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  • 5 Sterne

    6 von 10 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Wilhelm S., 08.09.2017

    Als Buch bewertet

    Peter Lude, Dr. phil.
    Querschnittlähmung – Schritte der Bewältigung
    Die Kraft der Psyche
    Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag: 2016, 280 Seiten

    Ein geniales Buch !
    Peter Lude ist Fachpsychologe für Psychotherapie, führt eine Praxis für Psychologische Psychotherapie, ist Dozent für Rehabilitationspsychologie an der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, ist in bedeutenden Forschungsprojekten engagiert, u. a. als Affiliate Faculty Member der Schweizer Paraplegiker Forschung und des Schweizer Paraplegiker Zentrums Nottwil, er publiziert, referiert, ist zweifacher Ludwig- Guttmann- Preisträger der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft für Paraplegie, ist Gemeinderat, verheiratet – und vom Kopf abwärts querschnittgelähmt.

    Bei einem Sprachkurs in Italien verunglückte er kurz vor seinem 20. Geburtstag bei einem Sprung ins Wasser. Er wusste nach dem Unfall sofort: „Ich bin gelähmt. Jetzt beginnt etwas Neues. Vorwärts“. Der Überlebenskampf ist wie ein Reflex. Wer sich verschluckt, hustet. Automatisch. In lebensbedrohenden Situationen stellt sich nicht die Frage: weiterleben oder nicht ? Lebensbedrohliche Verletzungen bewirken immer lebenszuwendende Reaktionen – physisch wie psychisch. Gelähmt sein ist ein hoch aktiver Prozess. In der Psyche eines Patienten entwickeln sich starke Kräfte, die wie eine Art Airbag wirken – zuerst als Überlebensreaktion und später als Übergang zur langfristigen Bewältigung.
    Bei den Angehörigen ist es genau umgekehrt: Wer eine schlimme Nachricht erhält, ist erst mal wie gelähmt. Patient und Angehöriger erleben die Situation so verschieden. Und in beiden laufen die von aussen nicht sichtbaren psychischen Prozesse, die eine langfristig gute Bewältigung erst ermöglichen.

    Das Spannende an diesem Buch ist, dass Peter Lude diese drei Ebenen – die Innensicht, also die Erlebniswelt des Betroffenen, die Aussensicht der Angehörigen und den psychologischen Background, also die Interpretation dieser Erlebensweisen durch die neuesten Forschungsergebnisse im Bereich der Klinischen Psychologie bei Querschnittlähmung - in allen Phasen – dem Unfallereignis, der Rehabilitation und der lebenslange Alltag nach der Rehabilitation und die Wieder- oder Neueingliederung in die Gesellschaft – gegenüberstellt.

    Innensicht: Das eigene Erleben seines Unfalls und sein Weg zurück ins Leben werden von Peter Lude mit dem ihm eigenen feinen Humor beschrieben. Er lässt den Leser hier intensiv an seiner persönlichen Erlebniswelt teilnehmen. Die Querschnittlähmung vergleicht Lude mit einer Gleisunterbrechung. Der eine Schienenstrang, der Körper, erfährt eine abrupte Unterbrechung. Der andere Schienenstrang, der Kopf, die Persönlichkeit, läuft aber ungebrochen weiter und kann sich über die Körperlichkeit hinaus entwickeln. Sein Körper hat sich mehr als 30 Jahre nicht bewegt, „dennoch laufen innerlich hochaktive Prozesse ab, die man von aussen nicht sieht.“ Diese innere Lebendigkeit gilt es als Querschnittgelähmter wachzuhalten.
    Peter Lude weist hier immer wieder auf bisher wenig beachtete Aspekte der Verarbeitung hin. „Wie soll ich im Leben stehen, wenn meine Beine mich nicht mehr tragen? Und wie sollen meine gelähmten Arme mein Leben in den Griff bekommen? Das Leben mit einer Querschnittlähmung ist ein Leben mit Paradoxa“. Depressive Phasen, die man von ihm erwartete, hatte er nicht – weil er damit beschäftigt war, zu überleben. Mit der körperlichen Verletzung setzen lebenszuwendende (Überlebens-) Prozesse ein, eine starke Mobilisierung psychischer Ressourcen. In einer Situation, in der gar nichts angenehm ist, geht es darum, aus kleinsten Ansätzen, die den Hauch von „angenehm“ haben, den Normalzustand zu entwickeln. Eine Querschnittlähmung entspricht für ihn anfänglich einem Nachtflug mit defekten Navigationsgeräten, dennoch erreichen viele Menschen mit Querschnittlähmung im Laufe ihres weiteren Lebens eine gute bis sehr gute Lebensqualität. Peter Lude lässt den Leser hier in spannender Weise – das Buch liest sich zeitweise wie ein Krimi – an dieser Reise, in hohem Masse sich selbst öffnend und Einblick in seine Lebenswelt in den verschiedenen Phasen der Rehabilitation gebend, teilnehmen. Äusserlich gelähmt, aber innerlich hoch lebendig. „Das Leben fällt bei einer Querschnittlähmung nicht auseinander, es fokussiert sich vielmehr auf etwas Neues“. Und damit lebt er gut. Tag für Tag. Seit über 30 Jahren. Dazu Peter Lude: „Etwas Besseres als den Tod findest Du überall“.
    Die gezielte Einbringung von autobiographischen Details gibt dem Leser einen tiefen Einblick in das Erleben einer Querschnittlähmung in den verschiedenen Phasen.

    Aussensicht: Eine Querschnittlähmung hat natürlich unmittelbare Auswirkungen auf den persönlichen Lebensvollzug von Angehörigen, bzw. nahe Bezugspersonen. Dieser weist im statistischen Schnitt traumabezogene Reaktionen auf, die man eigentlich von den Betroffenen erwarten würde – hohe Stressreaktionen, keine überdurchschnittliche psychische Ressourcenmobilisierung. Sie werden von der psychischen Wucht der Querschnittlähmung getroffen, ohne durch die von der körperlichen Verletzung ausgelösten, natürlichen, starken psychischen Überlebensprozesse geschützt zu werden. Das Nicht- Erleiden der schwerwiegenden körperlichen Verletzung erweist sich insofern als Problem. Oder wie Peter Lude meint: „Es ist geradezu ein Handicap, nicht querschnittgelähmt zu sein“. Angehörige gewinnen dann an Stärke, wenn sie der Situation nicht ausweichen und damit einen ähnlich fordernden Anpassungsprozess wie die Menschen mit Querschnittlähmung durchlaufen.
    Die Bewältigung einer Querschnittlähmung läuft im Wesentlichen über den zwischenmenschlichen Kontakt und die dadurch vermittelten Werte. Peter Lude lässt hier seine Mutter zu Wort kommen, ihre Erfahrungen und ihre Auseinandersetzung mit der Situation.
    „Eine gute Beziehung ersetzt eine Therapie“- diesbezüglich lebe er mit seiner Frau und seiner Mutter im selben Haus „ein Stück weit im Paradies“.

    Wissenschaftliche Aufarbeitung: Peter Lude ist nicht nur Betroffener, sondern auch ein international ausgewiesener Rehabilitationsexperte. Und so verbindet er seine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen mit der intellektuellen wissenschaftlichen Hinterfragung des Rehabilitationsprozesses. Er verlangt richtigerweise die Verabschiedung von überkommenen Vorstellungen und Denkmodellen, wie die ersten Betrachtungsweisen, die vorwiegend psychoanalytisch geprägt waren, gefolgt von den Phasenmodellen, die dem Sterbeprozess entstammen, nicht dem (Über-) Lebensprozess, und erklärt seine eigenen Erfahrungen bzgl. der Bewältigung der Folgen der Querschnittlähmung mit dem neuesten Stand der empirischen Outcome- Forschung, die ihre Ergebnisse mit der anschliessenden Coping- und Appraisal- Forschung zu erhellen versucht. Er beschreibt vor allem aber auch die erweiterten Bewältigungsmodelle wie dem o. a. Airbag. Die nicht sichtbaren psychischen Prozesse, die dafür verantwortlich sind, wie ein Mensch mit einer Querschnittlähmung fertig wird, werden hier wissenschaftlich aufgearbeitet, und bieten so ein wichtiges Handwerkszeug für professionelle Behandler.
    Mit diesen setzt er sich auch oft deutlich auseinander – wenn er z. B. der Sporttherapie mitgibt, dass es sich alleine beim Liegen eines Tetraplegikers gewissermassen um einen Spitzensport ohne äussere Bewegung handelt, der eigentliche Spitzensport gerade bei Menschen mit einer Querschnittlähmung innerlich stattfindet, es sich bei einer Querschnittlähmung um Lebendigkeit durch Einschränkung handelt. Oder die Ergotherapie zur Ärgotherapie wird, wenn Behandlungsparadigmen bevormundend eingesetzt werden. Oder darauf zu drängen, die subtilen Bewältigungsprozesse zu erkennen, sie auszubauen, erlebbar und erlernbar zu machen – anstatt sie „wegzubehandeln“.

    Zur Sicherheit hat Peter Lude seine Kerngedanken am Schluss des Buches zu 20 Kernsätzen zusammengefasst.

    Peter Lude ist nicht nur ein herausragender Wissenschaftler, er hat auch die Grösse, durch die wirklich oft sehr intimen Einblicke in seinen Seelenzustand wissenschaftliche Konstrukte der Bewältigung einer so schweren Behinderung dem Leser unzensiert, aber mit einer anständigen Portion Humor transparent zu machen.

    Ein geniales Buch!

    Diese Mischform einer wissenschaftlichen Aufarbeitung ist auch für den Springer- Verlag ein Novum, und es gebührt auch ihm Respekt, ein solches Buch herauszugeben.

    Es ist allen Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen wärmstens ans Herz zu legen.

    Wilhelm Strubreither, Bad Häring

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  • 5 Sterne

    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Dorothee S., 15.09.2019

    Als eBook bewertet

    Dies ist ein inspirierendes Buch von einer inspirierenden Persönlichkeit. Es gibt einen ehrlichen, gut beschriebenen und umfassenden Einblick in die verschiedenen Aspekte, Konsequenzen und Bewältigungsstrategien einer Querschnittslähmung auf physischer und psychischer Ebene.

    Insbesondere die Einsichten und Lebensweisheiten, die Herr Lude gewonnen hat und mit uns teilt, sind auch für viele andere Lebenssituationen übertrag- und anwendbar. Daher kann das Lesen dieses Buches aus meiner Sicht für die meisten Menschen sehr wertvoll sein.

    Für mich persönlich fasse ich das Buch mit den folgenden beiden Zitaten zusammen:

    „Jeder hat sein eigen Glück unter den Händen, wie der Künstler die rohe Materie, die er zu einer Gestalt umbilden will. Aber es ist mit dieser Kunst wie mit allen; nur die Fähigkeit dazu wird uns angeboren, sie will gelernt und sorgfältig ausgeübt sein.“ (Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Dichter, 1749 – 1832)

    Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind. (Francis Bacon, englischer Philosoph, Jurist und Staatsmann, 1561 – 1626)

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  • 5 Sterne

    6 von 13 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    A. Steiner, 09.03.2018

    Als Buch bewertet

    Inspiration für die eigene Entwicklung


    Ich bin weder querschnittgelähmt, noch habe ich eine Person in meinem nahen Umfeld, die von einer Querschnittlähmung betroffen ist. Nichtsdestotrotz war und ist dieses Buch eine Offenbarung für mich.

    Das Buch regt zu einer neuen, veränderten und differenzierteren Sichtweise im Umgang mit den grossen Lebensthemen wie Gesundheit und Krankheit, Lebensqualität, Beziehungsgestaltung und Lebenssinn an.

    In unserer leistungsorientierten Gesellschaft werden Menschen mit einer körperlichen (oder auch geistigen) Einschränkung nicht selten mit einem Gefühl von Schwäche in Verbindung gebracht. Sie passen nicht zu dem weit verbreiteten Bild einer Gesellschaft,
    die immer schneller, globaler und effizienter agiert und in ihrem Leistungsdenken kaum mehr zu bremsen ist.

    Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Einschränkung stellen dieses Weltbild auf fast provokative Weise auf den Kopf. So auch das Buch von Peter Lude, der seit über drei Jahrzehnten von einer Tetraplegie betroffen ist und heute als selbstständiger Psychotherapeut eine eigene Praxis führt.

    In seinem Buch beschreibt der Autor von dem Ereignis, das sein Leben von einem Augenblick auf den anderen in fundamentaler Weise verändert hat. Er beschreibt die medizinischen Massnahmen ebenso detailliert wie ganz persönliche Vorgänge in seinem Inneren. Vor allem aber widmet er sich den starken psychischen Überlebensprozessen, die bei einem solch einschneidenden Erlebnis wie einer plötzlichen Querschnittlähmung stattfinden.

    Diese innere Stärkung, die trotz der körperlichen und äusserlich sichtbaren Schwächung stattfindet, ist zutiefst beeindruckend, lebensbejahend und inspirierend. Und das nicht nur für Menschen mit einer Querschnittlähmung.

    Schliesslich werden wir alle Tag für Tag älter. Unsere Leistungsfähigkeit verändert sich. Und auch die körperliche Unversehrtheit ist nicht (mehr) selbstverständlich.

    Wir alle sind also eingeladen, unserem eigenen Leben eine neue Tiefe zu geben. Einen Lebenssinn zu finden, der weniger von unserer körperlichen Unversehrtheit und unseren beruflichen oder sportlichen Höchstleistungen abhängt – sondern verstärkt die Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die innere Lebendigkeit ins Zentrum rückt.

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