Bitte nicht füttern!
Roman
Abella Rivera ist jung. Und abenteuerlustig. Ihr wildes spanisches Herz sehnt sich nach Liebe und Freiheit. Dumm nur, dass ihr Vater sie am liebsten schnell verheiraten würde; der passende Kandidat ist auch schon gefunden. Nix wie weg, denkt sich...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Bitte nicht füttern! “
Abella Rivera ist jung. Und abenteuerlustig. Ihr wildes spanisches Herz sehnt sich nach Liebe und Freiheit. Dumm nur, dass ihr Vater sie am liebsten schnell verheiraten würde; der passende Kandidat ist auch schon gefunden. Nix wie weg, denkt sich Abella und fährt erst mal nach England zur Hochzeit ihres Bruders. Cornwall ist herrlich! Aber die Männer doch ganz anders als in Spanien - insbesondere der Sternekoch Rory, dem Abella ganz und gar nicht aus der Hand fressen will. Jedenfalls vorerst nicht ...
Klappentext zu „Bitte nicht füttern! “
Linda Rivera ist jung. Und abenteuerlustig. Ihr wildes spanisches Herz sehnt sich nach Liebe und Freiheit. Dumm nur, dass ihr Vater sie am liebsten schnell verheiraten würde; der passende Kandidat ist auch schon gefunden. Nix wie weg, denkt sich Linda und fährt erst mal nach England zur Hochzeit ihres Bruders. Cornwall ist herrlich! Aber die Männer doch ganz anders als in Spanien - insbesondere der Sternekoch Rory, dem Linda ganz und gar nicht aus der Hand fressen will. Jedenfalls vorerst nicht ...
Lese-Probe zu „Bitte nicht füttern! “
Bitte nicht füttern von Sarah Harvey- 1 -
Einen Plan zu haben ist immer gut, oder ? Eine ungefähre Vorstellung davon, wie das eigene Leben verlaufen soll und was man erreichen möchte. Wäre doch ziemlich unbefriedigend, ziellos durchs Leben zu schlendern und wie eine Pusteblume im Wind darauf zu hoffen, die Samen mögen eines Tages in fruchtbarer Erde landen und keimen.
Wie gesagt, eine ungefähre Vorstellung ist gut. Wogegen ein zu rigider, detaillierter Plan ziemlich schlecht sein kann. Wenn das Leben von der Wiege zum Grab generalstabsmäßig durchgeplant wäre, hätte man sicher gute Lust, diesen Generalplan in tausend Fitzel zu zerreißen und den planlosen Pusteblumensamen hinterherzuwerfen. Denn wenn man dem Schicksal ab und zu mal die Führung überlässt, kann das zu sehr angenehmen Überraschungen führen. Oder sind nicht die unerwarteten Eskapaden des Lebens bisweilen das, was das Leben erst lebenswert macht ?
Und so kommt es, dass man immer mal wieder auf Leute trifft, deren Leben qua Geburt, eindeutigem Talent oder der Erwartungshaltungen anderer wie ein klar abgesteckter Pfad vor ihnen liegt, und die dennoch ausbrechen und eine andere Richtung einschlagen.
Wenn das die Definition von » rebellisch « ist, dann wäre Linda Rivera wohl als rebellisch zu bezeichnen. Zumindest wäre das ganz in ihrem Sinne.
... mehr
Er neigte sich ihr so zu, wie man sich jemandem zuneigt, den man küssen möchte. In grauer Vorzeit hätte sie jetzt die Augen geschlossen, den Kopf in den Nacken gelegt, einladend ihre Lippen geöffnet, auf dass er seine auf sie presste . . . Aber jetzt wich sie nach hinten aus, ging auf Abstand und verpasste auf diese Weise seiner Libido eine - wie sie hoffte - unmissverständliche kalte Dusche.
Schmusen und knutschen war nämlich definitiv nicht die richtige Methode, um ihm klarzumachen, dass sie die gemeinsame Zeit zwar genossen hatte, aber trotzdem keine gemeinsame Zukunft vor sich sah. Leider.
Javier brauchte eine unmissverständliche Ansage, so viel stand fest.
Vielleicht ignorierte er ihre Signale ja mit Absicht, ging ihr durch den Kopf. Weil er bereits wusste, was sie sagen würde, und nicht wollte, dass sie es sagte.
Was für ein hochromantischer Abend !
Die Sonne Spaniens hatte an diesem Märztag so heiß vom Himmel gebrannt, als hätte sie sich in der Jahreszeit geirrt, bis schließlich die brütende Hitze einer schwülwarmen Abendluft gewichen war. Nun sangen die Zikaden, und der Vollmond tauchte die Landschaft in gespenstisches Licht.
Das perfekte Setting für die Begegnung zweier Liebender, abgerundet von den Düften und Schönheiten des Blumengartens ihrer Mutter und der leisen, vom Haus herüberwehenden Musik. Ganz sicher weniger perfekt für eine Trennung - aber wann sollte sie Javier denn sonst endlich sagen, dass sie ihre Beziehung beenden wollte ? Warum musste er auch ausgerechnet heute so verdammt gut aussehen ? Und so gut riechen ? Sie hätte so einfach nachgeben und sich küssen lassen können - er küsste unverschämt gut.
Aber Javier war einfach zu intensiv - fast wie ein zu dick aufgetragenes Aftershave. Seit einem Jahr trafen sie sich unregelmäßig und unverbindlich, aber er gebärdete sich bereits wie ein typischer Spanier : Er war besitzergreifend. Als sei sie ein Objekt, das er sein Eigen nennen könnte. Dass ihre Familie ihn bereits wie einen Schwiegersohn behandelte, machte die Sache nicht gerade leichter für sie. Ihre Eltern hielten wahnsinnig große Stücke auf ihn - deutlich größere als sie selbst. Ihr Vater lud ihn zu jedem Männer-Event auf dem Weingut ein, damit die beiden sich besser kennenlernten . . . Das lag mit Sicherheit auch daran, dass ihr älterer Bruder Balthazar den größten Teil der letzten anderthalb Jahre im Ausland verbracht hatte - Vater Antonio fehlte die Gesellschaft seines Sohnes. Doch Linda hatte den Verdacht, dass noch mehr dahintersteckte.
Als Linda Javier zum ersten Mal sah, fand sie ihn gnadenlos sexy. Als ihr Vater ihn zum ersten Mal sah, hörte er die Kasse klingeln.
Den Riveras gehörte nämlich eines der bekanntesten und produktivsten Weingüter Galiciens. Javier war der Sohn des Nachbarwinzers, der vierzigtausend Flaschen Wein im Jahr produzierte. Wenn die beiden Familien sich zusammentäten, könnten sie zwischen hundert- und hundertzwanzigtausend Flaschen im Jahr produzieren und beträchtliche Ländereien vorweisen. Lindas Vater war ein kluger Kopf, der bereits über eine entsprechende Fusion nachdachte. Eine feste Verbindung zwischen Linda und Javier wäre in den zielstrebigen Augen der Riveras ein Geschenk des Winzerhimmels. Selbst ihre Mutter, die wesentlich weniger berechnend war, verweilte inzwischen beim Einkaufen vor den Hochzeitszeitschriften. Das hatte sie seit fünf Jahren nicht getan, nämlich seit ihre älteste Tochter Catalina mit nur dreiundzwanzig eine Hochzeit gefeiert hatte, die selbst die letzte der Royals in den Schatten gestellt hätte.
Wenn ihre Eltern wirklich glaubten, auch sie würde schon bald auf einen Altar zuschreiten, dann hatten sie sich mächtig geschnitten. Sie gönnte ihrer Schwester ihr Glück von Herzen, und Catalina war glücklich. Überglücklich sogar. Sie hatte einen attraktiven Mann, zwei kerngesunde Töchter, und sie tat alles, um einerseits die eigene Familie noch zu vergrößern und andererseits Seite an Seite mit ihrem Mann im Familienunternehmen mitzuarbeiten.
Aber das war es nicht, was Linda für sich wollte.
Sie hatte ganz andere Pläne.
Sie wollte die Welt entdecken.
Sie wollte reisen. Diese Leidenschaft hatte sie von ihrem französischen Großvater geerbt, der sie schon von klein auf mit seinen Geschichten aus fremden Ländern fasziniert hatte.
Ihre Lieblingsfächer in der ansonsten sterbenslangweiligen Schule waren Erdkunde und Sprachen gewesen. Ihr anschließendes Sprachenstudium hatte sie im Vorjahr mit Auszeichnung abgeschlossen und seither für ihren Vater gearbeitet und jeden Cent zur Seite gelegt. Parallel dazu hatte sie ihre Reise route geplant, sich im Internet die günstigsten Flüge und Backpacker-Hostels herausgesucht und über diverse soziale Netzwerke und Freunde von Freunden von Freunden einige vertrauenswürdige Anlaufstellen in fremden Gefilden gefunden.
Sie war durch und durch vorbereitet.
Nur eine winzige Kleinigkeit fehlte ihr noch, nämlich die Erlaubnis ihrer Eltern.
Kann das möglich sein ? Eine junge Frau von dreiundzwanzig Jahren ? Im einundzwanzigsten Jahrhundert ? Sicher, aber . . . So entzückend Antonio Rivera auch war, er war sehr altmodisch. Die Vorstellung, sein jüngstes Kind allein durch die Welt reisen zu lassen, war für ihn schier unerträglich, und darum hatte er seine Zustimmung zu diesem Abenteuer bisher standhaft verweigert.
Dabei war Linda doch die Jüngste ! Sie hatte wirklich erwartet, es bei ihrem gütigen, aber doch recht autoritären Vater leichter zu haben als ihre Geschwister. Aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund erwachte bei ihm jetzt offenbar noch einmal sein Beschützerinstinkt. Ihre Mutter nannte sie tatsächlich und peinlicherweise immer noch » Kleines « ! Am liebsten würde Linda bei solchen Gelegenheiten laut aufschreien und ins nächste Flugzeug hüpfen.
Aber sie hatte großen Respekt vor ihren Eltern und wollte nicht ohne ihr Einverständnis aufbrechen. Zunächst beschloss sie also, für eine Weile im Familienunternehmen mitzuarbeiten, und machte damit ihren Eltern eine große Freude. Gleichzeitig betete sie für ein Wunder, das die mittelalterlichen An - sichten ihrer Eltern beenden und sie selbst in eine Welt der ungeahnten Möglichkeiten katapultieren würde.
In eine Welt voller Überraschungen, kribbelnder Aufregung und neuer Erfahrungen.
In eine Welt ohne Javier.
Ohne den Javier, der sich gerade völlig unbeeindruckt zeigte von Lindas mangelnder Kussbegeisterung und der sein Vorhaben beharrlich weiterverfolgte.
In diesem Moment kamen ihr die konservativen Ansichten ihres Vaters ausnahmsweise mal sehr gelegen.
Antonio hatte seine Tochter und den jungen Mann im Garten gesehen. Die Absichten des jungen Mannes standen ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, weshalb Antonio einen kleinen Spaziergang über die Ländereien unternahm und sich an der rechten Stelle kurz, aber unmissverständlich räusperte. Javier ließ von Linda ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf den eleganten Herrn, der ihn aus seinen kohlschwarzen Augen warnend ansah.
» Es ist schon spät, Linda. « Antonio Rivera richtete diese Information zwar an seine Tochter, meinte damit aber genauso deren Verehrer. » War ein anstrengender Tag heute, und morgen haben wir auch wieder viel zu tun. «
» Natürlich, Papá. «
» Gute Nacht, Javier. « Antonios Stimme war freundlich, der Blick, mit dem er den jungen Mann bedachte, scharf. Offenbar hoffte Javier auf ein paar ungestörte Sekunden und einen Gutenachtkuss.
» Gute Nacht, Señor. «
Javier Cortez' Enttäuschung war genauso wenig zu übersehen wie sein sehnsuchtsvoller Blick auf Lindas zartroten Mund. Er warf ihr eine Kusshand zu.
» Bis morgen «, hauchte er.
» Bis morgen «, seufzte Linda in sich hinein. Morgen würde sie einen weiteren Versuch starten und ihm endlich zu verstehen geben, dass . . . Auch wenn sie dafür die Samthandschuhe ausziehen und mit der Vorschlaghammermethode vorgehen müsste.
Oder sollte sie besser vorgeben, ins Kloster gehen zu wollen ?
Sie könnte Ordenstracht und Rosenkranz anlegen, sich von allen verabschieden und dann das Kloster durch die Hintertür wieder verlassen und zum Flughafen düsen.
Lindas zweite Schwester Inez wartete vor Lindas Zimmer auf sie.
Sie hatte sie vom Fenster aus beobachtet.
» Erstaunlich, dass Papá euch nicht ordentlich Gute Nacht sagen lässt, wo er doch gerne so schnell wie möglich achttausend Enkelkinder hätte . . . «, grinste sie.
» Ich wollte gar nicht Gute Nacht sagen. « Seufzend ließ sich Linda aufs Bett sinken und zog die Schuhe aus. » Ich wollte mich von ihm verabschieden. «
» Verabschieden ? «
» Ja, verabschieden. Goodbye ! Auf Nimmerwiedersehen ! Farvel ! Adios, muchacho ! «
» Das ist nicht dein Ernst ! Wieso willst du denn so grausam sein ? «
» Grausam ? Ich möchte ihm einen Gefallen tun ! «
» Einen Gefallen . . . ? ! ? «
» Ja ! Er will eine feste Beziehung . . . «
» Oh mein Gott ! Ein Mann, der sich binden will ! « Mit einem entsetzten Quieken schlug Inez die Hände vors Gesicht. » Du Ärmste ! Und das passiert ausgerechnet dir ! Ein Mann, der es ernst mit dir meint ! Das ist ja schrecklich ! ! «
» Brauchst mich gar nicht so zu veräppeln, Schwesterherz. Du weißt genau, dass ich noch nicht so weit bin. Ich möchte erst mal was von der Welt sehen . . . «
» Ich glaube nicht, dass Javier der Einzige ist, der versuchen wird, das zu verhindern. « Sie warf einen eindeutigen Blick in Richtung Elternschlafzimmer. » Ich könnte mir vorstellen, dass es da noch einen Herrn gibt, der zu deinem Plan, allein in die Welt hinauszuspazieren, ein paar Takte zu sagen hätte. «
» Ich möchte reisen, Inez. Nur reisen. Wie Hunderte, ach was, Tausende anderer Mädchen in meinem Alter auch. « Ihre Miene erhellte sich. » Hey, komm doch mit ! Wenn wir zusammen losziehen, findet er es bestimmt gar nicht so schlimm ! «
Doch Inez schüttelte bereits den Kopf.
» Nur, weil du es hier nicht mehr aushältst, liebes Schwesterherz, heißt das noch lange nicht, dass auch ich von hier wegwill. Im Gegenteil. Ich habe eine Arbeit, die mir Spaß macht und gut bezahlt ist, ich wohne ganz hervorragend und muss selbst mit fünfundzwanzig noch keine Miete zahlen, und ich habe alle meine Lieben um mich herum. Mir könnte es nicht besser gehen. Es sei denn, du wolltest vielleicht deinen Javier an mich abtreten, das wäre dann das i-Tüpfelchen . . . Ich versteh wirklich nicht, dass du ihn loswerden willst, Linda. Der Typ ist doch großartig ! «
» Findest du ? «
» Aber hallo. «
» Kannst ihn haben. Ist mein Abschiedsgeschenk für dich. «
» Wenn es doch nur so einfach wäre. « Seufzend legte sich Inez auf das Bett ihrer Schwester und fing an zu träumen. » Wenn man die Gefühle eines Menschen so einfach in eine Schachtel packen, eine Schleife drumbinden und in das Herz eines anderen legen könnte. «
» Na ja . . . « Linda dachte nach. » Mir geht gerade so durch den Kopf . . . Vielleicht könnten wir beide uns gegenseitig zu genau dem verhelfen, was unser Herz begehrt . . . «
Inez riss die Augen auf und setzte sich abrupt wieder auf.
» Und wie soll das gehen ? «
» Na ja. Papá hört doch auf dich. Ständig sagt er, dass du die Vernünftigere von uns beiden bist. Wenn du mir dabei hilfst, Papá davon zu überzeugen, dass es kein Weltuntergang wäre, wenn ich ein Jahr lang reise, dann könnte ich Javier vielleicht mal darauf hinweisen, wie ähnlich wir beide uns in Wirklichkeit sind. Und dass er sämtliche Eigenschaften, die er an mir so liebenswert findet, auch bei dir finden wird - mit einem für sein eigenes Glück ganz entscheidenden Unterschied . . . «
» Nämlich ? «
» Dass du ihn haben willst und ich nicht. «
Inez' Mundwinkel zuckten nach oben. » Ja, doch, in der Tat. Das ist ein entscheidender Unterschied. Der arme Javier. Jetzt sitzen wir hier und verschachern sein Herz . . . «
» Heißt das, du schlägst ein ? « Linda streckte die Hand aus.
Inez dachte an Javiers große dunkle Augen und seinen schönen Mund.
Dann schlug sie ein.
Übersetzung: Marieke Heimburger
© der deutschsprachigen Ausgabe: 2013 Piper Verlag GmbH, München
Er neigte sich ihr so zu, wie man sich jemandem zuneigt, den man küssen möchte. In grauer Vorzeit hätte sie jetzt die Augen geschlossen, den Kopf in den Nacken gelegt, einladend ihre Lippen geöffnet, auf dass er seine auf sie presste . . . Aber jetzt wich sie nach hinten aus, ging auf Abstand und verpasste auf diese Weise seiner Libido eine - wie sie hoffte - unmissverständliche kalte Dusche.
Schmusen und knutschen war nämlich definitiv nicht die richtige Methode, um ihm klarzumachen, dass sie die gemeinsame Zeit zwar genossen hatte, aber trotzdem keine gemeinsame Zukunft vor sich sah. Leider.
Javier brauchte eine unmissverständliche Ansage, so viel stand fest.
Vielleicht ignorierte er ihre Signale ja mit Absicht, ging ihr durch den Kopf. Weil er bereits wusste, was sie sagen würde, und nicht wollte, dass sie es sagte.
Was für ein hochromantischer Abend !
Die Sonne Spaniens hatte an diesem Märztag so heiß vom Himmel gebrannt, als hätte sie sich in der Jahreszeit geirrt, bis schließlich die brütende Hitze einer schwülwarmen Abendluft gewichen war. Nun sangen die Zikaden, und der Vollmond tauchte die Landschaft in gespenstisches Licht.
Das perfekte Setting für die Begegnung zweier Liebender, abgerundet von den Düften und Schönheiten des Blumengartens ihrer Mutter und der leisen, vom Haus herüberwehenden Musik. Ganz sicher weniger perfekt für eine Trennung - aber wann sollte sie Javier denn sonst endlich sagen, dass sie ihre Beziehung beenden wollte ? Warum musste er auch ausgerechnet heute so verdammt gut aussehen ? Und so gut riechen ? Sie hätte so einfach nachgeben und sich küssen lassen können - er küsste unverschämt gut.
Aber Javier war einfach zu intensiv - fast wie ein zu dick aufgetragenes Aftershave. Seit einem Jahr trafen sie sich unregelmäßig und unverbindlich, aber er gebärdete sich bereits wie ein typischer Spanier : Er war besitzergreifend. Als sei sie ein Objekt, das er sein Eigen nennen könnte. Dass ihre Familie ihn bereits wie einen Schwiegersohn behandelte, machte die Sache nicht gerade leichter für sie. Ihre Eltern hielten wahnsinnig große Stücke auf ihn - deutlich größere als sie selbst. Ihr Vater lud ihn zu jedem Männer-Event auf dem Weingut ein, damit die beiden sich besser kennenlernten . . . Das lag mit Sicherheit auch daran, dass ihr älterer Bruder Balthazar den größten Teil der letzten anderthalb Jahre im Ausland verbracht hatte - Vater Antonio fehlte die Gesellschaft seines Sohnes. Doch Linda hatte den Verdacht, dass noch mehr dahintersteckte.
Als Linda Javier zum ersten Mal sah, fand sie ihn gnadenlos sexy. Als ihr Vater ihn zum ersten Mal sah, hörte er die Kasse klingeln.
Den Riveras gehörte nämlich eines der bekanntesten und produktivsten Weingüter Galiciens. Javier war der Sohn des Nachbarwinzers, der vierzigtausend Flaschen Wein im Jahr produzierte. Wenn die beiden Familien sich zusammentäten, könnten sie zwischen hundert- und hundertzwanzigtausend Flaschen im Jahr produzieren und beträchtliche Ländereien vorweisen. Lindas Vater war ein kluger Kopf, der bereits über eine entsprechende Fusion nachdachte. Eine feste Verbindung zwischen Linda und Javier wäre in den zielstrebigen Augen der Riveras ein Geschenk des Winzerhimmels. Selbst ihre Mutter, die wesentlich weniger berechnend war, verweilte inzwischen beim Einkaufen vor den Hochzeitszeitschriften. Das hatte sie seit fünf Jahren nicht getan, nämlich seit ihre älteste Tochter Catalina mit nur dreiundzwanzig eine Hochzeit gefeiert hatte, die selbst die letzte der Royals in den Schatten gestellt hätte.
Wenn ihre Eltern wirklich glaubten, auch sie würde schon bald auf einen Altar zuschreiten, dann hatten sie sich mächtig geschnitten. Sie gönnte ihrer Schwester ihr Glück von Herzen, und Catalina war glücklich. Überglücklich sogar. Sie hatte einen attraktiven Mann, zwei kerngesunde Töchter, und sie tat alles, um einerseits die eigene Familie noch zu vergrößern und andererseits Seite an Seite mit ihrem Mann im Familienunternehmen mitzuarbeiten.
Aber das war es nicht, was Linda für sich wollte.
Sie hatte ganz andere Pläne.
Sie wollte die Welt entdecken.
Sie wollte reisen. Diese Leidenschaft hatte sie von ihrem französischen Großvater geerbt, der sie schon von klein auf mit seinen Geschichten aus fremden Ländern fasziniert hatte.
Ihre Lieblingsfächer in der ansonsten sterbenslangweiligen Schule waren Erdkunde und Sprachen gewesen. Ihr anschließendes Sprachenstudium hatte sie im Vorjahr mit Auszeichnung abgeschlossen und seither für ihren Vater gearbeitet und jeden Cent zur Seite gelegt. Parallel dazu hatte sie ihre Reise route geplant, sich im Internet die günstigsten Flüge und Backpacker-Hostels herausgesucht und über diverse soziale Netzwerke und Freunde von Freunden von Freunden einige vertrauenswürdige Anlaufstellen in fremden Gefilden gefunden.
Sie war durch und durch vorbereitet.
Nur eine winzige Kleinigkeit fehlte ihr noch, nämlich die Erlaubnis ihrer Eltern.
Kann das möglich sein ? Eine junge Frau von dreiundzwanzig Jahren ? Im einundzwanzigsten Jahrhundert ? Sicher, aber . . . So entzückend Antonio Rivera auch war, er war sehr altmodisch. Die Vorstellung, sein jüngstes Kind allein durch die Welt reisen zu lassen, war für ihn schier unerträglich, und darum hatte er seine Zustimmung zu diesem Abenteuer bisher standhaft verweigert.
Dabei war Linda doch die Jüngste ! Sie hatte wirklich erwartet, es bei ihrem gütigen, aber doch recht autoritären Vater leichter zu haben als ihre Geschwister. Aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund erwachte bei ihm jetzt offenbar noch einmal sein Beschützerinstinkt. Ihre Mutter nannte sie tatsächlich und peinlicherweise immer noch » Kleines « ! Am liebsten würde Linda bei solchen Gelegenheiten laut aufschreien und ins nächste Flugzeug hüpfen.
Aber sie hatte großen Respekt vor ihren Eltern und wollte nicht ohne ihr Einverständnis aufbrechen. Zunächst beschloss sie also, für eine Weile im Familienunternehmen mitzuarbeiten, und machte damit ihren Eltern eine große Freude. Gleichzeitig betete sie für ein Wunder, das die mittelalterlichen An - sichten ihrer Eltern beenden und sie selbst in eine Welt der ungeahnten Möglichkeiten katapultieren würde.
In eine Welt voller Überraschungen, kribbelnder Aufregung und neuer Erfahrungen.
In eine Welt ohne Javier.
Ohne den Javier, der sich gerade völlig unbeeindruckt zeigte von Lindas mangelnder Kussbegeisterung und der sein Vorhaben beharrlich weiterverfolgte.
In diesem Moment kamen ihr die konservativen Ansichten ihres Vaters ausnahmsweise mal sehr gelegen.
Antonio hatte seine Tochter und den jungen Mann im Garten gesehen. Die Absichten des jungen Mannes standen ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, weshalb Antonio einen kleinen Spaziergang über die Ländereien unternahm und sich an der rechten Stelle kurz, aber unmissverständlich räusperte. Javier ließ von Linda ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf den eleganten Herrn, der ihn aus seinen kohlschwarzen Augen warnend ansah.
» Es ist schon spät, Linda. « Antonio Rivera richtete diese Information zwar an seine Tochter, meinte damit aber genauso deren Verehrer. » War ein anstrengender Tag heute, und morgen haben wir auch wieder viel zu tun. «
» Natürlich, Papá. «
» Gute Nacht, Javier. « Antonios Stimme war freundlich, der Blick, mit dem er den jungen Mann bedachte, scharf. Offenbar hoffte Javier auf ein paar ungestörte Sekunden und einen Gutenachtkuss.
» Gute Nacht, Señor. «
Javier Cortez' Enttäuschung war genauso wenig zu übersehen wie sein sehnsuchtsvoller Blick auf Lindas zartroten Mund. Er warf ihr eine Kusshand zu.
» Bis morgen «, hauchte er.
» Bis morgen «, seufzte Linda in sich hinein. Morgen würde sie einen weiteren Versuch starten und ihm endlich zu verstehen geben, dass . . . Auch wenn sie dafür die Samthandschuhe ausziehen und mit der Vorschlaghammermethode vorgehen müsste.
Oder sollte sie besser vorgeben, ins Kloster gehen zu wollen ?
Sie könnte Ordenstracht und Rosenkranz anlegen, sich von allen verabschieden und dann das Kloster durch die Hintertür wieder verlassen und zum Flughafen düsen.
Lindas zweite Schwester Inez wartete vor Lindas Zimmer auf sie.
Sie hatte sie vom Fenster aus beobachtet.
» Erstaunlich, dass Papá euch nicht ordentlich Gute Nacht sagen lässt, wo er doch gerne so schnell wie möglich achttausend Enkelkinder hätte . . . «, grinste sie.
» Ich wollte gar nicht Gute Nacht sagen. « Seufzend ließ sich Linda aufs Bett sinken und zog die Schuhe aus. » Ich wollte mich von ihm verabschieden. «
» Verabschieden ? «
» Ja, verabschieden. Goodbye ! Auf Nimmerwiedersehen ! Farvel ! Adios, muchacho ! «
» Das ist nicht dein Ernst ! Wieso willst du denn so grausam sein ? «
» Grausam ? Ich möchte ihm einen Gefallen tun ! «
» Einen Gefallen . . . ? ! ? «
» Ja ! Er will eine feste Beziehung . . . «
» Oh mein Gott ! Ein Mann, der sich binden will ! « Mit einem entsetzten Quieken schlug Inez die Hände vors Gesicht. » Du Ärmste ! Und das passiert ausgerechnet dir ! Ein Mann, der es ernst mit dir meint ! Das ist ja schrecklich ! ! «
» Brauchst mich gar nicht so zu veräppeln, Schwesterherz. Du weißt genau, dass ich noch nicht so weit bin. Ich möchte erst mal was von der Welt sehen . . . «
» Ich glaube nicht, dass Javier der Einzige ist, der versuchen wird, das zu verhindern. « Sie warf einen eindeutigen Blick in Richtung Elternschlafzimmer. » Ich könnte mir vorstellen, dass es da noch einen Herrn gibt, der zu deinem Plan, allein in die Welt hinauszuspazieren, ein paar Takte zu sagen hätte. «
» Ich möchte reisen, Inez. Nur reisen. Wie Hunderte, ach was, Tausende anderer Mädchen in meinem Alter auch. « Ihre Miene erhellte sich. » Hey, komm doch mit ! Wenn wir zusammen losziehen, findet er es bestimmt gar nicht so schlimm ! «
Doch Inez schüttelte bereits den Kopf.
» Nur, weil du es hier nicht mehr aushältst, liebes Schwesterherz, heißt das noch lange nicht, dass auch ich von hier wegwill. Im Gegenteil. Ich habe eine Arbeit, die mir Spaß macht und gut bezahlt ist, ich wohne ganz hervorragend und muss selbst mit fünfundzwanzig noch keine Miete zahlen, und ich habe alle meine Lieben um mich herum. Mir könnte es nicht besser gehen. Es sei denn, du wolltest vielleicht deinen Javier an mich abtreten, das wäre dann das i-Tüpfelchen . . . Ich versteh wirklich nicht, dass du ihn loswerden willst, Linda. Der Typ ist doch großartig ! «
» Findest du ? «
» Aber hallo. «
» Kannst ihn haben. Ist mein Abschiedsgeschenk für dich. «
» Wenn es doch nur so einfach wäre. « Seufzend legte sich Inez auf das Bett ihrer Schwester und fing an zu träumen. » Wenn man die Gefühle eines Menschen so einfach in eine Schachtel packen, eine Schleife drumbinden und in das Herz eines anderen legen könnte. «
» Na ja . . . « Linda dachte nach. » Mir geht gerade so durch den Kopf . . . Vielleicht könnten wir beide uns gegenseitig zu genau dem verhelfen, was unser Herz begehrt . . . «
Inez riss die Augen auf und setzte sich abrupt wieder auf.
» Und wie soll das gehen ? «
» Na ja. Papá hört doch auf dich. Ständig sagt er, dass du die Vernünftigere von uns beiden bist. Wenn du mir dabei hilfst, Papá davon zu überzeugen, dass es kein Weltuntergang wäre, wenn ich ein Jahr lang reise, dann könnte ich Javier vielleicht mal darauf hinweisen, wie ähnlich wir beide uns in Wirklichkeit sind. Und dass er sämtliche Eigenschaften, die er an mir so liebenswert findet, auch bei dir finden wird - mit einem für sein eigenes Glück ganz entscheidenden Unterschied . . . «
» Nämlich ? «
» Dass du ihn haben willst und ich nicht. «
Inez' Mundwinkel zuckten nach oben. » Ja, doch, in der Tat. Das ist ein entscheidender Unterschied. Der arme Javier. Jetzt sitzen wir hier und verschachern sein Herz . . . «
» Heißt das, du schlägst ein ? « Linda streckte die Hand aus.
Inez dachte an Javiers große dunkle Augen und seinen schönen Mund.
Dann schlug sie ein.
Übersetzung: Marieke Heimburger
© der deutschsprachigen Ausgabe: 2013 Piper Verlag GmbH, München
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Autoren-Porträt von Sarah Harvey
Sarah Harvey, geboren 1969, lebte viele Jahre in einem alten Herrensitz in Cornwall. Vor Kurzem ist sie wieder zurück in ihre Heimat Northhampton gezogen, wo sie heute gemeinsam mit ihren Hunden in einem Cottage wohnt. Mit ihren atmosphärischen Romanen, die häufig den Schauplatz Cornwall haben, feiert sie seit vielen Jahren große internationale Erfolge.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sarah Harvey
- 2013, 352 Seiten, Masse: 12 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung: Heimburger, Marieke
- Übersetzer: Marieke Heimburger
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 3492259375
- ISBN-13: 9783492259378
- Erscheinungsdatum: 12.03.2013
Rezension zu „Bitte nicht füttern! “
"Einfach nett zu lesen.", Wiener Journal, 26.04.2013
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