Wie Leni Riefenstahl gehört er zu den filmhistorisch umstrittenen Filmregisseuren wegen seiner Bereitschaft, seine inszenatorischen Fähigkeiten in den Dienst der Nazi-Ideologie zu stellen. In seinem Fall sind es vor allem vier Spielfilme, in denen antisemitische Hetze betrieben wird ("Jud Süss", 1940), dem Führerkult gehuldigt wird ("Der grosse König", 1942), die Stahlbaronfamilie Krupp gefeiert wird ("Der Herrscher", 1937), und, als Beispiel für eine dezidierten Propagandafilm, der Durchhaltewillen der Belagerten in einer Festung gefeiert wird ("Kolberg", 1945). Veit Harlan (1899 - 1964) wurde wegen "Jud Süss" nach dem Zweiten Weltkrieg angeklagt, jedoch in zwei Prozessen freigesprochen und konnte seine Regietätigkeit mit unbedeutender Kinounterhaltung ("Ich werde dich auf Händen tragen") fortsetzen. Aufsehen erregte er noch einmal mit dem gegen Homosexuelle gerichteten Film "Anders als Du und ich" (1957), ein ebenso fragwürdiger Film wie die üblen Nazi-Botschaften. Harlan hatte als Schauspieler bei Max Reinhardt und in Stummfilmen angefangen und war nach seinem Regiedebüt 1935 schnell mit ausgefeilten Melodramen berühmt geworden. Zu diesen, einer mythisch überhöhten Todessehnsucht huldigenden Gefühlsdramen gehörten "Jugend", "Die goldene Stadt" (nach Herrmann Binding), "Opfergang", "Immensee" (nach Theodor Storm) und "Die Reise nach Tilsit" (nach Herrmann Sudermann, 1939), in denen die Schauspielerin Kristina Söderbaum, die Harlan lancierte und 1939 heiratete, immer im Wasser endet, weshalb ihr der Volksmund den Beinamen "Reichswasserleiche" gab. Harlans besondere Stellung in der Ufa-Film-Hierarchie zeigte sich auch in dem Umstand, dass er mit einem eingespielten Team arbeiten durfte und vier der insgesamt neun bis 1945 produzierten Agfacolor-Farbfilme drehen durfte, darunter "Immensee" und "Kolberg". Harlan versuchte sich bis zu seinem Lebensende wegen seiner berüchtigten Propagandafilme zu rechtfertigen, so mit der Autobiographie "Im Schatten meiner Filme" (1966).
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