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  • 5 Sterne

    4 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 23.08.2017

    Als Buch bewertet

    “Nach Onkalo” ist eine Romanperle, die mich an ganz besondere, ansprechende Independent-Filme erinnert. Ruhig erzählt, es passiert wenig! Schräge Figuren, originell und manchmal liebenswert, manchmal weniger. Dazu ein trister Schauplatz in der Provinz, fernab der Hektik und des Komforts. Doch auch hier zeigt sich in den Naturbeschreibungen eine raue Schönheit. Das alles ist jenseits der gängigen Lesegewohnheiten.

    Neben der ziemlich ziellosen Hauptfigur Matuschek, der nach dem Tod seiner Mutter nahezu bindungslos alleine lebt, gibt es auch ein paar bemerkenswerte Nebenfiguren. Allen voran Matuscheks Nachbar Igor, der zum Freund wird oder den alten Rentner und Taubenzüchter Witt. Ein ungemütlicher Typ ist Lewandowski, der offenbar windige Geschäfte macht.

    Matuscheks Alltag ist Tristesse ohne Höhepunkte, mit wenig Abwechslung, ausser gelegentlichen Angelausflügen und Gesprächen mit Igor.
    Dann trifft er Irina, mit der er eine Beziehung beginnt. Ein möglicher Ausweg aus der Einsamkeit.

    Kerstin Preiwuss schreibt detailgenau, in manchen Szenen kann das empfindlichen Lesern zu viel werden. Doch der Detailreichtum wird auch gezielt und ökonomisch eingesetzt. Überflüssiges und unnötig ausschmückendes wird ausgespart, dennoch erzeugen ihre Sätze aussagekräftige Bilder beim Lesen.

    Die Momente der Stille wechseln mit plötzlichen Ausbrüchen, z.B. auf einer Autofahrt bei starken Regen mit Unfall oder wenn Matuschka die Nerven verliert, rumschreit und wütet. Dazu die Bedrohung des fiesen Lewandowski. Auch das sind Elemente, die den Roman mitbestimmen. Das Leben von Matuschek ist nicht erfüllt, er bleibt ein Sonderling und lebt in seinen Begrenzungen, die er eher unfreiwillig akzeptiert. Ein Thema ist somit auch die Einsamkeit.

    Kerstin Preiwuss ist eine begabte Autorin, die von der Lyrik kommt und gekonnt mit Sprache umgeht. Diese Sprache spricht mich sehr an, da sie Überfrachtung vermeidet und viel Atmosphäre erzeugt.

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    ja nein
  • 3 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lena, 26.08.2017

    Als Buch bewertet

    Der 40-jährige Hans Matuschek wohnt in einem Ort im Norden Ostddeutschlands, der einen trostlosen, verlassenen Eindruck macht. Seine Mutter, die sich bisher um alles im Haushalt und das Wohlergehen ihres Sohnes gekümmert hat, ist gerade verstorben. Hätte Matuschek nicht seinen hilfsbereiten Nachbarn,m den Russen Igor und den "Alten" Witt, wäre Matuschek hilflos auf sich allein gestellt.

    Matuschek züchtet seit seinem 14. Lebensjahr als Geschenk seines Vaters Brieftauben und arbeitet als Wetterbeobachter an einem ehemaligen Militär-Flugplatz der DDR. Mit Igor geht er regelmässig einen trinken und bekommt von ihm seine Verwandte Irina aus Irkutsk vermittelt, die in Deutschland als Änderungsschneiderin arbeitet. Doch die Affäre mit Irina währt nur kurz, sie lässt den sozial wenig empathischen Matuschek nicht an sich heran. Als Matuschek dann auch noch seine Arbeitsstelle und Igor verliert, geht "alles den Bach runter". Passend zur ohnehin schon gedrückten Stimmung, flüchtet sich Matuschek in den Alkohol, hat keine Kontakte mehr zu anderen Menschen, kümmert sich nicht einmal mehr um seine geliebten Tauben und lässt sich selbst bis zur Verwahrlosung gehen.

    Der Titel "Nach Onkalo" bezieht sich auf das Atommüll-Endlager Onkalo in Finnland. Der alte Witt, der unter seinem Haus einen Bunker angelegt hat, um sich vor bürgerkriegsähnlichen Szenarien zu schützen, hat bis zur Stilllegung des Atomkraftwerks Lubmin dort gearbeitet und panische Angst vor einem atomaren Unfall.

    "Nach Onkalo" steht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2017, wodurch ich erst auf die Autorin und ihren Roman aufmerksam geworden bin.

    Es ist ein Roman über einen langjährigen, etwas sonderbaren Single in der ostdeutschen Provinz, dem sein Leben nach dem Tod seiner Mutter entgleitet. Der Ort, in dem Matuschek wohnt, ist von der Abwanderung der jungen Menschen, insbesondere der Frauen, in die Städte geprägt. schulen wurden geschlossen, Bahnstrecken stillgelegt und übrig ist nur noch eine Tankstelle und ein Supermarkt. Und auch Matuschek wird hier nicht bleiben, sondern sein Zuhause an Investoren aus Berlin verkaufen.

    Matuschek ist wie der Russe Igor und Witt ein Aussenseiter, der kaum in der Lage ist, seinen Alltag zu bewältigen. Erst als er ganz am Boden ist und alles verloren erscheint, rafft er sich auf und schafft sich selbst eine neue Perspektive.

    Der Roman ist literarisch hochwertig und bildhaft geschrieben. Matuschek ist ein Antiheld, der nüchtern und aus der Distanz betrachtet wird. Auch die Sprache ist passend dazu, die Dialoge bestehen aus knappen Sätzen und können ohne Kennzeichnung als direkte Rede leicht überlesen werden.
    Die Geschichte über Landflucht, Aussenseitertum und das persönliche Scheitern ist nicht ganz eingängig geschrieben und schildert ungeschönt die Härte des Lebens. Auch wenn es für Matuschek nach seinem Absturz wieder aufwärts geht, war mir der Roman mit der Aussparung von etwas Freude und Glück zu brutal realistisch und nicht im eigentlichen Sinne unterhaltsam.
    "Nach Onkalo" war interessant zu lesen, aber ich war froh, als ich den Roman, in dem irgendwie alles grau war, beendet hatte.

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  • 4 Sterne

    1 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 02.09.2017

    Als Buch bewertet

    Sie hat ihn einfach verlassen. Ist morgens nicht mehr aufgewacht, nicht mehr aufgestanden und hat ihm sein Frühstück nicht vorbereitet. Matuschek ist empört über seine Mutter, die ihn, wo er gerade einmal vierzig ist, alleine lässt. Und er ist überfordert, so sehr, dass sein russischer Nachbar Igor sich um die Angelegenheit kümmern muss. Der Alltag ist für Matuschek so allein kaum zu bewältigen, ausser seinen Tauben und dem alten Skatfreund Witt hat er niemanden; aber Galina und Igor kennen da jemanden, der vielleicht die Lücke schliessen kann. Und tatsächlich findet Matuschek Gefallen an Irina aus dem fernen Sibirien, die immer wieder über das Leben in Deutschland verwundert ist. Langsam nähern sie sich an, doch Matuscheks Neugier zerstört alles und bald schon steht er wieder alleine da. Am Boden zerstört nimmt der Verfall nun unaufhaltsam seinen Lauf.

    Onkalo – finnisch für Höhle und Name eines atomaren Endlagers. In so einem Endlager der nicht mehr gebrauchten Menschen scheint sich Matuschek zu befinden. Es hat sich mit seiner Situation vielleicht nicht ganz abgefunden, aber doch wenigsten arrangiert. So ist das Leben eben. Er wohnt in diesem Haus, weil er immer da gewohnt hat. Er hat Kontakt zu den Nachbarn, weil die eben direkt daneben leben. Und die Tauben kommen ja immer wieder zurück, da kann man sich auch um sie kümmern. Eine Frau hätte er ja gerne, aber die muss irgendwie auch automatisch kommen, allzu viel Energie kann er dafür nicht aufbringen, wo man eine finden könnte, scheint ihm auch nicht so ganz klar zu sein. Ein Leben wie in einem 80er Jahre Endzeitdrama – ausharren bis der Tod kommt.

    Matuschek ist schon ein sehr spezieller Protagonist. Passiv reagiert er eigentlich nur, aktiv handeln kommt selten vor und wenn – wie im Falle von Irinas Geburtstag – ist er dann doch haarscharf an dem vorbei, was gut und sinnvoll gewesen wäre. Ein Zeichen dafür, nicht in zu viel Aktionismus auszubrechen. Als Igor stirbt, wird der neue Nachbar derjenige, der ihn in die gewünschten Bahnen lenkt, auch wenn Matuschek das offenbar gar nicht möchte, aber in seiner Passivität gefangen, kann er nicht wirklich ausbrechen. Es folgt der völlige Niedergang, die Verwahrlosung schlimmster Vorstellung, die man auch beim Lesen kaum mehr erträgt. Er wäscht sich nicht, er putzt das Haus nicht, die Klamotten stinken und die Tauben verkoten ihren Forst. Der absolute Tiefpunkt kann eigentlich nur noch durch den Tod abgelöst werden.

    Auch wenn man Matuschek verabscheut, widerlich findet und eigentlich nichts aus seinem Leben wissen will – genau darin liegt die erzählerische Kunst von Kerstin Preiwuss, die dem Roman eine Nominierung auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2017 eingebracht hat. Nach mehreren Gedichtbänden ist dies der zweite Roman der Journalistin, der in die deutsche Provinz abtaucht und einen Typen Menschen skizziert, den es wohl immer geben wird. Nicht die ganz grossen weltbewegenden Fragen treiben Matuschek um, sondern der die Alltagssorgen, das unmittelbare Umfeld. So ist auch die Sprache des Romans, nicht verschnörkelt abgehoben, sondern auf den Punkt treffend und die Dinge beim Namen nennend – auch wenn man bisweilen gerne darauf verzichtet hätte. Hieraus entsteht ein in sich stimmiges Bild einer Welt, die da ist, auch wenn man sie nicht sehen will.

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