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  • 4 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Kaffeeelse, 03.01.2021

    Hier gab es einen kafkaesken Blick auf eine Diktatur, im engeren Sinne auf die sowjetische Diktatur. Dabei wird diese Diktatur recht patriarchal gezeichnet. Das ist etwas, was sich auch mit meinem Empfinden der sozialistischen Diktaturen deckt und was ich im Buch, wie auch in der Realität furchtbar fand. Obwohl im Sozialismus die Rolle der Frau immer hochgehalten und als gleichberechtigt deklariert wurde, war sie das in meinen Augen bei weitem nicht. Im Politbüro der DDR mangelte es ja durchaus an weiblichen Führungsmitgliedern. In der befreundeten Sowjetunion wird es nicht anders ausgesehen haben. Diese sogenannte Gleichberechtigung der Frau rührte in der DDR nur durch den Mangel an Arbeitskräften her, ermöglichte aber auch so manchen eigenwilligen Berufswunsch. Dennoch wurde durch den Mangel erst eine Gleichberechtigung als voll arbeitendes Mitglied einer Gesellschaft ermöglicht. In der Sowjetunion wird das etwas anders gewesen sein, Menschen gab es in diesem Riesenreich ja genug. Im Buch wird auf die sowjetische Diktatur geblickt und auf ihr Funktionieren, tja, und ohne die vielen kleinen Rädchen funktioniert so etwas auch nicht und das wird beim Lesen klarer. Denn die vielen "Untertanen", die auch durch Angst am Funktionieren gehalten wurden, haben ein Bestehen dieser Diktaturen erst ermöglicht. Die erzählte Geschichte wirkt kafkaesk und anfänglich etwas wirr, nach und nach verknüpfen sich aber die Fäden und der Lesefluss und auch der Lesesog wird stärker. Anfangs habe ich erst an eine Drei-Sterne-Bewertung gedacht, da mich die Geschichte aber mehr und mehr in ihren Bann gezogen hat, wurden es doch 4 Sterne. Etwas, womit der nicht so kundige Leser auch zu kämpfen haben wird, ist die russische Namensgebung, ihre Kurzformen und Verniedlichungsformen. So gibt es viele Bezeichnungen für ein und denselben Charakter. Etwas verwirrend. Aber auch hier kann man nur dazu lernen. Und das tut man auch. Auf eine erfrischende Weise. Die aber dennoch nicht jedem gefallen wird und nicht jedem gefallen muss.

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  • 5 Sterne

    3 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Buecherseele79, 14.07.2020

    Die Einwohner von Siedlung 9, einem Gulag, haben nur eine Aufgabe – der Nulluhrzug muss pünktlich und ohne Probleme durchfahren können, sprich, sie sind den ganzen Tag auf den Beinen um die Schienen zu warten, die Lichter und elektrische Geräte. Während sich viele Bewohner fragen was der Zug eigentlich transportiert, wohin er fährt, was wird dort gemacht ist es Iwan Ardabjew egal. Er sorgt dafür dass alles reibungslos funktioniert und hinterfragt nichts. Und er mag auch nicht dass die Mitbewohner den Nulluhrzug beginnen zu hinterfragen…

    1993 erschien dieser Roman unter dem Namen „Don Domino“, dies bezog sich auf den Iwan Ardabjew. Nun ist das Buch erneut erschienen als Parabel und hat mich ganz schön ins Grübeln gebracht.

    Ich glaube nicht dass dies ein Buch für jedermann ist. Es ist vom Schreibstil schlicht, einfach und fast gefühlslos und doch macht dies genau das aus was man liest, was man empfindet, was einen überlegen lässt. Ich bin fasziniert wie der Autor es geschafft hat dies in seinen Schreibstil so einzupacken.

    Der Nulluhrzug. Er soll pünktlich durchfahren und keiner darf überhaupt nur nachdenken warum, wieso, weshalb. Der Nulluhrzug steht für viele Dinge die in der Geschichte von Ländern, von Völkern, vorgekommen ist, was uns verändert, wie gefährlich manche Ansichten oder der blinde Gehorsam ist.

    Der Zug kann alles transportieren, von geschichtlichen Dingen gesehen bis zu technischen Dingen, Züge werden für viele Dinge eingesetzt, schon immer. Früher waren sie die Erfindung die einen schneller von A nach B brachte. Sie waren starke Maschinen die laufen mussten, die verehrt wurden, die begeisterten. Und die eben viel transportieren.

    Die Beschreibung des Gulags ist sehr gelungen, es ist grau, dreckig, düster, ungemütlich, kein Ort an dem man leben möchte, an dem man seine Familie aufziehen will. Und darum hinterfragen viele diesen Ort, den Zug, das Handeln ihrerseits. Und während es immer mehr kritische Stimmen werden, so bleibt Iwan ruhig, besonnen und möchte es gar nicht hinterfragen…denn wer weiss was er erfahren würde…würde es sein Leben positiv oder negativ verändern? Die Konsequenzen von Hinterfragen und Neugier werden auch hier aufgezeigt.

    Iwan steht für viele in einem System, meist nicht im positiven Sinne. Ich denke es ist kein Verbrechen neugierig zu sein, es ist kein Verbrechen etwas zu hinterfragen, nachzudenken, mitzudenken und im Notfall zu handeln. Wenn es mehr machen ist ja bewiesen dass man auch viel verändern und umstürzen kann.

    Das Nachwort von Julia Franck erklärt dem Leser nochmals ein bisschen was gemeint sein könnte, was dieser Zug alles darstellt, womöglich für jeden Leser etwas anderes. Und das macht dieses Buch, in meinen Augen, auch so interessant, wichtig und in seinem Konzept brillant.

    Ob es jedem gefallen wird bleibt dahingestellt. Mich hat es auf jeden Fall zum nachdenken angeregt.

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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 10.03.2020 bei bewertet

    Zur Zeit beschäftigt mich die zeitgenössische russische Literatur sehr, zum Beispiel Sasha Filipenko oder der leider schon verstorbene Leonid Zypkin. Juri Buida und sein Buch Nulluhrzug von 1993 gehört auch dazu. Er verfügt über eine starke Sprache, die zu bemerkenswerten Sätzen führen.
    Der Roman ist seitenweise kurz, jedoch sehr intensiv. Die Handlung bleibt aber teilweise rätselhaft, auf jeden Fall den Leser fordernd. Das Nachwort von Julia Franck (Die Mittagsfrau) gibt einen aber einen Schlüssel an die Hand. Ich denke, es ist ein Buch, das man mehr als einmal lesen muss.

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  • 4 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Miss.mesmerized, 10.03.2020

    Die Siedlung Nummer 9 wird aufgebaut, irgendwo im weiten Sowjetgebiet, um den Nulluhrzug zu sichern. Täglich um Mitternacht kommt er vorbei, von den Siedlern beäugt fahren zwei Lokomotiven und hundert verrammelte Waggons durch ihre Station, die aus wenigen Häusern, einem Sägewerk, einer Bierstube und den notwendigen Instandhaltungen für die Gleise besteht. Wohin er fährt und was er transportiert, ist nicht bekannt. Das müssen die Menschen dort auch nicht wissen, sie haben eine spezifische Aufgabe zu erfüllen, für die mehr Information nicht erforderlich ist. Unter ihnen ist Iwan, genannt Wanja oder Don Domino, nach dem frühen Tod der Eltern aufgewachsen in den Institutionen des totalitären Staates und pflichtbewusster Diener, der keine Fragen stellt, die er nicht stellen soll und bis zum letzten Tag das tut, was man von ihm erwartet.

    Juri Buidas kurzer Roman erschien in Russland schon vor fast 30 Jahren, kurz nach dem Zerfall der Sowjetunion. Auch wenn diese schon der Geschichtsschreibung übergeben wurde, prägt sie doch den Charakter der Figuren und des Systems, in dem sie leben. Die Handlung ist begrenzte und überschaubar, ihre Deutung jedoch recht offen und wie das Nachwort von Julia Franck zeigt, weit über das konkret Erzählte hinausreichend. Sie spannt den Bogen vom Beginn zum Ende des 20. Jahrhunderts und sieht sowohl die industrielle Revolution wie auch die Industrie 4.0 in der Erzählung kritisch hinterfragt.

    Auf der Erzählebene verbleibend präsentiert Buida ein deprimierendes Szenario, das den Menschen ihre Vergangenheit raubt und keine Zukunft verspricht. Die Kinder sterben entweder direkt oder hauen irgendwann ab. Der Mensch wird funktional als kleines Rädchen im System betrachtet, das entweder wie vorgesehen rundläuft oder ausgetauscht wird und ansonsten nicht weiter relevant ist.

    Folgt man Julia Franck in der Betrachtung des Textes als Parabel auf die totalitäre Gesellschaft und überträgt man die Aussage auf die globalisierte Gegenwart, in der das Individuum kaum einen Prozess mehr überblicken kann, nur sein begrenztes Tätigkeitsfeld erfassen und bearbeiten kann, die komplexen Prozesse jedoch nicht mehr zugänglich sind, ist Buida auch 2020 so aktuell wie 1993. Im Raum steht jedoch die Frage, ob man ebenso wie in einem sozialistischen Unterdrückungsstaat die Gegebenheiten als gegeben und unveränderbar hinnehmen muss.

    Eine düstere und sperrige Erzählung, die weit von Unterhaltungsliteratur entfernt ist, aber aufgrund des kafkaesken und doch realen Szenarios seinen Platz in der Literatur verdient hat und finden wird.

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  • 4 Sterne

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    yellowdog, 10.03.2020

    Zur Zeit beschäftigt mich die zeitgenössische russische Literatur sehr, zum Beispiel Sasha Filipenko oder der leider schon verstorbene Leonid Zypkin. Juri Buida und sein Buch Nulluhrzug von 1993 gehört auch dazu. Er verfügt über eine starke Sprache, die zu bemerkenswerten Sätzen führen.
    Der Roman ist seitenweise kurz, jedoch sehr intensiv. Die Handlung bleibt aber teilweise rätselhaft, auf jeden Fall den Leser fordernd. Das Nachwort von Julia Franck (Die Mittagsfrau) gibt einen aber einen Schlüssel an die Hand. Ich denke, es ist ein Buch, das man mehr als einmal lesen muss.

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