Bei Durchsicht meiner Bücher
Eine Auswahl aus vier Versbänden
'Diese Verse zeigen, wie es vor 1933 in den Grossstädten und anderswo aussah. Und sie zeigen auch, wie ein junger Mann durch Ironie, Kritik, Anklage, Hohn und Gelächter zu warnen versuchte.' Erich Kästner
Das erste Kästner-Buch, das nach dem Ende des...
Das erste Kästner-Buch, das nach dem Ende des...
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Produktinformationen zu „Bei Durchsicht meiner Bücher “
Klappentext zu „Bei Durchsicht meiner Bücher “
'Diese Verse zeigen, wie es vor 1933 in den Grossstädten und anderswo aussah. Und sie zeigen auch, wie ein junger Mann durch Ironie, Kritik, Anklage, Hohn und Gelächter zu warnen versuchte.' Erich KästnerDas erste Kästner-Buch, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder in Deutschland erschien, ist eine persönliche Zusammenstellung von humorvollen, bissigen und hellsichtigen Gedichten aus vier bis 1932 erschienenen Gedichtbänden. Ein eindrucksvolles Dokument, das zeigt, dass Kästner als scharfer Beobachter seiner Zeit das nahende Unheil vielfach prophezeit hatte.
Lese-Probe zu „Bei Durchsicht meiner Bücher “
Bei Durchsicht meiner Bücher von Erich Kästner Mein erstes Buch, der Gedichtband »Herz auf Taille«, erschien
Ende 1927. Und im Jahre 1933 wurden meine Bücher
in Berlin, auf dem großen Platz neben der Staatsoper, von
einem gewissen Herrn Goebbels mit düster feierlichem
Pomp verbrannt. Vierundzwanzig deutsche Schriftsteller,
die symbolisch für immer ausgetilgt werden sollten,
rief er triumphierend bei Namen. Ich war der einzige der
vierundzwanzig, der persönlich erschienen war, um dieser
theatralischen Frechheit beizuwohnen.
Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten
in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere
Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die
schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners.
Begräbniswetter hing über der Stadt. Der Kopf einer zerschlagenen
Büste Magnus Hirschfelds stak auf einer langen
Stange, die, hoch über der stummen Menschenmenge, hin
und her schwankte. Es war widerlich.
Plötzlich rief eine schrille Frauenstimme: »Dort steht
ja Kästner!« Eine junge Kabarettistin, die sich mit einem
Kollegen durch die Menge zwängte, hatte mich stehen
sehen und ihrer Verblüffung übertrieben laut Ausdruck
verliehen. Mir wurde unbehaglich zumute. Doch es geschah
nichts. (Obwohl in diesen Tagen gerade sehr viel zu
»geschehen« pflegte.) Die Bücher flogen weiter ins Feuer.
Die Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners ertönten
weiterhin. Und die Gesichter der braunen Studentengarde
blickten, den Sturmriemen unterm Kinn, unverändert
geradeaus, hinüber zu dem Flammenstoß und zu dem
psalmodierenden, gestikulierenden Teufelchen.
... mehr
In dem folgenden Jahrdutzend sah ich Bücher von mir
nur die wenigen Male, die ich im Ausland war. In Kopenhagen,
in Zürich, in London. - Es ist ein merkwürdiges
Gefühl, ein verbotener Schriftsteller zu sein und seine
Bücher nie mehr in den Regalen und Schaufenstern der
Buchläden zu sehen. In keiner Stadt des Vaterlands. Nicht
einmal in der Heimatstadt. Nicht einmal zu Weihnachten,
wenn die Deutschen durch die verschneiten Straßen eilen,
um Geschenke zu besorgen. Zwölf Weihnachten lang!
Man ist ein lebender Leichnam.
Es hat zwölf lange Jahre gedauert, bis das Dritte Reich
am Ende war. Zwölf kurze Jahre haben genügt, Deutschland
zugrunde zu richten. Und man war kein Prophet,
wenn man, in satirischen Strophen, diese und ähnliche
Ereignisse voraussagte. Dass keine Irrtümer vorkommen
konnten, lag am Gegenstand: am Charakter der Deutschen.
Den Gegenstand seiner Kritik muss der Satiriker
natürlich kennen. Ich kenne ihn.
Das vorliegende Buch stellt eine Auswahl aus meinen
vier vor 1933 erschienenen Gedichtbänden dar. Was in
diesen ein »prophetischer« Ausblick war, erscheint nun als
geschichtlicher Rückblick. Während des Dritten Reichs
kam in der Schweiz ein anderer Auswahlband heraus.
Er heißt »Doktor Erich Kästners lyrische Hausapotheke«
(Atrium-Verlag) und enthält Gedichte, die sich mit den
privaten Gefühlen des heutigen Großstadtmenschen
beschäftigen. Der vorliegende Band enthält, im Gegensatz
dazu, Gedichte vorwiegend sozialen, politischen, gesellschaftlichen
Charakters.
Es handelt sich, wie gesagt, um einen Rückblick. Die
Verse zeigen, wie es vor 1933 in den Großstädten und anderswo
aussah. Und sie zeigen auch, wie ein junger Mann
durch Ironie, Kritik, Anklage, Hohn und Gelächter zu
warnen versuchte. Dass derartige Versuche keinen Sinn
haben, ist selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich
ist, dass die Sinnlosigkeit solcher Versuche und das Wissen
um diese Sinnlosigkeit einen Satiriker noch nie zum
Schweigen gebracht haben und niemals dazu bringen
werden. Außer man verbrennt seine Bücher.
Satiriker können nicht schweigen, weil sie Schulmeister
sind. Und Schulmeister müssen schulmeistern. Ja,
und im verstecktesten Winkel ihres Herzens blüht schüchtern
und trotz allem Unfug der Welt die törichte, unsinnige
Hoffnung, dass die Menschen vielleicht doch ein wenig,
ein ganz klein wenig besser werden könnten, wenn man
sie oft genug beschimpft, bittet, beleidigt und auslacht.
Satiriker sind Idealisten.
Eine Auswahl aus vier Versbänden
Neuausgabe
192 Seiten. Gebunden
19,90 € [D] / 20,50 €
[A] / 30,50 sFr.
ISBN 978-3-85535-371-2
Erstverkaufstag: 28. Februar 2011
www.atrium-verlag.com
In dem folgenden Jahrdutzend sah ich Bücher von mir
nur die wenigen Male, die ich im Ausland war. In Kopenhagen,
in Zürich, in London. - Es ist ein merkwürdiges
Gefühl, ein verbotener Schriftsteller zu sein und seine
Bücher nie mehr in den Regalen und Schaufenstern der
Buchläden zu sehen. In keiner Stadt des Vaterlands. Nicht
einmal in der Heimatstadt. Nicht einmal zu Weihnachten,
wenn die Deutschen durch die verschneiten Straßen eilen,
um Geschenke zu besorgen. Zwölf Weihnachten lang!
Man ist ein lebender Leichnam.
Es hat zwölf lange Jahre gedauert, bis das Dritte Reich
am Ende war. Zwölf kurze Jahre haben genügt, Deutschland
zugrunde zu richten. Und man war kein Prophet,
wenn man, in satirischen Strophen, diese und ähnliche
Ereignisse voraussagte. Dass keine Irrtümer vorkommen
konnten, lag am Gegenstand: am Charakter der Deutschen.
Den Gegenstand seiner Kritik muss der Satiriker
natürlich kennen. Ich kenne ihn.
Das vorliegende Buch stellt eine Auswahl aus meinen
vier vor 1933 erschienenen Gedichtbänden dar. Was in
diesen ein »prophetischer« Ausblick war, erscheint nun als
geschichtlicher Rückblick. Während des Dritten Reichs
kam in der Schweiz ein anderer Auswahlband heraus.
Er heißt »Doktor Erich Kästners lyrische Hausapotheke«
(Atrium-Verlag) und enthält Gedichte, die sich mit den
privaten Gefühlen des heutigen Großstadtmenschen
beschäftigen. Der vorliegende Band enthält, im Gegensatz
dazu, Gedichte vorwiegend sozialen, politischen, gesellschaftlichen
Charakters.
Es handelt sich, wie gesagt, um einen Rückblick. Die
Verse zeigen, wie es vor 1933 in den Großstädten und anderswo
aussah. Und sie zeigen auch, wie ein junger Mann
durch Ironie, Kritik, Anklage, Hohn und Gelächter zu
warnen versuchte. Dass derartige Versuche keinen Sinn
haben, ist selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich
ist, dass die Sinnlosigkeit solcher Versuche und das Wissen
um diese Sinnlosigkeit einen Satiriker noch nie zum
Schweigen gebracht haben und niemals dazu bringen
werden. Außer man verbrennt seine Bücher.
Satiriker können nicht schweigen, weil sie Schulmeister
sind. Und Schulmeister müssen schulmeistern. Ja,
und im verstecktesten Winkel ihres Herzens blüht schüchtern
und trotz allem Unfug der Welt die törichte, unsinnige
Hoffnung, dass die Menschen vielleicht doch ein wenig,
ein ganz klein wenig besser werden könnten, wenn man
sie oft genug beschimpft, bittet, beleidigt und auslacht.
Satiriker sind Idealisten.
Eine Auswahl aus vier Versbänden
Neuausgabe
192 Seiten. Gebunden
19,90 € [D] / 20,50 €
[A] / 30,50 sFr.
ISBN 978-3-85535-371-2
Erstverkaufstag: 28. Februar 2011
www.atrium-verlag.com
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Autoren-Porträt von Erich Kästner
Erich Kästner, 1899 in Dresden geboren, begründete gleich mit zwei seiner ersten Bücher seinen Weltruhm: 'Herz auf Taille' (1928) und 'Emil und die Detektive' (1929). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden seine Bücher verbrannt, sein Werk erschien nunmehr in der Schweiz im Atrium Verlag. Erich Kästner erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen, u.a.den 'Georg-Büchner-Preis'.Er starb 1974 in München.
Bibliographische Angaben
- Autor: Erich Kästner
- 2011, 1. Auflage, 176 Seiten, Masse: 13,1 x 20,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Atrium Verlag
- ISBN-10: 3855353719
- ISBN-13: 9783855353712
- Erscheinungsdatum: 01.03.2011
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