Andersen, S: Vor Schmetterlingen wird gewarnt
Roman. Deutsche Erstausgabe
Ava ist beruflich erfolgreich und wird von den Männern vergöttert. Doch dann trifft sie wieder auf Cade, den ehemaligen Highschoolschwarm der sie damals als Dicke bloßgestellt hat. Aber jetzt schwört der schöne Schmetterling Ava süße Rache!
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Andersen, S: Vor Schmetterlingen wird gewarnt “
Ava ist beruflich erfolgreich und wird von den Männern vergöttert. Doch dann trifft sie wieder auf Cade, den ehemaligen Highschoolschwarm der sie damals als Dicke bloßgestellt hat. Aber jetzt schwört der schöne Schmetterling Ava süße Rache!
Klappentext zu „Andersen, S: Vor Schmetterlingen wird gewarnt “
Das Leben, leicht wie ein Schmetterlingstraum? Ava Spencer hat alles erreicht, was sie sich vorgenommen hat: Sie besitzt eine eigene Cateringfirma, hat tolle Freundinnen, ist unabhängig und die Männer? Vergöttern sie wegen ihrer kurvenreichen Figur! Nur eine alte Wunde ist nie verheilt: Noch immer erinnert sich Ada an jenen Tag, als Highschoolschwarm Cade verkündete, er hätte mit der Dicken geschlafen. Denn diese Dicke war niemand anders als Ada! Und nun ist Cade zurück. Ada, nicht länger die Raupe, sondern ein wunderschöner Schmetterling, schwört süsse Rache. Die Gelegenheit kommt schneller als gedacht. Denn Cade braucht ihr altes Herrenhaus, in dem er einen Film drehen will. Und es scheint, dass er auch Ada braucht
Das Leben, leicht wie ein Schmetterlingstraum? Ava Spencer hat alles erreicht, was sie sich vorgenommen hat: Sie besitzt eine eigene Cateringfirma, hat tolle Freundinnen, ist unabhängig - und die Männer? Vergöttern sie wegen ihrer kurvenreichen Figur! Nur eine alte Wunde ist nie verheilt: Noch immer erinnert sich Ada an jenen Tag, als Highschoolschwarm Cade verkündete, er hätte mit der Dicken geschlafen. Denn diese Dicke war niemand anders als Ada! Und nun ist Cade zurück. Ada, nicht länger die Raupe, sondern ein wunderschöner Schmetterling, schwört süsse Rache. Die Gelegenheit kommt schneller als gedacht. Denn Cade braucht ihr altes Herrenhaus, in dem er einen Film drehen will. Und es scheint, dass er auch Ada braucht ...
Lese-Probe zu „Andersen, S: Vor Schmetterlingen wird gewarnt “
Vor Schmetterlingen wird gewarnt von Susan AndersenPROLOG
Liebes Tagebuch, ich habe nicht gewusst, dass man solche Schmerzen empfinden und überleben kann.
Country Day School, Oberschulgebäude, vor 13 Jahren
... mehr
Ava Spencer lief mit schwingenden Hüften auf die Cafeteria zu. Ihre fülligen Schultern bewegten sich zum Takt von "Iris" in der Goo-Goo-Dolls-Version, die sie im Ohr hatte. Sie hätte sich wohl auch etwas schnellere Musik aussuchen können, aber hey, sie war ganz im Augenblick gefangen und fühlte sich gut. Richtig, richtig gut. "Ava! Warte!"
Sie drehte sich um und entdeckte ihre beiden besten Freundinnen, die sich an einer Gruppe Nachzügler vorbeidrängelten, die genau wie Ava zu spät zur zweiten großen Pause kamen. Als sie stehen blieb, um auf die beiden zu warten, hörte sie den Ohrwurm nicht mehr, sondern die alltäglichen Pausengeräusche - quietschende Schuhsohlen auf Linoleum, das gelegentliche Zuschlagen einer Spindtür, das Kinderlachen auf dem Schulhof der unteren Jahrgänge, das mit dem gedämpften Gebrüll der Teenager hinter der Cafeteriatür am Ende des Flurs konkurrierte.
"Was geht ab, Mädel?", wollte Poppy wissen, die mit großen Schritten auf sie zumarschierte. Ihre Armreifen klimperten, als sie die Hand hob, um sich eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht zu streichen. "Du siehst ja ausnahmsweise mal richtig glücklich aus." "Im Ernst", stimmte Jane ihr zu. "Wir sehen dich nicht jeden Tag auf dem Flur tanzen."
"Ich fühle mich so gut." Noch ein bisschen besser, und sie würde glatt abheben wie ein Strauß mit Helium gefüllter Luftballons. Sie strahlte ihre Freundinnen an. "Ich würde sogar behaupten, dass ich mich wunderschön fühle." Und das war wirklich erstaunlich. An den meisten Tagen fühlte sie sich einigermaßen attraktiv, manchmal auch hübsch. Aber wunderschön? Das kam fast nie vor. Wegen ihres ständigen Kampfes mit ihrem Gewicht benutzte bei ihr zu Hause auch niemand dieses Adjektiv, wenn es um sie ging. Ihre Eltern warfen ihr eher vor, nicht genug zu tun, um den "Babyspeck" loszuwerden.
"He, aber du bist doch auch schön", wandte Jane loyal ein. "Ja, 'sie hat ein hübsches Gesicht'", zitierte Ava trocken. "'Wie schade, dass sie so pummelig/dick/kräftig gebaut ist'." Solche Sachen hatte sie oft genug gehört. "Du weißt ganz genau, dass Janie das garantiert nicht andeuten wollte", meinte Poppy. "Sie hat gesagt, du bist schön - und das bist du."
"Ich liebe euch beide dafür, dass ihr das sagt. Aber die Schöne von uns bist du, Poppy, nicht ich." Mit ihren nordisch blonden Haaren und ihrer frisch-fröhlichen Art war Poppy eine Klasse für sich. Sie hätte zur Clique der beliebten Kids gehören können, wenn ihr so etwas wichtig gewesen wäre. Poppy könnte sogar die Anführerin dieser Clique sein, dachte Ava stolz. Sie und Jane hingegen hätten das nie geschafft.
Nicht, dass Jane nicht attraktiv genug gewesen wäre. Aber sie hatte eine schlichte Attraktivität, die man nicht gleich auf den ersten Blick wahrnahm. Sie hatte glänzendes braunes Haar und tolle Beine. Aber im Vergleich zu ihren Klamotten war jede Gothic-Mode bunt. Außerdem war sie sehr intelligent, was die meisten der angesagten Leute sowieso nicht zu schätzen wussten.
Was soll's, dachte Ava. Weder sie noch Jane oder Poppy kümmerte das weiter. Die Kids aus dieser Clique waren größtenteils Arschlöcher, und sie drei hatten etwas viel, viel Besseres als den Gewinn eines Highschool-Beliebtheitswettbewerbs - sie hatten einander. Ihre enge Freundschaft. Sie waren BFF - best friends forever, die allerbesten Freundinnen. In der vierten Klasse hatten sie sich auf dieser Schule kennengelernt und waren seitdem unzertrennlich. Natürlich wünschte Ava sich, sie hätte die gleiche Kleidergröße wie ihre beiden Freundinnen. Sie war sogar wahnsinnig neidisch darauf, dass Jane und Poppy in ihren Kaufhausklamotten aussahen wie Laufsteg-Models, während sie immer herumlief wie Wurst in Pelle.
Heute jedoch spielte das keine Rolle. Denn gestern Abend hatte Cade Gallari sie geküsst, sie gestreichelt und mit ihr geschlafen. Und seit sie heute Morgen die Augen aufgemacht hatte, fühlte sie sich beinah dünn, absolut begehrenswert und, ja, schön.
Dabei war ihr erstes sexuelles Erlebnis nicht allzu prickelnd gewesen. Das Vorspiel schon, aber der eigentliche Akt, das Eindringen ... nun, das war unangenehm und so schnell vorbei gewesen, dass sie nicht einmal die Chance aufs Erreichen der Ziellinie gehabt hatte. Aber hey, es war ihr erstes Mal gewesen, daher hatte sie auch nicht erwartet, gleich die Engel singen zu hören.
Immerhin hatte Cade ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein. Zwischen den Küssen hatte er geflüstert, wie sinnlich ihre Lippen seien, wie wunderschön ihr Haar, wie weich ihre Haut, wie aufregend ihre Brüste. Und hinterher hatte er sie in den Armen gehalten wie etwas außergewöhnlich Kostbares.
Was Ava darin bestärkte, völlig aus dem Häuschen zu sein, weil sie es ausgerechnet mit ihm getan hatte. Das war nicht abzusehen gewesen, denn noch bis vor sechs Wochen war Cade für sie eine echte Nervensäge gewesen. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, irgendwann nicht von ihm genervt gewesen zu sein. Sie kannten sich praktisch seit der Geburt, ohne je viel voneinander zu wissen. Und das wenige, was Ava über ihn wusste, hatte ihr nicht gefallen. Er gehörte zu einer Clique, die sich über alle anderen lustig machte, die nicht ihrem Niveau entsprachen. Und dazu zählten, Hand aufs Herz, neun Zehntel aller Schüler. Als Ava und Cade von Mr Burton für ein Wissenschaftsprojekt eingeteilt worden waren, hatte sie deshalb schwarzgesehen. Sie und Gallari? Bei einem Projekt, das sich über ein Vierteljahr der Abschlussklasse hinzog?
Als sie acht gewesen waren, hatte er sie an den Haaren gezogen und ihr in der Tanzstunde auf die Zehen getreten. In der zehnten Klasse hatte er ihr unter der Zuschauertribüne unter den Rock geguckt und allen erzählt, dass sie pinkfarbene Slips trug. Trotzdem war es für Ava bis gestern eine grausige Vorstellung gewesen, er könnte ihre dicken Oberschenkel sehen und sich mit seinen dämlichen Freunden darüber kaputtlachen.
In den vergangenen anderthalb Monaten hatte sie Cade jedoch von einer anderen Seite kennengelernt. Als liebenswert, witzig und nachdenklich, was sie nicht einmal im Traum für möglich gehalten hätte. Und wenn sie sich in der Bibliothek oder im Coffee Shop gegenübersaßen, um an ihrem Projekt zu arbeiten, war eine erotische Anziehung zwischen ihnen spürbar. Es hatte nicht lange gedauert, da hatten sie im Dunkeln in seinem Wagen gesessen und geredet und geredet, ohne ein Ende zu finden.
Bis er sie eines Abends geküsst hatte. Und nachdem diese Grenze überschritten war, hatte es kein Zurück gegeben. Jedes Mal, wenn er sie in den vergangenen Wochen geküsst hatte, wenn seine Hände sich kühner auf unbekanntes Terrain vorgewagt hatten, war sie einfach dahingeschmolzen. Während er das Level ihrer Intimität nach und nach erhöht hatte, war es ihr immer schwerer gefallen, ihn zu bremsen.
Und gestern Abend hatte sie es nicht mehr geschafft, ihm zu sagen, dass sie aufhören mussten. Ein Lächeln stahl sich auf Avas Gesicht.
"Okay, das reicht!" Poppy blieb direkt vor der Tür zur Cafeteria stehen und packte Ava am Arm. "Was ist los mit dir?" Ava lachte.
Sie versuchte, die Neuigkeit für sich zu behalten. Aber dann gab sie nach, denn ihren zwei besten Freunden erzählte sie einfach alles. "Ich hab's getan, Poppy. Ehrlich, ich dachte, ich würde als Jungfrau die Highschool verlassen oder sogar als Jungfrau sterben. Aber letzte Nacht ..." Sie wurde plötzlich rot und verlegen bei der Vorstellung, die Worte laut auszusprechen.
Jane klappte der Unterkiefer herunter. "Ach ... du ... Schande", sagte sie langsam. "Du hast es getan?"
Ava nickte. Poppy sah perplex aus. "Mit wem?" Dann kniff sie die Augen zusammen. "Oh, Mist. Bitte sag, dass es nicht das Arschgesicht Gallari war!" "Nenn ihn nicht so!" Na schön, sie selbst hatte ihm damals diesen Namen gegeben. Trotzdem ...
"Tu's einfach nicht, ja?", bat sie in sanfterem Ton und schüttelte den Kopf. "Ich werde euch alles erzählen, aber nach der Schule, wenn uns nicht jeder zuhören kann." "Klar, einverstanden", meinte Poppy. "Aber verlass dich drauf - sobald wir hier raus sind, habe ich ein paar Fragen an dich, Schwester." Sie ließ Ava los und stieß die Tür zur Cafeteria auf. Gemeinsam begaben sie sich in das Chaos der zweiten großen Pause.
Tabletts und Geschirr klapperten, Stimmen hallten von den Wänden wider, und die Schüler schienen in ständiger Bewegung zu sein. Sie liefen zwischen den langen Tischen herum oder balgten sich um einen Platz. Auf der Suche nach Cade spähte Ava an zwei Jungs vorbei, die sich gegenseitig einen Baseball zuwarfen. Damit es nicht zu offensichtlich wurde, folgte sie ihren Freundinnen zur Essensausgabe, als sie ihn nicht gleich entdeckte.
Sie nahm sich ein Tablett und bemerkte, dass es unerklärlicherweise auf einmal ruhiger wurde. Hier drin war es nie ruhig. Doch bis auf ein paar Unterhaltungen an den hinteren Tischen war es mittlerweile fast still geworden. Und als Ava einen Blick über die Schulter warf, stellte sie fest, dass alle sie ansahen. Irgendwer kicherte.
Ava lächelte unsicher und war selbst da noch zu blöd, um zu merken, dass sie die Zielscheibe des Spotts war. Erst als Dylan Vanderkamp, der dämlichste Kerl in Cades Clique, aufstand, sie angrinste und mit einer dicken Rolle Geldscheine wedelte, schwante ihr Böses.
"Hier, Gallari", sagte Dylan, "zweihundert Scheine." Er reichte das Geld über den Tisch. "Wettschulden sind Ehrenschulden. Du hast behauptet, du könntest das dicke Mädchen flachlegen, und wow, du hast es getan." Dylan musterte Ava langsam von Kopf bis Fuß und grinste erneut. "Ich würde sagen, das hast du dir verdient."
Es war eine Wette? schrie eine Stimme in ihrem Kopf. Ich bin das dicke Mädchen, mit dem Cade wegen einer Wette geschlafen hat? Ihre Finger fühlten sich taub an, ihre Beine verloren jede Kraft, und Übelkeit stieg sauer in ihr hoch.
Dylan ging zur Seite, und da erst sah sie Cade, der in lässiger Haltung und mit gelangweilter Miene am Tisch saß. Er sah sie an, und für einen verrückten, hoffnungsvollen Moment glaubte sie, er würde Vanderkamp das Geld aus der Hand schlagen. Doch er hob nur träge die Hand und pflückte die Scheine aus den Fingern des anderen Jungen.
"Danke", sagte er und stopfte sich das Geld in die vordere Hosentasche seiner Jeans.
Alles in Ava schien zu Eis zu werden. Gleichzeitig spürte sie die Blicke der anderen, die auf ihre Reaktion warteten, wie Nadelstiche überall auf der Haut.
Aber sie konnte das nicht einfach hinnehmen, durfte sich das von Cades Clique aus Neandertalern nicht bieten lassen. Ihre Brust mochte sich anfühlen, als lägen zwei Tonnen Gewicht darauf, und am liebsten wäre sie unsichtbar gewesen. Aber sie und ihre Freundinnen hatten sich schon immer, so gut es ging, gegen diese Idioten behauptet. Ava war Gallaris süßen Worten auf den Leim gegangen und hatte dadurch für eine Weile vollkommen vergessen, mit wem sie es zu tun hatte.
Jetzt wusste sie es wieder. Und verdammt, sie würde sich im Griff haben, selbst wenn es sie umbrachte. Fast hätte sie bitter gelacht. Denn dieser verräterische, verlogene, falsche Mistkerl war hier eindeutig im Vorteil. Trotzdem, wenn sie untergehen würde, wollte sie wenigstens vorher noch austeilen.
"Ich finde, ein Teil davon steht mir zu", brachte sie heraus, obwohl sie einen dicken Kloß im Hals hatte. "Eine Nummer mit Quickie-Cade hat mir wahrscheinlich für den Rest meines Lebens die Lust auf Sex genommen. Wenn mir dafür nicht ein Anteil am Wettgeld zusteht, dann weiß ich es auch nicht."
Es war Balsam für ihr verwundetes Herz, dass ein paar Leute diesmal über Cade lachten und nicht über sie. Allerdings reichte das längst nicht. Lieber wäre ihr gewesen, ihm wäre der Schwanz zusammengeschrumpft und abgefallen. Aber es musste an Genugtuung vorerst reichen. Der Kloß in ihrem Hals wurde dicker, weshalb sie kein weiteres Wort mehr herausbrachte.
Als hätte sie es bemerkt, legte Poppy ihr ermutigend die Hand auf den Rücken und sagte: "Ja, genau. Was hat sie uns noch mal erzählt, Jane?"
Jane zuckte die Schultern. "Dass sie, sollte sie das durch Gallaris hilfloses Gefummel ausgelöste Trauma jemals überwinden, es beim nächsten Mal mit jemandem probieren wird, der etwas davon versteht."
Cade saß weiterhin in lässiger Haltung da und machte ein gelangweiltes Gesicht. Doch Ava registrierte zufrieden, dass eine leichte Röte seine markanten Wangenknochen hinaufkroch.
Es hätte sie natürlich mehr gefreut, wenn er auch nur einen Bruchteil ihrer Demütigung empfunden hätte. Sie fühlte sich so elend, als hätte man ihr die Eingeweide herausgerissen und falsch wieder eingesetzt. Niemals würde sie Cade verzeihen, dass er sie hereingelegt hatte. Dass er bei ihr erst für nie gekannte Empfindungen gesorgt hatte, nur um sie anschließend auf grausame Weise abzuservieren.
Sie schluckte ihren Schmerz hinunter, kehrte ihm den Rücken zu und knallte eine Portion Wackelpudding auf ihr Tablett. Unter keinen Umständen würde sie auch nur einen Bissen herunterbekommen.
Aber weglaufen würde sie vor diesem Mistkerl Gallari nicht, auch wenn ein Teil von ihr gerade gestorben war.
1. KAPITEL
Ich bin mir nicht sicher, ob ich klug gehandelt habe - oder die größte Dummheit meines Lebens begangen habe.
Heute, 9. November
Der Mistkerl kam zu spät. Ava Spencer verfluchte den Mann, auf den sie wartete. Sie lief im Foyer der Wolcott-Villa auf und ab und schlang immer wieder die Arme um sich, weil sie trotz ihres Mantels fror. Das Haus stand seit Wochen leer. Der Wind, der durch die Stabkreuzfenster pfiff, und die feuchte Kälte nach dem Gewitter, das vorhin durchgezogen war, ließen sie bibbern.
Sie hätte ja die Heizung aufgedreht, nur wäre das zwecklos gewesen. Falls der Kerl sich jemals bequemte, hier aufzukreuzen, würde sie ihm die Villa vom Dachboden bis zum Weinkeller zeigen. Zwar sorgte Jane dafür, dass das obere Wohnzimmer beheizt war, wegen der Gemälde, die noch nicht verkauft oder an Museen ausgeliehen worden waren. Doch es würde bis morgen Mittag dauern, den Rest des Gebäudes warmzubekommen. Obwohl Ava sämtliche Lampen im Haus eingeschaltet hatte, konnte ihr warmer gelber Schein echte Wärme nicht ersetzen.
Sie musste beinah hysterisch lachen. Als wäre das das Problem. Denn ... Es ist nicht irgendein Mann, Ava. Es handelt sich um Cade Calderwood Gallari.
Heiliger Strohsack. Sie konnte nicht fassen, dass sie sich dazu bereit erklärt hatte. Und deshalb konzentrierte sie sich auf jedes Detail, um nicht daran denken zu müssen, was ihr bevorstand. Denn jetzt war es für einen Rückzieher zu spät. Oder?
Sie hielt inne. Nein, war es nicht! Erleichtert schnappte sie sich ihre Handtasche und ging den Flur entlang zur Küche, vor deren Außentür sie ihren BMW geparkt hatte. Cade kam zu spät? Nun, dann war sie eben weg.
Scheinwerferlicht streifte die östliche Wand gegenüber dem Rundbogen zur Küche. Ava blieb unvermittelt stehen. "Mist." Es war also doch zu spät.
Sie tänzelte ein wenig auf der Stelle, um die Anspannung loszuwerden. Vorsichtshalber machte sie noch ein paar Yoga-Atemübungen. Dann stieß sie ein letztes Mal die Luft aus und nickte. "Okay, packen wir's." Sie unterdrückte ihren Ärger über Cades Zuspätkommen und die Tatsache, dass er überhaupt existierte. Es ist dreizehn Jahre her, sagte sie sich. Er ist bloß noch eine Fußnote, jemand, der längst keine Bedeutung mehr hat. Und zwar schon lange nicht mehr. Also brauchte sie ihm auch nicht gleich den Kopf abzureißen. Aber, oh, was für eine Versuchung.
Sie beobachtete ihn durch das Fenster in der Hintertür, als er die Stufen hinaufkam und unter der Verandalampe stehen blieb. Avas Zorn kehrte mit voller Wucht zurück, und sie musste sich erneut zusammenreißen. Noch einmal atmete sie aus, dann schloss sie die Tür auf.
Der Türknopf drehte sich, ehe sie aufmachen konnte, und Cade wehte herein, schüttelte sich wie ein nasser Hund, dass die Regentropfen von seinen durch die Sonne gebleichten braunen Haaren in alle Richtungen flogen. Ava schaute an ihm vorbei und stellte fest, dass es wieder angefangen hatte zu schütten.
"Mann, ist das nass da draußen!" Er schenkte ihr sein typisches Gallari- Lächeln, das seine strahlend weißen Zähne zeigte und tiefe Grübchen um seinen Mund entstehen ließ. Nur fiel Ava diesmal noch etwas anderes in seinen blauen, blauen Augen zwischen den dichten dunklen Wimpern auf ... Wachsamkeit? Berechnung? Sein Blick war kühler und unsteter als sein Lächeln, das sie jahrelang in ihren Träumen verfolgt hatte.
Es wurmte Ava, dass er noch immer diese Wirkung auf sie hatte. Warum schlug ihr Herz jedes Mal schneller, sobald sie ihn nur sah? Es war die gleiche Reaktion wie damals auf den jungen Cade. Trotz allem, was sie über ihn wusste und was er getan hatte, machte sein Anblick sie benommen.
Übersetzung: Christian Trautmann
MIRA Taschenbuch Band 25598 © 2011 by Susan Andersen Originaltitel: Playing Dirty
Ava Spencer lief mit schwingenden Hüften auf die Cafeteria zu. Ihre fülligen Schultern bewegten sich zum Takt von "Iris" in der Goo-Goo-Dolls-Version, die sie im Ohr hatte. Sie hätte sich wohl auch etwas schnellere Musik aussuchen können, aber hey, sie war ganz im Augenblick gefangen und fühlte sich gut. Richtig, richtig gut. "Ava! Warte!"
Sie drehte sich um und entdeckte ihre beiden besten Freundinnen, die sich an einer Gruppe Nachzügler vorbeidrängelten, die genau wie Ava zu spät zur zweiten großen Pause kamen. Als sie stehen blieb, um auf die beiden zu warten, hörte sie den Ohrwurm nicht mehr, sondern die alltäglichen Pausengeräusche - quietschende Schuhsohlen auf Linoleum, das gelegentliche Zuschlagen einer Spindtür, das Kinderlachen auf dem Schulhof der unteren Jahrgänge, das mit dem gedämpften Gebrüll der Teenager hinter der Cafeteriatür am Ende des Flurs konkurrierte.
"Was geht ab, Mädel?", wollte Poppy wissen, die mit großen Schritten auf sie zumarschierte. Ihre Armreifen klimperten, als sie die Hand hob, um sich eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht zu streichen. "Du siehst ja ausnahmsweise mal richtig glücklich aus." "Im Ernst", stimmte Jane ihr zu. "Wir sehen dich nicht jeden Tag auf dem Flur tanzen."
"Ich fühle mich so gut." Noch ein bisschen besser, und sie würde glatt abheben wie ein Strauß mit Helium gefüllter Luftballons. Sie strahlte ihre Freundinnen an. "Ich würde sogar behaupten, dass ich mich wunderschön fühle." Und das war wirklich erstaunlich. An den meisten Tagen fühlte sie sich einigermaßen attraktiv, manchmal auch hübsch. Aber wunderschön? Das kam fast nie vor. Wegen ihres ständigen Kampfes mit ihrem Gewicht benutzte bei ihr zu Hause auch niemand dieses Adjektiv, wenn es um sie ging. Ihre Eltern warfen ihr eher vor, nicht genug zu tun, um den "Babyspeck" loszuwerden.
"He, aber du bist doch auch schön", wandte Jane loyal ein. "Ja, 'sie hat ein hübsches Gesicht'", zitierte Ava trocken. "'Wie schade, dass sie so pummelig/dick/kräftig gebaut ist'." Solche Sachen hatte sie oft genug gehört. "Du weißt ganz genau, dass Janie das garantiert nicht andeuten wollte", meinte Poppy. "Sie hat gesagt, du bist schön - und das bist du."
"Ich liebe euch beide dafür, dass ihr das sagt. Aber die Schöne von uns bist du, Poppy, nicht ich." Mit ihren nordisch blonden Haaren und ihrer frisch-fröhlichen Art war Poppy eine Klasse für sich. Sie hätte zur Clique der beliebten Kids gehören können, wenn ihr so etwas wichtig gewesen wäre. Poppy könnte sogar die Anführerin dieser Clique sein, dachte Ava stolz. Sie und Jane hingegen hätten das nie geschafft.
Nicht, dass Jane nicht attraktiv genug gewesen wäre. Aber sie hatte eine schlichte Attraktivität, die man nicht gleich auf den ersten Blick wahrnahm. Sie hatte glänzendes braunes Haar und tolle Beine. Aber im Vergleich zu ihren Klamotten war jede Gothic-Mode bunt. Außerdem war sie sehr intelligent, was die meisten der angesagten Leute sowieso nicht zu schätzen wussten.
Was soll's, dachte Ava. Weder sie noch Jane oder Poppy kümmerte das weiter. Die Kids aus dieser Clique waren größtenteils Arschlöcher, und sie drei hatten etwas viel, viel Besseres als den Gewinn eines Highschool-Beliebtheitswettbewerbs - sie hatten einander. Ihre enge Freundschaft. Sie waren BFF - best friends forever, die allerbesten Freundinnen. In der vierten Klasse hatten sie sich auf dieser Schule kennengelernt und waren seitdem unzertrennlich. Natürlich wünschte Ava sich, sie hätte die gleiche Kleidergröße wie ihre beiden Freundinnen. Sie war sogar wahnsinnig neidisch darauf, dass Jane und Poppy in ihren Kaufhausklamotten aussahen wie Laufsteg-Models, während sie immer herumlief wie Wurst in Pelle.
Heute jedoch spielte das keine Rolle. Denn gestern Abend hatte Cade Gallari sie geküsst, sie gestreichelt und mit ihr geschlafen. Und seit sie heute Morgen die Augen aufgemacht hatte, fühlte sie sich beinah dünn, absolut begehrenswert und, ja, schön.
Dabei war ihr erstes sexuelles Erlebnis nicht allzu prickelnd gewesen. Das Vorspiel schon, aber der eigentliche Akt, das Eindringen ... nun, das war unangenehm und so schnell vorbei gewesen, dass sie nicht einmal die Chance aufs Erreichen der Ziellinie gehabt hatte. Aber hey, es war ihr erstes Mal gewesen, daher hatte sie auch nicht erwartet, gleich die Engel singen zu hören.
Immerhin hatte Cade ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein. Zwischen den Küssen hatte er geflüstert, wie sinnlich ihre Lippen seien, wie wunderschön ihr Haar, wie weich ihre Haut, wie aufregend ihre Brüste. Und hinterher hatte er sie in den Armen gehalten wie etwas außergewöhnlich Kostbares.
Was Ava darin bestärkte, völlig aus dem Häuschen zu sein, weil sie es ausgerechnet mit ihm getan hatte. Das war nicht abzusehen gewesen, denn noch bis vor sechs Wochen war Cade für sie eine echte Nervensäge gewesen. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, irgendwann nicht von ihm genervt gewesen zu sein. Sie kannten sich praktisch seit der Geburt, ohne je viel voneinander zu wissen. Und das wenige, was Ava über ihn wusste, hatte ihr nicht gefallen. Er gehörte zu einer Clique, die sich über alle anderen lustig machte, die nicht ihrem Niveau entsprachen. Und dazu zählten, Hand aufs Herz, neun Zehntel aller Schüler. Als Ava und Cade von Mr Burton für ein Wissenschaftsprojekt eingeteilt worden waren, hatte sie deshalb schwarzgesehen. Sie und Gallari? Bei einem Projekt, das sich über ein Vierteljahr der Abschlussklasse hinzog?
Als sie acht gewesen waren, hatte er sie an den Haaren gezogen und ihr in der Tanzstunde auf die Zehen getreten. In der zehnten Klasse hatte er ihr unter der Zuschauertribüne unter den Rock geguckt und allen erzählt, dass sie pinkfarbene Slips trug. Trotzdem war es für Ava bis gestern eine grausige Vorstellung gewesen, er könnte ihre dicken Oberschenkel sehen und sich mit seinen dämlichen Freunden darüber kaputtlachen.
In den vergangenen anderthalb Monaten hatte sie Cade jedoch von einer anderen Seite kennengelernt. Als liebenswert, witzig und nachdenklich, was sie nicht einmal im Traum für möglich gehalten hätte. Und wenn sie sich in der Bibliothek oder im Coffee Shop gegenübersaßen, um an ihrem Projekt zu arbeiten, war eine erotische Anziehung zwischen ihnen spürbar. Es hatte nicht lange gedauert, da hatten sie im Dunkeln in seinem Wagen gesessen und geredet und geredet, ohne ein Ende zu finden.
Bis er sie eines Abends geküsst hatte. Und nachdem diese Grenze überschritten war, hatte es kein Zurück gegeben. Jedes Mal, wenn er sie in den vergangenen Wochen geküsst hatte, wenn seine Hände sich kühner auf unbekanntes Terrain vorgewagt hatten, war sie einfach dahingeschmolzen. Während er das Level ihrer Intimität nach und nach erhöht hatte, war es ihr immer schwerer gefallen, ihn zu bremsen.
Und gestern Abend hatte sie es nicht mehr geschafft, ihm zu sagen, dass sie aufhören mussten. Ein Lächeln stahl sich auf Avas Gesicht.
"Okay, das reicht!" Poppy blieb direkt vor der Tür zur Cafeteria stehen und packte Ava am Arm. "Was ist los mit dir?" Ava lachte.
Sie versuchte, die Neuigkeit für sich zu behalten. Aber dann gab sie nach, denn ihren zwei besten Freunden erzählte sie einfach alles. "Ich hab's getan, Poppy. Ehrlich, ich dachte, ich würde als Jungfrau die Highschool verlassen oder sogar als Jungfrau sterben. Aber letzte Nacht ..." Sie wurde plötzlich rot und verlegen bei der Vorstellung, die Worte laut auszusprechen.
Jane klappte der Unterkiefer herunter. "Ach ... du ... Schande", sagte sie langsam. "Du hast es getan?"
Ava nickte. Poppy sah perplex aus. "Mit wem?" Dann kniff sie die Augen zusammen. "Oh, Mist. Bitte sag, dass es nicht das Arschgesicht Gallari war!" "Nenn ihn nicht so!" Na schön, sie selbst hatte ihm damals diesen Namen gegeben. Trotzdem ...
"Tu's einfach nicht, ja?", bat sie in sanfterem Ton und schüttelte den Kopf. "Ich werde euch alles erzählen, aber nach der Schule, wenn uns nicht jeder zuhören kann." "Klar, einverstanden", meinte Poppy. "Aber verlass dich drauf - sobald wir hier raus sind, habe ich ein paar Fragen an dich, Schwester." Sie ließ Ava los und stieß die Tür zur Cafeteria auf. Gemeinsam begaben sie sich in das Chaos der zweiten großen Pause.
Tabletts und Geschirr klapperten, Stimmen hallten von den Wänden wider, und die Schüler schienen in ständiger Bewegung zu sein. Sie liefen zwischen den langen Tischen herum oder balgten sich um einen Platz. Auf der Suche nach Cade spähte Ava an zwei Jungs vorbei, die sich gegenseitig einen Baseball zuwarfen. Damit es nicht zu offensichtlich wurde, folgte sie ihren Freundinnen zur Essensausgabe, als sie ihn nicht gleich entdeckte.
Sie nahm sich ein Tablett und bemerkte, dass es unerklärlicherweise auf einmal ruhiger wurde. Hier drin war es nie ruhig. Doch bis auf ein paar Unterhaltungen an den hinteren Tischen war es mittlerweile fast still geworden. Und als Ava einen Blick über die Schulter warf, stellte sie fest, dass alle sie ansahen. Irgendwer kicherte.
Ava lächelte unsicher und war selbst da noch zu blöd, um zu merken, dass sie die Zielscheibe des Spotts war. Erst als Dylan Vanderkamp, der dämlichste Kerl in Cades Clique, aufstand, sie angrinste und mit einer dicken Rolle Geldscheine wedelte, schwante ihr Böses.
"Hier, Gallari", sagte Dylan, "zweihundert Scheine." Er reichte das Geld über den Tisch. "Wettschulden sind Ehrenschulden. Du hast behauptet, du könntest das dicke Mädchen flachlegen, und wow, du hast es getan." Dylan musterte Ava langsam von Kopf bis Fuß und grinste erneut. "Ich würde sagen, das hast du dir verdient."
Es war eine Wette? schrie eine Stimme in ihrem Kopf. Ich bin das dicke Mädchen, mit dem Cade wegen einer Wette geschlafen hat? Ihre Finger fühlten sich taub an, ihre Beine verloren jede Kraft, und Übelkeit stieg sauer in ihr hoch.
Dylan ging zur Seite, und da erst sah sie Cade, der in lässiger Haltung und mit gelangweilter Miene am Tisch saß. Er sah sie an, und für einen verrückten, hoffnungsvollen Moment glaubte sie, er würde Vanderkamp das Geld aus der Hand schlagen. Doch er hob nur träge die Hand und pflückte die Scheine aus den Fingern des anderen Jungen.
"Danke", sagte er und stopfte sich das Geld in die vordere Hosentasche seiner Jeans.
Alles in Ava schien zu Eis zu werden. Gleichzeitig spürte sie die Blicke der anderen, die auf ihre Reaktion warteten, wie Nadelstiche überall auf der Haut.
Aber sie konnte das nicht einfach hinnehmen, durfte sich das von Cades Clique aus Neandertalern nicht bieten lassen. Ihre Brust mochte sich anfühlen, als lägen zwei Tonnen Gewicht darauf, und am liebsten wäre sie unsichtbar gewesen. Aber sie und ihre Freundinnen hatten sich schon immer, so gut es ging, gegen diese Idioten behauptet. Ava war Gallaris süßen Worten auf den Leim gegangen und hatte dadurch für eine Weile vollkommen vergessen, mit wem sie es zu tun hatte.
Jetzt wusste sie es wieder. Und verdammt, sie würde sich im Griff haben, selbst wenn es sie umbrachte. Fast hätte sie bitter gelacht. Denn dieser verräterische, verlogene, falsche Mistkerl war hier eindeutig im Vorteil. Trotzdem, wenn sie untergehen würde, wollte sie wenigstens vorher noch austeilen.
"Ich finde, ein Teil davon steht mir zu", brachte sie heraus, obwohl sie einen dicken Kloß im Hals hatte. "Eine Nummer mit Quickie-Cade hat mir wahrscheinlich für den Rest meines Lebens die Lust auf Sex genommen. Wenn mir dafür nicht ein Anteil am Wettgeld zusteht, dann weiß ich es auch nicht."
Es war Balsam für ihr verwundetes Herz, dass ein paar Leute diesmal über Cade lachten und nicht über sie. Allerdings reichte das längst nicht. Lieber wäre ihr gewesen, ihm wäre der Schwanz zusammengeschrumpft und abgefallen. Aber es musste an Genugtuung vorerst reichen. Der Kloß in ihrem Hals wurde dicker, weshalb sie kein weiteres Wort mehr herausbrachte.
Als hätte sie es bemerkt, legte Poppy ihr ermutigend die Hand auf den Rücken und sagte: "Ja, genau. Was hat sie uns noch mal erzählt, Jane?"
Jane zuckte die Schultern. "Dass sie, sollte sie das durch Gallaris hilfloses Gefummel ausgelöste Trauma jemals überwinden, es beim nächsten Mal mit jemandem probieren wird, der etwas davon versteht."
Cade saß weiterhin in lässiger Haltung da und machte ein gelangweiltes Gesicht. Doch Ava registrierte zufrieden, dass eine leichte Röte seine markanten Wangenknochen hinaufkroch.
Es hätte sie natürlich mehr gefreut, wenn er auch nur einen Bruchteil ihrer Demütigung empfunden hätte. Sie fühlte sich so elend, als hätte man ihr die Eingeweide herausgerissen und falsch wieder eingesetzt. Niemals würde sie Cade verzeihen, dass er sie hereingelegt hatte. Dass er bei ihr erst für nie gekannte Empfindungen gesorgt hatte, nur um sie anschließend auf grausame Weise abzuservieren.
Sie schluckte ihren Schmerz hinunter, kehrte ihm den Rücken zu und knallte eine Portion Wackelpudding auf ihr Tablett. Unter keinen Umständen würde sie auch nur einen Bissen herunterbekommen.
Aber weglaufen würde sie vor diesem Mistkerl Gallari nicht, auch wenn ein Teil von ihr gerade gestorben war.
1. KAPITEL
Ich bin mir nicht sicher, ob ich klug gehandelt habe - oder die größte Dummheit meines Lebens begangen habe.
Heute, 9. November
Der Mistkerl kam zu spät. Ava Spencer verfluchte den Mann, auf den sie wartete. Sie lief im Foyer der Wolcott-Villa auf und ab und schlang immer wieder die Arme um sich, weil sie trotz ihres Mantels fror. Das Haus stand seit Wochen leer. Der Wind, der durch die Stabkreuzfenster pfiff, und die feuchte Kälte nach dem Gewitter, das vorhin durchgezogen war, ließen sie bibbern.
Sie hätte ja die Heizung aufgedreht, nur wäre das zwecklos gewesen. Falls der Kerl sich jemals bequemte, hier aufzukreuzen, würde sie ihm die Villa vom Dachboden bis zum Weinkeller zeigen. Zwar sorgte Jane dafür, dass das obere Wohnzimmer beheizt war, wegen der Gemälde, die noch nicht verkauft oder an Museen ausgeliehen worden waren. Doch es würde bis morgen Mittag dauern, den Rest des Gebäudes warmzubekommen. Obwohl Ava sämtliche Lampen im Haus eingeschaltet hatte, konnte ihr warmer gelber Schein echte Wärme nicht ersetzen.
Sie musste beinah hysterisch lachen. Als wäre das das Problem. Denn ... Es ist nicht irgendein Mann, Ava. Es handelt sich um Cade Calderwood Gallari.
Heiliger Strohsack. Sie konnte nicht fassen, dass sie sich dazu bereit erklärt hatte. Und deshalb konzentrierte sie sich auf jedes Detail, um nicht daran denken zu müssen, was ihr bevorstand. Denn jetzt war es für einen Rückzieher zu spät. Oder?
Sie hielt inne. Nein, war es nicht! Erleichtert schnappte sie sich ihre Handtasche und ging den Flur entlang zur Küche, vor deren Außentür sie ihren BMW geparkt hatte. Cade kam zu spät? Nun, dann war sie eben weg.
Scheinwerferlicht streifte die östliche Wand gegenüber dem Rundbogen zur Küche. Ava blieb unvermittelt stehen. "Mist." Es war also doch zu spät.
Sie tänzelte ein wenig auf der Stelle, um die Anspannung loszuwerden. Vorsichtshalber machte sie noch ein paar Yoga-Atemübungen. Dann stieß sie ein letztes Mal die Luft aus und nickte. "Okay, packen wir's." Sie unterdrückte ihren Ärger über Cades Zuspätkommen und die Tatsache, dass er überhaupt existierte. Es ist dreizehn Jahre her, sagte sie sich. Er ist bloß noch eine Fußnote, jemand, der längst keine Bedeutung mehr hat. Und zwar schon lange nicht mehr. Also brauchte sie ihm auch nicht gleich den Kopf abzureißen. Aber, oh, was für eine Versuchung.
Sie beobachtete ihn durch das Fenster in der Hintertür, als er die Stufen hinaufkam und unter der Verandalampe stehen blieb. Avas Zorn kehrte mit voller Wucht zurück, und sie musste sich erneut zusammenreißen. Noch einmal atmete sie aus, dann schloss sie die Tür auf.
Der Türknopf drehte sich, ehe sie aufmachen konnte, und Cade wehte herein, schüttelte sich wie ein nasser Hund, dass die Regentropfen von seinen durch die Sonne gebleichten braunen Haaren in alle Richtungen flogen. Ava schaute an ihm vorbei und stellte fest, dass es wieder angefangen hatte zu schütten.
"Mann, ist das nass da draußen!" Er schenkte ihr sein typisches Gallari- Lächeln, das seine strahlend weißen Zähne zeigte und tiefe Grübchen um seinen Mund entstehen ließ. Nur fiel Ava diesmal noch etwas anderes in seinen blauen, blauen Augen zwischen den dichten dunklen Wimpern auf ... Wachsamkeit? Berechnung? Sein Blick war kühler und unsteter als sein Lächeln, das sie jahrelang in ihren Träumen verfolgt hatte.
Es wurmte Ava, dass er noch immer diese Wirkung auf sie hatte. Warum schlug ihr Herz jedes Mal schneller, sobald sie ihn nur sah? Es war die gleiche Reaktion wie damals auf den jungen Cade. Trotz allem, was sie über ihn wusste und was er getan hatte, machte sein Anblick sie benommen.
Übersetzung: Christian Trautmann
MIRA Taschenbuch Band 25598 © 2011 by Susan Andersen Originaltitel: Playing Dirty
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Autoren-Porträt von Susan Andersen
Mit ihren liebenswert skurillen Heldinnen und ihren ebenso spannenden wie warmherzigen Geschichten, erobert Susan Andersen regelmässig die internationalen Bestsellerlisten. Gemeinsam mit ihrem Mann und den boys`, zwei verspielten Katern, lebt die erfolgreiche Autorin an der Pazifikküste Washingtons.
Bibliographische Angaben
- Autor: Susan Andersen
- 2012, 300 Seiten, Masse: 12,5 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Amerikan. v. Christian Trautmann
- Übersetzer: Christian Trautmann
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3862783294
- ISBN-13: 9783862783298
Rezension zu „Andersen, S: Vor Schmetterlingen wird gewarnt “
"Für alle Liebhaberinnen von Lachen, Leidenschaft und Romantik!"- Publishers Weekly"Schnippisch, süß und saftig!"- Carly Phillips, New York Times Bestseller-Autorin
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