Fr. 5.-¹ Rabatt bei Bestellungen per App
Gleich Code kopieren:

 
 
Merken
Merken
 
 
lieferbar
versandkostenfrei

Bestellnummer: 132673237

Buch (Gebunden) Fr. 24.90
inkl. MwSt.
Dekorierter Weihnachtsbaum
In den Warenkorb
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
  • 5 Sterne

    5 von 10 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Booklooker, 03.09.2020

    Juana La Loca - so lautet die umgangssprachliche Bezeichnung für die spanische Königin Johanna (1479 - 1555), deren tragisches Schicksal im kollektiven Bewusstsein in Vergessenheit geraten ist.

    Spanien, 1503: In der Festung La Mota soll Johanna von Kastilien endlich zur Vernunft kommen. Zu viel steht für ihre Mutter, Isabella die Katholische, auf dem Spiel. Die Königin regiert das Land mit unerbittlicher Härte, sie hat die Mauren vertrieben und lässt Tausende als Ungläubige auf den Scheiterhaufen der Inquisition verbrennen. Sie kann ihr Reich nicht in die Hände einer Tochter geben, die nicht betet, nicht beichtet und der Macht nichts bedeutet. Johanna will nicht über andere herrschen. Alles, was sie will, ist, über sich selbst zu bestimmen. Aber das scheint eine Freiheit zu sein, die nur Männern vorbehalten ist. Als sie mit Philipp dem Schönen ins ferne Flandern verheiratet wird, sieht es für einen Moment so aus, als sei das Unwahrscheinliche möglich: ein Leben in Liebe in einer Welt aus Verrat. Doch auch als sich diese Hoffnung nicht erfüllt, hält Johanna unbeirrbar an dem fest, was alle um sie herum für Wahnsinn halten – dem unerhörten Wunsch, dass die Welt anders sein könnte als sie ist.


    In einem gewissen Sinne wirkt das Cover genauso zerrissen wie die Protagonistin selbst. Einerseits zeigt es die Hälfte eines historischen Portraits, andererseits sieht man den in einem grell leuchtenden Orange gestalteten Titel wie ein wildes Feuer auflodern. Ob mir diese bewusst provokante Aufmachung gefällt, ist eine Sache. Aber sie ist in jedem Fall ein klarer Blickfang!

    Das schmale Buch "Die Wahnsinnige" ist keine klassische Biographie. Alexa Hennig von Lange fühlt sich in die Gefühls- und Gedankenwelt einer entschlossenen Frau ein, die es wagte, in einer Zeit der Unterdrückung vorauszudenken, und sich dem Kampf um Selbstbestimmung zu widmen. Vor dem historischen Hintergrund von Johanna der Wahnsinnigen stellt sie eine immer noch relevante Frage: Wie können wir die werden, die wir sind, wenn das nicht für uns vorgesehen ist?

    Die Handlung spielt zwischen 1503 und 1555, wobei der Fokus eindeutig auf den Jahren 1503 - 1506 liegt, welche für die Protagonistin mit umwälzenden Veränderungen in ihrem Leben verbunden waren. Eingerahmt wird der literarische Text von zwei fiktiven Briefen, welche die Protagonistin an ihre Tochter Katharina richtet.

    Macht ist männlich. Ohnmacht ist weiblich. Können wir das Leben von Johanna auf diese einfache Formel bringen? Für mich ist Juana La Loca ein klares Opfer des Patriarchats. Denn sie liess sich nicht widerspruchslos beherrschen, sondern verlangte nach ihrer persönlichen Freiheit. Drei Männer hatten grosses Interesse daran, diese rebellische Frau, die sich den tradierten Normen verweigerte, auf selbständiges Denken setzte und unbequeme Fragen stellte,, zeitlebens bewusst klein zu halten und für geistig umnachtet, sprich: nicht regierungsfähig erklären zu lassen. Hierbei handelt es sich um ihren Mann Phillip den Schönen, ihren Vater Ferdinand von Aragon und ihren Sohn Karl V.

    Alexandra Hennig von Lange ist es gelungen, einem längst vergessene schattenhafte Gestalt ans Tageslicht zu holen und einer zum Schweigen verurteilten unbeugsamen Frau eine eigene Stimme zu verleihen. Unbedingt lesenswert!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Betsy, 13.09.2020

    "Meine Ruhe macht ihnen Angst, meine Ruhe ist gefährlicher für sie als mein Wahnsinn. Für meinen Wahnsinn konnten sie mich einsperren, meine Ruhe muss ein Geheimnis bleiben."

    Spanien, 1503: Um sie zur Vernunft zu bringen lässt die spanische Königin Isabella I. ihre Tochter Johanna in der Festung La Mota (der Fleck) festsetzen, denn als Herrscherin eines mächtigen Weltreiches kann sie dieses nicht jemanden überlassen, der so wenig von dem hält wofür Isabella selbst steht und kein Interesse an solcher Macht hat. Johanna, ungewollt in die Rolle der Thronfolgerin gedrängt, die wenig davon hält in die Fussstapfen ihrer Mutter und über andere zu herrschen, sehnt sich einfach nur nach einem selbstbestimmten Leben und echter Liebe, was ihr als Frau zu dieser Zeit und in ihrer Position allerdings verwehrt zu bleiben scheint, denn gerade ihre Gefühle scheinen ihr immer wieder im Weg zu stehen. Sowohl ihre Eifersuchtsanfälle, weil ihr Mann sie immer wieder betrügt sowie ihre impulsiven Gefühlsausbrüche, ihre Weigerung zu beten und zu beichten als auch sich gemäss ihrer Stellung so zu verhalten wie es sich gehört, trägt schliesslich dazu bei, dass ihr eigener Mann bzw. ihre eigene Familie sie aus machtpolitischen Gründen als wahnsinnig hinstellt und ihr die Freiheit nimmt, eine Freiheit die schon davor eingeschränkt war.

    Wir erhalten einen einfühlsamen Einblick in eine junge Frau von 23 Jahren, die obwohl noch so jung und mitunter auch immer noch etwas naiv, bereits Mutter von vier Kindern ist und schon mehr in ihrem Leben erlebt hat als andere. Bereits in ihrer Kindheit musste sie mit ansehen wie ihre Mutter Isabella die Katholische mit unerbittlicher Härte gegen Ungläubige vorgeht und dies auf den Scheiterhaufen der Inquisition verbrennen lässt. Mit 16 Jahren wird sie schliesslich aus politischem Kalkül ins ferne Flandern geschickt um den Herzog von Burgund, Philipp den Schönen, zu heiraten. Anfänglich noch voller Hoffnung auf eine glückliche Ehe mit beiderseitiger Liebe und Treue, wird sie bald bitter enttäuscht und durch ihre unerwartete Position als Erbin ihrer Eltern, wird sie erst recht zum Spielball derer die ihr am nächsten stehen und nur eine wertvolle politische Schachfigur in ihr sehen.

    Die Autorin schafft es den Leser ohne viel drumherum schnell in Johannas Welt hineinzuziehen und aufzuzeigen wie ohnmächtig und allein sie sich gefühlt hat, weil niemand sie zu verstehen scheint und ihr die Hände durch andere gebunden sind, was auch für den Leser mitunter sehr frustrierend ist, weil es scheinbar keinen echten Ausweg aus ihrer Lage gibt. Obwohl wir Johanna nur einen kurzen Zeitraum ihres Lebens begleiten, in dem es auch einige Zeitsprünge gibt, bekommt man einen gelungenen Einblick in ihr Gefühlsleben und erhält rückblickend auch mehr Informationen über den Anfang ihrer Ehe mit Philipp sowie über ihr schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter, die zwar eine unnachgiebige Herrscherin ist, aber eben auch eine Frau, die privat ebenfalls so manche Enttäuschung und Erniedrigung hinnehmen musste.

    Teilweise habe ich aber mit Johanna auch etwas gehadert, weil sie sich aufgrund ihrer Gefühle für Philipp mitunter viel zu leicht wieder von ihrem Mann um den Finger wickeln lässt und das Spielchen zwischen ihnen kurz darauf wieder von vorne los geht. Seine Gefühle aber einfach so abzuschalten und nur noch vernünftig und klug zu agieren ist natürlich schwer, vor allem wenn man den anderen trotz allem liebt. Am Ende fand ich es allerdings schade, dass sie ihre Chance verpasst selbst zu regieren und wirklich etwas zu verändern, weil ihre Emotionen sie gefangen halten, womit ihr Schicksal dann leider auch besiegelt ist. Eine wirklich tragische Figur, die in ihren Ansichten ihrer Zeit voraus war und mehr vom Leben wollte, als es man es ihr zugestanden hat. Wie so oft wäre es spannend zu wissen, was gewesen wäre, wenn sie nach ihrem Willen hätte regieren dürfen, anstatt ihr Dasein als Gefangene zu fristen.

    Obwohl das wichtigste zur Figur der Johanna in diesem Buch gesagt wird und es auch ein kurzes Nachwort der Autorin gibt, hätte ich gerne manches noch ein wenig ausführlicher erfahren, gerade wie es danach mit ihr weiterging und mit ihren Kindern oder auch ob die Briefe zu Beginn und Ende des Buches fiktiv sind oder nicht, was hier im Nachwort nicht wirklich klargestellt wird. Gerade aber der Einstieg mit einem Brief an ihre Tochter im Jahre 1525 berührt einen sofort und macht einen neugierig auf Johanna.. Obwohl man in diesem Brief dann zwar durchaus ihre Resignation herausliest, zeigt sie darin zugleich auch wieder ihre Stärke, denn trotz allem bietet sie ihren Peinigern die Stirn.

    Die Autorin selbst sieht ihr Buch weniger als echte Biografie oder historischen Roman, dafür ist es dann auch wirklich zu knapp gehalten, sondern vielmehr als den Versuch Johanna als Mensch dem Leser näher zu bringen und was alles dazu beigetragen haben könnte, dass man sie schliesslich als Wahnsinnige abgestempelt hat, was hier sehr anschaulich und nachvollziehbar gelingt. Teilweise wirkt sie wirklich etwas psychisch labil, aber man kann zugleich sehr gut verstehen warum sie sich so verhält, während Aussenstehende dieses Verhalten als Zeichen ihres Wahnsinns gedeutet haben, was wiederum geschickt zu ihrem Ungunsten ausgelegt wurde.

    Fazit: Ein interessante Charakterstudie über Johanna die Wahnsinnige, die den Leser einen authentischen Einblick zu ihrer Person und der Zeit gibt in der sie gelebt hat inklusive Intrigen und Machtspielchen bei Hofe. Einmal mehr wird klar, wie schwer es Frauen zu dieser von männerdominierten Zeit hatten ein selbstbestimmtes Leben zu führen und vor allem bei adliger Abstimmung oftmals als politische Schachfigur dienten, die es klug zu verheiraten galt und wo auf persönliche Gefühle keinerlei Rücksicht genommen wurde. Gefühle, die, wie man anhand von Johanna sieht, mitunter sogar hinderlich waren und in den Augen der Männer sogar deplatziert. Definitiv ein Buch für alle die gerne mehr über eine interessante historische Persönlichkeit lesen wollen, die mir im Gegensatz zur ihrer Mutter bislang nicht bekannt war. Dank des einfachen und flüssigen Schreibstils, sowie der nur knapp 200 Seiten, gut an einem Nachmittag lesbar.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    Rose75, 19.08.2020

    + + Wahnsinnig oder Widerspenstig? + +

    Ich lese sehr gerne historische Romane und die Kurzbeschreibung zu diesem Buch hat mich neugierig gemacht. "Johanna die Wahnsinnige" war mir bis jetzt nicht bekannt. Sie lebte von 1479 bis 1555, war mit Philipp dem Schönen ( Erzherzog von Burgund, später König von Spanien ) verheiratet und hatte mit ihm 6 Kinder. Nach dem Tod ihres Mannes war sie die alleinige Herrscherin über einen grossen Teil von Europa.

    In diesem Buch stellt sich die Autorin, mit Hilfe der historischen Figur Johanna von Kastilien, die Frage: Was ist, wenn der eigene Lebensentwurf nicht mit dem Anspruch von Familie und Gesellschaft zusammenpasst?

    Johanna lehnte schon früh das Handeln ihrer Mutter ab, die sich als 'Isabella die Katholische' mit der Ejnführung der Inquisition in Spanien einen Namen machte. Sie lehnte u.a. die Beichte ab und versuchte sich mit aller Kraft von den Einflüssen ihrer Mutter zu befreien. Es war wohl der rote Faden in ihrer Lebensgeschichte, dass sie ihren engsten Familienmitgliedern nicht vertrauen konnte, egal ob Vater, Gemahl oder später der eigene Sohn, jeder hat sie in irgendeiner Art hintergangen oder in ein schlechtes Bild gerückt.
    Alexa Hennig von Lange hält sich in ihrer Erzählung an die historischen Eckdaten, lässt aber Johanna sehr modern denken und sprechen. So bekommt die Handlung einen zeitlosen Charakter. Das fand ich gut gemacht. In wie weit Johanna wahnsinnig, rebellisch oder vielleicht sogar ihrer Zeit voraus war, wird wohl nicht endgültig geklärt werden können.

    Ein Extra-Lob verdient das Cover. Hier zeigt sich ganz genau der Inhalt des Buches. Die historische Johanna trifft auf die moderne Neonfarbe.

    Man kann sich am Ende des Buches fragen: Sind wir den Umständen ausgeliefert oder können wir unser Leben bewusst und eigenmächtig gestalten?

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Beust, 31.08.2020 bei bewertet

    Wer „Die Wahnsinnige“ als historischen Roman liest, könnte auf dem Holzweg sein. Denn die Figur der Johanna der Wahnsinnigen, Königin von Spanien etc., ist zwar eine historische Person, aber in Hennig von Langes Roman stellt sie nur eine Möglichkeit dar, wie sich ein Mensch - eine Frau! –im Konflikt zur Welt behauptet. Ist Johannas so wie „Die Wahnsinnige“ zeichnet? Nein, dafür ist sie zu modern. Aber steckte man eine 1980 geborene Frau in Johannas historische Situation, sie würde „Die Wahnsinnige“ werden. Die von der Autorin gewählte Sprache (die Königin wird beispielsweise gesiezt, nicht geihrzt) weist schon den Weg, dass es nicht um historische Darstellung oder gar Korrektheit geht, auch nicht um eine Version einer „echten Johanna“, sondern um die Konstanten einer „Welt, deren Methoden sich über die Jahre verfeinert, aber womöglich gar nicht so sehr verändert haben.“ (S. 208, im Nachwort).

    In einem Interview im Magazin ‚Allegra‘ von 2016 sagt Hennig von Lange: „Wir waren alle Töchter der 68er-Generation, wir alle hatten Mütter, die erst einmal nur davon träumten, leidenschaftlich zu lieben, zu leben und zu arbeiten– aber eben auch Mütter sein wollten, die für ihre Kinder da waren. In Freiheit.“ Ehefrauen und Ehemänner, Kinder und Mütter und Väter. Kindsein, Erwachsenwerden, Sichausprobieren, Frausein, Liebe und Familie – das sind Hennig von Langes Themen seit „Relax“, fanden sich in der Reihenhaussiedlung der „Kampfsterne“ wieder und spiegeln sich auch im Geschehen innerhalb der Klostermauern von Tordesillas.

    Johanna von Kastilien macht während des Romans ein Entwicklung durch. Zwar erlebt man sie auch in Tobsuchtsanfällen, aber von Wahnsinn keine Spur. Vielmehr sucht die Johanna dieses Romans nach sich selbst und nach einem Bild von sich, das sie der Welt vorstellen möchte. „‚Was glaubst du, wer ich bin?‘ Was für eine absurde Frage! Sie wusste ja selbst nicht einmal, wer sie wirklich war!“ (S. 41) Nach und nach identifiziert Johanna mehrere Versionen ihrer selbst, die sie nach Funktionen unterscheidet: Sie ist die Tochter Isabellas der Katholischen, sie ist Ehefrau Philipps es Schönen, sie ist Thronfolgerin eines riesigen Reiches. Und sie ist Mutter. Endlich anerkannt, dass sie in mehrer Persönlichkeiten zu unterscheiden ist, will Johanna selbst entscheiden, welche ihrer Rollen am meisten Gewicht haben soll: „Dann werde ich mich von meiner Funktion als Tochter lösen und als Ehefrau in Flandern wichtig werden. […] Ich lasse mir nicht meine Eigenständigkeit nehmen!“ (S. 58)

    Selbstverständlich hat Johanna die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Und dieser Wirt ist seit Jahrhunderten männlich: In einer feudalen Männerwelt - die gleichwohl auch heute noch nicht vorbei ist – ist es der Frau nicht überlassen, selbst zu bestimmen. Nicht einmal Männern gelingt es immer, ihre Eigenständigkeit zu behaupten gegenüber den Rollenzuschreibungen, die ihre Geburt ihnen schicksalhaft auferlegt (man betrachte hier den Machtkampf Philipps mit Johannas Vater um die Regentschaft in Spanien). „So ist die Welt. Niemand ist frei“ (S. 60), lautet Johannas Erkenntnis - und tröstet nicht. Dann manche sind weniger frei.

    Johanna sieht - und daran kann man schon wahnsinnig werden – dass ihre Chancen allein schon deshalb schlechter stehen, weil sie eine Frau ist. Frauen scheinen dem Gefühl näher zu stehen, und das ist kein guter Helfershelfer im Kampf um die Macht („Sobald es um Gefühle ging, war die grosse Isabella ihrem Mann genauso ausgeliefert wie alle anderen Frauen ihren Männern auch.“ [S. 27]). Johanna spürt, dass sie - insbesondere allein mit ihrem Mann und verborgen vor dem Auge der Öffentlichkeit – „machtlos und ausgeliefert“ ist und stets gezwungen, sich „gegen Eitelkeit, Treulosigkeit und Herrschsucht der Männer zu wappnen.“ (S. 146).

    Verwegen ist die Vision, dieses Dilemma nicht durch die Machtfrage aufzulösen oder wirklich mit Mord, wie Johanna anfangs äussert, sondern durch Konsens, durch eine moderne. gleichberechtigte Partnerschaft: „Den Traum von einer gemeinsamen Zukunft, von der Verwirklichung einer gemeinsamen Idee“ (S. 198) hat Johanna zu lange angehangen, um auf die Härte der Welt ausreichend vorbereitet zu sein. Hier ist die Figur auch sprachlich („Verwirklichung“) zu einer modernen Frau gewandelt, bereit sich der Welt zu stellen. So verlässt der Roman auch die historische Szene: In dem Moment, in dem Johanna glaubt, endlich in ihrer Funktion als Regentin gefragt zu sein.

    Schon auf Seite 8, in dem fiktiven Brief Johannas an ihre Tochter, verrät Johanna die Lehre ihres Lebens: Die Welt ist kaputt und macht nicht glücklich; Frieden und Freiheit kann man nur in sich selbst finden.

    Alexa Hennig von Lange hat keinen historischen Roman geschrieben, sondern sie hat die krassen historischen Umstände einer Frau, die in besonders harter Weise von der Welt in eine Rolle gepresst wurde, benutzt, um allgemein Menschliches, um anthropologische Konstanten zu zeigen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    #H#, 01.09.2020 bei bewertet

    Was (Ohn)Macht mit Menschen macht

    Eine Charakterstudie am Beispiel von Johanna von Kastilien, die ihren Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung mit grausamer Missachtung bezahlen muss.

    Weil ich die Bücher „Kampfsterne“ und „Die Weihnachtsgeschwister“ dieser Autorin bereits mit Vergnügen gelesen habe, musste ich auch hier bei der Neuerscheinung gleich zugreifen. Milieustudien und Charakterstudien liegen Alexa Hennig von Lange, und so hat sie auch hier einen wunderbaren Roman zustande gebracht. Waren es bei den o.g. Bücher wohl eher fiktive Personen, die im Mittelpunkt ihrer Geschichten stehen, haben wir es diesmal mit einer historisch realen existierenden Person zu tun: Johanna von Kastalien, die auch Johanna die Wahnsinnige genannt wurde.
    Johanna von Kastalien wurde 1479 in Toledo (Spanien) geboren und starb 1555 in Tordessillas (Spanien). Der Roman widmet sich aber nur einem kleinen Lebensausschnitt von Johanna und zwar beleuchtet er die Jahre 1503 bis 1506. Ein Grossteil ihres Lebens (ab 1509 bis zu ihrem Tod) aber verbrachte sie eingesperrt in Obhut von Ordensschwestern im Kloster von Tordessillas.

    Für mich war der Roman, diese Charakterstudie so eine Art „Fallbeispiel“, wie ein Mensch auf einmal in eine Rolle ‚gestossen‘ wird, die er unter anderen Umständen nicht eingenommen hätte, denn so heisst es auch im Klappentext: „Wie können wir werden, die wir sind, wenn das nicht für uns vorgesehen ist?“
    Nur aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Thronerben sterben, wird Johanna Thronfolgerin eines gigantischen Weltreiches. Johanna möchte aber nicht die grausamen Machenschaften ihrer Eltern, für die Inquisition und Ausbeutung Ausdruck ihrer Macht sind, fortsetzen. Sie hat andere Vorstellungen von der Welt, eine ‚liebevolle Welt‘ und sie kann sich mit der damaligen Rolle der Frau in Ehe nicht abfinden, denn „Frauen haben in der Ehe keine Eigenständig (S.58)“. Johanna hegt zu der damaligen Zeit revolutionäre Gedanken, denn sie fordert „eine komplette Neuordnung des altbekannten Verhältnisses zwischen Mann und Frau“ (S.58). Und sie will über sich selbst bestimmen. Doch das ist zu der damaligen Zeit, in der patriarchalische Machtstrukturen dominieren, nicht möglich. Johanna, die aufgrund ihrer sozialen Rolle auch eine einsame Frau ist, hat auch keine Freunde / Vertraute und somit auch keine Verbündete. Somit ist es ein leichtes, sie als verrückt zu erklären. Auch aufgrund bestimmter Verhaltensweisen, die sie als Ehefrau an der Seite von Philipp dem Schönen an den Tag legt, trägt sie selbst dazu bei, dass ihr gesellschaftliches Umfeld sie als „Wahnsinnige“ tituliert. Aus unserem heutigen Verständnis ist es befremdlich, aber damals war es nicht unüblich, dass der Ehemann (vor allem in der gehobenen Gesellschaft) seine Maitressen hatte und seine sexuellen Gelüste anderweitig auslebte. Johanna will dies nicht akzeptieren, sie ist verliebt; ihr Mann ist ihr Mann, und kann dieses Verhalten ihres Mannes nicht dulden. Ausschreitungen mit den Liebschaften sind daher nicht selten.
    Im Roman wird gut veranschaulicht, wie die Welt damals gestrickt war: Ehen werden aufgrund politischer und herrschaftlicher Ansprüche geschlossen, Intrigen werden gesponnen, Angehörige - wie auch Johanna - werden zum Spielball im Konflikt verschiedner konkurrierender Interessenvertreter. Auch hat die Kirche einen enormen Macht-Einfluss auf Entscheidungen aller Art. Und Mutter-Kind-Beziehungen waren eher nur faktisch.

    Da wir es hier aber nicht mit einem klassischen historischen Roman zu haben, darf man sich hier auch nicht einen tiefen Einblick in die Biographie von Johanna erwarten. Für mich war es daher hilfreich, mich vorab über diese Person - von der ich bis dato noch nichts gehört hatte - zu informieren, um auch einen Einblick in bzw. einen Überblick über die historischen, politischen und gesellschaftlichen Hintergründe zu bekommen. So bekam der Roman eine Basis, so dass ich einen guten Zugang zur Geschichte und zu den Personen - insb. zu Johanna bekam.

    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, da in meinen Augen Johanna mit ihrem Verhalten und Gedanken gut dargestellt wird. In meinen Augen ist sie mutig, sich gegen das System zu stellen. Der Brief, mit dem der Roman beginnt, hat mich extrem mitgenommen, da hier gleich am Anfang veranschaulicht wird, wie viel Leid diese starke - wenn auch sture - Frau ertragen musste und wie zäh und widerstandsfähig sie trotz dieser Erniedrigungen geblieben ist.

    Der gut recherchierte Roman ist flüssig und leicht verständlich geschrieben, so dass man das Gelesene gleich auf sich wirken lassen kann. Die kurzen Kapitel laden dazu ein, zwischendurch das Gelesene zu reflektieren.
    Nachwörter werden von mir oft überflogen, aber hier ist es ein wirklich gutes „Kapitel“, das ich zugegebener Weise gleich am Anfang gelesen habe.

    Wer Lesefutter sucht, das nicht so leicht zu verdauen ist, ist mit diesem Roman gut beraten.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Madeleine A., 25.08.2020

    Ich dachte erst, mich würde hier ein Sachbuch erwarten und war etwas überrascht, als es sich dann als Roman entpuppte. Letztendlich fand ich das aber gar nicht schlimm, weil Johanna von Kastilien ein so interessanter Charakter ist, dass es mir egal war, auf welche Art und Weise ich mehr über sie erfahre.
    Aufmerksam auf sie geworden bin ich durch ihre jüngere Schwester Katharina von Aragon, erste Ehefrau von Heinrich VIII.. Die Geschichte rund um die Tudors interessiert mich schon seit meiner Kindheit und so verschlinge ich jeder Serie, Doku und manchmal auch Bücher zu diesem Thema. Katharinas Schicksal war ein sehr trauriges und man könnte meinen, dass liege in der Familie, wenn man einen Blick auf jenes von Johanna wirft. Sie waren beide Frauen, die sich von Männern nicht einfach mundtot machen lassen wollten, durch ausgesprochene Sturheit auffielen und auf ihr Recht bestanden. Das bewundere ich, denn es war eben nicht das Verhalten, was man von einer Renaissance Frau erwartetete. Und leider muss man auch sagen, dass es ihnen letzten Endes nichts als Leid gebracht hat. Nun trägt aber nur Johanna den Beinamen „die Wahnsinnige“, was auf ihr angebliches Verhalten zurückzuführen ist, das über Widerstand und Sturheit hinaus ging. Ich bin kein Fan davon, jemanden wahnsinnig zu nennen. Oft können psychisch Kranke nichts für ihr Verhalten und wenn es das nicht ist, sind es Umstände und Personen, die Menschen in den „Wahnsinn“ treiben. Wie es sich bei Johanna verhielt, darüber kann man nur spekulieren. Alexa Henning von Lange zeigt in ihrem Roman eine Frau, bei der man schwer sagen kann, ob eine Krankheit vorlag oder ihr Umfeld Schuld an ihrem Verhalten trug. Ich würde vermuten, es war eine Mischung aus beidem, gepaart mit einer guten Portion Temperament. Ich bewunderte ihren Stolz und Mut, sich aufzulehnen, aber genauso verstörte es mich etwas, auf welche Art und Weisen sie ihren Unmut zum Ausdruck brachte. Johanna selbst erkannte hin und wieder, dass sie sich zügeln muss, um nicht als verrückt und unzurechnungsfähig abgestempelt zu werden. Aber man kennt das vielleicht von sich selbst, manchmal kann man seine Gefühle nicht mehr zurückhalten und das passierte Johanna immer wieder, was ihr schliesslich zum Verhängnis wurde.
    Auch wenn ich mich mit einigen Verhaltensweisen Johannas nicht identifizieren konnte, habe ich sie oft gut verstehen können. So fragt sie sich, warum sie nicht als Vogel geboren werden konnte. Das frage ich mich tatsächlich auch oft. Wir als Menschen, egal welchen Standes, sind an so viele Verpflichtungen und Erwartungen gebunden, dass man sich manchmal wie ein Gefangener in seinem eigenen Leben vorkommt. Oft ist es alles andere als einfach, sich davon frei zu machen. Vögel dagegen sind frei von all diesen Dingen. Sicher haben wir es heute einfacher als so manche Monarchin im Mittelalter, aber wie die Autorin im Nachwort schon sagt, mögen die Dinge vielleicht eine andere Form angenommen haben, aber verändert hat sich nicht viel. Wir kämpfen damals wie heute dafür wir selbst sein zu dürfen.
    Das Buch hat mir Johanna als Person näher gebracht und mich dazu veranlasst, im Internet noch ein wenig mehr über sie und ihre Familie zu recherchieren. Der Roman beginnt mit ihrer Ankunft auf der Festung La Mota, wo sie von ihrer Mutter über Monate festgesetzt wird und endet mit dem Tod von ihrem Ehemann Phillip. Man erhält also einen Einblick in einen relativ kleinen Teil ihres Lebens, welcher jedoch ausreichend war, um zu erklären, warum sie diesen Beinamen erhielt. Ich fühlte mich am Ende leider trotzdem etwas herausgerissen aus der Geschichte und hätte lieber noch etwas mehr über die Zeit danach gelesen. Das kann man natürlich, wie ich es auch getan habe, im Internet nachlesen, aber für mich machte es den Roman etwas unrund. Es ist eben nur ein Stück aus dem Leben von Johanna. Mir war das ein bisschen zu wenig. Trotzdem gefiel mir das Buch besser als erwartet. Normalerweise halte ich Abstand von Romanen über reale Person, die ein Stück weit eben auch fiktiv sind. Aber hier hat es mir richtig gut gefallen. Deswegen vergebe ich auch 4 von 5 Sternen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Sabine S., 29.08.2020

    In Ihrem Roman, hat Alex Hennig von Lange die Geschichte von Johanna von Kastillien verfasst.
    Schon von frühster Kindheit an, wird sie in eine Rolle gedrängt aus der es kein Entkommen gibt. Ihre Mutter Isabella die Katholische, ist eine sehr besitzergreifende Frau, die alles kontrolliert und auch nie wirklich eine richtige Mutter, sondern nur die herrschende Königin war.
    Schon sehr früh wird Johanna als wahnsinnig dargestellt, da sie ihre Gefühle offen auslebt und sich mit ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen ihre Gefangenschaft und ihr fremdbestimmtes Leben wehrt.
    Für mich war es sehr bedrückend die Lage dieser Frau mitzuerleben. Der Mann durfte in der Ehe alles und die Frau hatte sich zu fügen und alles stillschweigend zu ertragen. Auch heute gibt es solche Dinge noch und das macht diesen Roman auch zu einem immer noch aktuellen Thema.
    Es war sehr beeindruckend, wie Johanna es immer wieder schafft aufzustehen und trotzdem noch mit einem positiven Gefühl in die Zukunft blicken kann um die Welt ein bisschen zu verändern.
    Alexa Hennig von Lange hat es geschafft mich von Anfang an in diese Welt hineinzuziehen. Ihr Schreibstil ist angenehm flüssig und trotzdem für das Buch passend nicht zu modern.
    Es hätte für mich teilweise noch etwas ausführlicher sein können, aber ich möchte jetzt auf jeden Fall noch mehr über diese interessante Frau Johanna lesen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    Claudia J., 09.09.2020

    Im Jahr 1503 kämpft Johanna von Kastilien gegen die Zwänge ihrer Zeit und der Nachfolge als Regentin ihrer Mutter Isabella. Johanna will nicht regieren, nicht beichten und beten, sie will ihre Freiheit. Doch das scheint ihr als Frau gar nicht möglich zu sein. Als sie mit Philipp von Flandern verheiratet wird hat sie kurz die Hoffnung auf ein besseres Leben, wird aber schnell wieder enttäuscht.
    Ihr Aufbegehren gegen Verrat, Intrigen und Manipulation wird von ihrer Umgebung als Wahnsinn hingestellt, ernst genommen wird Johanna nicht und muss ihr Leben weiter eingesperrt verbringen. Trotzdem gibt sie ihren Wunsch nicht auf.
    Ein sehr guter Schreibstil, der mich sehr schnell mit Johanne mitfühlen liess. Und ihr Prob-lem ist ja nicht nur auf die damalige Zeit begrenzt. Das zieht sich für Frauen durch die Jahrhunderte bis heute und anhand der damaligen streng katholischen, männlich domi-nierten Zeit, in der man massiv in eine Rolle gezwungen wird, wird das Problem sehr gut dargestellt.
    Das Cover zeigt anhand einem Gesichtsteil von Johanna schon ganz gut wie es ihr geht. Ernst, nicht zufrieden oder glücklich, traurig. Oder interpretiere ich das hinein, nachdem ich den Roman gelesen habe? Auf jeden Fall hat die Autorin es geschafft die historische Figur der Johanna irgendwie mit in die heutige Zeit zu nehmen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 4 Sterne

    yellowdog, 18.08.2020 bei bewertet

    Mehr als nur ein historischer Roman

    Das Sujet ist unerwartet von der ursprüngliche Pop-Literatur-Ikone Alexa Hennig von Lange. Sie geht ins frühe 16.Jahrhundert und erzählt einen Abschnitt aus dem Leben von Königin Johanna von Kastillien I.
    Eine konplexe Geschichte, aber in erster Linie der vergebliche Kampf einer Frau um ihre Eigenständigkeit.
    Johanna war die Tochter von Königin Isabella, die Christoph Kolumbus förderte und sie war verheiratet mit Philip dem Schönen.
    Eine Leidenschaftliche, aber auch zerstörerische Beziehung.

    Johannas Widerstand ist letztlich erfolglos, dennoch wichtig um ihre Identität zu behalten.

    Typische Elemente der Prosa der Autorin sind auch hier erkennbar erhalten.
    Die Lebhaftigkeit ihrer Figuren und die sprachliche Lebendigkeit.
    Beides zusammen ergibt eine Mischung, die Alexa Hennig von Langes Stil ausmacht.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 2 Sterne

    Daniela H., 21.09.2020

    Ich hatte mal wieder Lust auf einen historischen Roman. Und da ich besonders gerne historische Geschichten über starke Frauen lese, erschien mir dieses Buch über Johanna, die Königin von Spanien, sehr passend.

    Aber leider ist dieses Buch einfach langweilig. Es ist aus der Sicht der Protagonistin geschrieben, wodurch man ihre Gedanken und Gefühle sehr gut verstehen und nachvollziehen kann. Aber dennoch liest sich das Buch einfach so runter, ohne dass irgendetwas passiert. Es gibt keine wirkliche Spannung in der Geschichte, und leider kann ich auch keine Beziehung zu der Protagonistin aufbauen. Ich kann ihre Gefühle und ihr Verhalten zwar verstehen, sie berührt mich aber nicht.

    Sprachlich ist das Buch gut, da kann ich nichts kritisieren. Aber es wird mir sicherlich nicht im Gedächtnis bleiben.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    0 von 3 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    dj79, 24.08.2020

    Wahnsinnig oder denkend
    Johanna von Kastilien ist die Protagonistin dieses historischen Romans, der die belegten Fakten ihrer Herkunft, Ehe und Nachkommen geschickt in eine Form bringt, die nicht nur attraktiv zu lesen ist, sondern auch die besondere Situation der angeblich Wahnsinnigen klar werden lässt.

    Johanna war eigentlich nie als Erbin für die Krone vorgesehen, trotzdem überdurchschnittlich gut ausgebildet. Sie sprach mehrere Sprachen, spielte Clavichord, las viel. Sie nutzte ihre Intelligenz für politische und philosophische Gedankenspiele. In ihrem Glauben war Johanna gefestigt. Sie versuchte eine gute Christin zu sein. Nachdem alle in der Thronfolge vor ihr verstorben waren, als Kronprinzessin, wollte sie eine bessere, gnädigere Königin werden. Isabella „der Katholischen“ ging Johanna‘s Ausübung des Glaubens allerdings nicht weit genug. Sie hätte ihn wohl öffentlichkeitswirksam mehr nach aussen tragen sollen. Zudem konnte Johanna ihre Gefühle insbesondere bei Konfrontationen nicht verbergen, was ihrem Umfeld missfiel.

    Waren es diese, aus heutiger Sicht vernachlässigbaren Schwächen, die ihr den Beinamen einbrachten oder waren diese kleinen Fehler aus machtpolitischen Kalkül aufgebauscht worden? Genau mit dieser Frage setzt sich Alexa Hennig von Lange intensiv auseinander. Dabei konzentriert sie sich zunächst auf die Beziehung zwischen Königin und Kronprinzessin, die wenig von Liebe geprägt zu sein scheint. Nach dem Ableben der Mutter treten Johanna‘s Vater Ferdinand und ihr Ehemann, Philipp „der Schöne“, in den machtpolitischen Vordergrund. Auch dieses Beziehungsgeflecht leuchtet die Autorin genau aus.

    Erschreckend dabei empfand ich Johanna‘s Chancenlosigkeit. Als Kronprinzessin und auch später als Königin wird sie von ihrer Familie dermassen unterdrückt, dass es nie zur Ausübung des Amtes kommt. Die Angst vor sich verändernden Werten und eigene Machtinteressen waren offensichtlich zu gross.

    Aus meiner Sicht hat Alexa Hennig von Lange einen hervorragenden Roman geschrieben. Er wirkt ordentlich recherchiert. Der Leser kann ahnen, wie tief sich die Autorin in ihre Protagonistin hineinversetzt hat. Die literarische Aufbereitung der Persönlichkeit von Johanna von Kastilien empfinde ich als überdurchschnittlich. Herausragend ist für mich die Offenlegung des mentalen Innenlebens der Hauptfigur, weil sie deren Intelligenz zu Tage fördert, die ihr gerade durch den Beinamen abgesprochen werden soll. Der geschmeidig lesbare, aber nicht triviale Schreibstil verleiht der Auseinandersetzung zusätzlich Glaubwürdigkeit.

    Alexa Hennig von Lange schliesst ihren mehr als gelungenen Roman mit einem recht philosophischen Nachwort ab, für mich das Tüpfelchen auf dem i.

    Fazit: Ganz klare Leseempfehlung!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
  • 5 Sterne

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Nil_liest, 07.09.2020

    Es ist immer wieder erstaunlich wie Männer in den letzten Jahrhunderten, ach was, Jahrtausenden versucht haben die Frauen von Macht und Einfluss fern zu halten. Und wenn es nicht die Männer waren, kam das strenge Regiment der Frauen hinzu die sich ihre Vormachtstellung hart erkämpft haben. Und was passiert, wenn da eine Frau ganz modern selbstbestimmt leben will und nicht ihrem vorherbestimmten Schicksal klein beigibt? Was ist, wenn genau diese Frau aus dem ausbrechen will was ihre Familie für sie im Sinn hat? Ja, solche Beispiele gibt es traurigerweise auch heute noch auf diesem Globus, auch wenn wir es uns hier in Europa nur schwer vorstellen können.
    Aber Alexa Hennig von Lange hat sich einer historischen Figur angenommen und das unsägliche Zusammenspiel aus Mittelalterlichem Machtintrigantem Hofleben mit einer depressiv modernen Frau gepaart: Johanna, die Wahnsinnige! Der Roman startet 1503 in Spanien, wo Johanna die Macht ihrer erzkatholischen Königsmutter festigen soll und die Machtstellung der Familie halten. Sie will das nicht, auch beten ist nicht ihres und so beginnt der Kampf in der Festung. Johanna wütet und bricht die Regeln somit wird sie zur Wahnsinnigen. Ihr Wunsch so zu leben wie es gerne möchte, klingt absurd und unerhört in den Ohren der Adligen. Auch die Ehe mit Philipp dem Schönen erscheint erst eine Milderung der Qual, ein Jackpot, aber dann beginnt auch er sich gegen sie zu wenden.
    Fein nuanciert beschreibt Alexa Hennig von Lange wie es sich zugetragen haben könnte, spitzt zu und lässt das Drama krachen damit wir Leser nicht nur den Wahnsinn zu spüren bekommen sondern auch gut unterhalten werden. An Auf und Ab wird nicht gegeizt und es geht mit spritzigen Dialogen turbulent durch den Beginn des 16. Jahrhunderts.
    Historischer Stoff: ja – historischer Roman: nein. Der Roman hat nicht den Anspruch auf historische Korrektheit und will auch gar nicht das echte, im Detail historisch korrekte abbilden. Es geht um das Aufzeigen der absurden Situationen in den sich die historische Figur Johanna, die Wahnsinnige befunden hat und zu zeigen was schon vor Jahrhunderten Frauen in die Enge getrieben hat und sie zu depressiven Personen machte. Eher ein Mahnmal und ein Denkmal in einem ist dieser Roman einer Frau aus vergangenen Zeiten gewidmet, die leider nie erleben dürfte was es heisst sein Leben selbstbestimmt in Freiheit zu leben und das als Frau.
    Fazit: Bei der Autorin brauch ich es kaum dazu schreiben: Lesen – es ist wie immer überzeugend gut!
    PS: Nicht nur für Feministen und Emanzipationsverfechter eine augenöffnende Lektüre!

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein