Melancholie & Gesellschaft (CD)
Durch die konsequente Verweigerung, dem Musiker auch ein Gesicht zuzuordnen, konnte der Status der Kunstfigur aufrechterhalten werden, die mit heller, klarer...
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Durch die konsequente Verweigerung, dem Musiker auch ein Gesicht zuzuordnen, konnte der Status der Kunstfigur aufrechterhalten werden, die mit heller, klarer Stimme wie aus einem abstrakten Raum zu uns sprach und dabei doch spürbar Zeitgenosse war. Eine große Freiheit des poetischen Zugriffs war die Folge. Kippfiguren zwischen Oberfläche und Tiefgang, Slogans aus dem entfremdeten Leben wurden mit einer Leichtigkeit gesungen, die tröstete, ohne Identifikation anzubieten. Selbst in seinen Texten folgte PeterLicht dem Prinzip einer humorvollen Zerstreuung und anarchischen Wendigkeit, innerhalb derer kein Gedanke und keine Beobachtung davor sicher waren, ausgetestet und angerissen, ironisiert oder poetisiert zu werden. Ob nun mit fragmentierter Systemkritik, versprengten Utopieresten oder launigen Gebäudebeschimpfungen, der Wortkünstler PeterLicht sprang zwischen großer Geste, subversiver Zeitdiagnostik und schillerndem Detail hin und her, um Befindlichkeiten und Ängste zu konstatieren, ohne gravitätische Repräsentationsmodelle zu bedienen.
Auf „Melancholie und Gesellschaft“ nun meldet sich der Mensch hinter PeterLicht stärker als bisher zu Wort. Der da bisher so leichtfüßig tänzelte, scheint sich jetzt auf einen der Steine am Wegesrand gesetzt zu haben, um durchzuatmen und eine Art persönliches Zwischenresümee zu ziehen. Ein freundlicher Melancholiker gewinnt an Konturen, ernsthafter und sehnsüchtiger als zuvor. Stimmungen des Abschieds durchziehen die zehn Lieder. So manches ist abhanden gekommen, es werden Koffer gepackt, Beziehungen beendet, die eigenen Wände sind einem fremd geworden. „Diese alte Liebe / dieser neue Tag / ein letzter Blick ein letzter Rest von letzter Luft“: Bestandsaufnahme im Moment des Verschwindens. Die Frage, wo „alle unsere Leute hin sind“, stellt sich gleich in zwei Liedern. Wo sind sie hin, die Weggefährten? Schon wieder: irgendwie abhanden gekommen, unterwegs im täglichen „Marketing“, im Klein-Klein der Quittungen, Selbstpositionierungen und Arbeitsmärkte: „der Raum ist voll / doch keiner ist da“.
Bisher vor allem in Sachen Ironie und Fragmentpoetik ein schwereloser Nachkomme der deutschen Romantik, hat sich PeterLicht nun auch in musikalischer Hinsicht weiter dem Kunstlied angenähert. Das NDW-Erbe und die Dada-Camouflage sind nahezu vollständig abgelegt, entschlackte Arrangements mit Klavier, Schlagzeug, Gitarre und Streichern verleihen dem Album eine einheitliche Unmittelbarkeit. Auch hier die Bewegung von Zerstreuung zu größerer Präsenz, von schlauer Bricolage hin zu elegischer Schönheit. Die zahlreichen Live-Auftritte mit Band mögen den Musiker hierbei inspiriert haben.
Thomas Melle (www.peterlicht.de)
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- PeterLicht
- CD
- EAN: 4260085870905
- Erscheinungsdatum: 05.09.2008
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