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  • 5 Sterne

    9 von 12 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Dreamworx, 05.01.2020

    Die Friedhofswärterin Violett Toussaint ist in den 50ern und wacht nicht nur über die Toten, die seit 20 Jahren ihre Familie geworden sind. Sie nimmt auch Anteil an den Lebenden, die den Friedhof frequentieren, um ihre verstorbenen Liebsten zu besuchen, und um in der Nähe ihrer schmerzlich vermissten Tochter zu sein, die dort seit ihrem 7. Lebensjahr begraben ist. Die zurückhaltende Violette bleibt immer für sich, bis plötzlich der Polizist Julien Seul in ihr Leben tritt und dieses mit einer Bitte aus dem Takt bringt. Er möchte den letzten Willen seiner verstorbenen Mutter erfüllen und sie neben einem ihm völlig unbekannten Mann bestatten lassen. Welche Bedeutung dieser Mann im Leben seiner Mutter gehabt hat, möchte Julian unbedingt herausfinden. Mit Violettes Hilfe geht er im Tagebuch seiner Mutter auf Spurensuche, was ihr beider Leben verändern wird…
    Valérie Perrin hat mit „Unter den hundertjährigen Linden“ einen wunderschönen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der dem Leser direkt ans Herz greift. Der Erzählstil ist flüssig, poetisch-melancholisch und vor allem tiefgründig, der Leser hat von Anfang an das Gefühl, bald schon in ein Geheimnis eingeweiht zu werden und taucht regelrecht in die Geschichte sowie in Violettes Leben ein. Geschickt lässt Perrin den Leser durch Rückblenden und alte Erinnerungen Violette und ihr Schicksal nach für nach kennenlernen, aber sie verbindet auch auf charmante Art durch verschiedene Episoden Violettes Dasein mit denen der Friedhofsbesucher. Schon bald hat man als Leser das Gefühl, die Gemeinschaft der Lebenden und Toten höchstpersönlich zu kennen, so familiär geht es auf dem Friedhof zu und schaffen eine Nähe, die man selten in Romanen findet. Die Autorin weiss hervorragend auf der gesamten Klaviatur des Gefühlsbarometers zu spielen und lässt den Leser eine wahre Achterbahn erleben, mal Trauer, mal Wut, mal Herzschmerz, mal Einsamkeit, mal Verzweiflung, aber auch Hoffnung, tiefe Liebe und Überraschung.
    Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und schleichen sich mit ihren individuellen Eigenschaften schnell ins Herz des Lesers. Er fühlt sich ihnen schnell verbunden, taucht in ihr Leben ein und erlebt mit ihnen Schicksalsschläge sowie unvergesslich magische Momente. Violette ist eine zurückhaltende Frau, die in ihrem Leben schon so einiges durchgemacht hat, die aber eine gewisse Strahlkraft, Ruhe und Sanftheit in sich trägt, die ihr die Herzen der Friedhofsbesucher öffnen. Julien Seul ist ein selbstbewusster Mann, der durch die Bitte seiner Mutter und deren Geheimnis verunsichert wird. Er hat den Kopf voller Fragen und fürchtet sich insgeheim vor den Antworten. Ebenso sind die weiteren Protagonisten für die Handlung von grosser Bedeutung, verleihen sie der gesamten Geschichte doch eine gewisse Magie, die sich während der Lektüre auf den Leser überträgt und sich als Teil von ihnen fühlt.
    „Unter den hundertjährigen Linden“ ist ein wunderbarer Roman über Schicksale, die Lebenden und die Toten, über Hoffnungen, Verlust, Träume und die Liebe, zauberhaft verwoben zu einer ganz besonderen Geschichte. Für alle, die die leisen und zarten Töne lieben, eine absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    4 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    katikatharinenhof, 26.11.2019

    Voilette findet Trost und Ruhe in ihrer Tätigkeit als Friedhofswärterin, denn nur so kann sie ihrer geliebten kleinen Tochter nahe sein, die durch ein tragisches Unglück ums Leben kam. Eines Tages steht Julien Seul vor ihr und äussert eine ungewöhnliche Bitte: Seine Mutter soll neben einem für Julien unbekannten Mann beerdigt werden. Violettes Neugier ist gross, denn sie möchte unbednggt wissen, was sich hinter dieser aussergewöhnlichen Bitte verbirgt und schon bald verbringen Violette und Julien ganz viel Zeit miteinander. Das Tagebuch von Juliens Mutter öffnet dabei nicht nur die Tore zu ihre Lebensgeschichte, es öffnet auch so manch verschlossene Tür bei Julien und Violette...

    "Unter den hundertjährigen Linden" ist ein feines, leises Buch, das mit ganz vielen Emotionen und unterschiedlichen Blickwickeln das Leben, den Verlust, den Schmerz und die Trauer beleuchtet.
    Valérie Perrin zeichnet mit zartem Pinselstrich ihre Charaktere und verleiht ihnen, trotz ihrer Zartheit, ganz viel Kraft und Stärke, die sie im Verlauf des Buches ausleben können und dürfen. Sie haben die Kraft und den Mut, Schwäche zu zeigen und zuzulassen. Man muss sich dem Buch und seinen Figuren öffnen, denn sonst können sie nicht richtig wirken und es geht vieles verloren, was oft zwischen den Zeilen zu lesen ist.
    Gerade Violette die zu Beginn des Romans eher als gewöhnliche leicht blässlich wirkende Frau erscheint, hat so viele Facetten und Stärken zu bieten, die erst im Verlauf der Erzählung so richtig zum Vorschein kommen. Das Schicksal hat es nie wirklich gut mit ihr gemeint und sie kämpft sich immer wieder zurück ans Licht, egal wie schwer die Rückschläge aus sein mögen. Dafür bewundere ich sie sehr, denn sie hat sich vom Mauerblümchen zum charmanten, fast elfengleichen Charakter entwickelt.
    Der Roman wird in vielen kleine Episoden erzählt, die aber immer mit Violette verknüpft sind und die zum Finale hin einen emotionalen, beeindruckenden Paukenschlag hervorbringen. Es gibt starke, teilweise recht dominante Persönlichkeiten, die in Violettes Leben eher über sie bestimmen und herrschen, als dass sie sie in ihrer Entfaltung unterstützen. Es gibt freundliche Menschen, d e ihr wohlgesonnen sind und die ihr den Weg zu einem entspannteren Leben ermöglichen.
    Aber immer wieder gibt es da den Blick zurück, weil der Verlust ihres Kindes und die Trauer grosse Schatten wirft.
    Für mich hat die Autorin hier einen vielfältigen Blick durch das Kaleidoskop der Gefühle auf den Irrwegen des Lebens ermöglicht und mich selbst an vielen Stellen des Buches innehalten lassen, weil die Tränen geflossen sind. Der Roman lebt vom Hoffen, von der Liebe und von dem Wissen, dass das Leben noch vor einem liegt mit all den kleinen wundervollen Augenblicken, die es dir bietet.

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  • 4 Sterne

    2 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sagota, 23.01.2020

    Die französische Originalausgabe dieses sehr berührenden Romans von Valérie Perrin (Fotografin und Drehbuchautorin; Lebensgefährtin des bekannten französischen Regisseurs Claude Lelouch) lautet: "Changer l'eau des fleurs" - also "Das Blumenwasser wechseln" - für mich noch passender als der deutsche Titel!
    Aus dem Französischen übersetzt wurde der Roman von Katja Hald und Elsbeth Ranke; er erschien (HC, gebunden) 2019 bei Droemer-Knaur.

    Bourgogne, Frankreich, Brancion-en-Chalon:

    Violette Toussaint, vormals Trenet, übernimmt mit ihrem Mann Philippe die Stelle als Friedhofswärterin, da Sasha, der diese Aufgabe mit viel Leidenschaft fürs Gärtnern übernommen hatte, nach Eintritt ins Rentenalter den Entschluss gefasst hat, durch die Welt zu reisen und alte Freunde zu besuchen...

    In Rückblenden lernt man die beiden Hauptprotagonisten, Violette und Philippe kennen und erfährt in verschiedenen zeitlichen Sequenzen immer mehr von ihnen: Während Violette einen schweren Start ins Leben hatte; ihre Kindheit bei Pflegeeltern verbrachte und selten das Gefühl hatte, wirklich "dazuzugehören", wächst Philippe als Einzelkind von Eltern auf, die nicht eben perfekt sind und dem Jungen eher mit auf den Weg geben, dass er niemandem trauen solle und stets an sich selbst zu denken habe; der Vater kann sich der sehr dominanten Mutter gegenüber nicht behaupten und von der Heirat mit der "sehr einfachen" Violette ist besonders die Mutter von Philippe alles andere als begeistert - schlimmer noch, sie ignoriert ihre Schwiegertochter, die fortan einfach "übersehen" wird.

    Philippe, der niemals wirklich etwas leisten musste, hatte zuvor mit Violette einen Job als Schrankenwärter inne, wobei es stets Violette ist, die die Schranken der vorüberfahrenden Züge öffnet bzw. schliesst. Die Familie vergrössert sich und Violette, die nun wieder lernen will und sich John Irving's Roman "Gottes Werk und Teufels Beitrag" kauft, versucht mit Erfolg, ihre Lesekompetenz zu verbessern. Sie hat eine grundsätzlich versöhnliche Einstellung zum Leben und im Gegensatz zu Philippe fühlt sie sich weder einsam noch ist ihr langweilig: Sie hat viele Interessen - und Fantasie, während Philippe sie immer mehr alleine lässt, Touren mit seinem Motorrad unternimmt und sie betrügt. Dies berührt Violette nicht wirklich - jedoch geschieht eines Tages ein Unglück, das ihr Leben - und auch das von Philippe von grundauf ändert: Ein schwerer Verlust, dessen Schmerz der Leser nur erahnen kann, wird Violette einige Zeit lähmen, bis sie wieder zu neuer Kraft finden wird...

    In dieser Zeit lernen wir den weiteren Protagonisten kennen; Julien Seul - ein Kommissar aus Bordeaux, erscheint auf dem Friedhof (auch diesen Job meistert Violette alleine; ihr Mann Philipp fuhr immer länger weg, bis er eines Tages gar nicht mehr wiederkam), da er das Grab von Gabriel Prudent sucht. Einem Mann, der seiner Mutter einen Platz in der Ewigkeit garantierte und von dem Julien bis dato nichts wusste. Die Asche der verstorbenen Mutter, Irène Fayolle, soll im Grab von Monsieur Prudent beigesetzt werden, so wie es notariell besprochen war. In Tagebüchern, die Julien findet und die er - sich sogleich angezogen fühlend von der freundlichen und attraktiven Friedhofswärterin Violette - ihr später ausleiht, kommt eine tragische Liebesgeschichte zweier Menschen zutage, die sich wünschten, nach ihrem Tod in aller Ewigkeit vereint zu sein. Wird es Julien und Violette gelingen, zueinander zu finden?

    Die Themen dieses Romans sind sehr vielschichtig; die Lebenswege der Hauptprotagonisten sind sehr gut nachvollziehbar erzählt; es geht um Tragik, Liebe, Verlust, Schmerz, aber auch Lebensfreude und (wiedergewonnener) Lebensmut, der aus regenerierter Lebenskraft erwachsen kann. Es geht um die kleinen Dinge, die glücklich machen (können), um Pflanzen und das Gärtnern; auch vor allem darum, dass sich das Leben jeden Tag ändern kann und vor Verlust und Schmerz niemand gefeit ist. Aber vor allem geht es darum, dass man wieder aufstehen sollte, wenn das Schicksal hart an der Türe klopft. Dass Leben und Tod nahe beieinander liegen und gerade in kleinen Dingen wie Blumen, das Gärtnern, das Säen, die Pflege und das Aufkeimen von Pflanzen ein Reigen des Lebens ist, dem der Mensch viel Positives entnehmen kann: Er kann seinen eigenen Garten gestalten; so wie Violette sehr leidenschaftlich ihre Aufgaben auf "ihrem" Friedhof wahrnimmt: Ihre Zeit den Pflanzen auf dem schönen Friedhof widmet, der vier "Bezirke" hat: das Lorbeer-, Pfaffenhütchen-, Zedern- und Eibenviertel.

    So entwickelt sie auch die richtige Nähe und auch Distanz zu all den Trauernden, die ihr vertrauensvoll in ihrem "Wartezimmer" ihr Herz ausschütten; ist eine empathische Seelentrösterin, was auch Julien sofort bemerkt. Das Aussagekräftigste an diesem sehr sensibel geschriebenen, stellenweise poetischen Roman ist für mich die Tatsache, dass die Liebe letztendlich stärker ist als der Tod: Sie überlebt ihn!

    Die Figurenzeichnung ist sehr authentisch; durch die Rückblenden lernt der Leser Reaktionen der Protagonisten zu verstehen und eine sehr starke Violette Toussaint kennen, deren Charakter wirklich fesselt und beeindruckt. Während Philippe über lange Strecken wenig "punkten" kann, lernt man auch ihn am Ende von einer anderen, unbekannten Seite kennen. Einige liebenswerte Nebenfiguren wie Célia und vor allem Sasha, der Violette auf seine - fast schon therapeutische Weise - ins Leben zurückführt und sie durch ihn die Stelle als Friedhofswärterin bekommt, mochte ich auch sehr gerne. Die Gräfin, La Comtesse de Darrieux, die Violette die Geschichte ihrer grossen Liebe erzählt (am Tag, als diese beigesetzt wird), bringt den Leser ebenfalls zum Schmunzeln: Auch in dieser Rolle spielt die Liebe einen ebenso wichtigen Part wie der Tod, der wiederum nur durch Liebe zu überwinden ist. Was mich an ein altes spanisches Sprichwort erinnert, das ich nie vergessen habe:

    "Jedes Mal, wenn sich in deinem Leben ein Loch auftut, fülle es mit Liebe!" Dies könnte der Tenor dieses teils melancholischen, teils tragischen, aber auch sehr poetischen und vor allem lebensbejahenden Romans von Valérie Perrin sein! Mir hat er sehr gut gefallen und ich kann diesen berührenden und zu Herzen gehenden Roman besonders jenen Menschen empfehlen, die vielleicht in letzter Zeit einen schmerzhaften Verlust - im Freundes- oder Familienkreis - durchleben mussten. Aber auch allen anderen sensiblen LeserInnen sei er sehr gerne weiterempohlen!

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  • 3 Sterne

    1 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Bücher in meiner Hand, 02.12.2019

    Als Friedhofswärterin bekommt Violette so einiges mit - über die Toten und über die Lebenden. Bereits seit zwanzig Jahren arbeitet sie hier. Wie sie zu dem Job als Friedhofswärterin kam, wird von der Gegenwartsgeschichte rückblickend in vielen Episoden erzählt.

    Die Geschichte wird von Valérie Perrin ruhig erzählt, die Idee dahinter finde ich grandios und auch die Charaktere sind interessant gestrickt.

    Mir gefielen die Storys rund um die Friedhofsbesucher, auch Violettes Lebensgeschichte ist eindrücklich. Von Geburt an ist sie mit Schicksalsschlägen belastet. Dennoch scheint sie zufrieden mit ihrem ruhigen Leben zu sein. Sie trägt die Ruhe in sich selbst und gibt sie aufgewühlten Besuchern mit, die in ihrer Küche immer eine Tasse Tee oder Kaffee erwarten dürfen.

    Was im Klappentext betreffend Violettes Tochter verraten wird, wird im Buch erst spät erwähnt. Die Story darüber wird gegen Schluss aufgelöst und erstaunt. Leider blieb das der einzige Clou in der sehr ruhigen, aber trotzdem enorm ereignisreichen Geschichte.

    Mir ist die Erzählung trotz feinfühligem, sprachlich schönem Schreibstil zu flach geraten. Wenn ich euch also die Rahmenhandlung erzählen würde, würde ich die Glanzpunkte und Überraschungen des Romanes vorwegnehmen.

    Nach den ersten 150 Seiten begann ich mich zu fragen, was da noch kommen wird auf den restlichen 412 Seiten - theoretisch passiert viel Emotionales, aber wahrscheinlich aufgrund Violettes ruhiger Art wird alles zu emotionslos geschildert und macht das Lesen des Romans zäh.

    "Unter den hundertjährigen Linden" entpuppte sich als "Eigentlich, aber"-Buch: eigentlich super schön, aber leider auch super langweilig.

    Fazit: Toller Schreibstil, schöne Sprache, und eigentlich auch eine interessante Geschichte, aber mit 512 Seiten zu lang und zu monoton.
    3 Punkte.

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  • 4 Sterne

    Sagota, 23.01.2020 bei bewertet

    Die französische Originalausgabe dieses sehr berührenden Romans von Valérie Perrin (Fotografin und Drehbuchautorin; Lebensgefährtin des bekannten französischen Regisseurs Claude Lelouch) lautet: "Changer l'eau des fleurs" - also "Das Blumenwasser wechseln" - für mich noch passender als der deutsche Titel!
    Aus dem Französischen übersetzt wurde der Roman von Katja Hald und Elsbeth Ranke; er erschien (HC, gebunden) 2019 bei Droemer-Knaur.

    Bourgogne, Frankreich, Brancion-en-Chalon:

    Violette Toussaint, vormals Trenet, übernimmt mit ihrem Mann Philippe die Stelle als Friedhofswärterin, da Sasha, der diese Aufgabe mit viel Leidenschaft fürs Gärtnern übernommen hatte, nach Eintritt ins Rentenalter den Entschluss gefasst hat, durch die Welt zu reisen und alte Freunde zu besuchen...

    In Rückblenden lernt man die beiden Hauptprotagonisten, Violette und Philippe kennen und erfährt in verschiedenen zeitlichen Sequenzen immer mehr von ihnen: Während Violette einen schweren Start ins Leben hatte; ihre Kindheit bei Pflegeeltern verbrachte und selten das Gefühl hatte, wirklich "dazuzugehören", wächst Philippe als Einzelkind von Eltern auf, die nicht eben perfekt sind und dem Jungen eher mit auf den Weg geben, dass er niemandem trauen solle und stets an sich selbst zu denken habe; der Vater kann sich der sehr dominanten Mutter gegenüber nicht behaupten und von der Heirat mit der "sehr einfachen" Violette ist besonders die Mutter von Philippe alles andere als begeistert - schlimmer noch, sie ignoriert ihre Schwiegertochter, die fortan einfach "übersehen" wird.

    Philippe, der niemals wirklich etwas leisten musste, hatte zuvor mit Violette einen Job als Schrankenwärter inne, wobei es stets Violette ist, die die Schranken der vorüberfahrenden Züge öffnet bzw. schliesst. Die Familie vergrössert sich und Violette, die nun wieder lernen will und sich John Irving's Roman "Gottes Werk und Teufels Beitrag" kauft, versucht mit Erfolg, ihre Lesekompetenz zu verbessern. Sie hat eine grundsätzlich versöhnliche Einstellung zum Leben und im Gegensatz zu Philippe fühlt sie sich weder einsam noch ist ihr langweilig: Sie hat viele Interessen - und Fantasie, während Philippe sie immer mehr alleine lässt, Touren mit seinem Motorrad unternimmt und sie betrügt. Dies berührt Violette nicht wirklich - jedoch geschieht eines Tages ein Unglück, das ihr Leben - und auch das von Philippe von grundauf ändert: Ein schwerer Verlust, dessen Schmerz der Leser nur erahnen kann, wird Violette einige Zeit lähmen, bis sie wieder zu neuer Kraft finden wird...

    In dieser Zeit lernen wir den weiteren Protagonisten kennen; Julien Seul - ein Kommissar aus Bordeaux, erscheint auf dem Friedhof (auch diesen Job meistert Violette alleine; ihr Mann Philipp fuhr immer länger weg, bis er eines Tages gar nicht mehr wiederkam), da er das Grab von Gabriel Prudent sucht. Einem Mann, der seiner Mutter einen Platz in der Ewigkeit garantierte und von dem Julien bis dato nichts wusste. Die Asche der verstorbenen Mutter, Irène Fayolle, soll im Grab von Monsieur Prudent beigesetzt werden, so wie es notariell besprochen war. In Tagebüchern, die Julien findet und die er - sich sogleich angezogen fühlend von der freundlichen und attraktiven Friedhofswärterin Violette - ihr später ausleiht, kommt eine tragische Liebesgeschichte zweier Menschen zutage, die sich wünschten, nach ihrem Tod in aller Ewigkeit vereint zu sein. Wird es Julien und Violette gelingen, zueinander zu finden?

    Die Themen dieses Romans sind sehr vielschichtig; die Lebenswege der Hauptprotagonisten sind sehr gut nachvollziehbar erzählt; es geht um Tragik, Liebe, Verlust, Schmerz, aber auch Lebensfreude und (wiedergewonnener) Lebensmut, der aus regenerierter Lebenskraft erwachsen kann. Es geht um die kleinen Dinge, die glücklich machen (können), um Pflanzen und das Gärtnern; auch vor allem darum, dass sich das Leben jeden Tag ändern kann und vor Verlust und Schmerz niemand gefeit ist. Aber vor allem geht es darum, dass man wieder aufstehen sollte, wenn das Schicksal hart an der Türe klopft. Dass Leben und Tod nahe beieinander liegen und gerade in kleinen Dingen wie Blumen, das Gärtnern, das Säen, die Pflege und das Aufkeimen von Pflanzen ein Reigen des Lebens ist, dem der Mensch viel Positives entnehmen kann: Er kann seinen eigenen Garten gestalten; so wie Violette sehr leidenschaftlich ihre Aufgaben auf "ihrem" Friedhof wahrnimmt: Ihre Zeit den Pflanzen auf dem schönen Friedhof widmet, der vier "Bezirke" hat: das Lorbeer-, Pfaffenhütchen-, Zedern- und Eibenviertel.

    So entwickelt sie auch die richtige Nähe und auch Distanz zu all den Trauernden, die ihr vertrauensvoll in ihrem "Wartezimmer" ihr Herz ausschütten; ist eine empathische Seelentrösterin, was auch Julien sofort bemerkt. Das Aussagekräftigste an diesem sehr sensibel geschriebenen, stellenweise poetischen Roman ist für mich die Tatsache, dass die Liebe letztendlich stärker ist als der Tod: Sie überlebt ihn!

    Die Figurenzeichnung ist sehr authentisch; durch die Rückblenden lernt der Leser Reaktionen der Protagonisten zu verstehen und eine sehr starke Violette Toussaint kennen, deren Charakter wirklich fesselt und beeindruckt. Während Philippe über lange Strecken wenig "punkten" kann, lernt man auch ihn am Ende von einer anderen, unbekannten Seite kennen. Einige liebenswerte Nebenfiguren wie Célia und vor allem Sasha, der Violette auf seine - fast schon therapeutische Weise - ins Leben zurückführt und sie durch ihn die Stelle als Friedhofswärterin bekommt, mochte ich auch sehr gerne. Die Gräfin, La Comtesse de Darrieux, die Violette die Geschichte ihrer grossen Liebe erzählt (am Tag, als diese beigesetzt wird), bringt den Leser ebenfalls zum Schmunzeln: Auch in dieser Rolle spielt die Liebe einen ebenso wichtigen Part wie der Tod, der wiederum nur durch Liebe zu überwinden ist. Was mich an ein altes spanisches Sprichwort erinnert, das ich nie vergessen habe:

    "Jedes Mal, wenn sich in deinem Leben ein Loch auftut, fülle es mit Liebe!" Dies könnte der Tenor dieses teils melancholischen, teils tragischen, aber auch sehr poetischen und vor allem lebensbejahenden Romans von Valérie Perrin sein! Mir hat er sehr gut gefallen und ich kann diesen berührenden und zu Herzen gehenden Roman besonders jenen Menschen empfehlen, die vielleicht in letzter Zeit einen schmerzhaften Verlust - im Freundes- oder Familienkreis - durchleben mussten. Aber auch allen anderen sensiblen LeserInnen sei er sehr gerne weiterempohlen!

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  • 5 Sterne

    1 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    S. K., 05.01.2020 bei bewertet

    Die Friedhofswärterin Violett Toussaint ist in den 50ern und wacht nicht nur über die Toten, die seit 20 Jahren ihre Familie geworden sind. Sie nimmt auch Anteil an den Lebenden, die den Friedhof frequentieren, um ihre verstorbenen Liebsten zu besuchen, und um in der Nähe ihrer schmerzlich vermissten Tochter zu sein, die dort seit ihrem 7. Lebensjahr begraben ist. Die zurückhaltende Violette bleibt immer für sich, bis plötzlich der Polizist Julien Seul in ihr Leben tritt und dieses mit einer Bitte aus dem Takt bringt. Er möchte den letzten Willen seiner verstorbenen Mutter erfüllen und sie neben einem ihm völlig unbekannten Mann bestatten lassen. Welche Bedeutung dieser Mann im Leben seiner Mutter gehabt hat, möchte Julian unbedingt herausfinden. Mit Violettes Hilfe geht er im Tagebuch seiner Mutter auf Spurensuche, was ihr beider Leben verändern wird…
    Valérie Perrin hat mit „Unter den hundertjährigen Linden“ einen wunderschönen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der dem Leser direkt ans Herz greift. Der Erzählstil ist flüssig, poetisch-melancholisch und vor allem tiefgründig, der Leser hat von Anfang an das Gefühl, bald schon in ein Geheimnis eingeweiht zu werden und taucht regelrecht in die Geschichte sowie in Violettes Leben ein. Geschickt lässt Perrin den Leser durch Rückblenden und alte Erinnerungen Violette und ihr Schicksal nach für nach kennenlernen, aber sie verbindet auch auf charmante Art durch verschiedene Episoden Violettes Dasein mit denen der Friedhofsbesucher. Schon bald hat man als Leser das Gefühl, die Gemeinschaft der Lebenden und Toten höchstpersönlich zu kennen, so familiär geht es auf dem Friedhof zu und schaffen eine Nähe, die man selten in Romanen findet. Die Autorin weiss hervorragend auf der gesamten Klaviatur des Gefühlsbarometers zu spielen und lässt den Leser eine wahre Achterbahn erleben, mal Trauer, mal Wut, mal Herzschmerz, mal Einsamkeit, mal Verzweiflung, aber auch Hoffnung, tiefe Liebe und Überraschung.
    Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und schleichen sich mit ihren individuellen Eigenschaften schnell ins Herz des Lesers. Er fühlt sich ihnen schnell verbunden, taucht in ihr Leben ein und erlebt mit ihnen Schicksalsschläge sowie unvergesslich magische Momente. Violette ist eine zurückhaltende Frau, die in ihrem Leben schon so einiges durchgemacht hat, die aber eine gewisse Strahlkraft, Ruhe und Sanftheit in sich trägt, die ihr die Herzen der Friedhofsbesucher öffnen. Julien Seul ist ein selbstbewusster Mann, der durch die Bitte seiner Mutter und deren Geheimnis verunsichert wird. Er hat den Kopf voller Fragen und fürchtet sich insgeheim vor den Antworten. Ebenso sind die weiteren Protagonisten für die Handlung von grosser Bedeutung, verleihen sie der gesamten Geschichte doch eine gewisse Magie, die sich während der Lektüre auf den Leser überträgt und sich als Teil von ihnen fühlt.
    „Unter den hundertjährigen Linden“ ist ein wunderbarer Roman über Schicksale, die Lebenden und die Toten, über Hoffnungen, Verlust, Träume und die Liebe, zauberhaft verwoben zu einer ganz besonderen Geschichte. Für alle, die die leisen und zarten Töne lieben, eine absolute Leseempfehlung!

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    1 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lena, 08.11.2019

    Violette Toussaint ist Anfang 50 und arbeitet als Friedhofswärterin in einem kleinen Ort in Burgund. Sie lebt allein und zurückgezogen, hat jedoch ein offenes Ohr für die Trauernden und Besucher des Friedhofs. Sie hat sich mit dem gleichförmigen Leben arrangiert und ist auf ihre Weise zufrieden damit, scheint nicht mehr viel vom Leben zu erwarten.
    Julian Seul aus Marseille kommt auf sie zu, als seine Mutter verstorben ist und als letzten Wunsch angegeben hat, auf dem Friedhof in Burgund neben einem Verstorbene beerdigt zu werden, den Julien nicht kennt. Er fragt sich, was seine Mutter ihm im Laufe ihres Lebens verschwiegen hat und kann anhand ihres Tagebuches recherchieren.
    Violette ist neugierig auf Julien und möchte ihn bei der Bestattung seiner Mutter unterstützen. Dabei werden bei ihr Erinnerungen wach, denn sie selbst trauert nach einem Unglücksfall im Sommer 1993 um einen geliebten Menschen, den sie verloren hat und der ihr einziger Halt im Leben war.

    Es ist ein ruhig erzählter Roman, der sich sehr gemächlich entwickelt. Als Leser taucht man in den monotonen Alltag von Violette ein und spürt von Anbeginn, dass mehr hinter ihrer Zurückgezogenheit und Distanz zu anderen Menschen stecken muss. Als Waisenkind geprägt, hat sie es sich aus Angst vor Ablehnung angewöhnt, nicht anzuecken und möglichst unscheinbar zu sein. Ihr Leben umgeben von Toten wirkt wie eine Flucht, um sich vor Schwierigkeiten und Verletzungen zu schützen. Im weiteren Verlauf gibt Violette mehr von sich preis und über Rückblenden und Erinnerungen erfährt man ihre tragische Lebensgeschichte und bekommt damit eine Erklärung für ihr Einzelgängertum. Dabei werden weitere Erzählstränge eröffnet, die die unglücklichen Geschichten weiterer Personen erzählen, denen Violette bei der Aufklärung des Unglücks begegnet.

    Es ist eine berührende Geschichte über das Leben und den Tod, bei der man geduldig sein muss, bis Violette für den Leser nahbarer wird. Es ist ein bittersüsser Roman über das Leid, das widerfahren kann, der aber auch zeigt, wie widerstandsfähig der Mensch ist und dass es selbst nach tragischen Ereignissen und Verlusten die Chance auf einen Neuanfang und Glück im Leben gibt. Das erfordert jedoch Mut und die Bereitschaft, sich zu öffnen zu Vertrauen zu haben, die eigene verletzliche Seite zu zeigen.

    "Unter den hundertjährigen Linden" ist eine gefühlvolle Erzählung, die zunächst den Fokus auf Violette hat und sich dann in mehreren Einzelgeschichten verliert. Die Perspektivwechsel und sprunghaften Zeitenwechsel empfand ich als zu viel und vermisste nach der Hälfte des Romans einen roten Faden. Die Liebesgeschichten konnten mich neben all der Tragik nicht berühren.

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