdem Adelbert mit seinen Eltern vor der Französischen Revolution fliehen muss, beginnt für ihn eine lebenslange Reise durch die Wirren aller gesellschaftlichen, geistigen und geografischen Welten seiner Zeit. Er wird Page am preussischen Hof, verdingt...
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Produktinformationen zu „Chamissimo “
Klappentext zu „Chamissimo “
Nachdem Adelbert mit seinen Eltern vor der Französischen Revolution fliehen muss, beginnt für ihn eine lebenslange Reise durch die Wirren aller gesellschaftlichen, geistigen und geografischen Welten seiner Zeit. Er wird Page am preussischen Hof, verdingt sich als Soldat, schliesst Freundschaft mit dem Verleger Eduard Hitzig, verbringt auf der Flucht vor Napoleons Truppen einen Sommer als Liebhaber Madame de Staëls am Genfer See, erlangt unverhofft Berühmtheit durch seine Erzählung Peter Schlemihls wundersame Geschichte, bereist auf einem Expeditionsschiff den gesamten Erdball, verliert sich fast auf Hawaii und macht sich schliesslich als Botaniker einen Namen an der Berliner Universität. Erzählt wird die faszinierende Lebensgeschichte des Schriftstellers, Wissenschaftlers und Weltreisenden Adelbert von Chamisso, einem wachen, unbestechlichen und empfindsamen Geist des 19. Jahrhunderts.
Lese-Probe zu „Chamissimo “
Es war der Sommer des Jahres 1791, als Adelbert aus der behüteten Welt des französischen Hochadels herauskatapultiert wurde und eine etwas andere Perspektive kennenlernte. Er hatte mit seinem Bruder Eugène den Vormittag auf einer Wiese hinter dem Schloss verbracht, als sich eine Wespe auf seiner Nasenspitze niederliess und ihn einfach nicht stechen wollte. Adelbert musste schielen, um ihren wippenden Hinterleib zu erkennen, denn er wollte unbedingt sehen, wie der kleine Stachel in seine Haut eindrang. Er interessierte sich für solche Dinge. »Verjag sie!«, rief Eugène, aber Adelbert tat das Gegenteil, er drückte mit seinem Zeigefinger auf die Wespe und ärgerte sie, bis er endlich den Stich spürte. »Tut es sehr weh?« Eugènes untere Gesichtshälfte war mit Spucke verschmiert. »Hat nur kurz gepiekt.« Auf seiner Nasenspitze wuchs ein roter Hügel, und Adelbert schielte angestrengt, um jede Einzelheit des Kraters zu erkennen und später abzeichnen zu können. Sein Hauslehrer Monsieur Lusignan hatte davon gesprochen, dass die Materie aus winzigen Teilchen besteht, und auf Adelberts Nasenspitze sah es wirklich so aus, als hätte die Wespe einen Teil aus seiner Haut weggenommen. »Es muss doch wehtun!« Eugène, der noch Mädchenkleider trug, raufte sich vor Sorge um seinen Bruder die Haare, während Adelbert ruhig an dem Krater herumdrückte, bis Blut rauskam. Er leckte das Blut von seinem Finger ab. Monsieur Lusignan meinte, das sei das Typische am Menschen: Ein Mensch sei Materie, die sich für Materie interessiert. »Das Blut schmeckt nicht anders als sonst.« Diese Erkenntnis enttäuschte ihn, und am liebsten hätte er sich gleich nochmal stechen lassen, aber die Wespe war natürlich fort.Adelbert hörte seine Mutter rufen. Immer wenn er am Tiefsten in seine Untersuchungen versunken war, rief sie ihn. Aber da seine Schläfen bereits schmerzten, war es vielleicht besser, das Schielen aufzugeben. Schmerz war ein Gefühl, das sich nicht abzeichnen liess, für das Adelbert aber später Worte in
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seinem Tagebuch finden wollte. Er sah seine Mutter in einem reich gerüschten Kleid zur Treppe kommen, neben ihr stand die Kutsche. Wollten sie verreisen? Im Gehen holte er sein Heft und den Bleistift hervor, um seine Erfahrung mit der Wespe zu notieren. Warum tat der Wespenstich nicht weh? Verhinderte die gedankliche Konzentration auf den Stich den Schmerz? Er musste so etwas immer sogleich aufschreiben, bevor er es vergass. Ob es eine besondere Wespenart war, die nur in dieser Gegend lebte? Wie sollte er diese neue Art nennen? Adelbert erfand gern Wörter für Dinge, die er entdeckte, und er fragte sich, ob ihn das mehr zum Dichter oder mehr zum Forscher machte. Sobald er den Namen Vespinae Chamissae ins Heft gekritzelt hatte, meldete sich der Schmerz auf seiner Nasenspitze wie ein notwendiger Tribut für das Wissen und die Erfahrung.
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Inhaltsverzeichnis zu „Chamissimo “
Der Edelmann als Bürger| Venus und Amor | Böse Künste | Ich träumte, ich stach dir ins Herz | Gesellige Unterhaltungen im Freien | Gotischer Dom am Wasser | Brasilianische Küstenlandschaft im Morgenlicht | Flora bekränzt einen Affen | König der stillen Insel |
Autoren-Porträt von Sebastian Guhr
Sebastian Guhr, geboren 1983 in Berlin, hat Philosophie, Amerikanistik und Literaturwissenschaften studiert. Für seine Texte wurde er mit Preisen und Stipendien ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Berlin-Neukölln. Zuletzt im S. Marix Verlag erschienen: Mr. Lincoln und Mr. Thoreau (2021).Mehr Informationen unter: www.sebastian-guhr.de
Bibliographische Angaben
- Autor: Sebastian Guhr
- 2022, 208 Seiten, Masse: 13,8 x 20,6 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: marixverlag
- ISBN-10: 3737411999
- ISBN-13: 9783737411998
- Erscheinungsdatum: 23.08.2022
Pressezitat
»So viel lakonische Präzision, so viel martinitrockener Humor zwischen den Wörtern und ein so unerwartetes Setting.« Michael Kleeberg, FAZ über Mr. Lincoln & Mr. Thoreau »Ein intelligenter Roman über die verschlungenen Lebenswege eines Wissenschaftlers, phantasievoll und unterhaltsam geschrieben.« Johanna Treblin Der Tagesspiegel »Sebastian Guhr vermittelt auf bildhaft-empathische Art Chamissos Weg zum Schriftsteller und Naturwissenschaftler und seine Suche nach einem sinnvoll-tätigen Leben.« Bernd Kielmann Buch-Magazin So ist "Chamissimo" von Sebastian Guhr ein Roman, der nicht nur für das Leben des titelgebenden Romantikers eine angemessene literarische Form findet. Er lässt den Lesenden in der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auch die Gegenwart nicht vergessen. Deutschlandfunk Kultur Sebastian Guhr hat eine bezaubernde, spannende, lustige und äusserst unterhaltsame Romanbiografie über den deutsch-französischen Naturforscher und Autor Adelbert von Chamisso verfasst. Bemerkenswert ist dabei nicht zuletzt, dass es Guhr schafft, dieses schillernde, prall gefüllte Leben auf gerade einmal 200 Seiten nachzuzeichnen, beginnend von Chamissos jungen Jahren, in denen er aus seiner behüteten Kindheit auf Boncourt in der Champagne, dem Stammschloss seiner adeligen Familie gerissen wird. (...) Besonders hervorheben möchte ich den wundervoll gestalteten Schutzumschlag mit geprägten Muschelornamenten, der dem Hardcover eine sehr hochwertige und edle Note verleiht - perfekt als Geschenk! Bücher.de Ein wirklich gelungener Roman Buchprofile/medienprofile Ein wunderbares Buch, das ich an einem Tag 'weggeatmet' habe. lady-blog
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