unger mire hut (CD)

Wer schon immer wissen wollte, wie es unter Schmidi Schmidhausers Haut "gramselet" oder was ihn mitten ins Herz trifft, ist quasi verpflichtet, die neue CD von CHICA TORPEDO zumindest probe zu hören. Die aktuelle Rakete "Unger mire Hut" zeigt Schmidi nämlich intimer denn je. 13 wundervolle Arrangements zeichnen von den Anfängen Klein-Schmidis im Luftschutzkeller bis hin zum "Aute Sack" eine musikalische Autobiografie, gleichzeitig die Gesellschaftsstudie eines sensiblen Beobachters mit einem Herzen für Freaks, Randständige und Underdogs.

Sein Witz ist so trocken, wie er immer war. Seine Kommentare sind lapidar wie eh und je. Er ist der Schmidi, den wir kennen und lieben - ein gemütlicher Lebemann, der aus der Mundart schlicht nicht mehr wegzudenken ist. Die intime Offensive ist denn auch mehr konsequente Weiterführung des Stop-Shoppers Schmidhauser denn tatsächliche Neuerung. Schmidi sinniert, erzählt einen Schwank, denkt sich das Seine oder lamentiert so charmant und herzlich, wie es überhaupt nur ein Berner kann. Verblüffend ist dabei vor allem, wie sehr man sich davon angesprochen fühlt und man sich selbst oder den Nachbarn darin wieder erkennen kann.

Ursprünglich war CHICA TORPEDO ein Nebenprojekt, in dem Schmidi seine Latino-Gelüste ausleben konnte. Mittlerweile sind die halben Shoppers eh dabei und machen Chica zur multikulturellsten Mundartband die man sich überhaupt denken kann. Und gerade weil Chica Torpedo World-Music mit Mundart vermischen, kreieren sie einen Mikrokosmos, welcher der Schmelztiegel-Gesellschaft von heute gerechter wird als alle heimischen Sitten und Bräuche zusammen. Vielleicht greifen die Ansichten des immer noch typischen Schweizers Schmidhauser und die eigentlich fremdländische Musik deshalb so gut ineinander. Vom südlichen Ambiente angetan sind wir ja fast alle - kriegen das Lebensgefühl aber alleine nicht auf die Reihe. Hier schafft Schmidi mit "Unger mire Hut" Abhilfe.

Latin ist denn auch Basis der Sounds von "Unger mire Hut" - wahlweise versetzt mit verschiedenartigsten Bläsern, Background-Chören, die einen Mariachi vor Neid erblassen liessen, oder vermischt mit anderen Stilen als Latin-Funk, -Ska, -Jazz oder im Stil einer Bigband. Manchmal glaubt man, sich den Staub von den Schultern wischen zu müssen, um sich im nächsten Augenblick an einem hawaiianischen Luau zu wähnen. Dass dies nicht über die üblichen Spezialitäten erreicht wird - Beispiel Hawai ohne Ukulele und Steel Drum - ist erfrischend und eine Herausforderung für Radio-ermüdete Ohren, die an Einheitsbrei gewohnt sind. Das vielleicht schönste an "Unger mire Hut" ist aber, dass sich die 13 Songs allesamt den Lagerfeuer-Charme erhalten haben und dass sie das südamerikanische Temperament perfekt mit Berner Gemütlichkeit verbinden.